RPG Endless Travellers - The Second Age

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Die Sonne war aufgegangen. Savio blickte zu ihr, wie ins Antlitz einer Muse. Viele Gedanken geisterten in ihm herum, bis er das "Abendschein" erspähte.
Er hatte es geschafft! Er hoffte inständig, dass den anderen nichts ähnliches wie ihm widerfahren ist.
Als er vor der alten, knorrigen Tür stand, blickte er noch einmal bedächtig zur Sonne - Licht, der Spender allen Lebens, immer wieder dachte er darüber nach.

Tax öffnete das Portal. Als er eintrat war er verwirrt. Einige weißgekleidete Soldaten waren versammelt, doch er fasste Fuß in der neuen Situation und bahnte sich einen Weg durch die Hühnen. Ihm gefiel ihre "Uniform". Sie schien elegant, aber auch gleichzeitig praktisch. Als er zwischen einer Gruppe der Weißgewandeten schließlich Ronny auf einem Tisch ausmachte, huschte er geschmeidig zwischen ihnen hindurch und trat an die Tafel.
"Ronny?"
Ohne weitere Worte legte er die Hand auf seine Brust - sein Herz schlug. Savio schloss die Augen, und berührte dabei mit der rechten Hand den Knauf seines Messers. Ronny atmete kurz auf, ja er seufzte schon fast. Die Energieübertragung war jetzt für Savio deutlich spürbar. Früher musste er noch Acht geben, dass er nicht zu viel seiner Heilkraft verwendet, da niemand einen toten Heiler gebrauchen kann.

Savio hörte eine vertraute Stimme und folgte ihr. Als er sich durch eine weitere Reihe Soldaten quetschte stand der Echsenmann Haj'ett vor ihm, der ihn verwundert anblickte...
 
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Helles Licht blendete Hieronymus, als er langsam die Augen öffnete. Was war geschehen? Irgendetwas mit einer Schlange... Langsam wurden Umrisse erkennbar. Sah aus wie eine...Holzdecke? Schlangen ... und ein großer Kampf. Ein Kampf mit Schlangen? Ja, eindeutig eine Holzdecke. Und er lag auf einem Tisch. Ein relativ unbequemer, nebenbei bemerkt. Nein, keine wirklichen Schlangen. Oder doch? Nein mit Schlangen kämpft man nicht... Seine Kleidung. Sie war zerrissen. Sein guter Wams! Wie konnte das passieren? Nein, es war definitiv ein Kampf gegen Menschen gewesen. Jetzt kehrte sein Gehör langsam wieder zurück. Es war ein lautes Stimmendurcheinander. Schmerzhaft. Und er war am Boden gelegen. Nachdem er niedergeschlagen wurde. Daher also die beschädigte Kleidung. Ihn streifte ein Blick. Stechend gelbe Augen. Gelbe Augen? Er kannte ihn. Er war auch bei der Schlacht dabei gewesen. Sein Peiniger? Der Rücken eines anderen Mannes. Auch ihn erkannte er. Ein Grund für die Schlacht. Oder DER Grund? Gute Frage... Mit wem redete er? Einer Echse. Sie hieß Haj'ett. Woher auch immer er das wusste. Natürlich. Er hatte an diesem Ort eine Gruppe Leute kennengelernt. Sie waren seine Verbündeten im Kampf. Eine große Frau, auf einen Stab gestützt. Schmerz. Riesige Hagelkörner. Eine Ausweichrolle. Mehr Schmerz. Sie sah aus wie eine ... Trollin? Er hatte sie noch nie gesehen... Weißgewandete Gestalten. Sie hatten das Blatt zu ihren Gunsten gewendet. Ein weiterer Mann. Feuerinferno. Ein Feuerball hatte ihm das Leben gerettet. Langsam waren alle Erinnerungen wieder da. Sehr gut. Was war das? Ein Mädchen? Ein Schrank von einem Mann. Direkt über ihm. Nein, dafür sah sie zu abgebrüht aus. Und sie hatte etwas seltsam katzenhaftes an sich. Einer der Assassinen schlägt den Mann nieder. Dieser fällt. Direkt auf ihn zu. mit seinem Arm auf Hieronymus' Brust. Knacksen. Stechender Schmerz. Atembeschwerden. Durchbohrte Lunge? Schwärze. Abendschein. Offensichtlich hatte Savio ihn geheilt. Wie auch immer er der Bruderschaft entkommen war. Er schuldete ihm was. Aber der Plan war ziemlich nach hinten losgegangen. Verdammt. Inzwischen schien man auch bemerkt zu haben, dass er wach war.
 
Rasch hatte man sich zum Abendschein auf gemacht und dort eine Art Hauptquartier errichtet. Die Wirtin war zwar erfreut darüber, dass die Abenteurer mit mehr oder weniger Erfolg voranschritten, dennoch teilte sie mit Alexis das Bedenken, dass die Schlangenbruderschaft von diesem Ort wusste und eventuell vermutete, dass sie sich hier treffen könnten.
Während er ein paar Bissen zu sich nahm, saß Mana neben ihm auf dem Tisch und sah sich neugierig um. Ihre großen Augen durchleuchteten förmlich die Umgebung, während ihre Ohren sich auf komischte Art und Weise wie die Augen einen Chamäleons hin und her bewegten. Tatsächlich erweckte sie nicht einfach den Eindruck eines Wolfswelpen. Vielmehr erkannte er Züge von anderen Wesen in ihrer Gestalt. Die Art wie sie ihren Kopf bewegte, erinnerte eher an die fließenden Bewegungen einer Katze. Und als Mana ihr Maul Aufriss um zu gähnen, erschien der Kiefer eher wie der eines Reptils. Ausladend und bewehrt mit scharfen Zähnen. Die überlange, dünne Zunge hob diese Eigenart noch weiter hervor und als sie nach dem Gähnen damit ihre Barthaare glattstrich, erinnerte es fast an Haj'etts charakteristische Zungenbewegung.
Wie aufs Stichwort vernahm Alexis durch das Stimmengewirr im Abendschein ein leises "Slrp".
Die Tür war aufgegangen und der eintretende Gast hatte anscheinend Haj'etts Aufmerksamkeit erregt.
War das nicht Savio?
Alexis stand auf und bahnte sich seinen Weg durch die Assassinen um mit eigenen Augen zu sehen, wie Ronny die WUndersame Heilung erfuhr, die er jetzt gut gebrauchen konnte. Savio sah recht erschöpft aus. Und es würde genügend Leute geben, die sich mit seinem Auftauchen beschäftigen würden. Alexis bohrte ein viel dringlicher Gedanke. Wenn Savio hier war, was war dann mit der Schlangenbruderschaft? War Savio entkommen, oder hatte man ihn absichtlich frei gelassen oder entkommen lassen?
Er würde sich die Antworten von der Quelle holen. Er ging in eines der Nebenzimmer in dem geknebelt und von Assassinen bewacht einer der Schlangengardisten saß. Mana huschte zwischen Alexis' Beinen hindurch und setzte sich vor dem Schlangegardisten hin. Ihre Augen hatten sich zu Schlitzen verengt und ihre Ohren neigten sich nach hinten, während das Fell in ihrem Nacken sich aufstellte. Kurz wurde das Licht, das auf den Gefangenen durch den Türspalt schien überschattet. Jemand anderes gesellte sich dazu.
 
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Metall durchschnitt die Luft und zerriss das Rauschen der Bäume, als es Rüstung, Fleisch und Knochen aufspießte, um schließlich von der torfigen Erde des Waldbodens ausgebremst zu werden. Röchelnd erstarb der letzte Lebenshauch des Mannes. Sein Schild lag entzwei, in einigen Schritten Entfernung, ebenso regungslos wie sein Besitzer. Seine Waffe steckte tief in einem Baum unweit des Ortes wo er starb. Eine große Hand zog den gewaltigen Zweihänder wieder heraus. Es war eine gar exotische Klinge. Sie misst 2 Meter, von der es die Klinge an Länge mit der von drei Ellen aufnehmen vermag. Im Gegenzug zu der typisch metallisch schimmernden Rüstung aus Platten, ist das Antlitz der Waffe mehr matt und dunkel. Die Farbe erinnert fast an Eisenholz, allerdings enttarnt Gewicht, und Schimmer die Waffe als Metall. Es ist ein dunkler Stahl der so wirkt, als wolle er jedem eindrücklich sagen, er sei für blutige Arbeit bestimmt. Der Schmied, der diese Waffe fertigte, wusste, was er da fabrizierte. Die Klinge ist an der Spitze zu beiden Seiten gezackt und bildet so Widerhaken, welche empfindliche Wunden reißen können, oder sich in Schilde und Rüstungen des Gegners fressen. Weiterhin liegt der Schwerpunkt nicht wie gewöhnlich an dem Punkt zwischen Klinge und Schaft, sondern in der Mitte der Klinge. Dies wird durch eine Verengung der Klingenbreite erreicht, die sowohl zur Spitze, als auch zum Griff wieder breiter wird. Sinn dieser Form, ist die Zusicherung der Bewegungskräfte, die dem Schwerthieb noch mehr Wucht beimessen. Die Querstrebe des Schafts ist mit zwei Zacken an ihrem Ende besetzt, wodurch auch ein Knaufschlag zu einer Art Dolchstoß werden kann. Einzig das untere Ende des Griffs ist abgerundet und mehr für Bewusstlosigkeit, als für Tod und Zerstörung, gedacht.

