RPG Endless Travellers - The Second Age

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„Meister, Menschen sind so laut. Menschen sind so berechenbar. Warum?
Wie kann auch nur einer von ihnen die Tragweite dessen erfassen, was sie hier vorfinden? Sie reden und reden und haben doch nichts zu sagen. Nichts... Bedeutendes. Und sind blind. Warum schweigen sie nicht einfach?“

Er seufzte leise und kannte die Antwort seines Lehrmeisters schon, den er dann frech nachäffte: „Weil es Menschen sind... Feyndry'Haaal.“ und der junge Himmelself rollte genervt mit den Augen. Phew...Als ob das eine ausreichende Erklärung ist...



Was wäre jetzt anders als sonst. Jeder von ihnen würde jetzt versuchen etwas hineinzuinterpretieren. Vor allem die Frau. Dabei war die Vergangenheit nur ein emphatischer Umstand, der dazu führte ihn das tun zu lassen, was getan werden musste und ist dann der Ekstase kläglich erlegen. Was jetzt vermutlich zu Problemen führen würde. Er war es gewohnt. Sie fände eh nicht die richtigen Worte und richtigen Fragen. Hatte ihn sogar schon als Held bezeichnet. Doch er hatte nicht gesiegt. Er war erlegen. Abermals. Nicht weil er es wollte. Nein. Weil er nicht stark genug war es nicht zu können. Erneut. Doch wie hätte er sollen? Wie kann ein Mann stark sein, wenn er aus den Sternen fällt? Und wie macht man es Menschen mit Worten begreiflich? Jeder schaut hinauf zu ihnen, jeder bewundert sie, die Sternschnuppen. Sie stehen für etwas. Wünsche, Hoffnung, Romantik, Sehnsucht, Liebe. Und wie können Menschen ihnen beim Anblick widerstehen. Doch alle Bewundern ihr Verglühen, ihren Untergang nachdem sie in vollem Licht aufgegangen sind. Sterbend aufschlagen, tun sie alleine. Und ihre Geburt, bemerkt keiner.

Nein. Bei den Himmelselfen stehen Sterne und deren Heim für etwas bodenständiges, etwas wo Sternschnuppen herausfallen, verbannt werden bevor sie elendig erkaltet auf den Boden aufklatschen und sterben. Auch Sternschnuppen haben ein Zuhause. Ohne Worte, ohne Erklärungen und ohne... Licht der Öffentlichkeit. Dort waren sie pur, dort waren sie rein... dort... waren sie einfach - konnten Sein. Sie wurden dort geboren und erstrahlten in hellem Licht, bevor sie wieder starben und dort in ruhiger Stille auf ewig verweilen konnten. In Frieden und unbemerkt. Sterne. Für die Himmelselfen, waren sie erstrebenswert. Ein erstrebenswerter Zustand, den es zu erreichen galt. Ein Ziel. Ein... Lebensziel. Unerreicht? Ja. Nie würden sie der Sterne Kälte gewahr. Sie waren zu … hoch. Sie spiegeln nur die Vergangenheit. Ihr Licht trifft ein, obwohl schon das Strahlen lange vergangen ist, oder sein könnte. Oder gerade beginnt. Welch Elf weiß das schon.

Und der Elf, der nun hier stand – dessen klangloser kläglicher Name Feyndry'Hal lautete – und über seine Schulter blickte, ist aus ihnen gefallen. Abermals? Nein, doch er wurde nur einen kurzen Augenblicks ihres Antlitzes gewahr, sich des Höhenrausches bewusst, bevor er fiel; um wie eine Sternschnuppe elendig zu verglühen. Hoffentlich haben die anderen wenigstens bemerkt, das es Sterne waren aus der eine Sternschnuppe fallen muss – und eigentlich stirbt. Sie waren ja auch nur für den Bruchteil einer Sekunde da, die Sterne – wie immer unbemerkt anwesend. Doch dieses eine Mal reichte aus, um sie deutlich zu merken. Und deren Schein. Ein Schein, der eine Kriegers Klinge würdig ist – und sich hinter naiver Unschuld verbarg. Wie wohltuend. Er war ein Krieger des Lichts und noch mehr? Nein. Er war Magier der Sterne. Ein Junge namens Jarha aus einem Land namens Kemet. Das war überraschend erfreulich. Es reichte.
Was an anderen vielleicht vorbei ging, im Angesichts des Umstandes, war für den Elfen bemerkbar. Wie konnten sie ihn, einen Himmelselfen, verstehen - sich seiner Tragweite und Tiefe bewusst sein, wenn sie noch nicht einmal in der Lage waren in des Todes Antlitz die Fassung zu wahren. Wie ein wilder Hühnerhaufen zerstreuten sich ihre Gedanken und Bewegungen in aller Winde Richtung, erfasst von Furcht wie gelähmt dahinsiechend. Er schmunzelte leer.
War es nicht seine Pflicht als Sehender sie zu lenken? Nein. Es war klägliche Notwendigkeit, um nicht alleine zu bleiben unter ihnen. Um sie – die Menschen - zu schützen, bedurfte es ihn - nicht. Die Feinde waren nur so lange organisiert und in der Lage einen Sieg zu erwägen, bis sie etwas Wesentliches, etwas so... Bedeutsames erfuhren. Etwas, Existenzielles. Und was geschah? Sie taumelten und erblindeten, sie beugten sich und waren verwirrt. Wie kläglich.

Vorhersehbar?

Jeder sieht hoch, aber alle unterschätzen sie. Die Tiefe. Wie konnten diese Individuen hier dann dennoch siegen? Im Kampf gab es zuviel Chaos, Unordnung und Disziplinlosigkeit seitens der Angreifer und nur wenig Disziplin und Ordnung standen dem gegenüber. Doch etwas war da. Ein wacher Geist, der alles erfasste, überblickte und zur rechten Zeit eingriff. Ihn zu ungeahnten Höhen trieb und dennoch einfach nur da stand. Vertrauensvoll und in naiver Unschuld, nicht viel Bewegung brauchend und dabei mit einer Macht ausgestattet, die Reiche zu Fall bringen konnte, wenn er denn wollte. Und ihn. Einen unbedeutenden Himmelselfen.
Während der Kai'shak in blinder Wut erlegen, alles zermürbte was auch nur annäherungsweise in seine Nähe kam, gab es Menschen, die eine Ordnung im Chaos aufrechterhielten. In des Todes Antlitz? Zwei. Amenhotep und Jarha. Letzterer hatte soviel Vertrauen in sie, das er sich nicht einmal bewegen musste. Er verhalf ihnen sogar allen zu einem Einblick, welche Leistung man in Angesicht einer Tiefe erreichen kann, die für so manchen Geist eine gottähnliche Erfahrung impliziert.

Und anstatt höflich zu schweigen, so stellte sich Feyndry'Hal bildlich vor, würden Menschen wieder das Unwahre bewerten mit ihrem mickrigem Verstand, weil es ihren Vorstellungen entspräche und dieser nicht das begreift, was wirklich geschah. Weil sie dazu nicht in der Lage waren und weil sie es nicht besser wussten. Immer wieder hatte er es gesehen, immer wieder wurde es ihm bewusst und vorgeführt. Mit jedem neuen Menschen, dem er begegnete verhielt es sich so.

Warum er?

Warum fasste er ihn an? Als Warnung sich ihm nicht weiter zu nähern! Und warum befanden sie sich kurze Zeit darauf in einem auslotenden Gespräch wieder, dessen Kurzlebigkeit zu genau diesem Ergebnis führen musste, obwohl dieser ihm auch die Hand auf die Schulter legte. War es vielleicht doch eine unerkannt vertraute Geste? Warum kleidete er unbedeutende Gedanken nicht in Worte und sprach bedeutende zum falschen Zeitpunkt? Wenn eine Eisblume auf eine Sternschnuppe traf, musste sie eine Katastrophe fürchten. Sich zeitgebende Worte, blieben also aus. Aus mangelnder Kenntnis voneinander. Oder zuviel Respekt. Unbewusste Zuneigung von Anfang an? Mit Nichten. Vergangenheit. Das war jetzt einerlei. Ein Stern? Es war Vergangenheit. Was war jetzt? Soviel erklärungsbedürftiger Worte lägen jetzt ebenso zwischen ihnen. Soviel Feuer und Leidenschaft träfe auf Eis und Kälte stand dem entgegen. Was blieb, war Wind. Luft zum Atmen, ungeahnter Raum... Unfassbarkeit. Nichts.

Und das war gut so.

Jarha hatte die Macht, Feyndry'Hal zu töten und mit einem Wimpernschlag, vermochte Feyndry'Hal Jarhas Leben auszulöschen. Beide wären in des Todes Armen, noch ohne es zuvor zu bemerken. Sollte sich das nicht jeder wünschen? Im Angesicht von etwas so Edlem zu sterben? Wie konnten Worte dieses nur richtig erfassen? Doch was war, wenn sie zueinander fänden?
Das Ergebnis? Rettung. Waren sie jetzt nicht alle hier? Jarha hatte Feyndry'Hal zur Höchstleistung getrieben und resultierend daraus der Elf den Sternenmagier.

Auch blieb eine Frage für den Himmelselfen jetzt noch offen: Was geschah mit den Überlebenden, nachdem sich der Sternen Mal in ihre Seelen einbrannte, heller als es der Sonnenstern auf ihrer Haut vermochte? Noch ein philosophisch zu klärender Grundansatz, den es zu bedenken galt.
Er seufzte leicht. Es galt die Entscheidung umzusetzen.

Das wären lohnende, der Aussprache würdige Worte. Doch in Anbetracht, einem Blinden Farbe zu erklären, oder einem Fisch die Bedeutung von Flügeln, war es eins. Am Ende blieb das misszuverstehende gesprochene Wort, was in der Menschen Ohren in vergänglicher Zeit so... gerne Anklang fand. Sei es in Ekstase, oder davor und danach.

War fühlen dann besser?

Er wusste es noch nicht, als er jetzt Jarha kraftvoll wie ein Windhauch umfing und so bestimmt lebendig wie eine Böe mit seinem eigenen Körper gegen irgendetwas Festes drückte. Er scheute sich nicht des Blickes in seine Augen bevor seine Hand sich langsam an dessen Wange erhob und in einer Unendlichkeit mit dem Daumen über dessen Tätowierungen und Wangenknochen fuhr. Glichen sie doch Toren zu einer willkommen geheißenen fast vergessenen Tiefe. Jetzt war er ganz Herr seiner Sinne und seines Verstandes und es fühlte sich gut an, weil wieder Ruhe darin herrschte und den Tod nicht fürchtete. Des Elfen Blick war abgeklärt, als dieser auf dem edlen Gesicht des Jünglings seine Ruhe fand und die feinen schüchternen Züge bewunderte.

Lange und ruhigen Atems in jener Ewigkeit verharrend, mit der man Unendlichkeit gerne beschreiben würde wusste er, er würde sein Gegenüber dennoch nicht erfassen können. Und verbrennen? Selbst, wenn er es wollte es schien ihm unmöglich. Wie denn auch, Wie kann man etwas so edles vernichten wollen. Und war die Unendlichkeit nicht doch an Zeit gebunden? Sternschnuppen sind kurzlebige Geschöpfe. Im Gegensatz zu Elfen. Und ihm gegenüber stand ein Mensch, der einem Elfen in Nichts nachstand. Es war nicht wichtig. Wenn eine Eisblume mit der Tiefe eines unfassbaren Universums auf eine mickrige Sternschnuppe traf, bedurfte es einer gewissen Fürsorge. Und während die Sternschnuppe sich wohlfühlte, weil dieses Universum diese mit ihrer wohltuendem Kälte abkühlte musste sie aufpassen, dieses nicht zu erwärmen. Und obwohl die Sternschnuppe die Eisblume in dessen Universum fürchtete, war sie geschult im Fall und bereit für das Sterben.

Einen minimalistisch wahrnehmbaren Windhauch später, umfingen schon seine Lippen Jarhas in einem stillen Kuss unendlicher Dankbarkeit. Und selbst das könnte vermutlich nicht annähernd Jarha des Elfen Tragweite begreiflich machen. Noch vermochte der Elf Jarhas zu erfassen. Und so verflüchtigten sich des Himmelselfen Lippen in einer unbedeutenden Brise, die nur noch den Hauch eines Daseins hinterließ bevor des Elfen Daumen in ungeahnter Zärtlichkeit auch diesen Eindruck noch sehr langsam verwischte. Was zurückbleiben würde, wäre Gewissheit. Verankert in einem Blick der sich auf Jarha legte, verflüchtigten sich seine Finger, sein Körper und der minimalistische Eindruck seiner wahren und elfischen Tragweite sich wieder ungreifbar wie ein Windhauch und überließ ihn sich selbst. Mit samt erfahrenen Eindruck.

Er wusste um die messerscharfe Präzision von Worten, also tat er das was ihn ausmachte. Schweigen. Sollen sie doch denken was sie wollen. Es sind Menschen. Mit wem hier sollte er darüber Worte wechseln können, wenn dazwischen die Unendlichkeit stand. Er brauchte Ruhe, sie alle hatten jetzt Ruhe und ihr wohlverdientes Überleben. Was sollte da noch gesagt werden müssen.

Also orientierte er sich, so gut er konnte. Wo waren sie gelandet.
 
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Vorsichtig trat die junge Frau durch Jarha hindurch und atmete tief ein, als hätte es ihr zuvor noch die Luft zum Atmen geraubt. All diese schrecklichen Bilder.
All dieses Blut, Körperteile von denen man nicht mehr erahnen konnte, dass sie je zu einem vollständigen Körper gepasst hatten. Und der Kai'shak, der Keiko aus ihrer Zelle der Einsamkeit geholt hatte, er war fort. Es erschwerte ihr Herz enorm, denn auch wenn er ihr eine große Angst eingejagt hatte, hatte er der Gruppe durch diesen Kampf geholfen, er hatte Keiko aus der Zelle geholt, wo es noch so viele gab, die dieses Glück hätte erwischen können. Nein, der Kai'shak hatte sie aus der Zelle geholt. Das Glühen verflog langsam, die Hitze wurde ersetzt durch endlose Kälte, als die junge Diebin durch das Portal trat. Keiko hatte sich nicht einmal bedanken können, sie hatte nicht einmal eine Vorstellung davon, wie es die Gruppe getroffen haben musste.

Als hielte Keiko ein Magnet am Boden, als drückte sie etwas mit aller Kraft herunter, erschwerte ihr Herz den Schritt durch das Portal. Doch blieb sie stark, nicht nochmal wollte sie die Gruppe aufhalten, mit ihrem Drang dem Druck nachzugeben. So viel war in so kurzer Zeit geschehen - Keiko war sich sicher, all dies hatte einen Grund. War es Bestrafung oder war es ein Segen? Sollte sie im Angesicht des Todes und des Leides an diesem Ort untergehen - wenn nicht sie dann ihre Seele - , oder hatte sie in dem Schutz der Gruppe und insbesondere des Elfen einen neuen Weg gefunden? Wie er sie durch die furchteinflößendste Stunde begleitet hatte, ohne sie mit Schuld, mit Gewalt oder Schmerz besudelt werden zu lassen - wie er ihr Halt gegeben hatte, all das war so unwirklich.. Doch war es dort gewesen, wie ein Albtraum, der plötzlich ertragbar wurde, ein Traum, der Keiko Einsicht und Erfahrung schenken sollte. Alles verschwomm für einen Moment, bis Keiko wieder Grund unter ihren Füßen spürte, der eines anderen Ortes. Plötzlich kam es der jungen Frau vor, als läge das Spüren des ganzen Leids und der Angst einige Tage zurück. Wie eine blass gewordene Erinnerung. Doch sie schloss es fest in ihr Herz, es durfte nicht ganz verschwinden. Es war als erlebte sie mehr Dinge, als ihr schweres Herz ertragen konnte. Melancholisch berührt blickte Keiko nach unten, zu ihren Füßen.

