RPG Endless Travellers - The Second Age

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Haj'ett hatte es trotz fataler Übermüdung fertiggebracht, ein erstes Grundgerüst für seine neue Armbrust aus dem Holz von Balthasars Turm zu schnitzen. Es hatte ihm keine Ruhe gelassen, die Spur des Golems womöglich unbewaffnet verfolgen zu müssen, was auch immer sie am Ende erwarten würde. Bisher hatte ihm seine Mühe allerdings noch keine wirkliche Waffe beschert, vielmehr einen zwar hübsch anzusehenden, jedoch kampfuntauglichen Holzkorpus. Den könnte er allerhöchstens als Knüppel verwenden oder einem Schurken an den Kopf schmeißen. Sein Nutzen in eventuellen Kämpfen sank damit auf ein verschwinden geringes Maß. Dennoch hatte er sich vom Fleischhauer des Dorfes ein abgenutztes Messer geben lassen und es in der Schmiede, kurz vor dem Aufbruch, zurechtgeschliffen. Für einen kurzgewachsenen Echsenmenschen ging das fast als Schwert durch. Vielleicht würde er nach und nach den Umgang mit dieser weiteren Waffe lernen. Hoffentlich.
Ungeachtet dessen hatte er noch die restlichen Teile, die er sich aus den Turmruinen geborgen hatte als Bündel verschnürt in der Umhängetasche.

Den Beginn der Reise verschlief er jedoch, da der kräftige Kai'shak, nach seiner kurzen Nachtruhe wieder im vollen Besitz seiner Kräfte, sich bereiterklärt hatte, ihn ein Stück des Weges zu tragen. Zwar weniger aus zwischenmenschlicher Wärme, sondern aus reinem Zweckgefühl, aber immerhin.
Sie folgten noch immer der Schneise, die der Golem in das dichte Unterholz des Waldes geschlagen hatte, als Haj'ett aufwachte und beschloss, den weiteren Weg auf seinen eigenen Füßen zurückzulegen. Doch weit hatte er nicht zu gehen. Die Gruppe verteilte sich nach und nach auf einer Lichtung. Dort, am Fuße eines kleinen Hügels, der von moosbewachsenen Felsen gekrönt wurde, tat sich ein gewaltiges Erdloch auf. Verstreute Gesteinsbrocken und frisch zerwühlte Erde ließen annehmen, dass eine gewaltige Kraft den Hohlraum innerhalb des Hügels gewaltsam nach außen hin gesprengt hatte. Die Spur des Golems endete hier.
 
Ta'nor blickte sich auf der Lichtung um. Es gab weit und breit nur die Stille des Waldes zu bewundern. Die perfekte Idylle, als wäre nie etwas geschehen. Doch auch hier empfand der Ka'shak keine Gefühle. Stattdessen analysierte er den Ort nach taktischen Anhaltspunkten und suchte ob es weitere Hinweise auf Magie, oder den Golem gab. Als Magierjäger und Kopfgeldjäger für magische Kreaturen hatte er so manche Stunde diese Tätigkeit ausgeführt. Doch er fand - nichts. "Ungewöhnlich. Normalerweise sind Magier nicht so bedacht darauf ihre Spuren zu verwischen. Es scheint, als wäre der Beschwörer darin geschult heimlich aufzutreten", brummte er. Schließlich viel auch sein Blick auf das aufgesprengte Loch, welche in den Schoß der Erde führte. Dort hinein? Als würden sie direkt in einen Hinterhalt gelockt werden. Diese enge Öffnung, die in einen Stollen mündete, welche ebenfalls nicht viel breiter war schrie geradezu 'Falle'! "Sollen wir dort wirklich hinein? Uns scheint nichts anderes übrig zu bleiben, daher werde ich zuerst gehen, Wenn es eine Falle ist, wird sie warscheinlich magisch sein. Etwas was mir am wenigstens anhaben kann." Ta'nors taktisches Verständnis warnte ihn jedoch irgendwie voreilig Entscheidungen zu treffen, ohne andere Sichtweisen zu hören. Daher fragte er in die Runde. "oder gibt es andere Meinungen?"
 
Trish war sich ganz und gar nicht sicher was sie von der Situation halten sollte. Wenn der Golem aus diesem Hügel gekommen war musste es auch einen Eingang geben. Doch den hatte der Golem womöglich so sehr zersprengt, dass keine Spur mehr davon übrig war. Nur, warum sollte es überhaupt einen Eingang in einen Hügel geben? War dies womöglich eine alte Grabstätte, ein Hügelgrab das für andere Zwecke misbraucht worden war?

"Wir könnten hier erst nach Spuren suchen. Wenn der Golem dort drinnen erschaffen wurde müssen die Erschaffer ein und aus gegangen sein." Zu der Annahme der Golem hätte seit Jahrhunderten in dem Hügel geschlummert und wäre nur durch Zufall erwacht sah sie noch keinen Anlass.

"Bin aber auch dafür Ta'nor geht vor wenn wir hinein gehen. Wenn ich dicht hinter ihm bleibe kann ich Schutzschild wirken der ihn vor nicht-magischen Fallen schützt. Nur muss ich sehn wo mein Zauber wirkt. Hat jemand Fackeln oder eine Lampe dabei?"

Sie konnte nur hoffen, dass das der Fall war, den sie selbst hatte, dank einer Übermüdung die sich langsam legte, und der ganzen Ereignisse im Dorf nicht daran gedacht so etwas in ihr Bündel zu schnüren. Im Dorf oder in dem Tempel in dem sie ausgebildet wurde war es ja auch kaum nötig gewesen. Entweder war alles auch Nachts gut genug ausgeleuchtet worden, oder man kannte seinen Weg gut genug um auch in einer bewölkten Nacht noch auf kurzen Strecken seinen Weg zu finden. Eine Höhle zu erkunden war Neuland für die Apsara.
 
Mit gemischten Gefühlen schloss Dastan sich der Entscheidung der Gruppe an. Port Milan würde also noch warten, stattdessen wollten sie zuvor herausfinden, woher dieses Ungetüm kam und wieso es das Dorf angegriffen hatte. Das war natürlich wichtig und Dastan sah dies auch ein, aber allmählich machte sich ein Gefühl von Heimweh in ihm breit. Und dennoch reizte ihn die kleine Erkundungstour sehr. Aber es handelte sich ohnehin nur um eine Verzögerung, so wie er das sah, und nachdem sie der Spur der gefolgt waren, wäre Port Milan wohl der nächste Halt.

Den zurückgelegten Weg des Golems herauszufinden bedurfte eigentlich keinerlei Kenntnisse im Spurenlesen - die Schneise, die er hinterlassen hatte, war kaum zu übersehen.
Sie führte sie letztendlich zu einer Lichtung und einen Hügel, der aussah, als wäre er von aufgeplatzt. Dort hatte der Golem wohl gehaust ... blieb nur die Frage, warum er erwacht war. Mit Zufall konnte das wenig zu tun haben, es musste einen Auslöser gegeben haben. Aber Dastan kannte sich mit so etwas nicht aus, er überließ es daher dem Ka'shak, die Situation zu anlysieren, da er offenbar mehr Erfahrung mit dergleichen hatte.
"Das würde durchaus Sinn machen", nickte er den Vorschlag Ta'nors ab. Was sollte er auch groß anderes dazu sagen?
Die Frage nach einer Lichtquelle seitens der Apsara musste er hingegen verneinen. Er hätte wohl eine provisorische Fackel aus dem Inhalt seiner Rauchbomben und einigen Ästen aus dem Wald machen können - darauf war er schon desöfteren angewiesen gewesen - doch die waren nach der Aktion in der Grotte durch das Wasser allesamt unbrauchbar geworden. Und seine Gabe, im Dunkeln sehen zu können, brachte Trish ja auch nicht gerade viel, schließlich konnte er sie schlecht auf sie übertragen. Erneut also eine Situation, in der sich wieder einmal unnütz fühlte.
 
