Weit im Westen
zwei Tage später
Eto streckte sich gelangweilt, dann nahm er einen tiefen Schluck aus seinem Trinkschlauch, das frische Quellwasser rann im erquickend die Kehle hinab. "Ahh, was eine Wohltat." sagte er genüsslich zu sich selbst. Dann legte er den Trinkschlauch auf die Kiste, an der auch der Bogen und der Köcher mit schwarzen Pfeilen lehnte. Den Spieß hatte er gegen die Mauer gelehnt. Jetzt trat er wieder an die Zinnen, kaute seinen Tabak und sah in die weite Wüste hinaus. Der Sand wurde vom sanften Wind sacht über die Dünen gewehrt, sonst gab es keine Bewegung, gar nichts, weit und breit. Vor einer Stunde war am Horizont ein Dünenschlucker entlang gepflügt und hatte den Sand nach seiner Nahrung durchsucht, aber bis auf dieses Tier war während seiner Wacht noch nichts passiert, absolut nichts. Seine Gedanken verließen den Wachstand und flogen über den Sand zwei Meilen weiter westlich zu dem kleinen Dorf, in dem seine liebe Ehefrau auf ihn wartete und Mo, der kleine Sohn. Er sah auf die Sonne, eine Stunde noch, dann würde er abgelöst werden und dann hatte er endlich drei Tage Dienstfrei, dann würde er nach Hause kommen und endlich wieder bei ihnen sein, darauf freute er sich schon seit Tagen. Was hatte er nicht schon alles für Unternehmungen mit dem kleinen Mo geplant von der Zeit mit seiner schönen, jungen und lieben Ehefrau ganz zu schweigen. Sie wollten endlich mal wieder die kleine Oase besuchen, wo sie sich einst kennen lernten und mit Mo wollte er dort an der einen Stelle weitergraben, wo sie..."Hm? Wasn das?" fragte er leise, als sich in der Ferne, am Horizont eine Staubwolke abzeichnete. Er spuckte seinen Kautabak in einem kräftigen Strahl aus, wischte sich über den Mund, fasste mit der einen Hand den Spieß, mit der anderen schirmte er die Augen gegen die gleißende Sonne ab und starrte angestrengt in die Ferne. "Kommt da ein Sturm?" fragte er sich selbst, aber nein, da war ein Schatten, ein Reiter! Ein Reiter kam! "Ein Reiter!" schrie er. Er drehte sich um, in Richtung Innenhof: "Tarek! Ein Reiter kommt!" Tarek, der grade im Hof die Kinder aus den umliegenden Orten in Landeskunde unterrichtete, drehte sich um: "Augenblick, ich komme." Der Mann stieg die schmale Treppe zum Wehrgang hinauf: "Könnt ihr was erkennen, fragte der den Wachmann, der angestrengt in die Ferne sah. "Das ist..."murmelte er: "..ein Meldereiter, ein Kurier aus Riin!"."Lasst ihn ein." wieß Tarek den Mann an und ging wieder nach unten. "Öffnet das Tor!" schrie Eto, die Wachmänner am Tor zogen das Gitter hoch und öffneten danach das Tor, die Türen wurden quietschend aufgezogen. Tarek hatte seine Unterrichtseinheit abgebrochen und stand am Tor bereit, die Kinder waren drei Schritte hinter ihm versammelt, tuschelten leise. Jetzt kam der Reiter heran, das Pferd war eines der Windpferde, die sich ideal für solche Botengänge eigneten, da sie sehr schnell und ausdauernd waren und außerdem, trotz ihrer eher unterdurchschnittlichen Statur sehr robust waren, sogar hier, in den Wüstengegenden. Der Reiter war in die typische braunblaue Reiterrüstung der Riinschen leichten Kavallerie gewandt, die allerding vollkommen von feinem Sandstaub bedeckt war, hatte einen Bogen und ein leichtes Schwert bei sich und hatte eine große Tasche mit vielen Briefen, Schriftrollen und kleinen Päckchen umhängen. Zwei Weitere hingen hinten am Sattel des Pferdes. "Eine Nachricht für Alic Ohara?" fragte der Reiter mit einer rauen Stimme. "Gebt hier ab, das ist unser Herr. Wünscht ihr einen Aufenthalt?" informierte in Tarek und bot, gemäß den gesellschaftlichen Regeln, aber auch aus persönlicher Überzeugung und auf Alic´s Befehl hin, die Gastfreundschaft des Hauses Oharas an. Der Reiter zog eine Schriftrolle hervor und warf sie dem anderen Mann zu, dann schüttelte er den Kopf und sprach: "Habt Dank, doch ich habe noch zwei Dörfer vor mir heute, die möchte ich schaffen, dann ist rasten angesagt." Tarek erwiderte: "Es sei, viel Glück auf eurer Reise, möget ihr sicher ankommen." Der Reiter hatte das Pferd bereits gewendet, hob die Hand zum Gruße und dann ritt er los. Jetzt kam Bewegung in die Kinderschar hinter Tarek, wie immer rannten sie schreiend, lachend und jubelnd hinter dem Reiter her, durch das Tor, hinter dem Pferd her, was sich bereits schnell zum Horizont hin absetzte. Aber die Kinder rannten trotzdem johlend hinter her, bis sie dort stehen blieben, wo den Einzelnen das Seitenstechen oder die Unlust ereilte. Dann sammelten sie sich und kamen langsam wieder zurück, kamen einzeln und in kleinen Gruppen durchs Tor gelaufen, müde, aber glücklich und immer noch gackernd und kichernd. Eto sah ihnen mit einem lachenden Herzen zu, da ihn die Kinder immer an Mo erinnerten, nicht mehr lange jetzt, dann würde er abgelöst werden und dann endlich heim kommen.