Sie vergaß die Gruppe um sich herum für einen Moment fast völlig, nahm sie doch ihre Schemen war und schmerzlichst auch die Berührung zwischen dem Elfen und Jarha, schmerzlichst auch dass die verbündete Echsengestalt, die sie Haj'ett nannten, noch immer die Verletzung mit sich trug, die er in Kauf genommen hatte, um die Gruppe zu schützen - und schmerzlichst, dass der Kai'shak, an den sie jetzt schweren Herzens dachte, nicht durch das Portal getreten war. Er blieb verschwunden, hinter der eingestürzten Wand, an einem Ort der so kalt und grausam war wie kaum ein anderer. Weder konzentrierte sich Keiko auf das Warum.. Noch konzentrierte sie sich darauf, was genau Haj'ett fehlte. Sie spürte Schmerz, denn von der blassen, jedoch prägenden Erinnerung an diese Gefängniskerkereien blieb vor allem das Bild des Chaos, die Bilder wie menschliche, lebendige Wachsoldaten ihr Leben ließen. Das rot getränkte Bild des Grauen.

Keiko schüttelte den Kopf als wollte sie böse Geister aus ihm vertreiben. Mit geschlossenen Augen atmete sie langsam ein und aus, um sich wieder zu fangen. Um sich endlich wieder zu fangen. Perplex und erschöpft stellte sich Keiko vor, wie ihr ihre Seele entwich. Durch ihre Augen, durch ihren Mund, selbst durch ihre Ohren. Sie sah ihre Seele vor sich schweben; ein goldig schimmernder Schleier, der drohte ihrer Kontrolle zu entweichen, der drohte sie einfach zu verlassen. Eine völlig neue Definition davon, seine Seele baumeln zu lassen.
Symbolisch und bedeutungsvoll griff Keiko in die Leere vor sich , in der in ihrer Vorstellung noch immer ein goldener Schimmer schwebte - was einen wirklich eigenartigen Anblick für die Anwesenden bieten musste. Es gab einen Moment völliger Emotionslosigkeit, bis der Schimmer sich in der Luft verteilte, wie Wasser, wenn man seine Hand hineintat. Vielleicht musste Keiko loslassen. Bereit für das sein, was auch kommen mochte und keinen Schreckensbildern hinterherhängen, die ihr nur Angst vor der Zukunft bereiteten. Als sich Keiko wieder gefangen hatte aus diesem stillen Moment der Einsicht und der Rehabilitation, da erst blickte sie sich um, an sich hinab, in die Runde von erschöpften Verbündeten und in die Halle, in der sie sich befanden.

Das Blut an ihrem Kleid ignorierte Keiko, doch das Scheppern in ihrer Tasche konnte nichts gutes verheißen. Die junge Frau musterte die Umgebung, bewusst ignorierend, dass sie in der Tasche nichts auffinden würde, das sie glücklicher stimmen konnte - sondern eher unglücklicher. Die Halle wirkte lähmend auf Keiko - so groß, kühl und einschüchternd. Die Fenster waren höher und breiter als die meisten, die Keiko aus Goddar kannte. Wo waren sie? Niemand außer ihnen war anwesend. Waren sie überhaupt in Goddar? Es machte den Eindruck, doch mit dem Portal konnten sie wirklich überall gelandet sein, niemand hatte ein Wort darüber verloren, wohin sie mit dem Portal reisen würden.
Keiko schluckte schwer; es war hier unheimlich vertraut für sie. Die Halle ließ Keiko sich so fühlen, wie sie sich ihr Leben lang gefühlt hatte: klein und nichtig.
Es war ein hohes, grau gesteinertes Gebäude, in dem sich die Gruppe aufhielt. An den Seiten der Halle prangten viele Kerzenhalter. Mit einem Blick nach oben entdeckte Keiko einen farbenfrohen Kronleuchter, der so groß war, dass sie sich einen Moment vorstellte, wie viele Personen er wohl erschlagen konnte, wenn er seinen Halt an der Decke verloren hätte. Es gab in der länglichen Halle seitlich viele Bücherregale, hier und dort eine nur dürftig gepolsterte Sitzgelegenheit nahe der Regale. Als Keiko's Blick auf einen massiven, hölzernen Bücherständer fiel, ertappte sie sich bei der sinnlosen Frage, wieso man beim Lesen lieber stehen wollen könnte, als zu sitzen. Die Mitte dieser übergroßen, doch viel zu leeren Räumlichkeit war mit einem dunkelroten Teppich ausgestattet. Wie gerne hätte sich Keiko doch in diesem Moment einfach vor Erschöpfung auf ihn gelegt. Sie ermahnte sich zur Konzentration und kam auf ihre Tasche zurück, die bei Bewegung unheilvoll laut klimperte. Oh nein. Bereits die Wachen hatten dafür gesorgt, dass einige ihrer Ampullen zersprangen, als sie sie in die Zelle warfen, doch bei einem Blick in ihre Tasche erkannte Keiko, dass es jetzt noch einige mehr erwischt hatte. Eine davon war sogar noch gefüllt gewesen. Doch Keiko zuckte mit der Schulter - darum würde sie sich später Sorgen machen. Aufmerksam musterte Keiko jetzt Haj'ett. Wo sie auch waren, seine Verletzung musste schleunigst umsorgt werden - es sah nicht so aus als handelte es sich um etwas Nichtiges, oder eine Schramme. Haj'ett machte nicht den Eindruck, als ginge es ihm gut. Hin und her gerissen musterte Keiko die Verbündeten, überlegte sich was sie sagen sollte. Sich endlich vorstellen? Nein, was halten sie von mir, wenn ich ausgerechnet in diesem Augenblick von überflüssigen Namen spreche. Es war dasselbe Spiel wie immer in ihrem Kopf, in dem sie fieberhaft überlegte, was sie sagen sollte. "W-Wo sind wir?", erhob sie ihre Stimme aber schließlich, war sich aber sicher, dass niemand die Antwort wusste - oder etwa doch? Wie dumm von mir. Keiko biss sich leicht auf die Unterlippe und verschränkte ihre Arme dezent vor dem Oberkörper, es machte etwas den Eindruck als wollte sie sich vor etwas schützen. Alles fühlte sich plötzlich so kalt an, so fremd. Wann würde sich Keiko an diese neue Situation gewöhnen? Sie fühlte sich ausgeliefert.
 
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Ein tiefes Schnarchen bahnte sich seinen Weg von den Stimmbändern über die Kehle bis zur Nase, wo es laut brummend entwich. Möwen kreischen um die Segel... Eine stolze Briese gibt uns Fahrt.... Die Tischplatte der Taverne war unbequem. Das Holz war rau und die Gefahr sich Splitter in die Haut zu ziehen groß. ... Steuerrad.... den richtigen Kurs einschlagen. Das Holz knarzt, als das Schiff dreht... Zudem stank es nach Bier, Essensresten und Erbrochenem. Für feine Nasen ergab sich auch eine seichte Note Speichel und Blut. .... wochenlang nur madigen Schiffszwieback.... Das Schnarchen erstarb abrupt als die quietschende Tür der Taverne geöffnet wurde und morgendliches Sonnenlicht die stickige Luft der Spelunke wie ein heißes Messer durch Butter Durchschnitt. ... Seeungeheuer.... Piraten... alle dem Tode geweiht...! Der sich anhäufende wenn auch kurzlebige Strom von Licht genügte um den Rausch im Kopf zu überwinden und durch reflexartiges Zusammenkneifen der geschlossenen Augen Aiden aus dem Schlaf zu reißen. Was... wo ist das Schiff...? Doch noch war der Ruhezustand zu komatös um genügend Kraft zum Öffnen der Lider aufzubringen. Stiefelabsätze hinterließen kleine Vibrationen auf den altem Holzboden, die sich mit jedem Schritt verstärkten, bis sie schließlich auch den Tisch erreichten und Nadelstichen gleich kleine Stöße gegen Wagenknochen und Schläfe verteilten, was den endgültigen Abbruch von Schlaf mit sich brachte. Langsam fuhr Leben in den erschlafften Leib des Rinniers und auch, wenn dies nur sehr langsam geschah, arbeiteten die Sinne schon auf Hochtouren. "Hey, Saufbold!", ertönte eine männliche heisere Stimme, bei der man dachte, dass jeden Moment die Kehle in tausend Fetzen gerissen wurde, so stramm wie der Adamsapfel hervorstach. "Auf die Beine!" Aiden zog tief Luft durch die Nase. Der Gestank der Tischplatte floss direkt ins Hirn und rief einen Hustenanfall auf den Plan. "Die ganze Nacht gezecht, wie's scheint. Ich hab gesagt auf die Beine! Los Jungs, helft der Saufnase dabei!" Ein Rumpeln überkam die Holzdielen und klangen durch den Tisch wie das heraneilende Donnern eines Unwetters. Es hätte Aiden in höchste Bereitschaft bringen sollen, aber der Alkohol lähmte noch zu sehr. Die Quittung kam durch einen Ruck, welche kurz darauf den müden Körper durchfuhr. Jetzt konnte Müdigkeit und Restalkohol die Augen nicht mehr geschlossen halten. Adrenalin ergoss sich über die Adern bis zu den Zehenspitzen. Der Trunkene riss die Augen auf. "Meine Fresse. Wie besoffen kann man sein?", sprach der Adamsapfel. Aiden strengte seine Halsmuskeln an und hob den Kopf, versuchte sich zu orientieren. Er hing. Fehlender Kontakt seines Hinterns mit dem warmen Stuhl, und seiner Stiefel mit dem Boden bestätigte das. Er hing sehr unbequem, wie er jetzt festgestellte, im Griff von zwei Schränken von Kerlen: Muskeln, grimmig, schlechter Atmen.

Vor ihm klarte sich der Blick seiner von Adern durchzogenen Augen und offenbarte den restlichen Körper zum Adamsapfel. Er gehörte zu einem kleinen hageren Kerl, mit so spitzer, langer Nase, dass man sie mit einem Schnabel verwechseln konnte und zwei Augenschlitzen aus denen zwei Rubine zu Funkeln schienen. Seine Kleidung war nicht sauberer als die der beiden Schränke und gelbe Schweißflecken an Achseln und Brustbereich ließ den eindeutigen Schluss zu, dass es mit der Körperpflege auch nicht weit her war. Der kleine Mann ging Aiden gerade mal bis zum Kinn, wobei Selbiges deutlich mehr Haare aufwies als dessen Kopf. Dabei begann der Dreitagebart gerade erst wieder zu sprießen. "Deinen Lohn hast du ja schneller versoffen als du ihn bekommen hast, wie?" Der Zwerg ließ ein Lächeln sehen, was Zahnlücken und teils schon schwarze Zähne präsentierte. Aiden bekam langsam einen Krampf in den Schultern. Der Griff der Muskelberge war so fest, dass er sich niemals aus ihrem Griff befreien könnte. Er versuchte sich abzulenken indem er über den Namen des Zwergs nachdachte. "Es gibt noch mehr Arbeit. Gestern ist ein anderes Schiff im Hafen angekommen. Der Ehrwürdige will es schnellstmöglich durchsucht haben, wie gehabt. Scheint wohl etwas Besonderes in die Stadt gebracht haben, irgendwelche bunten Vögel." Der Zwerg bohrte in der Nase, was Aiden ein ekelerfülltes Gesicht zeigen ließ. "Sie wurden festgenommen und eingekerkert, aber die Wachen waren wohl bei dem Durchsuchen ziemlich schlampig. Damur, Jonsi und Will sind schon auf dem Weg. Sie haben mir gesagt, dass ich dich hier finden würde." Der Rinnier wollte schlucken, stellte aber fest dass seine Kehle völlig trocken war. "Kannst du stehen?" Es klang mehr nach einer Aufforderung als einer Frage. Der Zwerg wedelte mit der Hand auf und ab. "Absetzen die Schnapsdrossel!" Die Berge zu seinen Flanken ließen Aiden so ruckartig los, dass seine müden Beine Probleme hatten so schnell festen Stand herzustellen. Seine Schultern waren dafür mehr als dankbar für den nachlassenden Schmerz. Schließlich gelang der Stehversuch, auch wenn er sich anfangs noch an der Tischplatte abstützen musste auf der er so friedlich geschlafen hatte. "Na also es geht doch." Das Lächeln der Marke 'Mut zur Lücke' zeichnete sich wieder unter der langen Nase ab. "Dann ab mit dir zum Hafen! Wenn du dort ankommst ohne Schaden zu machen und dich ordentlich hältst, kannst du dir in diesem Rattennest wieder das Hirn aus dem Schädel saufen." Aiden war überrascht, dass der Zwerg den Begriff 'Hirn' überhaupt in seinem Wortschatz führte, doch nicht so überrascht, wie er von dem folgenden Satz war: "Wir sollen für den Ehrwürdigen noch einen toten Kai'shak transportieren, also beeile dich mit dem Schiff!" Der Riinier bekam große Augen, während der Zwerg mit der Zunge schnalzte. "Treffpunkt ist vor dem Kerker. Klar?" Aiden konnte sich nur ein dumpfes Nicken als Antwort abringen. "Na dann Jungs, Abmarsch!" Die Schränke setzen sich in Bewegung und polterten hinter dem Zwerg her. Ein Quietschen, begleitet von viel Licht, kündigte ihr gehen an und tatsächlich, mit dem Schließen der Tavernentür wurde nicht nur das Licht geschluckt, sondern auch die drei Spießgesellen.