Ta'nor wollte nicht weiter warten. Geduld war nicht gerade seine Stärke. Er brummte kurz und wandte sich dann Richtung der Höhle, welcher er sich nährte. Es war wirklich stockfinster. Doch Angst war einem Kai'shak fremd. Etwas was ihm schon sehr oft geholfen hatte und noch öfter in Schwierigkeiten brachte. Doch darüber sah das emotionslose, analytische Wesen des Eisenhünen hinweg. "Folgt mir und seid leise! Wer weiß, wo wir dort hinkommen." Damit trat er allmählich näher, bis vor ihm nichts mehr war als Schwärze. Dann brummte es erneut und der Berg aus Kraft und Stahl verschwand darin. Es war gerade so groß genug für ihn. Dabei war der Golem größer als er, wie also ist er hier herausgebrochen? Ta'nor schob die Frage im Geiste beiseite und tastete sich langsam vor, seine Handschuhe griffen auf etwas weiches an der Wand vermutlich Lehm. Die Luft war auch sehr feucht und stickig. Blieb nur zu hoffen das niemand den Halt unter den Füßen verlor. Es ging geradewegs schräg hinab in den Schoß der Erde. Der Boden war viel härter als die Wände, es roch zunehmend nach Schimmel und .. Gewürzen? Irgendetwas war sehr würzig hier unten. Endlich wurde der Gang breiter und führte schließlich in eine Art Hohlraum? Dort konnte gut eine Gruppe nebeneinander stehen. Allerdings war es immer noch zu eng, um wirklich ausweichen zu können, sollte dies hier von Nöten sein.
 
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Nach wenigen Schritten ins Innere des Hügels war klar, dass sie dort auf keinen Widerstand stoßen würden. Tan'or war, wie immer furchtlos, vorangeschritten und war nach kurzer Zeit auf das Ende des Golemversteckes gestoßen. Jedenfalls schien es so, denn der Kai'shak hielt unvermittelt inne, was Haj'ett in der völligen Finsternis gegen dessen panzerplattenverstärktes Bein prallen ließ. Es roch nach Fäulnis und allgemein einem Ort, an dem man ungern längere Zeit verbringt, wenn man nicht dazu gezwungen wird. Die Kerker der Schlangenbruderschaft in Port Milan hatten ein ähnliches Klima gehabt. Er hoffte, dass sie hier nicht die gleichen Schrecknisse erwarten würden. Dort hatten gewaltige Schlangen gelauert, doch schien hier unten nicht einmal genug Platz zu sein, um nur eine halbe Schlange zu beherbergen.
Ein plötzlicher Stoß in seinem Rücken rief ihm ins Gedächtnis, dass die anderen genau so wenig sehen konnten wie er. Ihm kam eine Idee. Die lange vergangenen Stunden seiner schamanischen Ausbildung unter der Ägide seines Großvaters kam ihm in den Sinn.
"Stopp, da geht es nicht weiter. Trish!, Wo ist Trish? Ich glaube ich kann etwas Licht machen! Halte dich bereit. Vielleicht brauchen wir deinen Schutz, wenn irgendein Schurke, der uns bisher nicht bemerkt hat beschließt anzugreifen."
Eine schöne Abenteurergruppe sind wir. Treiben uns in dunklen Höhlen herum und haben nichtmal eine Fackel dabei. Dass Alexis vielleicht eine Flamme heraufbeschwören könnte kam ihm nicht in den Sinn.

"Gut, ich fange jetzt an."
Er musste tief in seiner Erinnerung graben, um sich dieser Fähigkeit wieder gewahr zu werden. Er war auch kein großer Magier. Aber es klappte. Unter höchster Konzentration und mit zitternden Händen wirkte er eine Restlichtverstärkung. Das Tageslicht war zwar fern, doch beim Eingang tasteten sich einige Lichtstrahlen in die Höhle, nach denen er greifen konnte. Langsam, als hebe man eine Blende von einer fast erloschenen Kerze zeichneten sich die Höhlenwände ab. Ein kleiner Tisch, zwei Stühle, ein Regal und eine Art Halterung an der Wand. Dort musste der Golem gestanden haben, denn das Steinerne Relief ließ eine annähernd humanoide Aussparung. Dann sah er zu Boden. Und ihm wurde schlecht.
In der nähe der Sitzgelegenheiten lag etwas am Boden verteilt, das früher einmal wohl ein oder zwei Menschen gewesen sein mussten. Dem Echsenmann fiel keine andere Formulierung als "zermatscht" ein. Die Möbelstücke waren klebrig vom Blut.
In diesem Raum würden sie auf keinen Widerstand mehr treffen.
Bevor ihm der Zauber entglitt und alles wieder schwarz wurde, konnte er auf dem unförmigen Haufen von Körperteilen das Zeichen der Schlangenbruderschaft prangen sehen.
 
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Ta'nor war nicht so fix beim Erkennen von Einzelheiten wie der Eichsenmensch. Lediglich das Mobiliar hatte er mitbekommen. Es schien, als wäre es sichtlich eine Sackgasse. Doch da vernahm er plötzlich einen Luftzug von der Seite. Trotz Plattenrüstung war er fähig sanfte Dinge wie einen Luftzug wahrzunehmen. Er hatte sich nie gefragt wie das angehen konnte. Schließlich war er von einem verrückten Magier geschaffen worden, da war vieles möglich. Es war irgendwo hier in diesem Raum und aus den Tiefen der Finsternis die hier vorherrschte. Somit konnte der Luftzug nicht von draußen kommen. Doch was war das. So plötzlich wie er gekommen war, verschwand der Luftzug auch wieder. "Seltsam. Ich könnte schwören eben einen Luftzug wahrgenommen zu haben.", brummte der Kai'shak. Vorsichtig drehte er sich zu der Richtung, woher er Selbigen vernommen hatte. Nach seiner Erinnerung musste es genau gegenüber des Eingangs gewesen sein. DA! Er hatte sich also nicht geirrt. Der Luftstrom war wieder erschienen und dieses Mal bekam er ihn von vorn ab. Somit konnte er mehr als nur den Luftzug an sich wahrnehmen und diese Luft stank. Sie stank so entsetzlich, dass es einem Wesen mit sensiblen Geruchssinn wohl die eine oder andere Träne, soweit verfügbar, in die Augen pressen würde. Noch etwas war seltsam: Außer dem komischen Ab-zu Zunehmen, welches bei genauerer Beachtung in einem gleichmäßigem Rhythmus geschah, schien bei jedem Schritt, welchen der Kai'shak auf die Wand zuging, der Sog stärker zu werden. Bald schon war er so stark, dass Ta'nor einiges an Kraft aufbringen musste um auf den Füßen zu bleiben. "Wenn jemand Licht machen kann, dann wäre jetzt ein sehr guter Zeitpunkt! Alexis, Haj'ett, irgendwer!" Ta'nor wunderte sich, dass er bisher noch nicht gegen eine Wand gelaufen war, aber lange konnte es nicht mehr dauern. Drum hielt er inne und versuchte nach der Wand zu greifen, aber alles was seine Pranke erreichte, war der Luftsog, welcher inzwischen fast dauerhaft zu bleiben schien. Doch in dieser Dunkelheit konnte sich der Berserker keinen Reim darauf machen was diesen Sog verursachte.
 
Trishanimaya war dankbar für das Licht, auch wenn es nicht besonders stark war. Aber besser als sich in völliger Dunkelheit einen Weg zu suchen war es allemal. So dachte sie zumindest bis die Gruppe die Kammer erreichte in der wohl der Golem erschaffen worden war. In dem Moment wünschte sie sich sehr schnell nicht sehnlicher, als dieses Blutbad nicht sehen zu können. Bevor ihr Wunsch in Erfüllung ging und Haj'ett der Lichtzauber entglitt stieß sie ein kurzes "bei den Göttern" hervor und bedauerte dies sogleich, denn der Gestank der in der Luft hing dreht ihr den Magen um. Sie hielt sich eine Ecke ihres Umhangs vors Gesicht und versuchte flach zu atmen, was ihr einigermaßen gelang, waren doch Atemübungen Teil der Meditationen gewesen die zu ihrer Priesterausbildung gehört hatten.