Als die Kinder wieder alle drin waren, wurde das Tor wieder geschlossen. Tarek hatte längst die Rolle geöffnet und las die Zeilen, die Stirn in Falten gelegt. Dann drehte er sich auf dem Absatz herum und rannte los, durch den Hof, nach hinten, auf die Plantagen hinaus, wo er Alic vermutete. Dort drüben, bei den Stachelsandrüben, wo er mit Arbeitern den Verlauf neuer Bewässerungsgräben besprach. "Alic, eine Nachricht von Oriak!" rief Tarek und wetzte heran. Alic sah auf, wischte sich seine blondes Haar aus dem Gesicht, dann blickte er noch kurz den Mann an, mit dem er eben geredet hatte: "Macht es bitte so, ich werde später einen Blick drauf werfen, Dankeschön!" Dann kam er auf Tarek zu und nahm das Pergament entgegen. Während des Lesens schritt er langsam auf das Haupthaus zu und machte zwischendurch "aha" und "hm". Tarek hielt sich hinter ihm. Als sie wieder auf dem Innenhof angekommen waren, war Alic fertig. Er drehte sich um, packte Tarek an der Schulter und sprach: "Ruf alle zusammen, alle die du kriegen kannst, die Schattenwandler, Bogenschützen, den Hauptmann der Wache, den Botenführer, einfach alle die grade Zeit ham, in zehn Minuten Besprechung auf der Westterasse. Los!" wies er seinen treuen Untergebenen an. Der war schon unterwegs. Alic betrat die Eingangshalle. Ging am Brunnen vorbei, nach links, durch den Vorhang, dann eine Treppe hoch und wieder rechts: „Alyra, wo bist du?“ rief er in die Gemächer seiner Frau hinein. „Wo bist du, Oriak hat eine Nachricht geschickt.“. „Ich komme.“ Alyra kam aus einem der hinteren Räume nach vorne, kam auf ihn zu, legte ihm die Arme um die Schultern und küsste ihn. Dann linste sie auf das Papier, aber Alic nahm sie bei der Hand: „Mach dich fertig, ich hab eine Beredung mit den Männern eingerufen, du hast noch 8 Minuten, Westterasse." „Hach immer so ein Stress hier.“ seufzte sie spielerisch. "Hinfort, Weib!" sprach Alic mit verstellter Stimme und deutete an, sie mit der Schriftrolle schlagen zu wollen, lachte dann kurz und verließ die Gemächer seiner Frau.