Aiden musste sich setzen. Das hatte gleich mehrere Gründe. Einerseits, weil ihm die Müdigkeit ihm noch in den Gliedern saß, andererseits weil er das eben Gehörte verarbeiten musste. Ein Kai’shak? Hier? Was will ein Magiertöter in Port Raven? Ob es was mit der Seuche zu tun hat? Die Nachricht über die Anwesenheit eines Kai’shak schlug ihm auf den Magen, selbst wenn er tot war, gab es genügend Gründe, ihn zu meiden. Niemand wusste so recht, was mit einem Kai’shak geschah, wenn er starb. Aiden hatte Gerüchte gehört, jedoch maß er allen nur wenig Glaubwürdigkeit zu, geschweige denn, dass er mal einen leibhaftig gesehen hatte. Seine trockene Kehle erinnerte ihn daran sie mit etwas Flüssigem zu befeuchten. Verdammt! In meinen Hosentaschen herrscht mehr Ebbe als in jedem Meereszubringer. Dieser verdammte Knilch von Halsabschneider ist zurzeit meine einzige Chance an etwas Klimperndes zu kommen. Er seufzte. Wie lange noch würde er hier in dieser Küstenstadt festsitzen? Eine Frage auf die er selbst die Antwort nicht kannte. So blieb ihm nichts weiter übrig, als seine Kehle noch warten zu lassen, ebenso wie seinen Bauch der vor Hunger protestierte. Strecken und Gähnen war alles, was er seinem Körper anbieten konnte. Dann machte er sich auf den Weg zum Hafen. Die ersten Momente an der frischen Luft und unter kräftiger, klarer Sonne waren gleichermaßen berauschend und störend. Er schob seinen Unmut beiseite. Schließlich war er am Leben und relativ frei. Zwei Punkte die viele Bewohner der Stadt nicht von sich sagen konnten. Es sah überall die Scheiterhaufen und der süßliche Duft der brennenden Leiber zog ihm unangenehm in die Nase. Aiden musste sich anstrengen sein Abendessen drin zu behalten. Doch auch daran gewöhnte sich sein Körper. Eine Schwermut war allgegenwärtig. Leid und Trauer schienen die Stadt wie Geschenkpapier einzuwickeln. Als würde der Tod einen makabren Sinn für Humor haben. Früher war der Tod lange Zeit sein Begleiter gewesen, damals, als er noch zur See gefahren ist und Schiffe sofort den Kurs geändert haben, wenn sie die schwarze Flagge durch das Fernrohr erspähten. Der süßliche Gestank widerte ihn an, besonders auf nüchternen Magen. Trotz der Leichenberge wunderte sich Aiden, wie wenige es waren. Port Raven war eine stolze Hafenstadt und dazu eine goddarianische. Hier müsste es wimmeln vor Menschen, oder eben vor Leichen. Haben sich so viele in ihre Häuser zurückgezogen? Es erschien ihm selbst dann wenige Leichen. Nur der Marktplatz und der Hafen schienen noch als Bollwerke des Lebens durchzuhalten. Marktschreier und Matrosen lassen sich eben nicht so leicht den Lebensmut nehmen und Aiden war froh zu ihnen zu gehören.
 
Die Tatsache, dass Jarha der Zunft der Sternenmagier angehörte, war eine sache, wenn man darum wusste.
Es war allerdings eine andere sache, wenn man der völlig fremden Natur dieser Magie ausgesetzt war.
Nichts, aber auch garnichts hatte Alexis auf das nun erlebte vorbereiten können. Desto näher er Jarha kam, desto falscher fühlte es sich an. Dennoch gab es keine andere Wahl. Er musste sich dieser Erfahrung stellen, oder - getrennt von den anderen - wahrscheinlich durch die Hände der Wachen sterben. Mana behagte dieser Erfahrung genau so wenig. In Menschengestalt klammerte sie sich an seinen Arm und war sichtlich verstört. Er musste sie regelrecht in das Portal zerren, obschon es ihm selbst schwerfiel diesen Schritt zu wagen. Er biss die Zähne zusammen.

Falsch. Alles falsch! Wie konnte das sein? Nichts, wirklich garnichts hätte ihn hierauf vorbereiten können.
Die fremdartigen Energien, die ihn umgaben, an ihm zerrten und alles, was er zu wissen glaubte scheinbar widerlegte trieben ihn fast in den Wahnsinn. Mana krallte sich noch fester an ihn, war aber außer Stande etwas von sich zu geben.
Wie benommen taumelten die beiden auf der anderen Seite des Portals in die Gildenhalle des Magierzirkels.

Wie konnte man diese Magie beherrschen und bei Verstand bleiben? Er griff nach diesem Strohalm, sponn den Gedanken weiter, flutete sein Bewusstsein, mit dem, was er kannte, wie er neue Magie erforschen würde. Er machte sich sein theoretisches Denken zu eigen und da tat sich eine kleine Gemeinsamkeit auf. Licht und Schatten. Leben und Tod, Tag und Nacht, all das war...
Noch eher er das Gefühl richtig fassen, oder gedanklich nachvollziehen konnte, erlosch dieser kleine Augenblich der Erkenntnis mit dem Portal.
Alexis drehte sich um und starrte Jarha an. Allerdings wagte er nicht in seine Augen zu sehen. Erst jetzt merkte er, dass er die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Er atmete aus und wieder tief ein.

Der Geruch... Er kannte diesen Ort, denn schließlich hatte er einst mehrere Wochen in seinen Studien während seiner letzten Recherche hier zugebracht.
Und erst jetzt bemerkte er das neue Gesicht in der Runde. Die Frau war größer als er, von einer natürlichen Schönheit, die ihm gefiel. Sie hatte unweigerlich seine Aufmerksamkeit aber nicht aufgrund ihres Äußeren, sondern schlicht und ergreifend mit der laut ausgesprochenen Frage auf sich gezogen, die manch anderer in der Runde vohl ebenso hatte.

"Der Magierzirkel von Goddar. Ich war vor ein paar Jahren mal hier." er blickte sich um. "Allerdings war dieser Ort damals belebter. Es scheint niemand hier zu sein."
Das kam schon vor. Wenn sich die Magier dieses Zirkels in ihre persönlichen Bereiche zurückzogen, um ihren Studien nachzugehen. Doch es war stets immer mindestens ein Magier in dieser Halle anzufinden. Seltsam.
"Wir sollten auf der Hut sein. Ich bin mir nicht sicher, ob das hier so richtig ist."
 
Haj'ett ließ sich auf den Hintern fallen, als sie das Jarha oder Jarhas Portal oder was auch immer durchquert hatten. Wie er feststellte, war er nicht die einzige Last, die der Magier am Hals hatte und er wollte seinen Freund entlasten. Wieder schwirrte es ihm vor den Augen wie Spuklichter in einem nebligen Sumpf in seiner Heimat. Diese Magie Jarhas war verwirrend und irritierend, doch dankenswerterweise nützlich. Im Kerker war es sehr kalt gewesen, an diesem neuen Ort war es ein wenig erträglicher. Und es roch nicht nach moder.
Bestürzt blickte er auf die Flecken, die seine schmuddelige Kleidung auf dem prunkvollen roten Teppich hinterließ. Der erste Eindruck, den er machte, würde ein schlechter sein, wenn die Bewohner auf Sauberkeit Wert legten. Doch waren keine Bewohner in Sicht.

Sein Arm pochte, doch entglitt ihm die Erinnerung an schlimmere Schmerzen bereits wie eine Forelle, die man vergeblich versucht hatte, aus einem eiligen Gewässer zu greifen. Ungläubig beugte und dehnte er den Arm fast problemlos. Tan'or hatte ihn weggeschleudert, gegen die Wand? War das dort passiert? War es passiert? Tan'or...
Bedauernd warf der Echsenmann einen Blick zurück, doch es war zu spät. Kein Kai'shak mehr da. Der gefühlskalte Berserker hatte ihm mehrmals das Leben gerettet, ihn vor dem sicheren Tode bewahrt und sollte nun fort sein? Er war sein Freund gewesen. Manch einer mochte den Kopf darüber schütteln und selbst wenn Tan'or nicht im stande gewesen war, in irgendjemandem einen Freund zu sehen, mochte Haj'ett diese Form von Kameradschaft, die er verspürt hatte als nichts anderes bezeichnen.
Doch galt es nach vorne zu blicken. Mit einem Kloß im Hals konzentrierte sich der Echsenmann auf das Hier und Jetzt. Tan'or hätte es sicher so gewollt.

Verdammt, wo war er überhaupt?
Die Halle, in der sie sich befanden war angenehm beleuchtet, doch glitzerte wirbelnder Staub nahe der Kerzen des prächtigen Kronleuchters. Die Decke darüber befand sich in fast schwindelerregender Höhe. Ihm zitterten die Knie, als er sich bemühte aufzustehen. Die ledernen Rücken vieler zerlesener Bücher harrten in endlosen Reihen um sie herum nur darauf, gelesen zu werden. Doch durchzuckte ihn ein Schmerz, der ihn fast wieder zu Boden gezwungen hätte. Das Orakel hatte den Knochen gerichtet. Doch war das scheinbar nicht genug.
Nachdem er die aufsteigende Dunkelheit in seinem Sichtfeld, die von Ohnmacht kündete, bezwungen hatte, vernahm er Stimmen.
Die junge Frau war die erste, die den Mut hatte, nach den Turbulenzen der vergangenen Stunde das Wort zu ergreifen. Schon antwortete Alexis. Seine Stimme beruhigte Haj'ett. Ein Freund war ihm geblieben. Ihn kannte er seit Anbeginn dieser Reise. Mit ihm hatte er bereit ausgiebig dem Alkohol zugesprochen. So etwas verbrüderte Männer. Zumindest dort, wo der Echsenmann herkam.

Der Magierzikel also. Trotz Alexis warnender Worte befand der Echsenmann, dass die miteinander durchlebten Schrecknisse es in dieser kurzen Ruhepause rechtfertigten, die "Neue" willkommenzuheißen.
"Ich weiß nicht, wer Ihr seid, doch Ihr scheint mir mit den Soldaten Goddars genauso in Zwietracht wie wir. Mein Name ist Haj'ett."
Er bemühte sich um ein Lächeln, als er ihr die Pfote zum Gruß reichte, doch selbst wenn es ihm geglückt wäre - das zähnefletschende Lächeln eines Agamas machte auf Menschen selten einen freundlichen Eindruck. Seis drum.

Im gleichen Moment küsste der Elf Jarha. Konnte es noch absurder werden?
 
Wo andere sahen, lauschte er und roch. Hier gab es keinen Luftzug, doch seine Nase erfasste verschiedenartige Gerüche. Erdige Harze, feine süßliche Öle und Staub. Blut? Er hoffte nicht und sah reflexartig auf den den Boden. Holz? Nein... Er besah sich die Struktur neben dem prunkvollen roten Teppich genauer: Ein Mosaik? er legte mit skeptischem Blick musternd den Kopf schief, als er es erfassen wollte und ließ den Blutgeruch einfach im Sande verlaufen. Vermutlich hatte er nur sich selbst gerochen. Er hörte etwas Feines klimpern und sah auf. Fläschchen? Als er es aus ihrer Richtung ausmachte, war er etwas beruhigter. Keiko hatte sich umgeblickt und fasziniert folgte er ihrem Blick. Hinauf, zu den Seiten, zu den ledernen Bucheinbänden, zusammengerollten Pergamenten, bis ihre Stimme erklang. Ihre zarte Stimme hallte in der Mächtigkeit eines zarten Echos wieder. Es war ein wohltuender Klang. Es klang nicht einengend, sondern hoch. Erfreulich. Vorsichtig legte er seinen Blick auf sie. Die Schönheit biss sich leicht auf die Unterlippe und verschränkte ihre Arme dezent vor dem Oberkörper, es machte etwas den Eindruck als wollte sie sich vor etwas schützen. Sie fühlte sich unbehaglich? Er lächelte sanft und mitfühlend und doch angespannt. Sie fühlte sich ebenso scheu und unsicher, wie zuvor in der Zelle. Doch im Gegensatz zu diesem Zuvor, stand er schweigend und still. Mit dem linken Arm um seinen Bauch gelegt und etwas nach vorn gebeugt hatte er Alexis' Aufmerksamkeit auf sie registriert.
Er schmunzelte seicht.

Die Information bezüglich ihrer Frage, nahm er einfach in sich auf. Er wusste weder, was ein Magierzirkel war, noch was Magie war und weigerte sich vorerst diese zu verurteilen, obwohl er nach der letzten Erfahrung dies hätte eigentlich tun müssen. Zumindest die Ortsangabe - die Goddar lautete - klang vertraut. Auch klang wohlvernehmlich, das Alexis schon einmal hier war. Auch wenn er jedoch gleich wieder bedrohlich vernahm, was er weiter sprach. Bei dem Himmelselfen rief diese Aussage gleich wieder Anspannung hervor und veranlassten ihn seinen Schwertgriff unbewusst zu umfassen. Sofort ging sein Blick in die Höhe und suchte nach möglichen Fluchtwegen oder lauernden Gefahren in den unteren Schatten, doch zum Glück sah und hörte er diesbezüglich nichts. Keine Regung vernahm sein Gehör, keine Bewegung seine Augen. Selbst die Luft stand still. Das war ein gutes Zeichen. Für ihn.

Ob er sich wohlfühlte? Nein. Nicht solange er eine Antwort auf seine Frage bekäme, die ungefragt blieb:
Waren sie auch hier nicht sicher? Seine Augen verengten sich ein wenig zur Skepsis. Er unterdrückte ein aufkommendes Husten und richtete seine Aufmerksamkeit auf Haj'etts Interaktion mit ihr. Es war ein hübsch anzusehendes Bild der kleinen Echse. Es erinnerte ihn an eine Schöne, die einem Biest gegenüberstand. Nur das das Biest halb so klein war wie sie und ihr eine Pfote zum Gruß reichte. Begleitet von zähnefletschendem Lächeln. Wäre es nicht jene Echse gewesen, die sich zuvor noch in schwindelerregende Höhen aufgeschwungen hätte und ihnen Alexis wiederbeschaffte und den Kaishak verschwinden ließ, wäre er beunruhigt. Doch so? Er war fasziniert. Wie konnte etwas so Kleines, so hoch springen? Seine Falltechnik konnte er nicht wirklich – bemerken, da war ein Vogel der dieses den Ältesten sei Dank verhinderte. Zumindest dachte er sich das, dem Schrei nach zu urteilen.
Auch lernte er die angemessene Reaktion zweier fremder Kulturen. Ein Mensch begegnet einer Echse. Würde sie sich von der menschlichen unterscheiden? Er schien die Pfote ihr ebenso wie die Menschen ihm immer zum Gruß auszustrecken. War das artübergreifend oder üblich? Immerhin streckten ihm die Menschen auch immer ihre Hand entgegen und beharrten auf Berührung wenn sie sich das erste Mal trafen. Fragten sie sich jemals, ob das auch jemand anders auffassen könnte? Er seufzte und beobachtete angetan. Fast schon zu spät bemerkte ihren unschlüssigen fast sorgenvollen Blick zu Haj'ett hinunter. Hat er sich ernsthaft verletzt? und ihr Blick, ließ nun auch des Elfen Blick fragend zurück.
 
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Der Magierzirkel? Keiko wusste vieles über Goddar und doch hatte ihre Mutter ihr nichts von einem Magierzirkel erzählt - sie konnte schließlich auch nicht alles wissen. Jetzt war Zeit, endlich tief durchzuatmen und aus der Ruhe neue Kraft zu schöpfen. Der betrübte Blick traf für einen Moment den Elfen. Wieso? Wieso hat er mir Halt geboten. Warum hat er mich nicht einfach untergehen lassen? Diese Fragte brannte jetzt in ihrem Kopf wie die Frage danach, ob sie sich mit gutem Grund sicher fühlte, selbst wenn die Halle sonst keinerlei Geborgenheit und Schutz bot. Das wohl ehemals Belebte blieb noch aus und wenn Keiko ehrlich wahr, dann erfreute sie das. Ein Rundblick erklärte die Planlosigkeit aller Verbündeten. Gut. Ich werde mich mit meiner Frage nicht völlig zur Idiotin gemacht haben. Einige Gedankengänge weiter kam ihr wieder die Sorge um das kleine Echsenwesen auf, jener, der Keiko vor der Wut des Kai'shak bewahrt hatte.