"Ich spüre es auch," wisperte sie als Ta'nor den Luftzug erwähnte. Es musste wohl einen zweiten Ausgang aus der Kammer geben, doch dann bemerkte sie, dass der Luftzug nicht nur in eine Richtung ging. Trish fühlte sich an das Ein- und Ausatmen einer Lunge erinnert, tat den Gedanken dann aber doch als Produkt ihrer Einbildung ab. Der kurze Blick den sie in die Kammer hatte werfen können bevor das Licht erlosch hatte schließlich nichts dergleichen erkennen lassen. So stand sie zunächst einfach still und wartete darauf, dass wieder jemand Licht machen würde. Bewegen wollte sie sich lieber nicht, bevor sie am Ende in die Überreste am Boden trat die man kaum noch als menschlich erkennen konnte.

Bis es Haj'ett gelang einen weiteren Lichtzauber zu wirken war Trish sich sicher, dass der Luftzug an Stärke zugenommen hatte, denn es brauchte kein Licht um zu bemerken wie der Umhang den sie sich vors Gesicht hielt von ihr weggezogen wurde. Sie versuchte einen Schritt zurück zu machen, aber mit jeder Sekunde schien der Sog stärker zu werden und es kostete sie einige Anstrengung sich dagegen zu stemmen. "Was in aller Welt?"

Als dann dank Haj'ett endlich wieder Licht in der Kammer herrschte sah sie endlich die Quelle des Sogs. Gegenüber dem Eingang war ein schwarzes Loch erschienen, das sogar das Licht von Haj'ett's Zauber in sich aufzusaugen schien. Es dauerte eine Sekunde, bis sie bemerkte, dass es nicht nur Schwärze war. Dunkelgrau Streifen und Schlieren wirbelt in diesem merkwürdigen Phänomen, kaum heller als die Schwärze die sie umgab, als würde man in das Innere eines finsteren Tornados blicken. Und Ta'nor stand dicht davor, schien einiges an Kraft aufbieten zu müssen um sich dem Sog zu erwehren.

Trish versucht sich auf einen Zauber zu konzentrieren und einen Schutzschild zwischen dem schwarzen Strudel und dem Kai'shak zu errichten, aber inzwischen hatte sie selber Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten und dann schlug ihr auch noch von hinten ein Schemel in die Knie der auch von dem Sog ergriffen worden war und sie geriet ins Stolpern, direkt auf den Sog zu. Als sie sich wieder halbwegs gefangen hatte sah sie grade noch Ta'nor in dem Strudel verschwinden und mit Schrecken musste sie erkennen, dass ihre eigenen Kräfte nicht ausreichen würden sie vor dem selben Schicksal zu retten. Wo schon die Kräfte eines Kai'shak nicht ausgereicht hatten mussten ihre eigenen versagen. Alles was ihr jetzt noch blieb war beten.
 
Es dauerte kurz, bis Haj'ett sich sammeln und auf Tan'ors Drängen hin wieder Licht machen konnte. Ihm war bewusst, dass der Kai'shak von Natur aus keine Emotionen zum Ausdruck bringen konnte, schonbn garkeine Angst, aber irgendwas in seiner Stimme machte einen alarmierten Eindruck.
Neben ihm regte sich Trish und flüsterte irgendetwas. Nun gelang es ihm, wieder Licht zu machen, doch war es diesmal viel, viel schwieriger, den Zauber zu halten. Es war, als ob ihm die Magie aus den Händen gerissen wurde.
Panik packte den Echsenmann, als er den Strudel erblickte, der nun seine unerbittliche Macht entfaltet hatte und einzelne Steine und Möbelstücke einsaugte. Schon wurde er von den Füßen gerissen. Geistesgegenwärtig bekam er eine Wurzel zu packen, während er im flackernden Licht seines vergehenden Zaubers den Kai'shak im schwarzen Loch verschwinden sah. Was für eine entsetzliche Macht, musste das sein, wenn sie selbst den magieresistenten Tan'or mitriss? War es denn Magie, die hier am Werk war?
Ein Schmerz im Rücken ließ ihn aufheulen und riss ihn aus seinen Gedanken. Ein kleines Möbelstück musste ihn getroffen haben. Die finstere Höhle war von erstickten Aufschreien und angestrengtem Keuchen erfüllt. Ob sich jemand aus der Gruppe vor dem unnachgiebigen Strudel retten konnte?
Ich jedenfalls nicht.
Die Wurzel gab nach und schleuderte ihn ins Dunkel.
 
Atemgeräusche in der Finsternis. Stille. Lauschen. Jeder Sinn wird aktiviert. Füße und Hände greifen nach allem was sich identifizieren lässt. Ohren versuchen jedes auch noch so leise Geräusche zu erkennen. Sehen... Sehen war unmöglich. Da! War da nicht in Schatten in der Finsternis? Blödsinn! Sehen.. Suchen.. Licht! Wir brauchen Licht! Ein seltsames Geräusch war zu erkennen. Ein Fließen, aber sehr langsam, so als wäre es etwas ....Zähes was dort floss. Das Geräusch schien von überall zu kommen. Die Quelle war nicht auszumachen. "Licht!", sprach Ta'nor dumpf in die Dunkelheit. Jemand erhörte seinen Ruf. Orientierung! Rasch. Was war zu sehen? Wände. Oben, unten, vorne, hinten, links, rechts.. Wände, überall Wände. Eine ging in die nächste über. Sie waren gefangen.... aber wo? Es wirkte fast als wäre dieser Raum rund. Es stank! Beißender, übler Geruch. Überall. Die Quelle des Geräuschs.. dort! Es was so, als wenn die Flüssigkeit direkt aus einer der Wände kam. Dort auch... und dort. Sie schien von überall her zu kommen. Doch was war das? Definitiv kein Wasser. Es war gelblich, schleimig, und stank. Die Flüssigkeit war nicht nur Ursprung des Geräuschs, sondern auch des Gestanks. An Ta'nors Plattenstiefel dampfte es auf einmal - einfach so. Das Dampfen wurde stärker je länger er wartete. "Säure!", viel es dem Kai'shak wie Schuppen von den Augen. Er sprang zurück und landete auf etwas seltsam weichen. Erst jetzt fiel ihm auf, das der ganze Boden weich war - auch die Wände. Zudem war alles irgendwie feucht.

Plötzlich überkam ihm eine böse Ahnung. Was wäre wenn...? Ta'nor zögerte keine Sekunde und stampfte heftig auf. So heftig das der Boden sich leicht zu bewegen begann. Geräusche wurden vom seltsamen Untergrund komplett geschluckt. Er kämpfe etwas um Gleichgewicht. Grazilität war nicht gerade eine Stärke des klobigen Berserkers. Sofort stampfte er wieder auf - dieses Mal stärker als zuvor. Wieder begann sich der Boden zu bewegen. Diesmal gab er sogar Geräusche wieder, jedoch... eine Echo war das nicht. Es klang mehr nach einem dröhnenden, dumpfen Schrei. Die Säure floss von jetzt auf gleich stärker. Langsam aber sicher hatte sie alle Wände bedeckt. "Wo sind wir hier nur?" Ta'nor war sich sicher. Es war nicht das erste Mal, dass er in dieser Lage war. Er brummte und legte den Kopf in den Nacken. "Im Magen eines Wurms.. eines Felsenwurms!" Er suchte das Loch durch welches sie gesaugt wurden, doch das Mistvieh muss ihn geschlossen haben. Die Säure kam immer näher. "... und wie es aussieht, werden wir gerade verdaut!"
 