Die gerüstete Hand, welche den Zweihänder wieder emporzieht, umschließt ihn fest und führt ihn sicher in die Halterung zwischen den Schulterblättern. Eine Scheide hat die Waffe nicht. Lediglich Riemen, verstärkt durch Eisen an der Stelle wo die Halterung sitzt, bietet Tragekomfort der besonderen Art. Nicht nur, dass man sich an das Gewicht der Waffe gewöhnen muss, auch der Nervenkitzel, dass einmal falsch an eine Wand gelehnt ein einschneidend Erlebnis werden könnte. Doch Halterung, sowie Führung in Selbiger - durch welche das flache Ende der Klinge zum Körper zeigt - tun ihresgleichen, um das Risiko dafür zu minimieren. Eiserne Stiefel tragen einen großen humanoiden Schatten zu einem kleinen dicken Mann, der sich verängstigt gegen seine Kutsche drückt. Ein gebrochenes Rad und die Tatsache, das die Pferde inzwischen wieder ihre eigenen Herren, irgendwo hier im Dickicht, sind, garantieren, dass das Gefährt keinen Zentimeter mehr fahren wird. Es dient nun nur noch als ungewolltes Hindernis für den Dicken, welches er nicht zu überwinden vermag, als sein zurücktaumelnder Gang ihn durch Rückenkontakt signalisiert, dass er in der Falle sitzt. Die Schritte des Hünen haben inzwischen gefühlte drei Millimeter vor dem kleinen, dicken Mann haltgemacht. Seine wenigen Haare, die er von einem einstigen, schwarzen Schopf noch hat, kräuseln sich vor Angst um seinen Hinterkopf. Die flache rote Kappe der östlichen Kaufleute ist ihm heruntergefallen und liegt - ihm zu Füßen - wesentlich ruhiger als er auf dem Boden. Sein wuchtiger Leib hingegen zittert wie Espenlaub. Dicke Tropfen Angstschweiß perlen ihm über die runde Stirn und verlieren sich in seinen hochgezogenen Augenbrauen, die wie erstarrt scheinen. Schließlich bringt er mit rauer wackliger Stimme einige Worte aus seiner Kehle. "N... n.... nun gut." Ein dicker Kloß blockiert seine Stimmbänder. Er schluckt ihn mit Mühe herunter. "I... i... ich... ich sage euch wo er ist. Er ist gar nicht weit von hier.... nur ein, zwei Stunden Fußmarsch. Dort gibt es einen Ort.... einen.... einen Hafen... Port... Milan." Die Augen versuchen ein Gesicht auszumachen, doch der Helm verbietet jede Sicht darauf. "Ich.. weiß nicht genau, wo im Ort er ist.... aber... er wollte... dass ich ihm dort eine Botschaft überbringe..... ER will ihn sehen."

Erneut greift die große Pranke zum Griff des Schlachtschwerts. Das Klingen der Schneide, zieht dem kleinen, dicken Mann durch Mark und Bein. "B.. b... b....b.... bitte... bitte habt Erbarmen. Ich weiß wirklich nicht wo Balthasar ist. Ich schwöre es euch." Ein unzufriedenes Grollen kommt aus den Tiefen des Helms. Es ist leise und dennoch dröhnend. "Habt Er...barmen.... Ich bin nur .... nur... der Botschafter. Ihr könnt alles haben was ich besitze.. nur.. lasst mir mein Le....ben...." Die Stimme erstirbt fast bevor die letzten Laute gebildet worden. Der Dicke gräbt verzweifelt seine Stiefelabsätze und Fingerkuppen in die Erde, um in einer Stillen Hoffnung die Kutsche in seinem Rücken doch noch zum Umsturz bewegen zu können. Vergeblich. Außer aufstippender Dreck bleibt alles wo es ist. Ein Paar ängstliche Augen beobachten wie sich die andere Hand zu ihm herunter bewegt und geöffnet wird. Der Zweihänder hingegen zeigt locker quer zu Boden. Situation entschärft – für den Moment "Hier habt ihr den Brief den er mir für Balthasar gegeben hat und mein Geldbeutel und meine Ringe." Aus dem Nichts entwickelt der Mann einen deutlich schnelleren Sprechrhythmus, der ihm wie ein Quelllauf eines Baches aus dem Munde sprudelt. "Das war alles. Es steht alles in dem Brief. Ich sollte ihn nicht lesen, aber habe es trotzdem getan. Ich meine, ich wollte nicht, aber war neugierig und so habe es gemacht und gehofft, Balthasar wird es nicht bemerken. Er soll ziemlich eingebildet sein und etwas größenwahnsinnig. Ich meine Ich halte von Gerüchten ja nicht viel, aber wenn es so oft gesagt wird, dann könnte doch schon was dran sein ich meine, warum nicht? Jeder hat seine Leichen im Keller. Nicht das ich bei euch damit etwas andeuten wollte, oh nein, nein, nein, nein, nein." Er quält sich ein auflockerndes Grinsen aus seinen ängstlichen Mundwinkeln. Ob ihm Gehör geschenkt wird, scheint ihm nicht wirklich wichtig zu sein. "Ihr seid bestimmt jemand, der ein reines Gewissen hat nicht war? Es soll ja solche Leute geben und es geht mich ja auch nichts an, aber vielleicht..." Zu mehr kam er nicht mehr. Die offene Hand schloss sich abrupt zur Faust und schnellte nach vorn, wodurch sie nicht nur den Kieferknochen der ängstlichen Quasselstrippe zertrümmerte, sondern auch ohne Vorwarnung wieder Frieden in den Wald einkehren ließ.

Gleich darauf hob der Hüne den Brief auf und las.


Mein lieber Balthasar,

Mir kam zu Gehör, dass unabdingbare Wendungen in Kraft treten müssen, wenn der Plan, welchen wir zu verfolgen gedenken, nicht gefährdet werden soll. Eure Geldlieferungen sind in letzter Zeit zu knapp ausgefallen, um dauerhaft genügen Ressourcen zur Verfügung stellen zu können, damit alles in seinen geordneten Bahnen bleibt. Daher sah ich mich gedrängt einige Veränderungen zu vollziehen, die leider angesprochene Wendungen zur Folge heben müssen.
Aus diesem Grund möchte euch in Kenntnis setzten, dass es keinerlei Verzögerung geben, jedoch eure Anwesenheit hier bei mir unbedingt notwendig sein wird. Ihr werdet wissen was ich meine, wenn ihr den Überbringer dieser Botschaft seht. Tut mit ihm was euch beliebt. Ich brauche ihn nicht mehr.
Wenn ihr bereit seid, trefft mich an der Nachtgrenze zum Berg. Ich werde in Blätter gehüllt dort erscheinen und mit euch auf den Sieg anstoßen, wenn der Flammenhengst erscheint.

Mit Grüßen
U.



Zugegeben. Der letzte Teil ergibt so wie er da steht keinerlei Sinn und ist offensichtlich in geheimen Metaphern geschrieben worden, aber ansonsten. Ist die Spur heiß. So steckte der große Mann den Brief unter seine Rüstung und seine Waffe wieder zurück in seine Halterung. Das Geldsäckchen und der Schmuck interessiert ihn nicht. Möge es nehmen, wer es findet. Ta'nor drehte sich zum Weg. Port Milan ist sein nächstes Ziel.
 
"Hmm.. ich will verwünscht sein, wenn ich das richten könnte." Bemerkte Grimhild offen, als sie sich Ronny einmal gründlich angesehen hatte. Es waren wenig überraschende Kampfverletzungen, aber eben das war das Problem - Trolle betrachteten so etwas wie eine gewöhnliche Erkältung und hatten nie die Notwendigkeit gesehen, etwas zu kurieren, was sich bei ihnen von selbst richtete. Heilkunst war eine Angelegenheit für menschliche Hexen.. und dass Grimhild trotzdem etwas tat, war wohl eher ihrer Neugier als ihrer Fähigkeit zu verdanken. Immerhin, den Bruch konnte sie notdürftig richten.. aber Hieronymus blieben ihre reichlich unsanften Handgriffe erspart, da Savio gerade noch rechtzeitig auftauchte und ihn auf die deutlich professionellere Art von diversen schweren Verletzungen kurierte. Die Trollin quittierte diese ihrem Fach fremde Leistung mit einem Nicken und einem anerkennenden "Hmpf." und richtete sich so weit auf, wie sie angesichts der bedrohlich niedrigen Decke riskieren konnte. Der menschliche Magier war losgezogen, um den Gefangenen zu befragen, und da wollte sie nicht fehlen.

"Also .. ich habe über diesen Kult schon ein wenig in Erfahrung gebracht." Wandte Grimhild sich unvermittelt an Alexis, als sie sich durch den Türrahmen manövrierte, und drehte bedächtig ihren Stab in der Hand. "Was ich von den Krähen aufgeschnappt und den bleichen Lippen der Toten abgerungen habe, ist, dass sie nach dieser Niederlage keinesfalls Ruhe geben werden. Im Gegenteil - sie werden versuchen, jeden einzelnen von uns hinterrücks niederzustrecken, wie es die Art einer Schlange ist. Deshalb muss unsere Antwort lauten, sie unsererseits zu überrumpeln, bevor sie viel Schaden anrichten konnten, dabei nicht auseinanderzugehen und ihnen keine Blöße zu bieten." Fasste sie zusammen, und unterdrückte den Drang, zur Betonung mit dem Stab auf den Boden zu Donnern - der Gefangene würde auch so leicht einzuschüchtern sein. Die riesige Trollin drängte sich ganz in den kleinen Raum und stellte ihre massive Kiepe auf dem einzigen Tisch ab.
"Nun .. Schlangenbrut" begann sie, nachdem ihr eingefallen war, dass hier ja auch ein befreundeter Mensch anwesend und "Menschlein" darum keine gute Idee war "Ich habe keine Geduld für euresgleichen, und der junge Mann hier brennt ebenfalls förmlich darauf, euch euer mickriges Wissen zu entreißen.." Grimhild warf Alexis einen kurzen Blick zu, der ihm bedeutete, dass sie diese Sache erledigen würde, griff dann in ihre Kiepe und holte ein paar magische Utensilien heraus, die jede Trollhexe von Welt mit sich führte - ein langes Messer mit glatter Klinge, in dessen Griff Runen geritzt waren, und ein kompliziert anmutendes Windspiel aus Knochen unbekannter Herkunft. Aufällig war, dass alle notwendigen Bauteile eines Kiefers dabei waren, obwohl sie ein wenig unordentlich organsiert vom Gestell aus Eberesche herabbaumelten ..
"Und falls ihr stumm bleiben solltet, wisst, dass ich Mittel und Wege habe, eure jämmerlichen Überreste zum Sprechen zu bringen.. nachdem ich sie einzeln aus euch herausgezupft habe wie die Beine einer Fliege." Verkündete sie düster, und hob das makabre Windspiel an, damit der Gefangene einen guten Blick darauf werfen konnte. Einen Moment verschoben sich die Knochen ineinander und formten einen weit offenstehenden Kiefer, der spöttisch zu lachen schien - dann war der Spuk vorbei. Mit einem weiteren Seitenblick zu Alexis entfernte die Hexe den Knebel mit ein paar groben Handgriffen und schaute ihren unfreiwilligen Informanten abwartend an. "Also..?"