Just in dem Moment kam Haj'ett auf die Idee sich vorzustellen - Keiko fiel ein Stein vom Herzen, so war sie nicht wieder diejenige, die sich mehr als nötig darum Sorgen bereitete, ob es angebracht war jenes zu tun oder nicht zu tun. Es war eine eigenartige Situation. In Goddar war sie nicht oft Echsenmenschen begegnet, schon gar nicht hatte sie einen persönlich gekannt. Umso mehr freute sie sich um die Bekanntschaft mit dieser bunt gemischten Gruppe. Aus Höflichkeit und Respekt aber ging die große Frau auf die Knie, lächelte den Echsenmann warm an und sah ihm in die Augen, so wenig blinzelnd wie möglich. Das war gar nicht so leicht für Keiko, immerhin schätzte sie es mehr, nicht in der Aufmerksamkeit eines jemanden zu stehen. Auf den Unterschenkeln sitzend reichte Keiko der Echse die Hand, wobei sie bermerkte, dass sich diese Berührung enorm ungewohnt anfühlte - wie es eigentlich jede Berührung für sie tat, doch diese noch mehr. "Es ist mir eine Ehre Euch und Eure Verbündeten kennenzulernen, Haj'ett.", antwortete Keiko. Ihr Blick war dabei ehrfürchtig, so war diese Erfahrung aufregend und wertvoll für die junge Frau. "Mein Name ist Keiko Quinn." Bei dieser Vorstellung wunderte sich der Rotschopf darüber, wie lange sie sich keiner Person mehr mit dem Namen vorgestellt hatte. In Obitun wäre es dämlich gewesen, sich der Person, die man um seine alchemistischen Zutaten brachte oder um die Lebensmittel bestahl, mit dem Namen vorzustellen. Alchemistische Zutaten.

Nach einem langsamen Blinzeln widmete sich Keiko wieder ihrer Tasche. In dem einen Fach erkannte sie sofort eines ihrer dürftigen Kleider, in dem Nächsten heile und kaputte, leere Fläschchen und in dem letzten Fach erkannte sie ihre gefüllten Ampullen und Fläschchen, von der nur eine zersprungen war. Dessen Substanz verteilte sich hier und dort im Stoff ihrer Tasche. Ein Seufzen entglitt Keiko, dann begann sie in diesem Fach nach den nötigen Mittelchen zu suchen. Zwar schien es der Echse besser zu gehen, doch sie wusste um die Präsenz eines Schmerzes, der keineswegs sofort wieder gelindert sein konnte. Also erblickte sie einen der Tränke. Er enthielt eine Mixtur aus Himmelsblüten, aufgekocht, als auch dem Liriaxpilz. Kostbare Zutaten, doch genauso schwer zu dosieren. Liriaxpilz nur im Notfall, sagte Mutter. Grübelnd ergriff sie die nächste Mixtur. Himmelsblüten und Julusblumen. Sanft, aber genauso wirksam. Vorsichtig nahm Keiko das kleine Fläschchen mit den zarten Fingern aus der Tasche, blickte den Inhalt nochmals genauer an und hielt sie der Echsengestalt entgegen. "Es mag Euch etwas besser gehen, doch bevor Ihr das Portal betratet machte ich mir noch größere Sorgen um Euch.", sagte Keiko, "Bitte nehmt es als Zeichen des Dankes und lindert damit Euren Schmerz."
Der warme Blick lag auf der Echsengestalt. Sie hoffte ihn nicht zu überfordern, war sie doch über ihr eigenes Verhalten verwundert. Es tat gut auf den Unterschenkeln zu sitzen, zu wissen, dass diese Leute ihr keinesfalls ein Haar krümmen wollten. Es galt abzuwarten, wer sie empfangen würde und ob es überhaupt jemand tat.
 
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Sein Herzschlag überschlug sich in jenem Moment und er war atemlos, als er Keiko auf die Fersen sinken sah. In stiller Liebe und mit purer Gewissheit das Richtige getan zu haben: war sie es wert. Es war die erste respektvolle Begegnung in Worten und Gestik eines Menschen, die er seit seiner Überfahrt miterleben durfte und es tat gut. Es tat so gut wie Balsam einer Brandwunde Linderung verschafft. Er hatte nichts dergleichen erwartet und wurde mehr als nur überrascht. Ein Mensch, der sich nicht über andere ungefragt laut erhebt, sondern auf Augenhöhe begegnet. Respektvoll in Worten, Mimik, Gestik. Sie war eine Besonderheit unter ihnen und sein Herz schlug schneller als erwartet für ihn laut hörbar in seiner Brust darüber.

Er öffnete sanft wieder seine Augen, endlich, endlich durfte er ihren Namen erfahren. Es tat gut ihn auf diese Weise vorgestellt zu bekommen. Das ersparte ihm die überaus unhöfliche Frage danach und gab ihm Gelegenheit die Aussprache auf sich wirken zu lassen, ohne der Unannehmlichkeit sich in direkter Konfrontation schnelllebig damit auseinander setzen zu müssen. Auch hier hatte Haj'ett ihm einen großen Dienst erwiesen und er empfand mittlerweile tiefen Respekt für dieses kleine Wesen, dessen Größe nicht nach dem Überlebenskampf endete, sondern sich weiter fortsetzte.

Und er war tief davon beeindruckt, das 'Keiko Quinn' ein Geschenk in ihrer Dankbarkeit überreichte. Geschenke waren Zeichen von Respekt, Vertrauen und Ehrerbietung unter Himmelselfen. Sie drückten soviel aus und es gab soviel zu beachten, doch dieses zarte Gemüt, welches einer völlig fremden Art gegenüberstand, verhielt sich nicht nur mit Worten, sondern auch in Taten wie seinesgleichen seiner Heimat. Es verschlug ihm glatt den Atem.

Er bemerkte wie er schluckte. Er hatte ihren Blick gesehen, die unausgesprochene Frage darin. Er stand in der Pflicht sie nicht im Unklaren darüber zu lassen, was gerade alles geschehen war. Doch nach dieser Begegnung sah er voller Zuversicht dem entgegen.
Jetzt war er sicher, die richtigen Worte wählen zu dürfen, wenn es soweit war.
Er könnte sich ihr erklären, was Berührungen unter Himmelselfen ausdrückten, was Respekt war und was ein Kuss bei einem Mann bedeutete und sie würde den Kuss eines Elfen an einer Frau verstehen. Er würde ihr in Worten erklären können, was geschah, in jenem Zustand seiner und sie könnte verstehen. Könnte?

Er war sich fast sicher, sie würde, doch dazu bedurfte es Zeit und keine Eile in menschlichem Zeitmaß. Dazu wäre der richtige Zeitpunk zum richtigen Ort nötig und die Ruhe die es bedurfte ohne Hast und Eile, die richtigen Worte ergreifen zu können. Jetzt, war kein guter Zeitpunkt, doch er war sich sicher, er würde kommen. Und so hatte er sich in respektvoller Zuneigung vor ihr einfach nur leicht verneigt, als sie auf ihn trafen, die unausgesprochenen Worte ihrer ohne den Blick von ihr zu nehmen.

Da ist dein zweites Wunder, Keiko Quinn. er musste bei seinem Gedanken schmunzeln.
 
Geduldig und doch extrem angespannt zugleich wartete Felerius das weitere Geschehen ab. Da hörte er nur noch eine Klinge die Fleisch traf und einen dumpf zu Boden fallenden Körper. Sein Puls raste und nahezu jeder Millimeter seines Körpers war mit Adrenalin durchströmt. Noch kein Schmerz, kein Tod? Die Sekunden verstrichen für den Alchemisten wie Stunden, eigentlich erwartete er jeden Moment sein Ableben, doch nichts. Der Rauch verzog sich und da stand sie, die junge Frau die ihn fragte ob es ihm gut gehe. Was dachte sie sich eigentlich? "Mir geht es wunderbar, wenn man mal bedenkt, dass ich Euch gerade Beihilfe zum Mord geleistet habe.", antwortete er zynisch auf diese Frage. Innerlich wandelte sich die eigentliche Angst in Wut um, doch obsiegte weiterhin sein Verstand. Immernoch hatte diese Frau die Waffe und offensichtlich die besser Kondition als er. Dessen war er sich stets bewusst, auch wenn er es meist abstreitete. Sein gesamter Körper war dennoch auf Flucht programmiert, doch zu seiner größten Überraschung streckte ihm die Fremde den Geldbeutel des Toten entgegen. Ehrlich jetzt? Ich soll das Geld eines Toten annehmen? Ist die verrückt? Doch zuerst nahm er das Säckchen entgegen, wer wusste wozu sie noch in der Lage war. Genau aus dieser Ungewissheit sammelte sich plötzlich wieder Angst. Was tat er eigentlich noch da? Er musste schleunigst das Weite suchen! Doch was war, wenn sie ihn verfolgte und schließlich auch tötete? Wieso musste er in die ganze Sache überhaupt mit reingezogen werden? "Ja, da habt Ihr recht, euch erwartet hier eine Menge Ärger, wenn Ihr bleibt." Den ich Euch so oder so bereiten werde, verdammte Mörderin! Es fiel dem Menschen sichtlich schwer, die Fassung aufgrund des sich vor ihm bietenden Anblickes zu bewahren. Und er half ihr noch? Doch warum tötete sie ihn nicht auch und vernichtete somit alle Zeugen? Mit unsicheren Blick suchte er den Ihren, ein erneuter Ausflug in ihre Augen ließ ihn weiterhin so planlos dastehen wie zuvor. Nicht nur, dass er selbst dort sie nicht richtig einschätzen konnte, aber irgendwo her kannte er dieses Blau! Doch weiterhin galt es vorsichtig zu sein und jeden Schritt dieser Frau zu beobachten, er misstraute ihr und das nicht gerade wenig.
 
"Mörderin?" Tessa schüttelte den Kopf. "Ist man ein Mörder, wenn man sich und andere vor einer Bande Sklavenhändler bewahrt? Hätte ich diesen Kampf verloren, wärt ihr jetzt tot oder auf dem Weg in die Sklaverei. Denkt mal darüber nach." sagte sie eindringlich. "Was ich getan habe, war Notwehr, und das wird die Wache genauso sehen. Vielleicht sollten wir ihr die Ermittlung sparen und den Vorfall gleich melden. Ich werde sie suchen gehen. Wollt ihr mitkommen oder trennen wir uns hier?" dann lächelte sie. "Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben. Ihr habt mir nichts getan, also werde ich Euch auch nichts tun. Söldnerehre. So einfach ist das für mich. Es tut mir leid, dass Ihr hier mit hineingezogen wurdet, aber sehr viel weiter hätte ich nicht rennen können. Zumal sonst noch mehr Menschen unter dem Kampf gelitten hätten."
Jetzt stutzte sie. Dieser Platz enthielt einen Brunnen, Häuser standen auch genug in der Nähe. Aber der Platz war leer. Das war äußerst seltsam. Sie sprach ihre Gedanken laut aus.
"Eigentlich sollten an einem solchen Brunnen mehr Menschen sein. Ich habe, wie gesagt, die letzten Tage in Gefangenschaft verbracht. Was ist hier los? Was weiß ich nicht, was ich wissen sollte? Könnt Ihr es mir sagen?" fragte sie besorgt. Jeder Tag, jede Stunde in dieser Stadt erhöhte das Risiko, auch nach elf langen Jahren noch erkannt zu werden, aber wenn in dieser Stadt eine Gefahr lauerte, wollte sie das wissen. Nicht nur um ihrer selbst willen, dieses Land war immer noch ihre Heimat. Nicht, dass sie Goddar in all den Jahren sonderlich vermisst hätte, aber der Gedanke, dass ihre Heimat bedroht sein könnte, verunsicherte sie trotzdem. Straßen wie diese waren zumindest bei Tag nicht so ausgestorben. Schon gar nicht in einer Stadt wie Port Raven.
 
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Als Aiden die Straßen zwischen Taverne und Hafen größtenteils hinter sich gebracht hatte und ihn das bekannte Kreischen der Möwen empfing, fühlte er sich gleich wohler. Es gab wenige Sachen, die auf Anhieb seine Stimmung heben konnten. Dazu gehörten neben starkem Alkohol und natürlich das Gefühl von Planken unter den Stiefel, der Schrei der Möwe, das Gelächter neben einer guten Kneipenschlägerei und die Meeresbriese, die nach Salz und Freiheit schmeckte. Die restliche Müdigkeit war von jetzt auf gleich wie weggefegt, als er das geschäftige Treiben im Hafen erblickte. Dockarbeiter löschten die Ladungen von goddarianischen Schiffen, oder hievten die Kisten an Board. Hin und wieder rauchten Einige dabei ein Pfeifchen. Große mechanische Kräne aus den verschiedensten Metallen ragten wie Wachtürme an den Pieren empor und unterstützen die Arbeiten an und auf den Schiffen. In keinem anderen Hafen Maradars hatte der Rinnier derartige Konstrukte erblickt. Der Erfindungsgeist und das Gespür für Mechanik waren in diesem Land wahrlich einzigartig. Das Klopfen von Hämmern und ratschen der Sägen stimmten mit ein. Die Waschweiber und Mägde tratschten über die Ereignisse der letzten Tage und würde nicht hin und wieder die Worte 'Pest' und 'Seuche' fallen, könnte man meinen es wäre ein normaler Tag wie er vielerorts begann. Dies alles geschah unter den wachen Augen von goddarianische Soldaten. Aiden war überrascht wie viele es waren. Waren es gestern nicht noch weniger Blechköpfe gewesen? Er versuchte sich darüber keine Gedanken zu machen. Solange nicht ein in feine Tücher gehüllter, dicker Kaufmann, mit mehr Schmuck als Haut an den Fingern erschrocken auf ihn zeigte und "Pirat" rief, war es ihm egal. Vielmehr versuchte der Rinnier das Schiff zu finden, dass der Zwerg ihm beschrieben hatte. Vielleicht entdeckte er auch Darmur, oder Jonsi. Die beiden nahmen es mit der Arbeit nicht so genau und beobachteten von der Reling lieber das Treiben, als der Durchsuchung nachzugehen, bis sie vom Aufseher erwischt wurden, oder die Durchsuchung für beendet erklärt wurde, was auch immer eher eintraf.

Aidens Blick glitt von Schiff zu Schiff, als er die Docks entlang marschierte. Man konnte deutlich die heimischen von den fremden Schiffen unterscheiden. Sie sahen nicht nur anders aus, es gab dort auch hauptsächlich Soldaten an Deck und davor, wohingegen die Arbeiter den Großteil an Deck der eigenen Flotte ausmachten. Dabei konnte sie sich kaum so schimpfen. Goddar hatte nicht viele Schiffe und die meisten davon waren die kleinen Schaluppen der Fischer. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. Er fühlte wie ihm heiß und kalt zu gleich wurde. Sein Adern fingen an zu pochen und seine Finger wurden feucht, als er sah, was für ein Schiff dort lag. Es war so unverkennbar, dass es unmöglich eine Verwechslung geben konnte. Er schaute nochmal genauer hin, doch das Schiff blieb. Es war keine Fata Morgana, tatsächlich: die Gischtadler. Eben jenes Schiff was Vicus Mer gehörte. Vicus Mer der Kapitän und jüngere Bruder von Horatius Mer. Aiden schluckte laut. Warum war Vicus hier? Was hatte er mit den Ereignissen zu tun? Der Seemann legte zwei Finger an seinen Nasenrücken, kniff die Augen zusammen und versuchte sich kampfhaft an die Details zu erinnern. Was hatte der Zwerg gesagt? Verhaftung? Bunte Vögel? War da nicht noch mehr? Es wollte ihm nicht einfallen. Aiden seufzte. Es blieb ihm nichts anderes übrig als den Auftrag zu erledigen und später die Hintergründe zu untersuchen. Doch warum gerade dieses Schiff? Er ging langsam auf die Rampe zum Deck zu. Vier Soldaten standen davor Wache. Es war nur einer kurzer Weg, aber ihm gingen tausend Gedanken durch den Kopf. Vicus und Horatius waren beide für die See geboren. Er hatte beide als Kapitän erlebt, wenn auch nur Horatius als seinen eigenen. Abgesehen davon missfiel dem jüngeren die Tätigkeit des älteren Bruders. Ein Fakt der auf Gegenseitigkeit beruhte.