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Es war fast so, als wäre der Punkt gekommen, wo alle Hoffnung versagte, wo nichts als Warten auf das Ende geblieben wäre. Doch aus irgendeinem Grund passte es nicht. Irgendetwas passte einfach nichts ins Bild. Warum waren sie hier in diese Falle getappt? Warum war hier der Golem entstanden? Irgendwie musste der Beschwörer es auch geschafft haben dem Sog zu widerstehen und selbst der Golem musste dies. Er war beeindruckend von Gestalt und Kraft, aber dennoch hätte er sich nicht halten können, würde der Felsenwurm ihn einsaugen wollen. Diese Tiere standen ohnehin irgendwo zwischen Mythos, Schauspiel und Schädling. Vermutlich würde es nur ein Traum sein. Doch Ta'nor träumte nicht. Er schlief nicht mal. Also konnte dies nicht sein. Die Magensäure hatte die Gruppe nun erreicht. Jedenfalls alle, welche dem Kai'shak in die Höhle gefolgt waren. Es zischte hier und da. Dies war eindeutig Kleidung, vielleicht gar Haut, oder andere Gegenstände, welche die Gefährten trugen und nun mit dem Schleim des Magens in Berührung kamen. Da Plötzlich wurde alles stumpf. Licht erlosch. Ta'nor merkte gar nichts mehr. Kein Gefühl keine Wahrnehmung. Etwas was der Berserker so nicht kannte - außer erstarb. Ja natürlich! Das musste es sein. Dies was der Augenblick, kurz bevor die eigene Existenz aufhörte. So musste es sein. Ta'nor glaubte nicht daran, dass er sich würdig gemacht hatte an der Tafel seines König zu speisen, wenn er aufhörte zu leben. Da überkam ihm ein seltsames Gefühl. Es war so, als wäre er in vollkommener Sicherheit. Alles war warm und ruhig. So als schlang jemand eine Decke um deinen Körper, wenn du allein in einer Eiswüste sitzt. Ein Gefühl als lege dir jemand die Hand auf die Schulter und lächelt dich freundlich an. Auch die anderen Gruppenmitglieder bekamen dieses Gefühl, egal ob sie nun im Inneren des Wurm waren, oder noch davor standen. Dann gab es einen Blitz und alles endete.


***


Die riesige, dunkle Halle des Maestro wurde nur von einigen Kerzen erleuchtet, die verzweifelt gegen die Finsternis aufbegehrten. Nur die riesige Treppe, welche sich wie ein Fächer nach unten zu beiden Seiten ausbreitete und am oberen Ende den Thron beherbergte, war von vielen Lichtern erleuchtet. Einige waren ebenfalls Kerzenschein, welcher auf einigen Stufen standen, andere riesige Fackelständer, die verschiedene Höhen erreichten. Eine rote, eindeutig magische Wolke, welche an der Rückseite des Throns schwebte und sich in sich bewegte, tauchte alles ins eine gewisse Grundbedrohung. Der Maestro stützte einen Ellenbogen auf den Thron und darauf seinen Kopf. Am Fuße der Treppe kniete Spiller mit gebeugtem Haupt und einem erhobenen Knie. "Es ist gelungen mein Gebieter." Der Maestro schien in seiner Kapuze aufzuschauen. "Wie?". Seine Stimmte hallte durch den Saal, oder bildete sich das der Hexenmeister nur ein? Es dröhnte jedenfalls ins seinem Kopf. "Soir hat sich die Gorddarianer zu nutzen machen können. Ihre Fähigkeiten der Infiltration sind... besser als ich annahm." Ein wohliges Brummen drang aus dem Dunkel der Kapuze hervor. "Sie ist dort?" - "Ja mein Gebieter." - "Wann wirst du haben wonach du verlangst, um den Golem fertig stellen zu können?" - "Ich rechne mit wenigen Tagen. Soir wird Wissen und Materialien von Goddar mitbringen." - "Das ist zu riskant! Viel hängt davon ab, ob du Erfolg hast." Spiller horchte auf und wagte sogar aus Neugier seinen Blick empor zum Thron zu heben. "Das war mir nicht bewusst. Ich verdopple meine Bemühungen!" War es wirklich so wichtig das er den Golem erfolgreich erschaffen konnte? Was hatte der Maestro mit diesem vor? Er wagte nicht zu fragen. Die Antwort könnte ihm nicht gefallen, oder schlimmer: er könnte das Schicksal seines Bruders teilen, wenn er zu viele Fragen stellte. "Begib dich ebenfalls nach Goddar. Unterstütze Soir wo du kannst, aber stehe ihr nicht im Weg!" Der Diener senkte wieder sein Haupt. "Ja mein Gebieter. Ich begebe mich umgehend dort hin. "Nutze den Portalraum! Jede Minute ist kostbar!" Spiller erhob sich und nickte stumm. "Nun hinfort!" Der Maestro machte eine wegscheuchende Handbewegung. Während sich der Hexenmeister entfernte, stütze er wieder den Kopf auf den Arm und bleib stumm allein zurück.


***


Als Ta'nor wieder etwas wahrnahm roch es nach Holz, Stein und irgendwie nach Blut. Seine Augen wurden besser und er konnte sich schließlich sogar orientieren. "Erwacht.", sagte eine mechanische Stimme, die irgendwie blechern klang. Der Kai'shak sah sich um. In unmittelbarer Nähe lagen die Anderen, welche nun ebenfalls wieder das Bewusstsein erlangten. Alle schienen irgendwie müde zu wirken und auch der Eisenhüne fühlte sich, als wäre er viele Kilometer mit einem riesigen Stein auf dem Rücken einen Bergpfad empor gelaufen. "Erwacht.", wiederholte die mechanische Stimme. Nun entdeckte er endlich den Ursprung. Auf einem Balken unter der Decke saß eine leuchtend weiße Gestalt. Ihre Konturen schienen zu verschwimmen. Sie schien nur aus Licht zu bestehen. Es war schwer einen Körper auszumachen. Ta'nor wollte zuerst aus Reflex einen Arm vor seinen Helm halten, um die Intensität des Leuchtens zu dämmen, aber erst im zweiten Moment merkte er, dass das Leuchten ihn gar nicht in den Augen schmerzte, ob wohl ein Kaminlicht, oder ein Magisches von dieser Intensität durchaus dazu führen würde, zumindest dazu das er die Augen zusammenkneifen würde. "Ihr seid wach." Ein Gesicht trat aus dem Leuchten hervor. Es schien freundlich zu lächeln. "Ich habe euch gerettet. Eure Existenz ist nicht zu Ende. Ihr seid wichtig." Jeder Satz schien allein für sich ausgesprochen zu werden. Als würden ihn drei Personen mit der gleichen Stimme nacheinander sagen. "Mein Name ist nicht eindeutig. Zur Zeit lautet er Fey. Nennt mich so." Das Wesen schien keine Pause für Reaktionen, oder Fragen zulassen zu wollen. "Ihr habt ein Gadrek. Es ist sehr mächtig. Das Wesen schien zu überlegen. Zumindest schwieg es einen Moment. Euch sagt 'Gadrek' nichts. In euer Sprache bedeutet es … 'Artefakt'. Ja. Ein mächtiges Artefakt. Ein ... Hammer. So nennt ihr es. Der Tiermensch besitzt ihn. Darum seid ihr wichtig. Meine Geschwister haben ihn euch gegeben. Ihr kennt sie. Ich werde sie euch zeigen."