Der Schlangenkultist war mit der Gesamtsituation überfordert. Ein simpler Erpressungsabend war erst zu einer kleinen Schlacht gegen Zauberer und Assassinen geraten, dann hatte man ihn bewusstlos geschlagen und nun auch noch gefesselt in einem Tavernenzimmer eingesperrt - wenn da nicht die Drohung der Priester gewesen wäre, ihn bei dem geringsten Sterbenswörtchen über ihre Angelegenheiten sofort mit einem wiederlichen Zauberfluch zu töten, hätte er Alexis gegenüber schon längst ausgepackt - und dann kam auch noch die blutrünstige Riesin hinzu! Grimhild hätte sich ihre Darbietung womöglich sparen können, aber sie war eben eine Hexe mit Prinzipien, und als der Gefangene sprechen konnte, tat er das auch hochmotiviert - und hart an der Grenze zur Panikattacke. "Bitte, nicht! Ich sage alles, was ihr hören wollt, aber wenn ich zuviel sage, werde ich ohnehin sterben, und dann werdet ihr mich trotzdem fragen, und dann sterb ich womöglich nochmal, und wenn ihr dann .."
Grimhild hob vielsagend eine Augenbraue angesichts dieser zirkulären Logik und räusperte sich vernehmlich - Stille kehrte ein. "Falls du tust, was wir von dir verlangen, können wir versuchen, dein jämmerliches Leben zu schützen. Falls nicht .. vertrau darauf, dass wir beide üblere Dinge wissen als nur den Tod." Meinte sie nach dem spontanen Entschluss, Alexis und seinen Geistwelpen mit ins Boot zu holen - vielleicht sprang ja ein unheimliches Knurren dabei heraus. Angeblich funktionierte so ein Verhör besser, wenn man statt "Böser Magier" das Dou "Böser Magier, Guter Magier" antreten ließ. Wo in diesem Szenario ein Hundewelpe auftauchte .. naja, das fiel wohl unter Improvisation.
Das folgende Gestotter und Gestammel enthielt neben vielen Unschuldsbeteuerungen vor allem die Auskunft, dass man als einfacherer Mitläufer in dieser Organisation nicht allzu viel erfuhr - wie überraschend - aber immerhin einen festen Punkt zur Übergabe des ergaunerten Geldes gab es. "Drei Uhr in der Nacht, an dem verlassenen Lagerhaus im Hafenviertel! Es kommt jemand, der das Geld abholt, wo die großen Tiere stecken, weiß ich nicht, versprochen!!"
Grimhild verdrehte stumm die Augen warf Alexis einen forschenden Blick zu. "Was meint ihr..?" fragte sie langsam, und drehte bedächtig das Messer in ihrer Hand.
 
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Alexis war ein wenig überrascht, dass es gerade Grimhild war, die dazu stieß. Aber sobald er länger darüber nachdachte, war es wohl das beste. Eine so große Gestalt hatte unter Umständen eine recht einschüchternde Wirkung. Zumal sie eine Trollhexe war. Hatte Alexis nicht mal ein Gerücht über Hexen der Wildnis gelesen, die kleine Kinder fraßen und sich in Drachen verwandeln konnten? Sicherlich nur dummes Geschwätz, aber Leute von einfacherem Gemüt schenkten derlei Gerüchte viel eher Glauben. Und der Schlangengardist war anscheinend nicht besonders helle.
Grimhild ergriff recht zügig das Wort und überraschte mit erstaunlicher Weitsicht und großer Überzeugungskunst.
Und verdammt, sie war überzeugend!
Um so besser für Alexis, denn nun ersparte er sich die Mühe selbst in irgend einer Weise drohen zu müssen. Und möglicherweise hätte er sich die Blöße geben müssen nicht so überzeugend wie die hohen Tiere der Schlangenbruderschaft zu sein. Während Grimhild auf eloquente Weise ihren Standpunkt klar machte, ging Mana näher an den Schlangengardisten heran und began zu schnüffeln, als dieser nahezu verstört seine Antworten stammelte.
Zirkuläre Logik. Er war wirklich nicht besonders helle... Sogar Mana zog bei seinen Worten den Kopf zurück und legte ihn dann schief, während ihre Ohren sich wieder auf diese seltsame Art mitbewegten.
Schlussendlich war er doch gewillt, wenigstens etwas preiszugeben, auch wenn das nicht viel war und ebensogut gelogen sein konnte.
Als Grimhild ihre Frage stellte, verschränkte Alexis seine Arme und sah den Schlangengardisten gespielt forschend an.
"Nun, ich weiß nicht... vielleicht sagt er die Wahrheit. Es wäre jedenfalls klug, denn so oder so würde er leider von uns gehen müssen. Aber um ehrlich zu sein, ich an seiner Stelle würde die Wahrheit sagen, immerhin bestünde dann die Chance zu überleben, während die Alternativen eher schlecht aussehen."
Er legte sich bereits in Gedanken die Möglichkeit zurecht, ein paar Schutzzauber an diesem Gardisten zu testen. Selbige an sich selbst auszuprobieren wäre im Falle eines Misserfolges wohl eher schlecht und die nötigen Lehren konnte man ebenfalls schlecht daraus ziehen, während man irgendwo erkaltete.
"Er sagt die Wahrheit.", begann Mana, wurde aber von dem entsetzten Aufschrei des Schlangengardisten unterbrochen. Ja, einen sprechenden, teilweise amorphen Wolfswelpen hörte man nicht alle Tage sprechen. Mana warf dem Gardisten einen bösen Blick zu und dieser versuchte sich von ihr zu entfernen, was aufgrund seiner heiklen Situation nur zentimeterweise von Erfolg gekrönt war.
"Ich kann am Schweiß eines Menschen Riechen, ob er lügt oder nicht. Und er sagt die Wahrheit."
Die Tatsache, dass der Gardist sich gerade nass gemacht hatte ließ sie außen vor, denn man musste kein Wolf sein um das zu riechen.
Alexis blickte zufrieden zu Grimhild auf.
"Nun, einen Versuch ist es wert. Abgesehen davon bin ich mit Euch einer Meinung, dass wir auf jeden Fall keine Angriffsfläche für die Schlangenbruderschaft bieten sollten. Und wir haben zumindest einen Anhaltspunkt. Desto eher wir dem nachgehen, desto besser."
 
Während Verletzte kuriert, Gefangene verhört und in einen seichten Wahnsinn getrieben wurden, setzte ein Kai'shak seinen Fußmarsch nach Port Milan fort. Es gab nicht viel, was sich zu berichten gelohnt hätte: hier ein paar Vögel, dort ein paar Abzweigungen vom Weg. Doch die Beschilderung ließ erstaunlich wenig Unzulässigkeit zu. So kam es, dass der Hüne seine Metallstiefel nach einer guten Stunde Fußmarsch über die Straßen des Ortes setzte. Sein Wesen in allem in allen Ehren, doch einer von seinem Volk, war nur sehr selten zu verwechseln: monotoner Gang in voller Größe, stumm und ohne jedes Interesse für Ablenkungen, seien es die schönsten Frauen, oder prächtigsten Geschäfte. Einen Kai'shak interessierte nur wenig. Ta'nor überquerte den Marktplatz und fragte sich, wo es wohl hier jemanden geben könnte, der ihm mehr über Balthasar erzählen könnte... und wer es würde, wenn er könnte. Ganz abgesehen davon brauchte es Nahrung für den Mann. Er hatte nun schon 20 Tage nichts mehr "zu sich genommen". Nun, in dieser Reihenfolge ordnete sich Ta'nors Priorität neu. Das nächste Gasthaus war Seins. Schon beim Betreten - wo er um ein Bücken nicht herum kam, und er wollte mal zur Abwechslung, da Türen mit Löchern über der gleichen wenig Aussicht auf Nahrung in zugehöriger Taverne zu Teil wurde - begannen die Gäste zu tuscheln. Er verstand es nicht, doch so ungefähr konnte sich der Berserker die Themen ausmalen. Es waren immer die selben: 'Wer mag das sein?', 'Was will ein Kai'shak hier?", 'Kenne ich die arme Kreatur, die er töten soll?', oder - sein Lieblingsthema - 'Wie wird er sein Opfer töten?' Das Pensum der Antwort auf die Frage, reichte von einem schnellen Tod, durch Köpfen, oder durchbohrtem Herz, bis zu quälenden Minuten, oder gar Stunden, durch Aussaugen der Lebensenergie, oder verbluten lassen an zahlreichen abgehackten Körperenden. Der Fantasie der Menschen ist das wirklich nur wenig an Grenzen gesetzt.

Egal - Im Moment ging es um Nahrung. Ta'nor tat dies wie immer auf Kai'shak-Art. Vor dem Wirt blieb er stehen, dem schon übles schwante und erst einmal schlucken musste. "Ich töte magische Bestien, oder beschaffe euch Dinge und Informationen. Ich will rohes Fleisch dafür: 10kg!" Sicher nicht der eleganteste Weg und bei weitem nicht so schmeichelhaft wie klingende Münzen, aber durchaus effizient, vor allem bei der Rasse der Menschen, denn diese hatten immer etwas, was ihre Neugier weckte, oder jemanden den sie gerne 'aus dem Weg hätten'. Kai'shak machten da keinen Unterschied in Moral, zwischen gut und böse. Es gibt für sie nur Ursache und Aktion - emotionslos. "Ähm... mein Herr. Ihr ... ich meine .... ihr seit ein Kai'shak nicht war?" - "Ja." - "Ihr wünscht zu speisen?" - "Ja." - "Gegen einen Auftrag?" - "Ja." - "So so...." Der Wirt musste das erst einmal verdauen. Man sah ihm an, dass er nicht viele Kai'shak bediente. Anderen Orts war Ta'nor dort schon lange wieder aus dem Gasthaus raus, um seinen Teil der Abmachung einzuhalten. "Also ich habe eine Schwester. Sie hat ein kleines Geschäft wie meines. Es nennt sich 'Abendschein', der Junge hier kann euch hinführen", und holte einen Knaben heran, der offensichtlich bei dem Wirt arbeitete, vielleicht sogar mit ihm verwandt war, unwichtig. "Meine Exfrau, dieses Miststück, hat ihr bei unserer Trennung das Amulett unserer lieben Mutter gestohlen. Hat es einfach aus dem Schmuckkästchen genommen, als sie ihr meine Sachen gebracht hat. Nun, ich will euch nicht mit Details langweilen werter Herr. Sie wohnt jetzt in einem der Händlerhäuser im oberen Viertel. So ein feiner Pinkel. Der Junge weiß wo, hat mal für sie gearbeitet, hat ihn einfach rausgeschmissen, als er ein Tablett fallen gelassen hat, herzlose Furie. Doch der Händler hat Wachen, grobe Schläger und viel stärker als unsereins. Bringt meiner lieben Schwester die Halskette, mit Amulett zurück, ich bitte euch und ihr sollt so viel Essen haben, wie ihr wollt!"