Horatius hatte selten über seine Familie gesprochen und wenn, dann nur über Vicus und meistens negativ. Er sei zu ehrlich für die Welt und zu exakt. Sein ehemaliger Kapitän nannte Vicus gerne einen 'Fisch der unter Fischern lebte'. "So gefangen in Gesetz und Recht, dass er verlernt hat frei zu leben." Aiden verstand diesen Satz lange nicht, bis er allein auf seinen Reisen die Wirklichkeit der Politik anderer Länder kennen gelernt hatte. Ähnlich negativ hatte Vicus die Kaperfahrten seines Bruders kommentiert. Was auch immer stimmen mochte, Aiden gefiel der Gedanke, dass im Mittelweg die Wahrheit lag. Die Wachen versperrten ihm mit ihren Hellebarden den Weg. "Kein Durchlass!" Ein grimmiges Knurren kam ihm entgegen, so dass man meinen könnte ein Wachhund spräche zu ihm. "Ich komme von…" Der Rinnier überlegte. Der Zwerg. verdammt wie hieß dieser Zwerg? Vier Augenpaare richteten sich auf ihn. Das Gefühl gefiel ihm nicht, ganz und gar nicht. "..von… dem kleinen….", er geriet ins Stammeln, "…diesem Zwerg eben." Die Soldaten verstanden nicht und wenn sie ihn nicht schon misstrauisch mustern würden, spätestens jetzt hätten sie es getan. Einem der Wachen entrann bei dem Begriff 'Zwerg' ein lautes Schmunzeln. Aiden fühlte sich schlecht, richtig mies, genauer gesagt wie der letzte Depp. Er benahm sich schon mal wie einer, besonders im Suff, aber dann merkte er nichts davon. Das war jetzt anders. Nüchtern und mir knurrendem Magen erlebte sich dieses Gefühl ganz anders. Ihm trat die Schamesröte ins Gesicht und hätte er nicht so gebräunte Haut, er wäre rot wie eine Tomate geworden. "Da bist du ja!" erklang eine rettende Stimme vom Schiff, die Aiden wohlbekannt war. Wachen und Pirat schauten nach oben. Jonsi stand mit verschränkten Armen auf der Reling und gaffte, wie er es häufig tat, aus seinem einen Auge hinunter auf das Treiben. Seine Pfeife qualmte. Der alte Mann hatte meistens Tabakreste im gekräuselten Bart. Noch nie war Aiden so froh den alten Mann zu sehen wie jetzt. "Hat dich der kleine Nick aufgetrieben mein Jung‘? Ich dachte nicht, das du hier auftauchst." Aiden konnte nur Nicken. Ihm fehlten die Worte angesichts der prekären Lage. "Kann mein geschätzter Kollege seiner Arbeit nachgehen?" fragte Jonsi die vier Wachen. Sie musterten den Riinier erneut. Dann machten sie schließlich den Weg frei und schauten Aiden nach, wie er die Rampe hinauf lief. Der kleine Nick… was für ein bescheuerter Name…
 
„Nun, da wir schon bei dem einander Vorstellen sind...“ er tat es schon wieder und es war ihm durchaus bewusst. Schien es doch der kleinen Echse bei all dem unnatürlichen Gebaren von Keiko die Sprache verschlagen zu haben: „... bin ich, wie vermutlich jeder andere hier auch, ebenso erfreut Euch zu treffen. Hrmhmh...“ er räusperte sich kurz.
„Doch sollte sich nicht eher einer der Magiebegabten sich um Jarha kümmern? Immerhin sind wir seinetwegen hier und … ich bin mir nicht sicher, wie er das zu verkraften scheint. Oder ist es üblich unter 'Verbündeten', einander ungeachtet zu lassen? Immerhin hat er uns alle gerettet indem wir jetzt hier stehen... dürfen.“ Er sah wirklich eindringlich zu Alexis und Mana.

„Ouh, und bevor hier Verwirrung aufkommt...
Ich küsste ihn, weil ich ihn brauchte, um Euch alle retten zu können. Selbst ihn. Hoffe ich...“
, des Elfen Blick verfinsterte sich einen Moment lang, als er fast schon die letzten Worte zu leise sprach. Skepsis verdeckte unendliche Sehnsucht an jenen Moment, doch mit mitfühlender Sanftheit legte er seinen Blick schlussendlich auf Keiko Quinn, als er mit ebenso wohltuend ruhiger Stimme zu ihnen allen sprach:
„Ich werde im Hier und Jetzt Euren Eindruck meiner nicht festigen können. Eher Gegenteiliges wird der Fall sein. Versteht mich nicht falsch, ihr unterlagt keiner Lüge und es war keine Illusion. Es war ebenso ein Teil von mir, doch ein Teil der im jetzigen Hier, nicht weiter von Nöten ist. Und falls es für Euch tröstlich ist: Ich fühle keine Reue bei dem, was ich tat und wie ich es tat. Alles hatte seinen Platz zur rechten Zeit und ich würde mein Leben geben, es wieder zu tun.“

Einen Wimpernschlag lang schloss er die Augen bei seiner Verbeugung, als er merkte wie unendliches Leid sich seiner bemächtigen wollte. Keiner sollte erkennen können, was ihm tatsächlich widerfuhr. Für sie, sollte ein anderer Eindruck bleiben und sich festigen.
„Nun, mein Name lautet Feyndry'Hal. Ich bin Gesandter eines Landes namens Hál o Dur und gehöre der Rasse der Himmelselfen an. Und bevor ihr fragt: Ja, meine Ohren gehören so herum und ich höre damit besser.“ er musste Schmunzeln. „Doch die wichtigere Frage lautet doch wohl, was ist mit Ihm und Euch, Haj'ett, nicht wo wir sind oder was jetzt kommt. Sondern eher, habe ich ihn jetzt umgebracht und wie habt Ihr den Fall den Höhenrausch wirklich überstanden?“
 
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Es war .. erschöpfend, über so große Strecken ein Portal offen zu halten, und mehr noch über so lange Zeit. Jarha hatte es in der Vergangenheit geübt, jedoch niemals über eine Distanz, die er nicht mit seinen Augen hätte überblicken können, und auch nicht auf die Magie eines Orakels vertrauend. Doch nun stand er hier, hatte die magischen Sperren, die das Portal auf seinem Körper verschlossen hielten gelöst, und mühte sich mit aller Kraft, nicht selbst zusammenzubrechen, während fremde Energien seine Knochen zum Vibrieren brachten und die Gruppe einer nach dem anderen hinübertrat. Dann erst folgte er selbst nach, sich erst in blassen Umrissen um die weißen Linien des Portals abzeichnend, ehe er mit einem hellen Aufblitzen erschien.

Und erst einmal keuchend Luft holte und darum kämpfte, nicht zu Boden zu gehen. "Sternenlicht .." hauchte er, ohne mit jemand bestimmtem zu sprechen, und stützte sich an die steinerne Mauer, der erfreulicherweise neben seinem Ankunftsort stand. Wann hatte er zum letzten Mal so viel Magie in rascher Folge gewirkt ..? Den raschen Durchtritt durch die Fremde verkraftete er inzwischen gut - wie könnte er nicht, wo er ohnehin so viel seiner gedanklichen Zeit dort verbrachte - aber die Anstrengung der letzten Zauber setzte ihm doch in einem Maße zu, dass er sich am liebsten sofort nach draußen begeben und sich unter einem klaren Sternenhimmel flach auf den Boden hätte fallen lassen. Aber noch war es helllichter Tag, und sie mussten sich um ihre nächste Unterkunft bemühen ..

Er hörte Alexis sagen, dass die Magiergilde verlassen war, und erinnerte sich an entsprechende Worte des Orakels. "Ich denke, wir müssen Ferin vertrauen .." Erklärte er flach atmend. "Nach seinen Worten sind die anderen Magier nicht in der Lage, uns zu helfen, doch er hat uns eingeladen. Ich wurde hier hin eingeladen .. vielleicht finden wir unter den Papieren eine Erklärung .." Sein Atem ging allmählich wieder regelmäßiger, und er konnte sich aufrichten - zwar war er gefährlich nahe an seine Grenze gekommen, hatte sie aber eben so noch eingehalten. Er fühlte sich erschöpft, müde, und hätte gern geschlafen, ehe seine Aufmerksamkeit sofort dem nächsten Problemen zu widmen.

Aber wie sich herausstellte, wurde zunächst er der Gegenstand von Aufmerksamkeit - und das in der Weise, die er zuletzt erwartet hätte. Jarha fand sich unvermittelt von Feyndrihal gegen die steinerne Wand gedrängt und schaute so erstaunt fragend, wie er sich fühlte. Der Elf hatte beeinträchtigt gewirkt, als er seinen ersten größeren Zauber im Gefängnis gewoben hatte, aber er schien gleichzeitig nicht zornig zu sein, nur .. verliebt? Jarha hob fragend eine Braue, als der Elf ihn berührte und ihm sogar einen Kuss auf die Lippen hauchte. Hatte er doch falsch gelegen, was die Bedeutung dieser beiläufigen Berührung auf dem Schiff betraf? Zumindest jetzt zweifelte er daran, dass es sich nur um normale elfische Umgangsformen handelte .. und dann wandte Feyndrihal sich wortlos wieder ab.

"Ich verstehe euch nur sehr unvollkommen, Sternschnuppe. Ich hoffe, mein Zauber hat euch nicht zu sehr in Aufruhr versetzt." Erwiderte er leise, aber sicher noch laut genug, dass der Elf es mit seinen feinen Ohren noch verstehen konnte, und machte dann ein paar vorsichtige Schritte von der Wand fort. Langsam versammelte sich die Gruppe wieder, und etwas verspätet stieß auch der Nomade dazu.
"Es geht mir gut." Wandte er laut auf Feyndrihals Frage ein und ließ den Blick kurz zu Alexis und seiner Begleiterin schweifen - einem Geist, wie er spürte - ohne einen von ihnen direkt anzusehen. Sie wirkten verunsichert genug von ihrer Passage durch die andere Welt. "Wir praktizieren sehr verschiedene Künste, und vor allem bin ich nur erschöpft. Nichts, was besonderer Pflege bedürfte." Erwiderte er für den älteren Magier, und nickte dann auf die folgenden Worte. "Ich sehe keinen Grund, einen Krieger für sein Handwerk zu verurteilen. Wenn ich richtig verstehe, war ich nicht unschuldig an eurem .. Zustand. Ich denke, wir sollten hier Gelegenheit zur Rast finden können, ehe wir unseren Weg fortsetzen - und ich hoffe, es findet sich ein Hinweis darauf, welche Zwecke Ferin damit verfolgt hat, uns hierhin einzuladen."

Ein wenig später, wenn die Gruppe dazu kam, sich mit dem Gebäude vertraut zu machen, würden sie im Sekretariat des Zirkelmeisters tatsächlich einen Hinweis finden - und zwar einen vom Kanzler unterzeichneten Befehl, den Magierzirkel komplett festzunehmen, datiert auf einen Tag vor zwei Wochen, als das Schiff mit ihnen gerade einmal aufgebrochen war. Spuren einer Festnahme fanden sich auch in den Quartieren der Zauberer - hastig aufgewühlte Betten, halb offene Kleiderschränke und andere Zeichen eines hektischen Aufbruchs, auch wenn sich nicht sagen ließ ob jeder der Magier verhaftet wurde oder einzelne sich in Sicherheit gebracht hatten. Jarha bat sich aus, die Papiere des Meisters durchsehen zu können, um einen Hinweis auf den Zweck seiner Anwesenheit zu finden, und .. war schon wenige Minuten später mit dem Gesicht auf den Tisch gesunken und im schweren Polsterstuhl des fremden Magiers eingeschlafen.


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"Nun, mein Freund .. es freut mich, dass wir zu dieser Unterredung kommen konnten. Zuletzt hatte es den Anschein, als müsstet ihr kurzfristig verreisen." Rotun lächelte dünn und strich sich durch den Bart. Ihm gegenüber und viele Meter unter der Stadt saß der Stellvertreter des Zirkelmeisters auf einem Trohn, der zur Gänze aus bleichen Gebeinen bestand. Knöcherne Hände hatten sich schraubstockartig um seine Gliedmaßen geschlossen und stellten sicher, dass er seine Gastfreundschaft nicht durch vorzeitige Abreise enttäuschte. Obwohl bleich und abgekämpft, zeigte der Magier keine Furcht. "Wir wussten schon bei eurem ersten Auftritt im Rat, wer ihr wirklich seit .. Dottore." Erwiderte er in verächtlichem Tonfall. "Der Kanzler muss wahrhaftig verzweifelt sein, wenn er euch trotz unserer Warnung vertraut hat. Seid versichert, meine Gefangenschaft wird das Scheitern eurer Pläne nicht verhindern."
Rotuns Blick wurde härter. "Ah, natürlich. Die finsteren Pläne, die ich meinem gefangenen Widersacher in aller grandiosen Bösartigkeit ausbreiten werde, um ihn daraufhin hämisch zu fragen, was er dagegen tun möchte, nicht?" Er winkte betont gleichgültig mit der Hand, und aus der Ehrengarde Skelette in schwerer Rüstung, die das eigenartige Gespräch in den Katakomben bewachten, traten zwei hinter den Thron des Nekromanten. "Wenn ihr mehr wüsstet und mich verunsichern wolltet, würdet ihr ein wenig konkreter werden, nicht? Nein, ihr seid so ahnungslos wie eine Gans vor dem Festschmaus. Eure Kollegen sind bereits verhaftet, und ich werde sie bekommen - einen nach dem anderen."
Eines der Skelette reichte Rotun einen schlichten Zauberstab aus geschwärztem Metall mit einem feurig flackernden Juwel an der Spitze. Das andere hielt ihm einen schweren, mit einer Sensenklinge aus faulig-blaugrün schimmerndem Material geschmückten Stecken hin, und Rotun erhob sich. "Eure bedauernswerten Bemühungen, inmitten von Abwasser die Wahrheit zu finden, so amüsant sie auch waren, haben mich lang genug geplagt."