Der Schimmer um das Wesen änderte sich kurz. Sofort darauf tauchte ein Bild in den Köpfen der Gefährten auf. Es zeigte die Gilde. Vor allem Haj'ett und Ta'nor erinnerten sich an die Gilde. Doch sagte im Moment niemand was dazu. "Durch seine Taten bin ich auf euch aufmerksam geworden. Ihr seid wichtig. Ihr habt eine Aufgabe." Der Kai'shak überlegte. Doch bevor er darauf kam ergriff das Wesen wieder das Wort. "Ihr müsst jemanden aufhalten. Er nennt sich 'Maestro'. Ihr kennt ihn nicht. Ich zeige ihn euch." Wieder wechselte das Leuchten und in den Köpfen tauchten verschiedene, bewegungslose Bilder auf. Sie zeigten den Maestro auf dem Thron, eine Nahansicht, die Hinrichtung von Balthasar und die Suche in der Bibliothek. "Er ist mächtig. Er bedroht mich. Er hat einen Plan. Ich weiß nicht welchen Plan er hat. Ihr haltet ihn auf. Der Maestro hat viele um sich gescharrt. Einige sind ebenfalls mächtig. Sie sind schwächer als der Maestro. Sie helfen ihm. Ihr haltet ihn auf. Ich werde sie euch zeigen." In den Köpfen der Gruppe tauchten wie zuvor vom Maestro Bilder von Balthasar auf. Viele der Szenen haben sie selbst erlebt. Danach überkamen sie Bilder von Spiller. Auch diese haben sie erlebt. Doch einige waren neu für die Gruppe: wie er den Golem den Befehl zum Angriff auf das Dorf gibt, wie er über dem Buch brütet und wie er vor dem Maestro kniet. Daraufhin folgten Bilder von Soir: wie sie heimlich tötete, wie sich jemanden umgarnte, und wie sie badete. Dann erschienen Bilder von Fesir. Sie zeigten ihn beim Training, beim Kampf, und beim Befehle geben inmitten der Bärenbrigarde. Zuletzt zeigten die Bilder Feste: wie er Karten mischte, sein breites fast irres Grinsen, wie er in fast unmöglichen Positionen saß, oder stand, wie er auf Händen lief und wie er Blut von einer Karte leckte.

"Das sind viele Informationen. Ihr halten sie auf. Ich weiß nicht wo alle sind. Diese sind in Goddar." Ein Bild von Soir und Spiller tauchte in den Köpfen auf. "Sie werden euch zum Maestro führen. Jetzt seid ihr wieder in Port Milan. Von hier kommt man gut nach Goddar." Die mechanische Stimme sprach Satz um Satz, Aussage um Aussage ohne Emotionen, ohne Schwankungen in der Stimme. "Ihr fragt euch was ich bin. Ich bin Fey. Ich bin ein Geist. Ich bin mächtig. Der Maestro ist mächtiger. Er bedroht mich. Ihr haltet ihn auf. Ich belohne euch." Kaum hatte Fey das letzte Wort gesagt verschwand sie so plötzlich wie sie gekommen war. Etwas entfernt ging knarrend eine alte Holztür auf. Jetzt erinnerte sich Ta'nor. Sie waren in dem Versteck der Geldeintreiber, der Schlangenbruderschaft. Die Leichen hatte man anscheinend schon weggebracht. Die Mittagssonne schien durch die halboffene Tür in den Raum. Niemand sagte etwas. Draußen hörte man geschäftiges Treiben.
 
Eine Kraft zerrte an ihm, die er nicht beschreiben konnte. Und dazu dieser ekelerregende Gestank! Was bei den Geistern war das nur?

Alexis hatte seine Magiefäden genutzt, um sich irgendwo festzuhalten, doch in seinem Bemühen sich festzukrallen, schnitt er damit nur durch die Objekte, die ihm halt geben sollten. Es riss ihn ein, zwei meter tiefer in Richtung des Sogs, bevor seine arkanen Fäden erneut Halt fanden. Doch vergebens. Ein Stuhl - oder was davon übrig war - erwischte ihn im Gesicht.

Als er wieder zu sich kam, war da erstmal nur dieses Pochen in seinem Gesicht. Wie oft würde er noch mit irgend etwas kollidieren, davon bewusstlos werden und an einem völlig anderen Ort wieder aufwachen?
Moment.
Er war tatsächlich an einem anderen Ort. In seiner Nähe richtete sich brummend der Kai'shak auf, auch die anderen aus der Gruppe waren da. Zumindest jene, die den Ursprungsort des Golems aufgesucht hatten.
Dann gewann dieses leuchten weiter Oben auf einem Balken seine volle Aufmerksamkeit. Hatte er es für irgend ein Licht gehalten, wurde ihm nun gewahr, dass dort irgend eine Form von Geistgestalt saß.
Die Aufforderung zu Erwachen hatte er kaum mitbekomen, das zweite "Erwacht" war dafür umso deutlicher.
Und dann sprach dieses Wesen, das sich selbst als Fey zu erkennen gab, zu ihnen, zeigte ihnen Bilder, gab ihnen eine Aufgabe.
Das Ganze ergab zwar noch immer keinen Sinn, aber wenigstens wussten sie nun, um wen es hier eigentlich gning. Was es mit dem Schlangenkult in Wirklichkeit auf sich hatte. Wer den Golem erschaffen und erweckt hatte. Wo sie hin mussten.

Dann verschwand Fey wieder und ließ sie mit dieser Aufgabe zurück.

Sie waren wieder in Port Milan. Kein Zweifel. In diesem Raum hatten sie gekämpft, bevor sie Balthasar gefolgt waren. Balthasar. Er war also entkommen und nun trotz alledem tot. Getötet von seinem Meister.
Maestro.
"Hast du schon mal was von diesem Maestro gehört?", wandte Alexis sich an Mana.
Sie blickte nachdenklich, ihre Augen zuckten leicht hin und her, während sie in die Leere starrte, um ihre Gedanken zu ordnen. Dann sagte sie knapp: "Nein. Aber Fey ist mir bekannt. Oder so etwas wie Fey. Es ist, als wäre ich ihr schon mal begegnet, aber ich kann mich nicht richtig erinnern."

Ein Geist, der einen Kai'shak einfach so... zu teleportieren vermochte? Welches Wesen, welche Magie war mächtig genug um das zu tun? Oder war an diesem Wesen etwas urtümlicheres gewesen, als der Kai'shak selbst? Wahrscheinlich.
Aber wenn ein solch mächtiges Wesen nicht dazu in der Lage gewesen sein sollte jemanden wie diesen Maestro zu töten, wie sollten sie das dann machen? In der Gruppe herrschte offensichtlich verwrrung ob der aktuellen Geschehenisse.
Solch eine wahnsinnige Irrfahrt innerhalb nur weniger Tage hatte Alexis in seinem ganzen Leben nicht erlebt. Selbst wenn man nur einen der erlebten Tage davon nehmen würde.
 
Schlagartig riss Dastan seine Augen auf. Wo war er? Vielleicht tot … nein, dafür schmerzte sein Körper zu sehr. Er fühlte sich schlaff und schwer, irgendwie ausgelaugt. Außerdem bezweifelte er, dass das Nachleben wie ein Lagerraum aussah. So zumindest wirkte der Raum auf ihn, in welchem er wieder zu sich gekommen war. Die anderen waren auch da … einen Augenblick!
Was war aus diesem … Portal geworden? Diesem Strudel, oder was auch immer das war – hat es sie vielleicht hier hergebracht? Er konnte sich nur daran erinnern, wie Ta’nor plötzlich verschwunden war. Wie Trish gegen den Sog ankämpfte. Dastan wollte ihre Hand greifen, doch es ging nicht. Zum einen hatte er sich fest an die grobe Felswand geklammert, zum anderen Aero dicht an sich gedrückt, da dieser sich gegen die Gefahr am wenigsten wehren konnte. Und dann … und dann … ja, was dann?
Er wusste es nicht mehr. Die Erinnerung verlief sich hier im Sand. Vielleicht wurde er auch eingesaugt, ach was, sicher wurde er eingesaugt. Oder?

Und jetzt war da dieses Wesen. Diese Gestalt aus purem Licht, welches kein Licht zu sein schien. War das ein Geist? Oder war es etwas … anderes? Es wirkte auf den Assassinen irgendwie erhaben. Vielleicht war es sogar eine Gottheit, oder ein gottähnliches Geschöpf?
Verständnislos starrte er die Erscheinung an, lauschte den Worten. Dann kamen die Bilder. Zunächst ein unheimlicher Kuttenträger, den das Wesen – Fey – als Maestro bezeichnete. Dastan wurde ganz unbehaglich, es war als würde sich unter seiner Kutte nichts als pure Leere befinden. Er hatte nicht viele Informationen über den Schlangenkult, daher war ihm auch das Oberhaupt bis jetzt nicht bekannt. Und wenn er ehrlich war … auf eine Begegnung würde er es nicht unbedingt anlegen wollen.
Dann sah er Balthasar. Ihn kannte er natürlich, schließlich hatten sie erst vor kurzem Jagd auf ihn gemacht. Das war auch sein eigentliches Ziel gewesen … Die folgenden Gestalten waren ihm wieder gänzlich unbekannt.