Als der Wirt seinen kleinen Vortrag beendet hat dauerte es einige Sekunden des Schweigens bis "Gut" aus dem Helm zu hören war. "Ich danke euch Herr. Der Bursche zeigt euch den Weg. Lauf mein Junge. Führe diesen netten Herren zu Miss Firlani und dann ins 'Abendschein'. Du kannst die einen Silbertaler verdienen." Geschwind nickte dieser und eilte davon. Der Kai'shak folgte ihm mit großen Schritten. Er hatte nicht großartig Mühe. Immerhin tat er einen Schritt, wofür der Knabe 5 brauchte.
 
Der Echsenmann fühlte sich ausgebrannt, als er einen Stuhl heranzog und sich ächzend darauf fallen ließ. Nach einiger Zeit beschloss er, seine Geisterpfeife anzustecken, vielleicht würden die Ahnen ihm helfen können, das verknotete Wirrsal von Problemen und Schrecknissen zu durchschauen. Haj'ett hatte kein Glück. Seine Vorfahren schwiegen - eine Tatsache, die ihn beunruhigte, denn sie waren sonst immer da, quasselnd und lärmend. Etwas war nicht in Ordnung in der Geisterwelt. Zutiefst beunruhigt gönnte er sich einen zittrigen Schluck aus dem Wasserkrug, den er sich hatte bringen lassen. Kaltes, klares Wasser. Ein Segen.
Durch das vielstimmige Gemurmel in der vollgestopften Schankstube drang das Geräusch der Tür an Haj'etts Ohren. Aufgeregt leckte er sich die Augen, die ihn zu trügen schienen: "Savio?" Tatsächlich war es der verlorene Savio Tax, der sich durch die Menge drängelte, auf den geschundenen Ronny zu.
Die folgende Heilung kam einem Wunder nahe. In Sekundenschnelle gewann der Händler an Kraft, die Farbe, die vor wenigen Stunden gänzlich aus seinem Gesicht gewichen war, kehrte zurück.
Der Echsenmann stand wie vom Donner gerührt. Tax kam näher, wirkte verändert, gestärkt, kraftvoll.
"W-w-was geht hier vor? Wo... wo kommt Ihr her? Hat man Euch freigelassen? Seid ihr entkommen? Und wie...?" Ihm fehlten die Worte, die magische Genesung Ronnys zu beschreiben.
Haj'ett trat an den Tisch heran. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung stahl sich wieder der hochmütige Stich in die Augen des Händlers. Er würde wohl immer der Alte bleiben. Aber das war dem Echsenmann egal, als ihn trotz mildem Protests in die Arme schloss.
Doch in seinem Hinterkopf wurde eine Stimme laut. "Savio ist gerettet, du kannst nach hause. Savio ist gerettet, du kannst nach hause. Savio..."
Was jetzt?


Balthasar war von Kopfschmerzen geplagt. Der Tag hatte schlecht begonnen, kaum dass er aufgewacht war, hatten die Schmerzen begonnen. Er wäre froh gewesen, wenn dies das einzige Übel gewesen wäre, dass ihn plagte. Sämtliche Eintreibertrupps waren über Nacht vernichtet worden oder spurlos verschwunden. Man hatte den Ort des nächtlichen Geschehens zwar aufgesucht und genauestens begutachtet, doch hatte das Gesehene keinen Aufschluss zugelassen. Brandspuren, Blutspritzer... man hatte sogar einen Kopf gefunden, der von keiner Klinge, aber von wütenden Pranken abgetrennt worden sein musste.
Hätte er doch nur Shalesk-Alarm gegeben! Die wütenden Kreaturen hätten den verflixten Abenteurern keine Chance gelassen. Verdammte Vagabunden! Könnten sie Balthasar nicht einfach seiner ehrlichen Arbeit nachgehen lassen? Inzwischen bestand kein Zweifel mehr, dass die Verantwortlichen für das Gemetzel in den Straßen auch diejenigen waren, die man mit der Geisel hatte erpressen wollen. Die Geisel, die mittlerweile befreit worden war.
Wütend hieb der Kultist auf seinen edlen, doch schlichten Schreibtisch ein. Sollten sie doch alle zum Mahlstrom fahren! Am Abend wäre er sowieso von deser lästigen Pflicht befreit. Port Milan hatte er schon immer gehasst. Nach mir die Sintflut! Sein Aufbruch stand kurz bevor. Huggin, sein eifriger Diener kroch am Boden herum und zog - zauberkundig, wie er war - magische Linien am Boden.
Die Vorbereitungen für das Portal waren im Gange.
Doch trotz der Tatsache, dass Balthasar diesen verhassten Ort bald verlassen würde, blieb ihm keine Ruhe. Er hätte schon längst Nachricht erhalten sollen. Instruktionen, wohin er sich als nächstes zu wenden hatte. Wenn bis zum vereinbarten Zeitpunkt seines Aufbruchs keine Anweisungen eingetroffen wären, würde er an einen Ort reisen müssen, den er noch mehr hasste als Port Milan. Ein Ort, der seine Kopfschmerzen vertausendfachen würde - seine Heimat. Balthasar erschauerte.
 
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Ganz offenbar war er nicht willkommen. Ta'nor hatte es im Gefühl - welches Gefühl? Nun, dann sage man einfach im Urin. Die grimmige Miene der beiden Schränke, die gegenüber ihm wie Nachtschränkchen wirkten. Der zeternde, alte Greis, der ihm mit Schimpf und Tadel aus seinem Haus werfen wollte, bevor er überhaupt einen Schritt über die Schwelle hätte tun können und eine ausgereift, chronisch hysterische Frau, mittleren Alters, die das Ihre vom Fenster mit den reich verzierten Holztäfelungen am Rand einen Stock höher, dazu bei trug. "Zum letzten Mal. Ihr seid nicht willkommen! Geht, oder meine Torwachen werden euch zur Vernunft bringen!" Der Greis spuckte Gift und Galle. Seine fahle Hautfarbe ist ihm in den Kopf gestiegen und kreidete sich am restlichen Körper noch mehr als blass. "Das Amulett. Ich nehme es mit. Egal was ihr sagt." Der Kai'shak sprach mit gewohnter Emotionslosigkeit, übte allerdings leichten Nachdruck aus. "Ihr seid wahrlich wahnsinnig! Ich werde euch in das tiefste Loch werfen, welches sich finden lässt. Wachen, nehmt ihn fest!" Hierbei ist anzumerken, dass 'festnehmen' bei diesen Schlägern, mit 'verprügeln' gleichzusetzen ist. Die bulligen Kraftpakete krempelten ihre imaginären Ärmel hoch und bewegten sich auf Ta'nor zu. "Beiseite.", fügte der Berserker hinzu, bevor sich seine beiden Gegner auf ihn stürzen könnten. Doch vergebens. Seine Worte waren ohne Wirkung. Ebenso die ersten Schläge der Schläger, die schlagkräftig auf die Rüstung eingedroschen haben. "Was ist los? Hirnloses Pack! Ich habe gesagt, ihr sollt dieses ... dieses... Ding aus meinem Türrahmen entfernen!" Doch die Angesprochenen wussten nicht recht, diesem Befehl gerecht zu werden. "Beiseite!", erklang der erneute tiefstimmige Aufruf aus dem Helm. Sie hörten nicht, versuchten es erneut. Ta'nor sah sich in nicht genug Geduld für diese Belanglosigkeiten. Mit zwei Schläger der flachen Hand wischte er sie, einer Ohrfeige gleich, von den Strümpfen und trat auf den freigewordenen Weg ins Haus.

"Was.. hey...ihr - HINAUS!!!!" Der alte Händler in seinen feinen Gewändern und voller irdischem Tand, sah sich nicht in der eindeutig schwächeren Position. "Die Kette." - "Kette? Ich weiß nicht wovon ihr sprecht. Verlasst mein Haus!!" - "Wo ist die Kette?" - "Ich weiß von keiner Kette. Geh.... he... he... heeey!!!!" rief's, als der Hüne den Händler kurzerhand am Schlafittchen packte und wie eine Laterne - wahrlich eine zeternde Laterne, die nicht zu zappelnd aufhörte - vor sich hertrug, seines Weges zur Treppe fortsetzend. Die großen Schritte führten ihn zum Weibsbild, was ihrem Gatten an Stimmenstärke in nichts nachhing. "Ihr... was tut ihr! Ich werde die Wachen rufen! Lasst auf der Stelle meinen Gatten los!" Doch statt den Flüchen nachzugeben betrachtete der Kai'shak die Situation nüchtern und teilnahmslos. "Die Kette." - "Ich gebe euch gar nichts!" Der Blick wanderte durch den Raum. Es war hübsch eingerichtet, mit nicht zu wenig Prunk, wenn man sich aus derlei etwas machte. Der Händler hatte ohne Übertreibung einen prallen Sack - Geldsack versteht sich. Ohne weitere Worte zu verlieren schob er die Frau aus seinem Weg und hielt seine Laterne aus dem offenen Fenster. Das Zetern wich einem Winseln zugute. Der Händler schrie sich die Seele aus dem Leib, während seine Frau weiterhin wutentbrannt den Riesen aus ihrem Zimmer quatschen wollte. "Das Amulett der Besitzerin des Abendschein. Gebt es mir, oder ich lasse ihn los." Dieser kai'schakische Wortschwall schien endlich einige der Synapsen im Kopf der Frau anzusprechen. Schnell eilte sich zu einem Schmuckkästchen auf einer Kommode, nachdem sie mit Handbewegungen versucht hat zu beschwichtigen. "Hier habt ihr das verdammt Ding und nun, schert euch raus!" Ta'nor nahm das neu gewonnene Schmuckstück in die freie Hand, um im nächsten Augenblick seine Andere wieder zu leeren, indem er den Händler mit einer Leichtigkeit auf das Bett warf, als sei er ein nasses Handtuch. Im Angesicht des Schockzustands, gebar er sich ebenso wie Solches. Es lag einfach stumm und regungslos da.