Ein greller roter Blitz zuckte aus dem Stab auf den gefangenen Magier, der im Schmerz aufschrie, und der Erznekromant ließ den Sensenstab herabsausen. Seine Magie entlud sich mit dem Geräusch des heranrasenden Todes, und einen Augenblick später wich das Leben aus seinem Gegner.
Rotun lachte spöttisch und gab dem Skelett den Zauberstab zurück. Er wirkte .. lebendiger, nicht halb so über die Maßen gealtert wie noch im Gefängnis. "Schafft seinen Kadaver in die Reanimationskammer. Ich denke, ich werde mich heute abend persönlich mit ihm befassen. Die Mitternacht jedoch .. die Mitternacht bleibt dem Kai'shak vorbehalten." Der Totenbeschwörer leckte sich die Lippen. Solch eine Gelegenheit bekam man auch in einem mehrhundertjährigen Leben nur selten. Seine Drohung, dieses Wrack von einem Elfen abführen zu lassen, hatte die anderen Narren wie gewünscht zur Flucht animiert, und das Gemetzel im Gefängnis wiederum hatte den Kanzler darin bestärkt, dass diesen Abenteurern keineswegs zu trauen war. Es war nicht nötig, sie zu suchen - keiner in der Stadt würde sie nun noch unterstützen, und wenn sie irgendwann ohne Hilfe zu ihm fanden, war er vorbereitet, sie angemessen zu begrüßen.
 
"Ich verstehe euch nur sehr unvollkommen, Sternschnuppe. Ich hoffe, mein Zauber hat euch nicht zu sehr in Aufruhr versetzt." er schwieg regungslos, als diese Worte an sein Ohr drangen. Doch als der Sternenmagier davon sprach das es ihm gut ging, war er unmerklich beeindruckt. Wie ist das möglich?
Er konnte nicht, sonst hätte er seine Hände wieder auf seinem Rücken lose ineinander gelegt, wie er es immer tat, wenn etwas seiner ungeteilten Aufmerksamkeit wert war, ja, ihn sogar faszinierte und er Fassung wahren wollte. So musste er leicht gebeugt stehen und hoffen, sie würden bald ihre Gemeinsamkeit für einen Moment auflösen. Ihm war bekannt, das Menschen im allgemeinen gesellig waren, was zwar auch allgemein auf Himmelselfen zutraf, jedoch nicht so unbedingt auf Feyndry'Hal in seinem jetzigen Zustand.
Er merkte geradezu die Übelkeit in ihm aufsteigen und seine zittrigen Glieder denen nur durch pure Willenskraft und Disziplin Einhalt geboten wurde. Doch er war geschlagen, müde und vollkommen ausgelaugt, emotional sowie körperlich am Ende seiner Grenzen und mental überfordert. Er fühlte sich mehr Tod als lebendig und in seinem Geist herrschte eine Leere, die einem Orkan glich, der über eine friedliche Wüste hinwegfegte und diese in einen Monsun hüllte. Doch er merkte, wie er zuerst unmerklich, doch dann anfing zu taumeln.
„Ich … bitte einen Mom... Entschuldigung!“

Er musste hinaus, an die Frische Luft und so taumelte er verschwommenen Blickes in irgendeine Richtung weg von ihnen allen. Er merkte wie ihn sein Verstand überflutete mit allen Eindrücken und seine Übelkeit sich nun in einem unheilvoll unangenehmen Würgen bemerkbar machte. Seine Hände strichen über samtig dicke Vorhänge, als er mehr tastete als sah und er hustete jetzt so unheilvoll, das es in seiner Brust schmerzte. Schließlich erreichte er irgendetwas Helles und einen Eimer, dem er sich fast schon entgegen schmiss, um ihn zu umarmen bevor er einfach nur noch kotzen musste. Er würgte und hustete und keuchte auf seinen Knien geradezu als wolle er sich nicht mehr beruhigen.

Erst nach langer Zeit schob er das Gefäß japsend angeekelt von sich und ließ sich auf den Boden gleiten. Er merkte seinen qualvollen Schmerz in der Brust und an seine Schulter, die den Schlag abbekam. Zwar hatte sich der Elf geistesgegenwärtig mit der Wucht bei dem Aufprall gedreht, doch der Kolben hatte ihn erwischt. Er drehte sich fiebrig mit glasig starrenden Augen auf den Rücken und fingerte zittrig mehr recht als schlecht in einer seiner Rüstungstaschen nach etwas heilvollem. Es war ein kleine durchsichtige Phiole, nicht größer als ein halber Zeigefinger und ebenso dünn. Ein Wunder, das sie nicht bei dem Kampf zerbrach, wirkte das Gefäßchen doch zarter als das zarteste Glas und dessen Inhalt so leuchtend so durchscheinend wie ein hell fluoreszierendes Mineral – ein Topaz. Fast verschüttete er dessen Inhalt als er mit der anderen Hand den harzig klebrigen Verschluss öffnete der obwohl einem Korken gleich, keiner war und zittrig an seine Lippen setzte. Er schloss die Augen als seine Zunge den Inhalt erspürte und ihn sich dort ausbreiten ließ... alles was er noch denken konnte war: ...erschöpft...

Er lächelte beruhigt, als er einen dicken Teppich mit seinen Händen erfühlte bevor er das Bewusstsein verlor. In einen tiefen Schlaf hinüberglitt, der ihn ruhen ließ, während sein Körper jene Heilung erfuhr, die er benötigte und sein Geist so eine Pause, die selbst eine Meditation nicht erreicht hätte. Er atmete zunächst stoßartig, doch so nach und nach je tiefer der Schlaf ihn ereilte umso ruhiger wurde er, bis er schließlich einen Zustand erreichte, wo er nur kaum wahrnehmbar tief und gleichmäßig in jene Bauchatmung überging, die tiefe Entspannung signalisierte.
 
Weiterhin sehr misstrauisch beäugte Felerius die junge Frau vor sich, sein Blick wirkte ziemlich eindringlich, beinahe ob er sie förmlich nach Gründen zum Hassen absuchte. Wenn man mal von der Tatsache absah, dass sie gerade eben drei Männer tötete, einer davon mit unfreiwilliger Hilfe seinerseits, hatte sie nichts verwerfliches an sich. So waren doch eh die meisten Menschen. Unscheinbar und doch trügerisch. Sollte ich das Risiko eingehen? Was ist wenn sie lügt? Fragen über Fragen häuften sich in seinem Kopf, überfluteten beinahe seine Gedanken, weshalb er beinahe gar nicht mitbekam, dass die vermeindliche Kriegerin ihm etwas erzählte. Zum Glück schaffte er es die Aussagen von ihr einzusortieren, ohne allzu unaufmerksam oder geistesabwesend zu wirken. Irgend etwas von Sklavenhändlern, ohne sie wäre er ein Sklave geworden und so weiter. Im Geiste hakte er das in seinen Augen sinnlose Geschwafel dieser Verrückten ab. Sklavenhändler in einer zivilisierten Menschenstadt? Das kam für den jungen Mann als Möglichkeit überhaupt nicht infrage. Also musste sie sich irgendwas aus den Fingern saugen, um ihn wiederum um diese zu wickeln. "Aha...", kommentierte er ihr Gesagtes, machte mehr als deutlich dass er ihr nicht glaubte. Doch zeitgleich gefiel ihm der Vorschlag dieser Frau, die Stadtwache aufzusuchen. Scheinbar war sie tatsächlich dumm genug, um sich als Schuldige vor die Stadtwache zu geben und ganz offensichtlich mit dem Zaunpfahl zu winken. Das Spektakel wie eine Wilde von der Stadtwache abgeführt wird, wollte er sich nicht entgehen lassen. Hämisch grinste er in sich hinein, als er schließlich trocken auf ihre letzte Frage antwortete: "Warum auch immer Ihr unter einem Stein gelebt habt oder in 'Gefangenschaft' geraten seid, möge mein Wissen euch erleuchten. Naja, eigentlich grundlegendes Zeug, was man selbst als 'Gefangene' hätte mitbekommen können. Für euch am besten leicht verständlich. Hier ist eine Krankheit ausgebrochen. Sie ist sehr gefährlich und deshalb wollen die Menschen nicht mehr raus. Viele starben bereits, weitere werden folgen, alles geht den Bach runter. Verständlich erklärt? Gut. Jetzt lasst uns am Besten zur Stadtwache gehen und den ganzen Mist hier aufklären, bevor ich hier noch weiter herumstehen muss." Sein teilweise herablassenden Tonfall sei Dank, dass er einigermaßen die Beherrschung behalten konnte und es kaum auffiel, dass er in Wirklichkeit eine nicht gerade geringe Angst vor der gesamten Situation hatte. Möglichst stark und herabbblickend wirken, damit sie nicht nur auf den Hauch des Gedankens kam, dass sie ihn ohne Probleme hätte einschüchtern können. Ein seltsames Schauspiel bei dem er sich selbst nicht wirklich wohl fühlte, doch das er im Moment für nötig hielt. Nicht das sie noch auf dumme Gedanken kam. "Na los, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!", drängte er und deutete an, dass sie vorgehen solle. Sicher war sicher.
 
Keiko merkte, dass sich die Gruppe langsam auflöste und blieb noch eine Weile wie angewurzelt stehen. Alles klebte. Ihr Kleid, die Schuld an ihren Händen - selbst wenn sie keinen der Wachsoldaten selbst getötet hatte. Es war ein so unglaublicher Gedanke, dass das alles grade eben noch passiert war. Die Bilder des Schreckens wollten einfach nicht verschwinden. Verwirrt und unglücklich sah sich die Diebin in der Halle um, so war Jarha aus ihrem Blickfeld verschwunden und Feyndry'hal hatte sich unter der Erschöpfung zu Boden gelegt. Besorgt blickte sie ihn an. Zu gerne hätte sie etwas erwidert, irgendetwas gesagt.. doch wie so oft fehlten ihr die Worte. Was hätte sie ihm schon sagen sollen? Dass er an diesem Ort des Schreckens die Sonne für sie gewesen war, die sie gebraucht hatte? Oder hätte sie ihm einfach nur danken sollen, dafür ihr Leben gerettet und gehütet zu haben? Die Gruppe hatte eine so einschüchternde Präsenz, dass Keiko nicht einmal wusste, wo sie hätte anfangen sollen. Sie hatten die junge Diebin befreit und der Preis dafür war der Albtraum im Gefängnis gewesen. Bilder, die sie einfach nicht mehr vergessen konnte.

Wieso waren sie in dem Gefängnis gelandet? Als es um die Freiheit ging hatten sie jeden in ihrem Weg auf das Brutalste ermordet und auch wenn Keiko wusste, dass es nötig gewesen war, wollte sie das nicht vergessen. Die Gruppe machte einen so vertrauenswürdigen Eindruck auf Keiko, doch zugleich wusste sie nicht, ob der Schein trügte. Vielleicht waren sie genauso unberechenbar wie wehrhaft. Die Diebin schluckte schwer und erhob sich, wobei sie sich erneut über das ganze Blut erschrak. Die Erfahrung mit Feyndry'hal würde ihr niemand mehr nehmen können - doch die Erinnerung an das Blut und das Leid würde ebenfalls nicht weichen. Mit gesenktem Blick ging Keiko ein, zwei Schritte auf Feyndry'hal zu. Sollte sie ihn aus seinem Schlaf, seiner Entspannung reißen? Nur um ihm die Worte zu sagen, die er vielleicht gerne gehört hätte? Stumm hielt die junge Frau inne. Nein. Sie konnte nicht wissen, was der Elf wollte, sie konnte nicht wissen, wer diese Leute waren. Betrübt sah Keiko in die Runde der letzten Anwesenden. Ihr Gesichtsausdruck sprach mehr als tausend Worte. Und während sie an ihnen vorbei schritt, hauchten ihre Lippen ein nicht hörbares "Auf Wiedersehen".

Es durfte nicht wieder passieren. Und Keiko würde keine Wunder vollbringen, sie würde fortgehen. Wortlos, beinahe; aber nicht gefühlslos. Ihr Herz war schwer, als sie daran dachte, dass sie der Gruppe nicht einmal von Nutzen gewesen war, wo sie doch so viel für sie getan hatten. Sie war frei, frei wie ein Vogel. "Vielleicht sehen wir uns in einem anderen Leben.", flüsterte Keiko, als sie das Gebäude verließ. Sie wusste noch nicht wo sie war und auch nicht wohin mit ihr - doch das war das ihr so bekannte Gefühl. Es würde eine Zukunft für Keiko geben, doch nicht mit ihnen. Nicht jetzt, nicht hier.
 
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Amenhotep betrat das Portal als letztes, die zerreißende Erfahrung die der Transport bedeutete, ging relativ spurlos an ihm vorüber. Im Schatten des jüngten Gefechts und seiner zahlreichen Opfer waren weder die verstörenden Eindrücke, noch der rauschende Geschmack von Macht die aus Jarhas Magie flossen aufregend genug, um diesen bitteren Geschmack von Blut und Schuld zu verdrängen. Wie ein schlechter Rausch, nur in Sekunden vorbei, setzte ihn das Portal in einem trockenen, warmen Raum wieder zusammen und auch wenn sich herausstellte, dass die eigentlichen Magier in dessen Zirkelgebäude sie sich wiedergefunden hatten scheinbar nicht da waren, machten die weichen Teppiche und die von Fackeln erfüllte Luft einen gelebten und einladenden Eindruck. Er spürte wie sich langsam Erleichterung und Entspannung in ihm breit machten. Unachtsam lies er seine Bewaffnung auf Boden fallen und setzte sich an einer Wand in der Nähe der Saaltür nach unten auf den Boden.
Seine Muskeln fühlten sich dick und verbraucht an, er hatte hier und da ein paar Kratzer, sonst war der Kampf gut verlaufen, unfassbar glücklich wollte er schon fast meinen. Sein Körper war angenehm ausgelaugt, aber noch viel besser, er war zu erschöpft um zu denken. Keine Hintergedanken, keine Tagträume, er durchlebte nicht alte schmerzhafte Erinnerungen zum wiederholten Male, keine Schuldgefühle, kein Bedauern, das war der Frieden den er im Kämpfen fand. Die Erschöpfung danach, hatte etwas meditatives für ihn. Entspannt lehnte er sich zurück und dachte an nichts, frei von seinen Dämonen begann der Kemeter unweigerlich sich besser zu fühlen und stellte dann grinsend fest, dass er immer noch am Leben war.
Er hörte den anderen zu, doch es war ihm letztlich egal was dort diskutiert und entschieden wurde, Amenhotep würde später einfach Jarha fragen, war dies ja die Gruppierung von Magiern, die den Nomaden überhaupt erst auf seine Reise geschickt hatten, also letztlich sogar der einzige Grund warum er ihn kannte. Fast von alleine spulten seine Finger geübte Bewegungen aus ihrem mechanischem Gedächtnis ab, als er ein altes Ritual wiederholte, das ihm diese wohlige Ausgeglichenheit nach einer anstrengenden Schlacht veredelte. Er hatte das kleine lederne Paket in der Hand und zermalmte mühelos die getrockneten Blüten der grünen Pflanze zu Staub den über einem Bett aus handelsüblichem Tabak verteilte, geschickt gedreht und versiegelt hatte er eine rauchbare Zigarette. Beiläufig ließ er das Kosntrukt mit dem Mundstück voraus ein paar mal auf seinen Handrücken fallen, damit sich der Inhalt schön gleichmäßig setzte. Dies war einer der wenigen Momente wo die Wirkungen des Krautes noch richtig Spaß machten, das würde er sich nicht nehmen lassen. Der Elf schlief ohnehin schon, Jarha hatte sich zurückgezogen und der Rest der Gruppe schien auch Erholung nötig zu haben. Einige würden das alles sicher nicht so einfach verkraften wie er, es war manchmal nicht der Körper der am meisten Zeit brauchte sich zu regenerieren, das wusste er aus Erfahrung nur leider zu genau.
Gerade als Amenhotep aufgestanden war, kam ihm die Befreite aus den zurückliegenden Gefängnisgängen entgegen. Er hatte bisher kein Wort mit ihr gesprochen, wusste nicht einmal ihren Namen, doch in der kurzen Sekunde in der sie an dem Kemeter vorüber lief, fühlte er ein eigenartiges Gefühl von Verständnis für die Frau. Ein wenig tat sie ihm Leid, er wusste nicht einmal wieso. "Ihr habt euch gut geschlagen", etwas das er ernst meinte, das erste Mal so etwas beizuwohnen und so aufrecht wie sie daraus hervorzugehen war selten. "Es wird besser mit der Zeit. Bleibt tapfer", dann war sie durch die Tür.
Einige Sekunden hing er noch seinen Gedanken nach, dann schaute er sich um. Er fragte sich ob einer der Anwesenden mitrauchen wollte, immerhin war dieses Ritual historisch mal ein Akt von Gemeinschaft gewesen, aber er hatte in der Vergangenheit auch die Erfahrung gemacht, dass außerhalb von Kemet viele schlecht auf solchen Konsum zu sprechen waren, also überließ er es ihren Nasen zu erkennen was er vorhatte, immerhin war der Geruch recht einmalig. Amenhotep ging an der Gruppe vorbei, öffnete eines der Fenster und setzte sich in dessen breiten Rahmen. Sie waren wohl in einem der höheren Stockwerke gelandet, denn er hatte eine schöne Aussicht über die Straße unter ihnen. Er entzündete die Zigarette an einer Fackel und nahm ein paar tiefe Züge. Sorglos trieben seine Gedanken auf Wolken davon.
 