Die Gestalt schwand wieder, und allmählich sammelte Dastan wieder seine Sinne. Die Frage des „Wo“ warf sich ihm wieder auf. Er glaubte nicht, dass sie wieder im Dorf waren. Nein, dazu war das Treiben draußen viel zu laut und hektisch. Es musste sich um einen größeren Ort handeln … spontan fiel ihm da nur Port Milan ein, andere Städte in dieser Gegend kannte der fremdländische Assassine schließlich nicht. Port Milan … sollte das stimmen, wäre das eigentlich seine Gelegenheit. Von hier konnte er über den Seeweg die Heimreise antreten. Und dennoch … Fey sagte, sie seien wichtig. Meinte es wirklich sie alle? Dastan konnte sich das nicht vorstellen. Zwar verspürte er den Wunsch, bei diesen Leuten zu bleiben, aber er verspürte ebenso Heimweh. Er wollte in sein altes Leben zurück, wieder in den Dienst des Ordens treten. Und so wie er das sah, war dies wohl seine Chance, das zu bewerkstelligen, ehe er noch weiter in diese Geschichte hineingezogen wurde und es für ihn kein Zurück mehr gab.
Blieb nur noch die Frage, wie er das formulieren würde … aber dafür blieb noch Zeit. Die anderen mussten sich eh erst einmal sammeln und die Lage erfassen. Bis dahin konnte er sich seine Worte des Abschieds zurecht legen … verdammt, er war ziemlich schlecht in solchen Angelegenheiten. Er war keiner dieser Wortakrobaten, wie es die Informanten und Agenten seines Ordens waren. Aber irgendwie würde er das schon hinbekommen.

Mühselig und etwas taumelnd erhob Dastan sich letztendlich aus seiner sitzenden Position. Sein Körper fühlte sich an, als wäre er tagelang ununterbrochen gelaufen, sodass er sich an einem der Holzbalken stützen musste. Sein Blick wanderte zunächst zu den übrigen Gefährten, dann zu der Tür und schlussendlich wieder zu den anderen.
„Weiß irgendwer, was das gerade war? Oder habe ich mir das eingebildet?“
Seine Frage war eher rhetorischer Natur, denn er war sich ziemlich sicher, dass es nicht einfach ein Hirngespinst gewesen war.
 
Haj'ett brummte der Schädel. Die überstürzten Ereignisse, die sich gegenseitig an Wahnsitz nur so zu übertrumpfen zu wollen schienen mussten verarbeitet werden. Er betrachtete seinen Zeh. Er schmerzte und war unnatürlich rosa. Bevor er sich mit einem Sprung auf den Rücken des Kai'shak hatte retten können, war er im inneren des Wurmes in Magensäure getreten. Eine Verätzung also. Das würde heilen, hoffte er. Wie schnell sich seine Kopfschmerzen und das Gefühl der Überanstrengung in allen Muskeln wieder legen würden war eine andere Frage.
Seit der Begegnung mit Fey waren ihm einige Dinge klarer, und viele, viele andere Dinge, an die er vorher nicht einmal gedacht hatte waren ihm unklar.
Wie konnte es sein, dass das Schicksal ausgerechnet ihm, diesen kleinen Hammer zugetragen hatte? Oder nein, dieses schreckliche Monster auf Balthasars Turm schien dafür Verantwortung zu tragen. Doch warum hatte es ihn angegriffen? Wollte es mit dem Hammer geschlagen werden? Es hatte für Haj'ett wie ein Befreiungsschlag ausgesehen, als die Kreatur sich aufgelöst hatte und in alle Winde davongestoben war. War Fey sein Meister gewesen? Hatte die Kreatur dieses Joch abschütteln wollen? Aber was sagte das dann über dieses leuchtende Geistergeschöpf aus, das ihnen gerade einen Auftrag erteilt hatte?
Zumindest begann der Echsenmensch den Nutzen des Hammers zu erahnen. Jetzt, da er wusste, dass er auf dem Turm einen Geist geschlagen hatte, legte dies die Vermutung Nahe, dass der Hammer eine Waffe war, die Geistern gefährlich werden konnte. Aber warum bekam er dann von einem Geist gesagt, er solle dies Ding zu den erklärten Feinden des Geistes tragen?
Ich glaub, ich werd noch wahnsinnig.

Trotzdem tat es gut, wieder ein Ziel vor Augen zu haben, obwohl er von einem Art namens Goddar noch nie gehört hatte. Allerdings war er nach dieser langen Reise mittellos. Dankenswerterweise waren sie nun wieder mitten in Port Milan gelandet. Sie hatten noch eine Belohnung einzustreichen.
Zunächst aber wandte er sich Alexis und Mana zu. Das Geistermädchen schien sich den Kopf über etwas zu zermartern, genauso wie er. "Du weißt nicht zufällig, warum dieser kleine Hammer hier so wichtig sein soll?"
 
"Der Hammer, mit dessen Hilfe du die Gilde befreit hast. Ich habe sie gespürt, auch den Moment der Befreiung."
"Ich auch.", fügte Alexis hinzu. "Wenn ich die Bilder, die Fey uns gezeigt hat mit dem vergleiche, was ich in jenem Moment wahrgenommen habe, dann ist dieser Hammer offenbar in der Lage gebannte Geister zu befreien."
"Und dieser... Maestro und seine Diener benutzen Geister gegen ihren Willen indem sie sie bannen."
"Und wo dieser Golem herkam, wird es sicher noch mehr geben. Und mehr Geister, die als deren Energiequelle missbraucht werden."
Alexis blickte jetzt genau auf den Hammer und sah dann Haj'ett lächelnd an. "Ich glaube, wir ahnen noch nicht einmal WIE wichtig dieser Hammer ist. Aber nützlich wird er allemal sein."
Zur Bestätigung suchte er Manas Blick. Sie schien etwas auf dem Herzen zu haben, also drückte er mit seinem Blick eine Frage aus.
"Seit wir der Schlangenbruderschaft entgegengetreten sind, war da noch etwas. Die Gilde. Sie hat uns geholfen. Ich dachte es wäre nur Einbildung gewesen, aber unser Vorankommen wurde genau beobachtet."
Ein solches Interesse von Geistwesen zu erwecken... wo waren sie da nur hineingeraten? Es gab zu viele offene Fragen, die ohne fundiertes Wissen nicht zu beantworten waren. Fundiertes Wissen, das sie auf ihrem Weg nach Goddar finden konnten. In der Bibliothek eines Magierzirkels. Und dieser Magierzirkel war in einer kleinen Hafenstadt, die zu dem Königreich gehörte, in der auch Goddar lag.
"Ich denke, wir sollten erstmal unsere Belohnung einstreichen. Ein Schiff zu heuern, das uns Richtung Goddar bringt, wird nicht günstig sein, denn der Weg ist lang. Wir sollten nach Port Raven aufbrechen. Warscheinlich kann ich dort ein paar Antworten auf unsere Fragen finden."
 
Haj'ett betrachtete den Hammer noch eine Weile, während die anderen sich nach der Begegnung mit Fey zu sammeln schienen. Unscheinbar, golden, reich verziert. Dazu war er also gut. Er würde ihn gut aufbewahren müssen, mit ihm hingen offensichtlich wichtige Sachverhalte zusammen. Kurios, was in einem so kleinen Ding alles stecken kann. Nicht ganz uneitel dachte er dabei auch an sich selbst.