Der Berserker hatte hier nichts mehr verloren und verließt wortlos das Haus. Unten wartete schon sein kleiner Stadtführer auf ihn, der alles von seinem Kistenstapel am gegenüberliegenden Straßenrand beobachtet hatte. "Man o man. Hast denen ja ganz schön eingeheizt. Ich wette so stark wie du ist keiner! Der wird's sich zweimal überlegen, ob er sich noch mal mit Herrn Joseph anlegt." Keine Antwort. "Nun gut, versteh schon. Musst mir nichts sagen. Also ich bekomme den Taler nur, wenn ich dich zum Abendschein führe. Es ist nicht weit. Komm mit." So bewegte sich das ungleiche Paar wieder durch die Straßen von Port Milan. Kurz darauf, war es auch schon geschafft. "Also dann, hier wären wir. Kennst du den weg von hier zu unserem Gasthaus?" Der Helm nickte. "Fein, dann bin ich weg. Ich schätze wir sehen uns recht bald wieder, wenn du dein Essen abholst." Ta'nor sah dem Jungen kurz nach und schickte sich dann an, seinen großen Körper durch die Tür zu quetschen – gebückt wieder mal. Als er sich dann im Inneren wieder zu seiner vollen Größe aufrichtete, musste er sich dennoch erst einmal orientieren, denn dieses Gasthaus war wesentlich voller, als das Erste, in dem er war. Weiße Roben, auch einige Rote darunter, schienen das maßgebende Bild zu sein. Dazwischen hatte es aber auch noch andere Gäste. Es würde schwerer sein an Essen zu kommen, als er zuerst dachte. So stand er noch eine Weile da und sah sich suchend um.
 
Auch wenn das Verhör theoretisch schon vorbei war, so kam es Alexis so vor, als wären sie noch völlig unverrichteter Dinge, als Mana plötzlich unruhig wurde. Kurz darauf spürte Alxis ebenfall dieses unheilvolle Kribbeln. Es fühlte sich an, als senke sich die Temperatur im Raum. Dass Mana ebenfalls darauf reagierte, musste bedeuten, dass etwas magisches das Gasthaus betreten hatte. Es fühlte sich an, als ob ihm jemand abzapfen. Kurz darauf wurde das gefühl schwächer. Und dennoch wusste er, dass die Person von der dieses gefühl ausging noch im Abendschein war. Eine unheilvolle Stille hatte sich im Schnakraum breit gemacht und Alexis konnte schwere, Plattenstiefelbewehrte Schritte hören. Nur widerwillig schob er die Tür auf und vergaß dabei völlig, dass Grimhild neben ihm stand. Manas Ohren waren nach hinten gelegt und ihr Fell gesträubt, doch ihre Augen waren weit geöffnet und ihr Blick ängstlich.
Als er den Schnakraum betrat, erspähte er über die Menge hinweg eine große gestalt. Man konnte das Gesicht durch den Helm nicht erkennen, aber Alexis spürte, dass dieser Hühne für dieses seltsame Gefühl verantwortlich war.
"Das ist ein Kai'shak", flüsterte Mana ihm zu.
Alexis erinnerte sich. Mächtige erschaffene kriger, denen Magie so gut wie nichts anhaben konnte.
Im selben Moment sah Alexis Yueh auf sich zukommen. Sie war ähnlich wenig begeistert den Kai'shak hier zu sehen.
"Wir sollten gehen. Ich glaube man hat ihn auf uns angesetzt. Ich habe gehört, dass Kai'shak öfters angeheuert werden um Magier zu jagen. Vielleicht hat die Schlangenbruderschaft ihn auf uns gehetzt.", meinte sie und zerrte an Alexis' Arm.
"Wenn er geschickt worden wäre, um uns den gar aus zu machen, hätte er das schon längst getan. Wen das, was man über diese Kai'shak erzählt auch nur zur Hälfte wahr ist, so wären wir wohl schon nicht mehr am Leben. Vielleicht wurde er ja geschickt um eben genau den Anführer der Schlangenbruderschaft zu erledigen."
"Er hat Recht, kleines. Von uns scheint keiner das Ziel zu sein.", meinte Mana.
Yueh sah Mana irritiert an, ersparte sich aber den Kommentar.
Währenddessen war Alexis schon durch die Menge auf dem Weg zu diesem Riesen.
"Seid gegrüßt. Ihr müsst ein Kai'shak sein. Was führt Euch in dieses Gasthaus? Ihr seid doch sicher nicht auf der Suche nach jemand in unserer Runde?"
 
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Ta'nor sah den 'kleinen' Mann auf sich zu kommen. Sein Schädel war bar jeder Haarpracht und auch sonst, schien er nicht viel über sich Preis zu geben, doch er hat ganz offensichtlich weder Wut, noch Angst im Bauch, viel mehr ist er.. höflich? Ungewohnt. Der Kai'shak ist gewohnt, dass die Wesen, denen er begegnet entweder, vor Angst zu Kreuze kriechen, oder wutentbrannt auf ihn zustürmen, bzw. Zähne knirschend die Finger zucken. Nun denn, Mal was anderes. Doch offensichtlich war ER nicht die Schwester des Wirts, denn der kleine Junge 'Herr Joseph' genannt hatte. ER senket seinen Kopf und schaute Alexis aus dem schwarzen Nichts seines Helms an. "Die Besitzerin des Abendschein.. ist sie?", dröhnte es deutlich lauter als der inzwischen beruihgte Schankraum. Mehr gab es nicht zu sagen. Ta'nor erwartete nun einen Finger, der auf jemanden zeigte, oder einen der sich meldend in die Höhe streckte.
 
Grimhild hörte interessiert zu, was Alexis zu ihrem Gefangenen zu sagen hatte - sie war neugierig, wie weit dieser Mensch zu gehen bereit wäre, und ob er vertrauensselig war. Nun .. naiv war er jedenfalls nicht, wie sie feststellen konnte. Die sicherste Methode, die Wahrheit zu erfahren, war die, die sie dem Gefangenen bereits angedroht hatte, aber da machte Mana sich nützlich und bestätigte, was die Trollhexe bereits im Gefühl gehabt hatte - dass er vor ihr und dem Menschenmagier noch deutlich mehr Angst hatte als vor dem Tod durch einen Schlangendolch.
Hm. Kluges Kerlchen. Grimhild vertraute Manas Urteil, denn Geister verstanden sich meist sehr gut darauf, Gefühle zu lesen.. Wesen, die selbst eher ein Haufen von mystischen Vorstellungen und vagen Meinungen waren, zusammengehalten von purer Magie, war die Welt der Gefühle meist sehr einfach zugänglich. Trolle waren da aus anderem Holz geschnitzt, und brauchten ein Weilchen, bevor sie lernten, menschliche Mimik zu entziffern - ein bisschen glich das immer dem Versuch, ein neumodisches Kunstwerk zu interpretieren.

Allerdings - dass Alexis schlagartig nervös wurde, während Grimhild überlegte, ob sie tatsächlich einen wirksamen Schutz vor Dolchen bewirken konnte, erkannte sie auch ohne die Hilfe eines Geistes. Das war einfach, denn die plötzliche .. Härte, die der Kai'shak ausstrahlte, konnte auch Grimhild nicht entgehen. Sie hatte sich zwar mehr auf die Verzauberung der eher wehrlosen Umwelt verlegt als auf Verwirrung der Sinne oder Verwandlungen des Körpers, aber auch sie musste spüren, dass hier ein Wesen war, dass auf solche direkte Machtausübung nicht ansprechen würde - für eingefleischte Magier ein sehr ungewohntes Gefühl, denn das Bewusstsein, die Welt, wie sie war, jederzeit aus den Angeln heben zu können, war wie ein ständiges, schwaches Hintergrundgeräusch in ihrem Denken. Ein Mentalist hätte durch Ta'nors Auftreten vermutlich Migräne bekommen - was Grimhild und Alexis nur als einen harten Kirschkern wahrnahmen, der sich auf jemand anderes Teller befand, hätte einen Gedankentrickser hier leicht einen Zahn gekostet.
"Hmm." machte Grimhild trocken und griff ihren Stab. "Das werden wir uns wohl mal ansehen.." murmelte sie - so laut, dass man es für einen Diskussionsbeitrag halten könnte, wenn man nicht wusste, dass sie nicht nur Zauber, sondern auch Selbstgespräche in unnötig hoher Lautstärke ausführte. Sie überließ Alexis die Vorstellung und folgte ihm in gemessenem Abstand aus dem Seitenzimmer - nachdem sie dem Gefangenen mit einem eindeutigen Blick zu verstehen gegeben hatte, dass er vorerst besser still war. Obwohl das vielleicht unnötig war - der Kai'shak zog mehr als genug Aufmerksamkeit auf sich, während die Aufgerufene sich beeilte, herbeizukommen.
Ziemlich grober Typ, ging es Grimhild durch den Kopf. Seine magische Resistenz war sicher faszinierend, aber warum hatte sein Schöpfer gerade an der Listigkeit gespart ..? Sie hätte sich einen anderen dienstbaren Geist geformt, wenn denn überhaupt.
 