Der Elf streckte sich reckend sanft alle Viere von sich und gähnte einen tiefen Einatmer nach frischer Luft, als er so langsam wieder erwachte. Er rieb sich blinzelnd über die Nase und gähnte erneut ohne Hand vor dem Mund. „Mhh“ er schniefte und sah hoch. Helles Licht brannte ihm in den Augen und er musste sie blinzelnd zusammenkneifen, bevor er die Hand gen Quelle in die Höhe streckte und ihren Schatten sich dienlich machte. Die Quelle war vermutlich magischen Ursprungs denn als er sich weiter an der Decke umsah, befand er sich in einem sehr hohen geschlossenen Raum, doch anstatt aus glattem Stein oder Holz oder Marmor, war dieser aus ursprünglichem Fels. Er war durchnässt und noch voll Blut. Das merkte er spätestens ein, vielleicht zwei Atemzüge später, als er seinen Blick auf seine Hand fokussierte. „Achja...“ Er rollte sich in elfischer Manier in den Stand und blickte sich um. Seine kleine Heilung hatte wohl gute Dienste geleistet, wie er feststellte und lächelte erfreulich darüber, wo genau er sich befand.

„Hopla...“ staunte er.

Um ihn herum, tat sich eine kleine gemütliche Kaverne auf. Deren eingrenzende Wände waren nicht glatt, sondern luden zum Klettern ein und die hiesige Pflanzenwelt war ausgesprochen vielfältig. Er stand auf weichem frischen Moos und hörte seichtes Wasser plätschern, welches überall an den Wänden herablief wie ein seichter Regenfluss. Und erst der Duft der überall in der Luft lag. Blumen, Sträucher und Gräser konnte er ausmachen, exotische nie zuvor gesehene Pflanzen erweckten seine Neugier sofort und es gab hier sogar einen kleineren Baum. Ein leiser Pfiff entrann ihm, als er hier sogar Schmetterlinge und Flugkäfer ausmachen konnte.

Er blickte an sich herab und nickte langsam. Er suchte eine Quelle, wo er sich der Vergangenheit entledigen konnte und fand sie. Es war ein klein fein plätschernder Bach, der sich in einem kleinen aber tiefen Tümpel einladend sammelte. Welch Glück er doch hatte. Langsam knöpfte er seine Rüstung auf und trat dem entgegen. Silian, sowie sein Dolch wurden liebevoll in bestimmter Reihenfolge am Rand des kleinen Tümpels platziert, bevor er sich seiner Rüstung komplett entledigte und auch seine Unterkleidung. Bogen sowie Köcher waren unwiderbringlich verloren, doch er empfand dies nicht als Verlust. Langsam stieg er in den tiefen kleinen See und tauchte unter bis nur noch seine Haare an der Oberfläche schwammen. Er hatte die Augen unter Wasser geschlossen, seinen Atem angehalten und erst eine ganze Zeitlang und wenige Blubberblasen später, ließ er sich wieder hochdrücken und begab sich an den Rand. Dankbar hatte das Wasser sein Blut aufgenommen und war so rein, das es die Ansammlung nicht rot färben brauchte, sondern den Elfen reinlich zurückließ. Mit einem frischen Schwung, stemmte er sich aus dem Wasser, und drückte dieses mit seinen zarten Fingern leicht geneigtem Kopfes aus den Haaren, bevor er diese zusammendrehte und seitwärts über seine rechte Schulter legte. Wasser perlte von ihm ab und er streifte sich leicht fröstelnd sein Unterhemd über, welches aus weißem Leinen bestand und ihm bis über den Po Ansatz reichte. So erfrischt sank er zu Silian hinunter, die geduldig ebenfalls auf Säuberung wartete. „Ich danke dir...“ und widmete sich penibel ihrer Pflege. Als er sie als Abschluss ebenso erfrischt aus dem Tümpel mit unterfassten Händen emporhob, strahlte sie geradezu einen kleinen Augenblick. Es war selbstverständlich dem einfallenden Lichtreflex zu verdanken der diese Spiegelung hervorrief, denn diese Waffe besaß weder Eigenleben noch sonst irgendetwas magisches oder effektvolles. Dann widmete er sich einfacher seinem verbliebenen Dolch in einem ähnlichen Ritual, bevor er sich seiner Rüstung annahm. Ein Glück waren hier keine Leichenteile die blinder Passagier spielten, sodass es nur die heftigen Schnitte und Treffer neben dem ganzen Blut der Pflege bedurften. Nachdem auch diese dann die ihr zugedachte aufmerksame Pflege dahingehend erhielt indem er sie mit einem weichen Tuch noch nachputzte, strich er immer wieder von oben nach unten über einige Rüstungsteile. Er schien tief gedanklich versunken zu sein und überlegte ob sie schon fort war.

Er erlaubte seinen Gedanken den benötigten Raum und sie blieben erfreulich still. Still, so wie sie war. So still, dass selbst ein Himmelself sie zu hören vermochte in ihrem Schrei. Lange hatte er ihr zuvor in die Augen geblickt, noch bevor der Kai'shak sie befreite – hörte er sie. Sie hätte von sich aus nie um Führung gebeten. Welch unsagbar trauriger Umstand sich ausgerechnet so zu begegnen. Während des Kampfes hörte er alle, selbst Tanors Waffe, doch sie blieb stumm. Erst als die Echse sie von der Gefahr fortzog, bewegte sie sich verirrt. Welch Wahl blieb ihr zu Boden zu sinken? Welch Wahl blieb ihm es zu bemerken? Welch Wahl blieb ihm, sich ihr so zu offenbaren?

Wie hätte er sie anders auf das Nachspiel vorbereiten sollen, was folgte, wenn der Kampf in all seiner brutalen Grausamkeit endete und nichts blieb, woran man sich festkrallen konnte. Wenn kein Held blieb, der einen in ein sicheres Heim geleitet und sie weiterhin behütet. All diese stillen Gedanken vollzog er, während die Echse fiel, er nach Jarha geradezu brüllte er möge etwas tun. Wie hätte er ihr anders den Abschied so leicht machen sollen? In jenem Bruchteil wo er sich entschied zu fühlen und Jarha zu umfangen, ihn gegen die Wand zu drücken und ihn zu küssen, hatte er ihr diese Entscheidung schon abgenommen, bevor sie überhaupt daran denken konnte. Als er sich so forsch vorwagte in seinen harten klaren Worten, nachdem er sah, wie sie sich wandelte eingeschüchtert – nein beeinträchtigt, nein: gewandelt durch seine Präsenz hatte sie zwar immer noch nicht ganz verstanden, das ihr keine Wahl blieb, doch ahnte es. Sie verstand, wenn sie fort wäre. Das er sich selbst gerade so seiner eigenen Erschöpfung hingab, ließ ihr eine Möglichkeit, sich von ihm zu verabschieden. Auf ihre Art. In jener Stille die sie war, wo Worte nur schwer zu finden waren und Sensibilität alles und jeden zum Feind erkor, bis sie eines besseren belehrt werden würde. Er ersparte ihr auch hier unnötige Wortwahl und Peinlichkeit des Abschieds. Kompromisslosigkeit, war der einzige Weg. Was ihn allerdings sehr überraschte, war die Authentizität des Kusses an Jarha, während des Ganzen. Als er ihn umfing und gegen die Wand drückte, war selbst jede seiner Bewegung der Berührung vorsichtig bedacht und geplant. Als ihn jedoch seine Lippen berührten war er mehr als überrascht. Feyndry'Hal blickte auf. Er war während seiner Rüstungspflege unbemerkt ein eine meditative Pose übergegangen und seine Hände lagen nun mit den Fingern auf der Oberschenkelinnenseite seiner Beine. Seine Atmung war erstaunlich ruhig und kein Gedanke stob wild umher.

Er würde sich bei ihm später in Worten bedanken, wenn Zeit und Raum es zuließ, dass er seine Nähe in aller Konsequenz nur so still fragend ertrug, hoffte jedoch, dass es nicht nötig wäre und setzte so eine Stille wie bei Keiko auch nicht voraus. Hatte der Magier doch schon zuvor eine unheilvolle Nähe auf dem Schiff ausgestrahlt und der Augenblick, wie er aus dem Portal zurückkehrte, hatte jetzt seine ganz eigene Wirkung auf ihn hinterlassen. Er schloss seine Augen und genoss still die Natur um sich. Er war seinem Instinkt gefolgt und befand sich jetzt wohl im Gewächshaus dieses Gebäudes. Er hatte sowieso den Eindruck er würde demnächst mehr Konzentration und Aufmerksamkeit in seine Umgebung fließen lassen müssen. Was ihn jetzt erfreulicherweise beschäftigten konnte, war die Präsenz in dem Verlies. Wieso schien ausgerechnet er Gegenstand einer Aufmerksamkeit zu werden, wenn eine todesähnliche Präsenz einen Jüngling in der Blüte seines Lebens und ein gestandener Krieger direkt neben ihm standen? Er rollte seinen Kopf im Nacken von einer Seite auf die andere bis es knackte. Er wollte sich nun diesem Gedankengang erst einmal in aller Ruhe widmen.
 
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Erfreut nahm Haj'ett das Geschenk von Keiko entgegen. Ein wenig in Bedrängnis geraten kramte er in seinen Habseligkeiten nach etwas, was er ihr geben konnte, denn er hatte nicht damit gerechnet, beschenkt zu werden. Im Grund genommen war das alles neu für ihn. In seiner Heimat begrüßte man sich, indem man den Echsenschweif zur Spirale ringelte und Zischgeräusche von sich gab, während der Rangniedrigere eine Verbeugung andeutete. Ein, wie er befand, recht seltsames Unterfangen. Als männlicher Vertreter seiner Art war Haj'ett eher selten derjenige gewesen, der sich nicht hatte verbeugen müssen. Einander die Hand zu reichen hatte der Echsenmann als weitaus weniger aufwändig und erniedrigend begrüßt, als er damals in der "zivilisierten" Welt angekommen war.
Doch während er noch in seinen Taschen kramte und nichts als Fusseln und Krümeln zu Tage förderte war die junge Frau bereits hinfortgeglitten und entschwunden. Eine kurze, doch nicht minder erfreuliche Bekanntschaft.

Er blickte ihr hinterher und plötzlich stieg ihm ein Geruch in die Nase, der keine Zweifel erduldete. Ein Geruch, der ihn an lange Abende mit seinem Mentor erinnerte, als sie sich in schamanischen Bräuchen übten und um ehrlich zu sein eher aus Genuss an ihren Pfeifen nuckelten, während langsam die Nacht heraufkroch und die eigenen Gedanken angenehm zu verschwimmen begannen. Vom Eintopf war noch genug dagewesen und die einzig andere Sorge war, dass das Kraut im verregneten Sumpf nicht nass wurde.
Schon fiel sein Blick auf den Kemeter, dessen gerolltes, qualmendes Konstrukt die Ursache des Duftes war. Diese Art und Weise des Genusses war Haj'ett unbekannt, doch Rauch war Rauch, fand er. Seit seinem Vollrausch vor Rakka, hatte er nichts dergleichen mehr zu sich genommen und gerade erst am gestrigen Tag hatte er Lust auf ein Pfeifchen verspürt...
Ihm fiel ein, dass er seine Tasche wiederhatte und sich endlich eine Pfeife stopfen könnte, vor allem nach den Strapazen der vergangenen Nacht. Doch das Krauch ders Kemeters roch neu und interessant. Eine andere Pflanze, so schien es ihm, doch in der Art gleich, vom Geruch her.

Und wieder stieß er auf kulturelle Fragen. Dort, wo er herkam war es eine Frage der Geselligkeit und niemals durfte man selbst Fragen, am Kraut des anderen teilhaben zu dürfen. Man musste eingeladen werden und sich wortreich bedanken. Nicht zuletzt, weil diese spezielle Pflanze recht selten war.
Doch Haj'ett verspürte große Lust und neugierde, an Amenhoteps Variante teilzuhaben. Erfahrungsgemäß würde es zudem seine Schmerzen lindern. Und so raffte er sich auf und steuerte auf das geöffnete Fenster zu. Wenn Kulturen aufeinandertrafen konnte man nur mit Worten eine Brücke schlagen.
"Geehrter Freund, ich kenne Euer Kraut nicht, doch scheint es mir genussvoll und angenehm fremd. Ein Zug von dieser neuen Sorte würde mich erfreuen. Im Gegenzug bin ich bereit, euch von der eigenen Blüte kosten zu lassen."
Das ganze klang unheimlich geschwollen und übertrieben für Haj'ett, doch war er es gewohnt, im Bezug auf dieses Thema die höchsten Töne der Höflichkeit an den Tag zu legen. Tradition eben.
 