Die Wirtin des Abendscheins fiel aus allen Wolken, als die verbliebene Gruppe angeführt von Tan'or die Schänke betrat. Nachdem die ganze Stadt eine Weile von der mehr als aufregenden Zerstörung und Zerschlagung der örtlichen Schlangenkultisten-Zweigstelle geplappert hatte, sich aber die Abenteurer nicht zurückgemeldet hatten, war sie davon ausgegangen, dass sie alle in dem Gemetzel draufgegangen waren. Zufrieden hatte sie darüber sinniert, dass sie die Belohnung würde behalten können und ihr Problem trotzdem eine Lösung gefunden hatte. So kippte sie prompt einen Bierkrug um, als sie die Abenteurer erkannte. Die Gruppe hatte zwar einige Mitglieder verloren und andere dazugewonnen, doch scharte sie sich noch immer um einige der Personen, die sie Anfangs mit der Aufgabe betraut hatte. Um die versprochene Belohnung würde sie wohl nicht herumkommen, dachte sie fast bitter, als der Echsenmann und die anderen sie ins Auge gefasst hatten und zielstrebig auf sie zusteuerten.

Man beschloss, kurz zu verweilen und eine Mahlzeit einzunehmen. Das Essen verlief größtenteils schweigend. Man hatte sich scheinbar ohne große Worte darauf geeinigt, dem gesuch des mysteriösen Geisterwesens nachzukommen. Haj'ett dachte bei sich, dass sie wohl auch keine große Wahl hatten. Zumindest nicht, solange sie den Hammer irgendeinem anderen dahergelaufenen Abenteurer in die Hand drückten. Er fragte sich, ob ihn das Finden und Besitzen des Artefakts irgendwie besonders machte, aber er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, in welcher Form. Würde Fey überhaupt zulassen, dass sie die Aufgabe auf einen anderen abwälzten?
Dennoch, bisher hatte sich das Abenteuer ausgezahlt. Die Wirtin schien zwar nicht erfreut, das Geld für ihre Belohnung abdrücken zu müssen, doch verließen sie die Schänke eine Stunde später mit deutlich schwereren und klimpernden Taschen. Genug für Verpflegung und Ausrüstung, um sie für den Weg nach Port Raven zu wappnen.
 
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Eine Stunde. Eine ganze Stunde hatte Dastan überlegt, wie er es den anderen sagen wollte. Warum beschäftigte ihn das eigentlich so sehr? Er war ihnen doch gar keine Rechenschaft schuldig … und doch fühlte er sich unwohl, wenn er darüber nachdachte. Würde es sie überhaupt großartig interessieren? Schließlich kannten sie sich doch erst seit kurzer Zeit, wenngleich in diesem Zeitraum eine ganze Menge geschehen war.
In seiner Tasche spürte er das zusammengefaltete Pergament … ein unscheinbarer, kleiner Zettel. Doch er vermochte es, die Dinge für ihn in seiner Heimat wieder in Ordnung zu bringen. Ebenso der Dolch – er gehörte in die Schatzkammer der Ordensfeste. Wenn er es so betrachtete, war es als loyaler Anhänger des Ordens seine Pflicht, die Heimreise anzutreten und das Schmuckstück wieder an seinen rechtmäßigen Platz zu bringen.
Moment … musste er diese Entscheidung jetzt schon sich selbst gegenüber rechtfertigen?

Augen zu und durch … ja, das war wohl das Beste. Die Worte würden sich schon irgendwie finden, zumindest blieb das zu hoffen.
Das Gasthaus hatten sie bereits wieder verlassen, scheinbar war der Plan nun den weiteren Weg in Angriff zu nehmen. Einen idealen Zeitpunkt gab es in dieser Situation ohnehin nicht, aber das hier war wohl am nächsten dran.

„Leute …“ Warum Leute? Fiel ihm wirklich keine bessere Anrede ein?
„Ich … ich möchte euch etwas sagen.“
Die Aufmerksamkeit hatte er nun. Blieb nur noch die eigentliche Hürde.
„Von hier aus werde ich euch nicht mehr begleiten. Für mich ist es Zeit, in meine Heimat zurückzukehren.“
Soweit so gut. Eine kurze Pause folgte.
„Es ist nicht so, dass ich nicht gerne weiter mit euch reisen würde. Aber ich gehöre hier nicht her. Ich werde daheim gebraucht.“
Hatte er zu dick aufgetragen? Wohl eher nicht.
„Also dann … vielleicht werden wir uns eines Tages ja erneut treffen. Lebt wohl.“
Er drehte sich um, ehe die anderen noch etwas sagen konnten. Abschiede waren nichts, was dem Assassinen gut lag. Daher war es besser, es nicht in die Länge zu ziehen.

Dastan machte sich mit Aero auf seiner Schulter auf zu den Anlegestellen. Dort würde er sicher ein Schiff finden, welches die Tjal-Inseln ansteuerte. Endlich konnte er zurückkehren in sein altes Leben … auch wenn er wusste, dass die Dinge nie wieder wie früher sein würden.
 
"Entschuldigen sie!", doch der alte, hochgewachsene Mann, der sich einige Meter über Amenhotep gegen die Reling lehnte reagierte nicht. "Entschuldigung", wiederholte er, doch es begann ihn zu nerven. Schon der fünfte Tag in Folge an dem er und sein Begleiter nicht aus der Stadt kamen. Der junge Kemeter den er auf seiner Reise hierher getroffen hatte, hatte ihm von Goddar erzählt, ein Ziel, dass sich schon alleine durch die bloße Distanz zu seiner Heimat als erstrebenswert herausgestellt hatte und so war es nun beschlossen, dass Amenhotep ihn auch weiterhin begleiten würde. Jarha hieß er und er war augenscheinlich vom Nomadenvolk seiner Heimat. Sonst wusste Amenhotep nicht viel über den jungen Reisenden, aber er hatte ihn auch nicht gefragt. Irgendetwas Unheimliches hatte sein Begleiter an sich, doch der Kemeter wollte nicht in Dingen wühlen die ihn nichts angingen und dass der Nomade fähig war sich zu verteidigen hatte er auf dem Weg den sie sich geteilt hatten gemerkt. Mehr musste Amenhotep nicht wissen.

Dann bemerkte er das Handelsschiff mit den langen Masten und den meist olivfarbenen, dreieckigen Segeln, das gerade frisch beladen wurde. Es war nicht von hier und gestern morgen sicher noch nicht im Hafen gewesen, vielleicht konnte sie der Kapitän dieses Schiffes weiter nach Port Raven bringen. Die Mannschaft war mit dem Herumschleppen von Kisten beschäftigt, als Amenhotep an den Befehle schreienden Mann am Pier herantrat. "Verzeihung Kapitän", zog der Kemeter freundlich die Aufmerksamkeit auf sich, "ich suche nach einer Überfahrt nach Port Raven für mich und meinen Begleiter. Er hat Gold und ich kräftige Arme, ich kann mir die Überfahrt nicht leisten, aber ich kann arbeiten." Er setzte die Kapuze ab um dem Kapitän ein vollständigeres Bild von sich zu geben und wartete gespannt auf eine Antwort. Doch der Schiffsherr schenkte ihm nicht mehr als einen flüchtigen Blick und winkte ab. "Ich habe erst gestern ein paar von euch Wüstenverrückten hier her gebracht. Und das waren mir mehr als genug Fanatiker für einen ganzen Monat! Sucht euch ein anderes Schiff", meinte dieser trocken und würdigte Amenhotep keines Blickes mehr. Normalerweiße würde der Krieger sich mit der Abfuhr zufrieden geben und weiter suchen, doch hier waren all seine Alarmglocken geläutet. "Ihr habt Kemeter nach Port Milan gebracht?", er war für seine Verhältnisse aufgebracht und musste ein heimatländisches Fluchwort unterdrücken. Der Kapitän nickte nur kurz und schickte Amenhotep dann in einem schrofferen Ton erneut weg.

"Verdammt nochmal!", ging es dem Kemeter immer wieder durch den Kopf, während er den Weg zurück zu Jarha suchte. Wie hatten sie ihn so schnell gefunden? Wenn er nicht möglichst schnell aus der Stadt kam, würde die Situation äußerst ungemütlich werden. Diese verdammten relisiösen Spinner, warum konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Amenhotep zog sich seine Kapuze wieder tief ins Gesicht und verschwand um eine Ecke. Hier irgendwo sollte er sich wieder mit dem Nomaden treffen, vielleicht hatte er bei bei seiner Suche Glück gehabt. Da gab es noch diesen Händler, der in einem Sturm auf See den Großteil seiner Crew verloren hatte, doch es nicht einsah Seemänner einzustellen, waren sie ihm hier in Port Milan viel zu teuer. Dieser hatte heute morgen eine Überfahrt versprochen wenn Amenhotep eine ganze Seemannschaft auftreiben konnte. Die günstiger war als echte Seeleute. Er hatte sich mit höflichen Floskeln von dem seltsamen Geschäftsmann entfernt und diese Möglichkeit verworfen, doch nun war er wirklich in einer Lage von großes Not.
 