Trotz oder gerade wegen seiner nur rudimentären Kräfte im Bereich des Magischen nahm Haj'ett keinerlei Notiz von dem sich nähernden Kai'shak. Das Defizit magischer Energie, das dieser darstellte blieb dem Echsenmann verborgen, nicht aber die Tatsache, dass Alexis und Grimhild ihr Verhör offenbar beendet hatten. Sich von dem rehabilitierten Ronny lösend, wandte er sich dem Raum zu, in dem der unglückselige Schlangenmann festgehalten wurde. Die Tür war von Assassinen flankiert, die ihn aber ohne Einwände passieren ließen. Der Raum war klein und schummrig. Dort, in der Mitte des Zimmers, besudelt und zu Tode verängstigt saß der geschlagene Schlangengardist.
Haj'ett schluckte. An der Narbe erkannte er in ihm den Mann, mit dem er sich während des blutigen Hinterhalts duelliert hatte. Er hatte sich als erstaunlich edelmütig erwiesen. Oder dumm. Oder beides. Was es auch sein mochte, Haj'ett fühlte sich verbunden mit ihm. Einen magischen Moment der Stummen Einverständnis - unabhängig des Konfliktes um sie herum - hatten sie geteilt.
Ungeachtet der Tasache, dass ihre Begegnung mit einem Bolzen in der Schulter und einem wahrlich unangenehmen Nasenstüber geendet hatte tat es Haj'ett von Herzen Leid, den Mann so erniedrigt zu sehen. Seine Wunde war nur notdürftig verarztet worden.
Der Echsenmann eilte über die knarzenden Dielenbretter, sich fahrig über die Augen leckend. Dass sie sich von allen verdammten Schlangenmistkerlen ausgerechnet den einen aussuchen, der eine Seele hat. Da komm ich aus dem Sumpf und jetzt das. Wer ist hier der Barbar? Kulturuäaagräabla.
Unfassbar.
Er beugte sich zu dem Gefangenen herunter.
"Hey... Hey!"
Dieser zuckte zusammen, als er die Worte vernahm.
"W-w-wer? Was? Was wollt ihr denn noch von mir? Ich habe alles gesagt, was ich weiß. Bitte, lasst mich gehen."
Der Mann weinte.
"Das werde ich. Ich will dir nichts Böses. Wie heißt du?"
"Regis, Herr. Ich..." Der Gefangene verstummte als er zum ersten Mal aufsah und Haj'ett erkannte. "Du...!"
"Du bist ein guter Mann, Regis. Das Duell war absolut gerecht."
Regis Gesicht verzerrte sich zu einem Grinsen. Der Echsenmann war überrascht, wie schnell sich der eben noch schluchzende Kümmerling gefangen hatte. Auch wenn die Narbe dererlei Gefühlsregungen mit einem leicht verschlagenen Eindruck zierte, sympatisch war er allemal.
"Ich wusste, dass du der Richtige für so etwas bist. Ein Ehrenmann... äh. Ehrenechse?"
Haj'ett musste schmunzeln.
"Was habt ihr mit ihm vor?", fragte er die beiden Wachposten. Die weißen Krieger schienen seiner Sprache nicht mächtig, doch verstanden sie Haj'etts Gestik - und mit Gestik antworteten sie: Einer der beiden grinste breit und fuhr sich mit dem Finger über die Kehle - unmissverständlich. Der Echsenmann hüpfte ein Stückchen zurück. Nichtsda! Der hier ist anders.
In Windeseile hatte er ein Messer gezückt. Er war sich sicher, dass die Assassinen keine Skrupel hatten, den Gefangenen zu exekutieren, wenn es ihnen gesagt wurde. Regis musste hier verschwinden.
Ohne große Worte zu machen befreite Haj'ett den nicht ganz so bösartigen Schlangenmann von seinen Fesseln. Dieser war genauso unschlüssig, wie die beiden Wächter, die von dieser Aktion schlicht überrumpelt waren. Der Freund, der den Feind losschnitt? Was war los?
Durch den Schankraum werde ich ihn kaum schmuggeln können. Dann muss eben das Fenster reichen.
Während die beiden Wachhunde leise in ihrer Sprache diskutierten, bugsierte Haj'ett Regis zum Fenster.
"Hör zu, du musst hier verschwinden. Ja, ich weiß das Fenster ist winzig. Los jetzt!"
Der Echsenmann knuffte den "Gauner" einige Male, bis dieser endlich Folge leistete. Versichtig und unter Schmerzen, die von der Schulterwunde herrührten, kraxelte er durch die enge Fensteröffnung. Fluchend kam er unten draußen auf. Eine dreckige Gasse, die auch vom Licht der Mittagssonne kaum beleuchtet wurde. Es war sowieso bewölkt.
"Was werden die jetzt mit dir machen? Sicher, dassde heil davonkommst?"
"Keine Ahnung. Ach, die werden mir schon nichts tun. Sie lieber zu, dass du in Sicherheit bist. Vielleicht wird man dich verfolgen wollen."
"Alles klar. Ich danke dir."
Haj'ett musste sich weit aus dem Fenster lehnen, um Regis Handschlag erwiedern zu können. Nach diesem letzten Bekenntnis der Freundschaft machte der Schlangenmann kehrt und verschwand im Gewirr der Häuser und Gassen Port Milans. Dass er wusste, wo das Hauptquartier der Schlange war - und dass sich Balthasar dort aufhielt hatte er Alexis und Grimhild verschwiegen.

In dem Raum war nur noch einer der beiden Gardisten verblieben. Der andere war losgeeilt um Xarxes zu verständigen. Haj'ett drückte sich an dem Krieger vorbei und betrat den Schankraum. Zu seiner Verwunderung herrschte dort Stille. Ein Riese beängstigender Größe war erschienen. Die Frau, die ihnen den Auftrag, gegen die Schlange zu kämpfen, erteilt hatte trat zitternd aus der Menge, auf den Hünen zu. Ganz in Panzerplatten war er gehüllt, sein Gesicht vor jedem Blick verborgen. Zum Fürchten!
"Die Besitzerin des Abendscheins... die bin ich"
 
Ta'nor erkannte in ihren Gesichtszügen ganz unmissverständlich .. Bekanntes. Er führte seine große, metallene Pranke zu ihr herunter und öffnete sie. Etwas Glitzerndes Zierliches, ja gar Liebliches war darin verborgen. "Nehmt!" Zitternd streckte die Dame ihre Finger nach dem Objekt. Hatte sie eine Wahl? Doch ihre Sorge war gänzlich unbegründet. "Mein.. mein Amulett. Es gehörte meiner Mutter, aber... wo habt ihr es her?" Der Kai'shak war nicht gewillt zu Antworten. Er verabschiedete sich nicht mal. Seine Manieren ließen zu wünschen übrig. Doch Ta'nor kümmerte das herzlich wenig. Er drehte sich um, um seine Belohnung abzuholen.

Doch sei es verhext, es überkam ihm doch ein kleiner Quälgeist der Offenheit und bei diesen Massen, die er heute schon gesprochen hatte, was machten da noch zwei Worte mehr, oder weniger So schaute er über seine Schulterplatte und meinte beantwortend "Euer Bruder." Damit verließ er das Abendschein. Sein Weg sollte zum Wirt Joseph führen. Es war Essenszeit! Kaum einige Sekunden gesehen, hatten jedoch die merkwürdigen Gäste einen bleibenden Eindruck in ihm geweckt und damit waren nicht die in den weißen Roben gemeint...
 
Alexis war gespannt gewesen, was der Kai'shak ihm entgegnen würde. Doch er ging nicht direkt auf seine Fragen ein, sondern übersprang vielmehr das eher unwesentliche und beantwortete zugleich die Frage nach seinem Hiersein, indem er nach der Wirtin fragte. Was sollte ein Kai'shak von der Wirtin wollen?
Ebenso Wortkarg und präzise wie eben händigte er ihr ein Amulett aus, das anscheinend ihr gehörte. Und ebenso wortkarg schien er sich aufzumachen um unbeantwortete Fragen, sowie das Abendschein hinter sich zu lassen. Doch plötzlich hielt der schon fast unmenschlich erscheinende Hühne an und liess aus dem Bollwerk, das seine Rüstung war einen Funken Menschlichkeit erkennen, bevor er ging.

Alexis würde es wohl kaum zugeben, aber die Spannung, die sich zwischen seinen Schultern aufgebaut hatte, löste sich. Als er Mana ansah, drehte sie ihren Kopf gerade auf die Seite und bewegte ihre Ohren wieder auf diese eigentümliche Weise, während ihr Blick auf die Tür des Abendscheins gerichtet war. Ihre Augen verengten sich, doch es handelte sich eher um einen Belustigten Ausdruck. War sie überrascht davon, mit ihrer Einschätzung ebenfalls falsch gelegen zu haben?
Ihr Blick wanderte zu Alexis und sie sagte: "Er ist nicht im Geringsten an uns interessiert. Wenn es etwas gibt, worauf man sich bei einem Kai'shak verlassen kann, dann dass sie nichts interessiert, was mit ihrem Ziel nichts zu tun hat. Solange wir ihm nicht im Weg stehen, sieht er in uns keine Bedrohung. Und wer weiß, vielleicht können wir ihn für unsere Sache gewinnen?"
Manas scharfer Geist dürfte ihn nicht verblüffen, da er dies von ihr erwartete. Und dennoch war Alexis in Anbetracht der Situation verblüfft. Eben hatte der Kai'shak sie noch beunruhigt und jetzt zog sie es in Erwägung mit diesem potentiellen Feind... Da wurde ihm Manas Gedankengang gewahr.
"Ihn Rekrutieren, bevor die Schlangenbruderschaft es tut.", murmelter er anerkennend und blickte zur Tür.
Er ging vor Mana in die Hocke und strich über ihr Fell. "Ich bereue kein Stück mit dir einen Handel eingegangen zu sein." Dann stand er auf und überlegte sich im Geiste, wie er mit dem Kai'shak ein Gespräch anfangen könnte und ihn von ihrer Aktion überzeugen würde. Ein überzeugendes Argument glaubte er immerhin auf seiner Seite zu haben: Es ging um einen potentiell gefährlichen Magier. Und soweit er sich an die Geschichten erinnerte, waren dies die liebsten Ziele eines Kai'shak. Er konnte sich auch irren, aber wenn er es richtig anpackte, hatte er nichts zu verlieren. Entweder würde er einwilligen, oder desinteressiert seines Weges gehen. Letztere Option war allerdings weniger von Vorteil. Es gab der Schlangenbruderschaft vielleicht mehr Spielraum für eigene Argumente.
Der Hühne war kaum zu übersehen und so war es für Alexis ein leichtes zu ihm aufzuschließen, denn die Leute gingen auseinander, wo der Kai'shak seines Weges zog. Und obwohl er mit ausladenden Schritten rasch vorankam, war Alexis nach nur wenigen Metern bei ihm.
"Verzeiht werter Herr, aber wärt Ihr vielleicht an einem Auftrag interessiert?"