Hastig durchwühlte Chesatur die Kommode. Es ist nicht hier! Wo ist es nur? Er schob sie ruckartig zu, wobei ein schnappendes Geräusch durch die Gemeinschaftskammer der Novizen hallte. "Verdammt!" Er drehte sich um. Kopflos suchten seine Augen nach potenziellen Verstecken. Die Betten waren zerwühlt, auch in anderen Kommoden hatte er schon gesucht. Vielleicht im Schrank? Chesatur eilte sich den Schrank auf der anderen Seite des länglichen Raumes zu erreichen. Die Türen wurden aufgerissen und gaben ein knarzendes Geräusch von sich. Der Novize hatte kein Ohr dafür. Seine Brauen furchten sich verwirrt und besorgt zusammen. Ungestüm durchwühlte er Fächer und Taschen der Kleidungstücke. Eines nach dem anderen wurde achtlos hinter sich geworfen, als sei es Abfall. So fielen Roben, Hemden, Hosen und Handschuhe von unterschiedlichster Qualität auf den kalten Boden des Raumes. Nein.... Nein..... Hier auch nicht. ... Nein. Auch hier nicht! "Mist!" Er schmiss zornig eine der Schranktüren zu, die aufgrund der wüsten Kleidungsordnung nicht geschlossen blieb, leicht wieder zurück wippte und mit erneutem Knarzen einem Klagelaut gleich zum Stillstand kam. Der Novize fasste sich durch die nackenlangen, blonden Haare und biss seine Zähne zusammen. Wieder suchten seine Hände den Raum ab. Beiläufig pustete er sich eine Strähne aus dem Gesicht. Der junge Mann von gerade mal 17 Jahren war müde durch die Ereignisse der letzten Tage. Er sollte nicht hier sein. Es war unter Androhung der Todesstrafe verboten worden die Akademie zu betreten, doch Chesatur musste zurückkehren. Er konnte nicht ohne den Orb gehen und der hastige Aufbruch vor zwei Wochen gab ihm keine Gelegenheit. Er hatte bis zuletzt danach gesucht. Fidius du Holzkopf, wenn du dir einen Jucks daraus gemacht hast den Orb vor mir zu verstecken, dann Gnade dir der Ehrwürdige.

Es gab keinen Zweifel. Jemand musste das Artefakt aus seinem angestammten Platz entnommen haben. Er schniefte und atmete tief durch. Es war alles andere als Verzweiflung. Vielmehr weckte der Gedanke, dass ihn jemand vor ihm verbogen hat Wut. Er strich sich die blaue Robe der Magiernovizen glatt und richtete die großen gelben Knöpfe an der Knopfleiste. Dann legte er sich den hohen Kragen zurecht und kämmte sich noch einmal durch das blonde Haar, bevor er den Raum verließ. Seine hohen Lederstiefel trugen ihn durch die verlassenen Gänge, während er sich grübeln über einen fiktiven Bart an Wangen und Kinn strich. Der Bursche war kaum alt genug die Muttermilch verdaut zu haben und auch, wenn er sich aus verschiedenen Gründen einen Bart wünschte, hatte sein junges Alter bisher anders entschieden. Die braunen Augen zuckten suchend hin und her und spähten in die anderen Räume. Die Küche! Vielleicht war der Orb dort! Wieder ging er hastig ans Werk und riss Schränke und Schubkästen auf, um sie mit den dünnen Fingern zu durchwühlen. Mit jedem Misserfolg wurde er etwas grantiger. Es konnte nicht sein... es durfte nicht, der Orb musste hier sein! Er hatte so lange daran gearbeitet. Professor Guridin hätte ihn in magische Konstrukte dafür ausgezeichnet, da war er sich sicher. Fidius.. wenn ich dich erwische, dann... dann.... Er ballte seine Hand zur Faust, so dass an den Knöcheln ein deutliches Weiß die gesunde Hautfarbe verdrängte. Geistesabwesend spürte er nur innere Aufruhr in sich und schlug mit aller Kraft gegen einen Küchenschrank. Der Treffer hinterließ keinerlei Spuren auf dem massiven dunklem Holz, jedoch Selbiges deutliche auf der Hand. Chesatur jaulte vor Schmerz auf und tanzte hüpfend im Kreis. Verflixt und Funkenkacke... Er hörte auf seine Patsche zu schütteln und betrachtete sein Werk mit feuchten Augen. Die Hand war leicht gerötet. Es würde noch eine Weile schmerzen, so viel wusste der Novize. Dennoch war sein Ehrgeiz nicht erstickt. Es war zu gefährlich nochmal hier her zu kommen, also musste er zusehen, dass er den Orb beim ersten Besuch fand. Mit etwas weniger Elan suchte er weiter.


***


Auf der Gischtadler setze Aiden eine Kiste ab. Er schnaufte vor Anstrengung. Es gab kaum etwas, was er und die anderen inzwischen nicht umgedreht hatten. Doch hier war nichts, rein gar nichts. Ein paar Kisten mit normaler Fracht: Stoffe, Weizen, und Farben. Alles Dinge die in Port Raven umgeschlagen wurden. Warum auch immer, hatte der kleine Nick gewollt, dass sie dieses Schiff normal durchsuchten? "Sklaventreiber...", murmelte Aiden und schob die Kiste mit dem Fuß unvorsichtig zurück an ihren Platz. Damur steckte seinen Kopf in den Laderaum unter dem Achterdeck. "Was gefunden?" Aiden zuckte mit den Schultern. "Nur Staub und Ratten." Damur grinste zahnlos. "Dann fang uns welche. Jonsi wollte uns seinen Ratteneintopf mit Käseschimmel machen. Er rieb sich aus Vorfreude den dicken Bauch. Aiden schüttelte den Kopf und seufzte "Wenn du nicht schläfst, denkst du ans Essen. Wird sich das jemals ändern?" "Du bist nur neidisch, weil du keine Hobbys hast!" Aiden stemmte empört die Hände in die Hüften. "Na klar habe ich die!" Dem Dicken entfuhr ein hämisches Lachen, wobei seine Wampe auf und ab tanzte "Was, meinst du, deine Saufgelage? Dann lieber Essen." "Ich sammle Geschichten!", erwiderte der Riinier auf den Spott. Damur winkte ab. "Die einzige Geschichte, die du bisher hier gesammelt hast, war der langsam aber stetige Untergang von Aiden Baymoores Leben. Ich weiß gar nicht mehr, wann wir dich nicht besoffen von einem Tisch kratzten mussten." Aiden reichte es. Das musste er sich nicht antun. Er ging an Damur vorbei die Stufen zum Deck hoch. "Das liegt daran das dein Gedächtnis nur bis zum nächsten Essen reicht mein Dickerchen. Komm! Wir sagen Will und Jonsi, dass es hier nichts gibt!"

Als er die Holzplanken des Decks erreichte, hatte der Wind deutlich aufgefrischt. Die Möwen schienen wie Falken in der Luft zu stehen, oder versuchten die Balance auf den Tauen und Masten des Schiffs zu halten. Die beiden Wachen vor der Luke brummten mürrisch. Aiden versuchte sie nicht anzusehen und auch sonst ganz unauffällig zu sein. Es war besser sie bemerkten ihn gar nicht. Mit gesenktem Blick stahl er sich an ihnen vorbei, spürte aber ihre skeptischen Blicke auf ihm. Es war ihm unangenehm. Er war froh, dass ihre Aufmerksamkeit sofort von ihm abließ, als der dicke Damur die Stufen empor geschnauft kam. Schnell sah er zu, dass er aus ihrem Blickfeld entschwand. Jonsi sollte in der Kapitänskajüte sein, also setze er zielstrebig darauf Kurs. Das Problem mit einem Schiff unter Soldatenobhut war, dass es überall welche gab und so blieb es nicht aus, dass Aiden, kaum dass er den Blicken der einen Wachen entronnen war, sofort die Aufmerksamkeit der nächsten auf sich zog. Er versuchte freundlich zu Lächeln, was ihn anscheinend nur verdächtiger machte. Er beschloss das in Zukunft bleiben zu lassen und betrat rasch die Kajüte. "Unter Deck war nichts zu finden." Jonsi hielt ein Buddelschiff empor und betrachtete es. "Hast du richtig gesucht, Junge?" Aiden lehnte sich mit dem Rücken an einen Balken und verschränkte Arme und Füße. "Ja, Sir. Von Deck bis Achtern und wieder zurück." Der alte Mann drehte die Flasche im spärlichen Sonnenlicht, was durch die milchigen Fenster fiel. Es war ein Modell der Gischtadler und ein sehr detailreiches noch dazu. "Wo sind die anderen?", fragte Jonsi ohne seinen Blick von der Faszination in der Flasche abzulassen. "Der Dicke ist ein paar Schnaufer hinter mir und Will hab ich nicht gesehen, seit er mich unter Deck geschickt hat." "Wirklich faszinierend." Aiden zog eine Braue hoch. "Was? Das Buddelschiff?" Der Alte prustete abfällig. "Nein, wie du aufrecht gehen kannst, ohne Rückgrat!" Der Riinier lachte. "Alles ein Wunder der Natur. Sind wir hier fertig?" Jonsi nickte. "Ja, ja... ich glaube, dieses Prachtstück könnte mir gefallen. Ich denke, es sollte nicht auf den Haufen der verkauft wird."

Er drehte sich endlich zu Aiden herum. "Das ist wirklich eines der besten Flaschenschiffe, die ich gesehen habe. Das behalte ich!" "Hey, wieso du? Was ist mit dem Schwur alles durch vier zu teilen?" Der Alte funkelte ihn grimmig aus einem Auge an und hielt ihm die Flasche unter die Nase. "Wie willst du das denn machen Bursche?" Der Pirat zuckte gelangweilt mit den Schultern. "Verkauf's und das Geld wird geteilt, wie üblich." "Nichts da! Ihr verprasst euer Geld ohnehin alle. Damur verfrisst es, du versäufst es und Will kauft nur wieder sein Glückspuder! Nichts davon hat auch nur im entferntesten Anstand!" Aiden zog beide Brauen hoch und sah ihn überspitzt ehrfürchtig an "Oh ja, wir haben eben nicht alle eine Frau und Kinder, die wir versorgen müssen. Manche leben einfach auf der lustigen Seite." "Pah! Auf der Seite von Sucht und Gedankenlosigkeit. Jeder von euch macht's nichts mehr lange! Das garantiere ich euch! Das hier ist meins und damit hat sich's!" Er stapfte wütend aus der Kajüte und schmiss die Tür zu. Trottel Aiden sah ihm kurz nach und überlegte, wie er doch an das Flaschenschiff kommen würde. Das Geld würde seinen mickrigen Lohn vom kleinen Nick aufhübschen. Noch einmal schaute er durch die Kajüte, dann wandte er sich ab und wollte gerade Jonsi durch die Tür folgen als sein Bewusstsein verarbeitet hatte, was er gerade gesehen hatte. Aiden hielt inne. Für den Moment eines Augenblicks erstarrte er regelrecht zur Säule. Langsam drehte er den Kopf und blickte über die Schulter. Seine Augen verstanden nicht was sie dort sahen, sein Kopf erkannte nicht was es war. Konnte das wirklich... Er wankte einen Schritt zurück in die Kajüte. Seine Hände zitterten ohne dass er es merkte. Er ging zum Schreibtisch hinüber. Sein Blick war noch immer auf einen Stapel mit Papieren gerichtet. Irgendwo in der Mitte hing eine Ecke heraus, die vom Sonnenlicht angestrahlt wurde. Es war ein unglaublicher Zufall, dass er es gesehen hatte, war die Ecke doch nicht viel größer als sein Daumen. Vorsichtig hob er die Ecke des Papiers an, um sie besser sehen zu können. Tatsächlich! In filigraner Federführung waren drei Wellen auf die Ecke gezeichnet worden. Dies war eindeutig das Zeichen der Wasserderwische. Für einen Sekundenbruchteil spulten sich so viele Erinnerungen in seinem Kopf ab. Kanonenfeuer schoss durch seinen Kopf, Entermesser und Schwerter wurden durch Leiber getrieben, Lachen, Knurren, Rum der gierig die Kehle hinab geschüttet wurde, Musik, Schlägereien und die Gischt von hohen Wellen, die gegen den Bug des Schiffes brandet. Er faste sich an seine rechten Rippen. Aiden hatte keine Kontrolle über seine Hände, die automatisch das Papier packten. Erst jetzt erkannte er, dass es ganz dünnes Leder war, und kein Papier. Er zog es aus dem Stapel hervor und breitete es mit zittrigen Händen aus. Seine Augen hatten Probleme die Buchstaben zu entziffern. Aiden war nie sonderlich gut gewesen im Lesen und die Aufregung tat ihr Übriges. So dauerte es eine ganze Weile bis er mit den wenigen Worte fertig war und noch einen Moment länger bis er sie verstand.

"Mein letzter Wille ist für dich bestimmt Bruder. Alles was ich tat, tat ich für dich. H. M."

Aiden verstand die Worte erst nicht, doch dann ging im ein Licht auf. H. M. stand für Horatius Mer, seinen alten Kapitän. Er hatte dieses Schriftstück seinem Bruder vermacht. Aiden wagte es nicht die Karte umzudrehen, doch die Neugier war zu groß. Seine Pupillen weiteten sich, als er sah, was die Rückseite offenbarte. Es war tatsächlich eine Schatzkarte. Eine Insel war zu sehen. Doch es gab keine Anhaltspunkte wo diese Insel sein könnte. Einige Symbole erkannte Aiden. Die Wellenlinien sollten Wasser darstellen, die harten Kanten Gebäude, oder zumindest etwas von Menschenhand erbautes. Die runden Kanten waren wohl natürliche Erhebungen. Er verstand nicht, warum die Insel noch einmal in einem seltsam unförmigen Kreis umschlossen wurde. Doch die eingezeichnete Stricheillinie und das X waren deutlich. Er hatte Horatius nie von einem Schatz sprechen hören obwohl er immer dachte, er kannte diesen Mann gut. Es gab sogar Zeiten, da hatte er ihn als Freund bezeichnen wollen, obwohl er mehr eine Mentor- und Vaterrolle für ihn einnahm. Jetzt hatte er tatsächlich etwas, wofür es sich zu arbeiten lohnte. Er war sich sicher: Dieser Schatz würde ihn reich machen und endlich weg bringen von diesem Elend, von Armut und Knochenarbeit. Sein Herz machte einen Luftsprung. "Was haben wir denn da?", erklang eine Stimme hinter ihm. Dem Riinier rutsche das Herz vor Schreck in die Hose. Er war wie steif gefroren. Langsam drehte er sich um und blickte in das Gesicht von Jonsi, Damur und Will. "Wie es scheint, hat Aiden doch etwas gefunden." Die Drei grinsten mit soviel Verschlagenheit und Bosheit, dass Aiden ihre Absichten förmlich überrannten. Er schielte zu seinem Säbel. "Ich dachte immer, hier gäbe es nichts von Wert", hauchte Will mit der Haltung eines Räubers. In der Tat war der Mann vom Glückspuder derart zerfressen, dass seine Seele nur noch aus Habgier und Sucht bestand. Sein ausgemergelter Körper zeigte das auch deutlich. Aiden traute ihm alles zu. Der dicke Damur knackte mit den Händen. Aiden zitterte nicht mehr mit den Händen. Er verkrampfte inzwischen schon vor Angst. Sein Blick war noch immer auf seinem rostigen Säbel gerichtet. Ich könnte es schaffen. Die Tür war nicht weit und Will ist zu krank, als dass er so schnell Widerstand leisten könnte. Na los... gib dir einen Ruck. Tue es, oder du bist tot! Jetzt... ja.... stich ihn ab!!! Metall wurde gezogen und der Riinier spürte eine Klingenspitze an seiner Kehle. "Denk nicht mal dran Junge!" Aiden atmete vor Schreck nicht mehr. Er sah an der Klinge entlang bis er an Jonsis Arm angekommen war. "Also,... wie wollen wir das jetzt lösen?"
 
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