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Der Wind wehte Feyndry’Hal wie bislang jeden Tag seit seiner Ankunft in Port Milan durch die langen offenen Haare, die Möwen sangen dazu ihre Lieder und das Wasser plätscherte sanft gegen die Kaimauer und die im Hafen liegenden Schiffe. Es war laut, geschäftig doch es roch so gut, wie er es noch nie zuvor gerochen hatte. Als seine Zunge über die Lippen zum Befeuchten fuhr, schmeckte er Salz und das gefiel ihm. Oft wurde er in dem geschäftigen Hafentreiben angerempelt und höflich entschuldigte er sich dahingehend im Weg zu stehen. Sein Augenmerk fiel auf die Taue, die wie Schnecken zusammegerollt waren, auf die Planken, die Moose und Algen um ihre Befestigung gewickelt hatten und auch auf einige daranklebende Muscheln.
Absolut faszinierend!
Die Aufmerksamkeit wurde nach oben auf die Seile der Masten gerichtet, die die Segel der Schiffe hielten und er lauschte beeindruckt einer Melodie des Windes die darin erklang, wie er sie noch nie zuvor vernahm. Leise fast verträumt begann er ein Lied zu summen, bevor er wieder angerempelt wurde und sich daraufhin abermals höflich entschuldigte.

Sein Blick schwiff wie fast jeden Tag über den ein oder anderen Pier und doch erhaschte er an diesem Tag etwas Neues und er befand es für würdig einen kleinen Augenblick länger seine Aufmerksamkeit dahingehend zu richten. Es war ein neues Schiff. So wie es aussah, ein neu angekommenes Handelsschiff mit langen Masten und olivfarbenen, dreieckigen Segeln, das gerade wieder frisch beladen und zur Abfahrt bereit gemacht wurde. Was allerdings nicht neu war, war jene Gestalt, die seit längerem im Hafen vergebens nach etwas fragte. Vermutlich suchte derjenige etwas oder wollte irgendwo hin. Er musterte den jungen Mann wie jedes Mal unauffällig aus einiger Entfernung und es entging ihm nicht, das ihn heute etwas zu beunruhigen schien.
Vielleicht schlechte Kunde?

Fenydry'Hal legte ruhig seinen Hände unter seinem bodenlangen Mantel auf dem Rücken ineinander und blickte wieder hoch zu den hohen Masten eines vor ihm liegenden Schoners, dessen Seile gerade besondere Windtöne von sich gaben. Als er abermals hinüber zum dem Handelsschiff blickte, war der Fremde wie jedes Mal wieder verschwunden. Der Himmelself senkte einen Augenblick nachdenklich sein Haupt und sah dem Geplätschere des Wassers im Hafenbecken zu bevor er sich weiter dem munteren Treiben im Hafenbereich widmete.

Vielleicht gab es heute ja noch etwas dergleichen Neues zu entdecken.

Wer weiß, wer weiß...
 
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Jarha hatte recht bald nach seinem Aufbruch in ferne Gefilde begriffen, dass seine Anwesenheit die meisten Menschen beunruhigte, und daher eine Affinität für einsame Gassen wie diese hier entwickelt. Aufmerksamkeit störte ihn eigentlich nicht, aber wenn es sich um solche Menschenmassen handelte .. es widerstrebte ihm, eine so lächerlich wirkende Schwäche einzugestehen, aber er ging ihnen lieber aus dem Weg, um das geschäftige Treiben aus einer ruhigeren Position beobachten zu können. Das gestaltete die Suche nach einer Überfahrt nicht unbedingt einfacher, aber der Nomade war dennoch frohen Mutes, denn was waren schon ein paar Tage oder Wochen gegen die kalte Ewigkeit des Himmels? Außerdem hatte er es zumindest bis hier hin geschafft, ohne sonderliche Verzögerungen hinnehmen zu müssen. Sicher auch seines Weggefährten wegen. Er hatte nicht viel gefragt, was Amenhotep dazu bewegt hatte, Kemet zu verlassen, denn es war recht offensichtlich, dass der ältere Mann ein Außgestoßener irgendeiner Art sein musste - und was kümmerten den Magier schon die politischen Spiele der Pharaonen und Priester? Amenhotep war ein mächtiger Krieger und hatte ihm stets zur Seite gestanden. Mehr musste er nicht wissen.

Auch wenn er natürlich trotzdem neugierig war. Es war seine Aufgabe, neugierig zu sein. Der junge Magier lächelte milde über seinen eigenen Forscherdrang und zupfte etwas am seinem dunkelbraunen Zopf zurecht, ehe er sich wieder darauf konzentrierte, einen Eindruck von der Stadt zu gewinnen. Amenhotep wollte den Hafen überprüfen, also fiel es so lange ihm zu, sich nach anderem umzusehen, was ihnen behilflich sein könnte. Jarha hielt das für eine kluge Aufgabenteilung. Seine Augen waren wach, aber das blasse Leuchten, wo nur eine schwarze Pupille sein sollte, wirkte anscheinend beunruhigend. Die wenigen Besucher, die das Plateau bestiegen, hatten mit so etwas gerechnet. Hier in Port Milan machte es ihn zu einer bedrohlichen Kuriosität. Er zog die Kapuze seines Umhangs, den er sich einige Wochen zuvor eher notgedrungen zugelegt hatte, um mit den Linien des Tores nicht unnötig aufzufallen, über den Kopf und suchte weiter, bis die vereinbarte Zeit gekommen war. Auch auf eine Antwort auf die Frage, was er wohl suchen könnte.

Als Amenhotep ihn an ihrem Treffpunkt fand, nickte Jarha dem Krieger zu und nickte mit einer seltsam fließenden Kopfbewegung in Richtung einiger ruhiger Gassen in einer anscheinend recht verlassenen Wohngegend. Sie würde wieder in Richtung des Marktplatzes führen, wo auch ihre Herberge stand, und für den Moment bot ihm die Ruhe hier Gelegenheit, seine Vermummung abzulegen. "Ihr erinnert euch an den Kampf mit den Schlangen-Anbetern, von dem die Anwohner erzählt haben?" Bemerkte er, ohne nachzufragen, wie die Suche nach einem Schiff verlaufen war - ein Erfolg war es sicher nicht gewesen. "Anscheinend haben die erfolgreichen Helden doch überlebt." Es war keineswegs so, dass er gut darin war, Gerüchte aufzuschnappen, aber wenn der junge Mann mit dem entrückten Gesichtsausdruck und dem fremdländischen Aussehen sich mit seinem doch deutlichen Akzent vorgestellt hatte, neigten die meisten Leute dazu, ihn für schwer von Begriff zu halten und sich zu unterhalten, als wäre er gar nicht da. Und diese Geschichte hatte rasch die Runde gemacht und war auch in den Geschäften eingetroffen, die er auf der Suche nach einem guten astromantischen Sextanten betreten hatte - der hier vermutlich eher den Rang eines amüsanten Briefbeschwerers hatte. Aber mit der unter Seefahrern üblichen Form konnte Jarha nicht gut umgehen, und irgendwann würde ihm ein auf seine Technik zugeschnittenes Gerät während einer Seereise sicherlich dienlich sein. Vielleicht sollte er sich selbst einen konstruieren? Bei seinen nächsten Worten wirkte er bereits gar nicht mehr auf das Gespräch oder die Gasse vor seinen Füßen konzentriert. "Ich glaube, sie haben sich in einer benachbarten Herberge einquartiert. Vielleicht können wir sie für eine Reise nach Goddar gewinnen?"
 
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