Mana war nicht entgangen, was Haj'ett getan hatte. Sie sah darüber hinweg, denn seine Absichten waren guter Natur. Und sie wusste, dass der kleine Echsenmann einen guten Draht zu den Geistern, insbesondere seinen Ahnen hatte. Auch wusste sie, dass ein Rest des Zaubers, den Alexis verwendet hatte immer noch wirkte, weshalb Haj'ett keinen Zugang zu seinen Ahnen mehr hatte. Beider Dinge würde sie sich erst später annehmen müssen. Mit raschen Zügen verließ sie das Abendschein und folgte ihrem Magier.
 
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Erneut war es der kleine, kahlköpfige Mann, der ihn ohne Scheu ansprach. "Nein.", brummte es dröhnend auf die Frage aus dem Helm. "Oh, ähm.. nun. Darf ich fragen warum?" Ta'nor antwortete mit seiner gewohnten Monotonie. "Nein." Alexis musste wohl oder übel einen Sprung ins kalte Wasser wagen, wenn er den Kai'shak gewinnen wollte. "Ihr könntet euch doch wenigstens anhören was es für ein Auftrag ist, oder? Wenn ihr nicht wollt, dann eben nicht. Doch vielleicht interessiert es euch." Das Gasthaus war nahe gekommen. Joseph kam ihm schon entgegen mit dem kleinen Fremdenführer an seiner Seite. "Ich grüße euch mein Herr. Wie kann ich es euch je wieder zurückzahlen, was ihr getan habt. Kommt und esst. Ihr sollt haben was immer euer Herz begehrt. Und, sagt ist das euer Freund? Er soll auch bekommen, was er möchte." - "10kg Fleisch, roh, wie abgemacht und er ist nicht mein Freund." Der Wirt wackelte verlegen mit dem Schnauzer. "Tja, nun... er ist mit euch zusammen gekommen, also betrachten wir ihn als vorübergehenden Gefährten. Doch wir sollten in den Schankraum gehen." Mit diesen Worten hofierte der Wirt den Hünen, als habe er ihm gerade Lehnstreue geschworen. "Wie wär's wenn ich euch von dem Auftrag erzähle, während ihr esst. Ihr hört einfach zu und wenn es euch nicht interessiert geht ihr einfach wieder." Der Magier konnte es geradezu auf der Zunge schmecken, wie der große Kerl nachdachte. "Bis ich fertig bin..." verkündete er schließlich und ging damit ins Haus um sich vor einem stabilen Eichentisch auf den Boden zu setzen. Seine Größe reichte aus, dass er dennoch bequem über die Tischplatte reichte und auf seine Mahlzeit wartete. "Fang an..." gab er Alexis das Startsignal.
 
So weit so gut. Immerhin hatte Alexis ihn nun so weit, dass er zumindest zuhörte. Jetzt brauchte er nur noch dir richtigen Argumente und eventuell nochmals so viel Glück wie eben gerade.
Als er sich hinsetzte, kam Mana durch die Tür gehuscht und wollte sich neben Alexis auf den Boden setzen, als der Wirt mit dem Fleisch zurückkahm und sie erspähte.
Da Mana sich auf Alexis zubewegte, schloss er daraus, dass sie zu ihm gehörte und sprach ihn prompt an.
"Verzeiht, aber Haustiere sind hier nicht erwünscht."
Mana legte ihren Kopf auf die Seite und entgegnete: "Ich bin nicht sein Haustier und wenn es recht ist, treffe ich selbst die Entscheidung ob ich ein Gasthaus betrte, oder nicht."
Mit diesen Worten setzte sie sich mit Nachdruck neben Alexis auf den Boden und fixierte dann mit ihrem Blick den Kai'shak, was bedeuten sollte, dass sie nicht mit dem Wirt diskutieren würde.
Die Augen des Wirts hatten sich geweitet und er war beinahe erstarrt vor Schreck. Doch das leichte Knarren des Stuhles auf dem der Kai'shak saß holte ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Selbst wenn Mana ihm einen Schrecken eingejagt hatte, so wollte er unter keinen Umständen den Kai'shak verärgern udn beeilte sich das Fleisch zu reichen. Der Gepanzerte Hühne griff ohne ein weiteres Wort zu verlieren zu und schob das erste Stück Fleisch in die Aussparung seines Helmes.
"Also...", begann Alexis. "...Euch sind sicherlich nicht die Leute im Abendschein entgangen. Wir formieren eine Gruppe um der hiesigen Schlangenbruderschaft ein Ende zu bereiten."
Keine Reaktion vom Kai'shak. Er aß ja auch noch.
"Es heisst, ihr Anführer ist ein mächtiger Magier und ein Kai'shak wie ihr wäre sicherlich die perfekte Ergänzung. Es stimmt doch, das Magie Euch so gut wie nichts anhaben kann, oder?"
Immer noch keine Reaktion. Verdammt war der ruhig. Kein Wunder, dass sich so viele von ihnen eingeschüchtert fühlten. Nichst an diesem Koloss gab irgendetwas Preis das dazu beigetragen hätte ihn besser einschätzen zu können.
"Die Bezahlung stimmt auch. Ich kann Euch auch gerne etwas vorstrecken. Nur als Absicherung."
Der Kai'shak schob weiter Fleisch in seinen Helm.
"Gerne auch in Naturalien, falls Geld Euch nicht interessiert. Was sagt Ihr?"
Ta'nor war gerade dabei, den Rest Fleisch von einem Knochen zu ziehen und legte diesen dann auf den leeren Teller zurück.
 
Der kleine Mann hatte es offensichtlich ernst gemeint. Ein Wolf kam hinzu und... sprach? Seltsam, aber nicht ungewöhnlich für Ta'nor. Allgemein ist es schwer den Kai'shak aus der Fassung zu bekommen. Dann bekam er seine Auszahlung. Fleisch. Er nahm das erste Stück und führte es zum Mund. Es war schwer zu erkennen, doch Mana konnte von ihrem unteren Blickwinkel erspähen was dort wirklich vorging. Das Fleisch löste sich auf. Unmittelbar vor dem Helm ging es in eine Art Dampf über, der zielstrebig in den Helm zog. So gesehen, ist 'Essen' bei einem Kai'shak nicht wirklich mit 'Abbeißen' und 'Kauen' gleichzusetzen. Ob es Alexis ebenfalls bemerken würde?

Wie auch immer, er schien gerade zu beschäftigt sein, um es zu kommentieren. Sein Plan lag ihm auf der Zunge. Ta'nor hörte zu, gab keine Antworten, ließ den Zauberer ausreden. Dann endlich: "Ist das.. euer Wolf? Er ist ein magisches Wesen." Zum Plan von Alexis kein Wort. "Ich bin immun gegen Magie, das stimmt." Pause. Dachte der große Berserker nach? Es war nicht auszumachen. "Ich habe schon einen Auftrag. Danach kann ich dir helfen. Erst mal muss jedoch der alte beendet werden." Wie sollte einer der beiden Wissen, dass es um den selben 'mächtigen Magier' geht, welcher zu Strecke gebracht werden sollte. Jetzt brauchte es einen guten Übergang, um darauf zu verweisen. Ohne den... würde der Kai'shak erst mal wieder seines Weges ziehen.
 
Irgendwie... Irgendwie war Hieronymus geistig noch nicht ganz auf der Höhe. Die riesige Frau (war sie menschlich? Eher nicht.) und Alexis gingen in den Keller um irgendwas zu tun. So genau hatte er das nicht mitbekommen. Sie würden doch nicht...? Nein, niemals. Ah, wahrscheinlich hatten sie einen der Schlangensöldner gefangen und verhörten ihn nun. Hoffte er zumindest. Sonst wäre ihre ganze Aktion und - vor allem - sein Rippenbruch mit Beinahetod vollkommen umsonst gewesen. Er schaute sich noch ein wenig weiter um: Haj'ett rauchte seine Pfeife mit einem sichtlich besorgtem Gesichtsausdruck während der Heiler auf ihn zuging. Außerdem viele weitere Gäste, hauptsächlich Soldaten. Ein Gesicht wie das andere. Ah, eine Person war noch auffällig: Eine junge Frau mit einem für diese Gegend ungewöhnlich teuren Kleid. Es war zwar ganz offensichtlich schon mindestens zwei Jahre alt (Mit dieser Farbkombination würde heuer kein Schneider über die Runden kommen), aber was soll's? Irgendwas störte Hieronymus an ihrem Gesicht. Es hatte etwas seltsam ... katzenhaftes.

Plötzlich, noch bevor die Tür aufging, wusste Hieronymus, was da eintreten würde - Ein Kai'shak. Diese Aura konnte selbst er spüren. Hatte sein Vater ihn geschickt? Wurde er langsam paranoid und dachte, Hieronymus wolle ihn stürzen? Eine Art Präventivschlag? Wenn, dann war er tot. Er kannte die Effizient eines Kai'shak nur zu gut. Er selbst hatte fünf Tötungen in Auftrag gegeben. Jede war innerhalb von sechs Stunden erledigt gewesen und niemand konnte die Spur zu ihm zurückverfolgen. Ein Kai'shak arbeitete sauber und präzise. Und niemand wagte es auch nur daran zu denken, ihn der Justiz zu übergeben. Vermutlich würden die ihn auch gar nicht nehmen - Aus Angst auseinandergenommen zu werden. Er musst sich jetzt möglichst unauffällig verhalten. Vielleicht bemerkte er ihn ja nicht. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering war.
Der Anblick des inzwischen eingetretenen Kai'shak jagte Hieronymus eine kalten Schauer über den Rücken. An diesen Anblick würde er sich nie gewohnen. Langsam bewegte sich der Kai'shak - direkt auf ihn zu! Da wurde man in einem Kampf schwer verletzt, wie durch ein Wunder geheilt und sollte jetzt durch einen von seinem Vater beauftragten gewissenlosen Wesen gerichtet werden?! Welch unwürdiger Abgang. Er würde sich verteidigen! Langsam ließ er seine rechte Hand zum Griff seines Degens wandern. Nur noch wenige Meter trennten den Kai'shak von seinem Tisch. Hieronymus machte sich bereit - und ließ die Anspannung in Form eines großen Seufzers wieder frei, als der Kai'shak vorüberging. Noch einmal Glück gehabt...
Aber - bei Suldaru! Alexis sprach den Kai'shak an! Einfach so, ohne Aufforderung! War er denn komplett lebensmüde?! In Rodynia hätte sich dan niemand getraut... Aber seltsamerweise schien es dem Kai'shak egal zu sein... Nun ja, Glück gehabt. Offensichtlich galt das Interesse des Kai'shak der Wirtin, der er etwas aushändigte. Was ganau, konnte er nicht sagen, aber dem Gesichtsausdruck der Wirtin zufolge, der sich von Furcht über Erstaunen hin zu Freude wandelte, war es etwas persönliches. Na ja, nicht seine Angelegenheit. Wie auch immer, jedenfalls verließ der Kai'shak das Abendschein wieder - und Alexis folgte ihm. Das konnte doch gar nicht wahr sein! Wie viel Dummheit konnte in so einen Kopf passen? Eigentlich war er ja ein ganz symphatischer Kerl gewesen... Was zum Teufel redete er sich da ein? Nach der Aktion in der Efeuranke war es eigentlich gelaufen. Dieser dumme Zwang, immer positiv über Tote zu denken...

Nachdem die beiden das Abenschein verlassen hatten, wollte sich Hieronymus eigentlich mit der kleinen mit dem Katzengesicht unterhalten, aber er konnte sie nicht finden. Also wandte er sich der - nicht zu übersehenden - ja, was eigentlich? Zu groß und grobschlächtig für einen Menschen, zu klein für eine Riesin. Ein Troll? Aber was trieb einen Troll nach Port Milan? Er würde es schon herausfinden. "Seid gegrüßt. Darf ich mich vorstellen? H..." Verdammt, verdammt, verdammt! Seine Ohnmacht und der Schock über den Kai'shak... Er musste unbedingt so schnell wie möglich wieder seinen alten Zustand erreichen. Äh, Ronny. Ich bin fahrender Händler. Wart Ihr nicht beim Kampf gegen die Schlangenbruderschaft anwesend? Ich meinte, Euch gesehen zu haben."
 
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Raschen Schrittes, doch viele Umwege nehmend wand sich Regis durch die schwach beleuchteten Gassen Port Milans. Nur wenige Passanten waren auf den Straßen, die Bürger schienen den diesigen Nachmittag wie die Ruhe zu fürchten, auf die der Sturm folgte. Umso schwieriger war es für den heimstrebenden Schlangenmann, in seiner Eile nicht aufzufallen. Doch er war geschickt, was ihm erlaubte seine Gedanken schweifen zu lassen.
Er dachte an seinen "Beruf" und weshalb er ihn ergriffen hatte. Anders als viele seiner Kollegen ging er der Tätigkeit des Eintreibers nicht nach, weil er Gewalt verherrlichte und es genoß, Schwächeren auf die Birne zu hauen. Tatsächlich hatte alles damit begonnen, dass er Balthasar mit einem Stein bewarf, als dieser seine Raubzüge noch selbst in die Hand nahm. Denn auch Balthasar hatte klein angefangen...
Regis "Tolldreistigkeit", wie der Kultistenführer es zu nennen pflegte, hatte ihm eine feste Stellung im Gefüge des Schlangenleibes eingebracht - aus der Bruderschaft der Bettler in die Bruderschaft der Gauner. Vielleicht hatte ihn genau diese Herkunft den Funken bewahren lassen, den Respekt vor dem Leben, der ihn diejenigen achten ließ, die schwächer waren als er. Denn einst war auch er es gewesen, den man herumgeschubst hatte. Beliebt hatte es ihn aber nicht gemacht. Weder unter den Schlangenbrüdern, die ihn für seine Nachgiebigkeit und Gnade verachteteten, noch unter den Bürgern, die in ihm trotz allem den Verbrecher sahen, der er ja auch war. Aber immerhin lebte er - die Gosse hätte ihm weder ein langes, noch ein gutes Leben beschert.
Regis wusste genau, dass er kein Genie war, doch machte er sich viele Gedanken.
Freundschaft. Nicht viele waren es, die er im Laufe seines Lebens als Freunde hatte bezeichnen können. Er erinnerte sich schwach an Nepo, mit der er sich in Kindertagen auf den Gassen Port Milans durchgeschlagen hatte. Doch Nepo hatte er schon vor Jahren zu Grabe getragen, sein Freund hatte es nicht verstanden, dass Regis sich von der Schlange einwickeln lassen könnte.
Den Schritt nun doch verlangsamend rieb er sich die Narbe, die Nepos Dolch ihm eingebracht hatte, wie einen ewigen Abschiedsgruß, gegeben im Zorn.
Blieben da nurnoch Barnaberas, der Torwächter, der am Fallgitter saß, die Eingeweide des Schlangenkultes beschützte. Der alte, dem Grundsätzlich alles egal war, was nicht mit Lyrik und Poesie zu tun hatte bediente die Mechanik des schweren Eisentores nur deshalb, weil er im Austausch für Fachwissen und Wartungsarbeiten drei Mahlzeiten am Tag und einen warmen schlafplatz bekam. Barnaberas musste wohl schon seit Urzeiten in dieser Stadt leben, doch gab er von seinen Erinnerungen kaum welche Preis. Sie erinnerten ihn an schwere Zeiten und an seine Frau, sagte er immer, bevor er sich dann grummelig den Zahnrädern zuwand, die das Tor zum Leben zu erwecken vermochten.
Dann wäre da nur noch Haj'ett. Der kleine Echsenmann hatte einen delmut beweisen, den Regis schon seit Jahren nicht mehr erfahren hatte - un der wusste, dass er sich diesen Kerl bewahren musste. Die anderen waren ihm egal. Vor allem der Glatzkopf und die verfluchte Trollen konnten gerne zur Hölle fahren. Doch um Haj'etts Willen würde er auch sie beschützen.
Träge schwappte das Wasser des alten Kanals gegen die Burgmauer, eine Schar Krähen flog auf, als er sich dem unscheinbaren Eingang des Schlangennestes näherte. Das geheime Versteck der Schlangenbruderschaft befand sich unter der Festung zu Port Milan, war mit ihr verwoben, wie ein feiner Stoff. Einem dunklen Schlund gleich erhob sich vor ihm das Tor, das tief in den Felsen führte. Das leuchtende Auge, das Fenster zum Pförtnerhäuschen hob Barnaberas Gewohnheit hervor, fast rund um die Uhr dort oben zu sitzen, zwischen Getriebe und Literatur.
Regis klopfte dreimal kurz - und dann noch zweimal, diesmal mit längeren Abständen. Ihr Zeichen.
"Regis! Glaubs garnich, dassich dich nommal treff. Dachte die hättn alle plattgemacht."
Der heimkehrende Schlangenmann musste lachen, ob des typischen Gleichgültigen Tonfalls, den sein alter Freund vernehmen lies. Doch immerhin. Zwei Sätze, ohne dass man nachfragen musste. Barnaberas musste richtig aus dem Häuschen sein.
"Ich freu mich auch furchtbar dich zu sehen, Alter. Lass mich rein, du musst mir einen Gefallen tun."
Wenige Herzschläge später setzte sich das alte Räderwerk in Gang und zwang die Türflügel, die Pforte zu öffnen.


Wo sie wohl hingegangen waren? Alexis und der fürchterliche Riese waren nun schon seit gut einer Stunde verschwunden. Haj'ett wurde Angst und Bange bei dem Gedanken, den glatzköpfigen Magier mit diesem Monstrum umherziehen zu lassen. Wahrscheinlich war er schon längst gefressen worden, der Appetit, den der Echsenmann hinter dem Helm des Gepanzerten hatte ahnen können, machte vor einem mittelgroßen Menschen sicher keinen Halt.
"Haj'ett? Ja, das ist der da drüben. Der Eidechsenmann da."
Besagter Eidechsenmann leckte sich erschrocken über die Augen, als Wolken seiner Sorge weggeblasen wurden, vom Windstoß der Realität. Ein kleiner zerzauster Junge kam durch den Raum gewuselt, hielt - wie einen kostbaren Schatz und äußerst vorsichtig - einen Briefumschlag in den Händen, das Gesicht zu einem zahnlückigen Grinsen verzogen.
"Für sie, Sir. Nachricht von Regis."
Stolz überreichte er dem verdutzten Haj'ett den Umschlag.
"Ich hoffe, die Mission ist zu ihrer Zufriedenheit erfüllt worden, Sir, das macht ein Kupferstück, Sir."
Der Echsenmann war viel zu aufgeregt, um sich zu fragen, ob der Bengel nicht vielleicht schon vom Absender bezahlt worden war, ein Kupferstück wäre sowieso kein allzu großer Verlust. Die Münze wechselte den Besitzer.
"Vielen Dank, Sir, schönen Tag noch, Sir."
Der muntere Bote tippte sich zum Abschied an die Stirn und schon war er wieder verschwunden.
Haj'ett wandte sich seiner Lektüre zu.

Lieber Haj'ett,
Ich fasse mich kurz, doch ist das, was ich dir mit diesem Schreiben mitteile von äußerster Wichtigkeit. Geht unter keinen Umständen zum Hafen, heute Nacht! Wie ihr euch mit Sicherheit denken könnt, ist es Balthasar, dem Führer der hiesigen Schlange nicht entgangen, dass seine Eintreibertrupps aufgerieben worden sind. Als ich erzählte, welche Informationen ich an diese Trollin weitergab fasste er den Entschluss, euch am Hafen in einen Hinterhalt laufen zu lassen. Geht stattdessen heute um Mitternacht zum Eingang des Schlangennestes an der Burgmauer, gegenüber von Marcozkas Schauspielhaus. Das Tor wird offen sein.

Viel Erfolg!
Dein Freund Regis


Es war der zweite Brief in wenigen Tagen, der Haj'ett förmlich vom Hocker fegte. Gestikulierend versuchte er die anderen auf sich aufmerksam zu machen. Er hatte Neuigkeiten!
 
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