Dann traten sie zusammen. Tarek, der Gelehrte, Malis, der Führer der Bogenschützen, Marek, der alte Alchemist, Mokar, Führer der Boten, Wazir von den Schattenwandlern, Marco aus der Küche, Alic und Alyra. Alic begann zu sprechen. Er verlas vorerst Oriaks Meldung, dann begannen die Männer über das Gehörte zu diskutieren. Wie sollten sie sich vorbereiten? Sollten sie Oriak Unterstützung senden, oder lieber hier alle Kräfte konzentrieren? Wie kann man die Menschen im Umland vor dieser Bedrohungslage schützen? Wie kann man einen Kampf gegen einen in der Art beschriebenen Feind führen? Welche Strategie sollte verfolgt werden, sollte man passiv-devensiv sein oder aktiv-aggressiv? Wie mussten die Vorräte angelegt werden, damit sie wie lange reichten? Man stellte sich gegenseitig viele Fragen. Dann wurde zuerst Mokar los geschickt, mit dem Pergament und dem Auftrag, Boten sollten die Stelle über die Katastrophe im Norden kopieren und nach allen Himmelsrichtungen reiten und die Dörfer und Orte im Umland warnen. Es kam, wie geheißen. Und so begab es sich, dass kurz nachdem ein glücklicher Eto durch das Tor geritten war, um zu seiner Familie heim zu kommen, sich das Tor schon wieder öffnete und ein halbes Dutzend Reiter heraus sprengten, die sich sogleich im vollen Galopp in alle Himmelsrichtungen absetzten. Des Weiteren wurde vereinbart, dass man eine Gruppe Freiwilliger aufstellten wollte, die Oriak unterstützen sollten, bei dem, was er vor hatte. "Oriak ist mir wichtig, ich werde gehen." erklärte sich Tarek bereit. "Ich gehe auch." schloss sich Wazir an. Alic sah die Beiden an. "Nun gut, es sei. Ihr seid zwei meiner besten Männer, aber das ist Oriak in jedem Falle wert. Nehmt noch zehn weitere Leute mit." er blickte kurz zu seiner Frau: "Ich denke ein dutzend ist das Maximum, was wir entbehren können." sie nickte bekräftigend. "Also dann, sei dem so. Marek, wähle zwei deiner Alchemistenlehrlinge, die sollen mit, ansonsten nehmt, wen ihr braucht. Jetzt, ab mit euch. Sammelt eure Gefährten und richtet folgendes aus. Ihr sollt heute schnellstmöglich nach Hause, verbringt den Rest des Tages und die Nacht bei den euren, denn sie werden euch lange nicht mehr, vielleicht nie mehr sehen, dass muss euch allen klar sein. Sprecht das auf jeden Fall an, bei den Leuten, die ihr nehmt. Und morgen seid ihr zwei Stunden vor Sonnenaufgang wieder da, dann wird gepackt, dann gehts los. Gerne würde ich euch mehr Zeit geben, aber Zeit ist ein Luxus, den wir uns in dieser ungewissen Zeit nicht leisten können. Meldet euch nachher noch mal bei Alyra, damit sie weiß wer mit geht, von wegen Verpflegung vorbereiten. Ab dafür!" "Jawoll!" antworteten die beiden gleichzeitig und verließen die Westterasse. Der Rest versank sofort in den Planungen zur Reise der zwölf Männer, sowie der Beratung darüber wie man sich am besten auf eine solche Lage, wie sie im Norden derzeit trauriger Fakt war, vorbereitete.
So kam es also, dass die einen zu ihren Lieben heimkehrten um ein paar letzte Stunden mit ihnen zu verbringen, vielleicht für immer und die anderen fieberhaft die Abreise jener zwölf Männer vorbereiteten. Hier wurden Geldsäckel geschnürt, dort Nahrungsmittel konserviert, hier packten die Alchemisten ein Feldlabor zusammen, dort wurden verschiedene Tränke in kleinen Kisten reisefertig eingepackt. Die Mädchen saßen schnatternd zusammen und falteten Wäsche und Tuchstücke zusammen, Zelte wurden bereit gelegt, genauso wie Waffen und viele Köcher mit unterschiedlichen Pfeilen.
Es war noch ziemlich düster und es war noch kühl am nächsten Morgen. Die Nacht wölbte sich dunkelblau und ahnungslos über das Land und führte einen leichten Wind mit sich. Vereinzelt waren auch noch Sterne am Himmel zu sehen. Der große Innenhof des Gutes war freigeräumt worden, dort standen in langer Reihe nebeneinander die Pferde, Kamele und Maultiere bereit für die Reise. Vereinzelndes Wiehern und Schnauben der Pferde mischte sich mit den gleichgültigen Schmatzen und blöken der Kamele. Menschen wuselten hin und her. Vorräte wurden auf die Maulesel geladen, die ausgewählten Männer sattelten ihre Reittiere. Alic redete mit Tarek angeregt, Wazir stieß Saphir an: "Ey, musste das unbedingt sein, mit dem früh ausstehen, hätten wir nicht noch ne Runde schnarchen können." fragte er den Bogenschützen, während der sein Meuchelmesser in den Gürtel steckte. Saphir behänge seinen Sattel grade mit Köchern, in denen die verschiedenen Pfeile waren, die er je nach Situation verwenden wollte. Er spukte aus und erwiderte kurz: "Wirst wieder zu viel gesoffen ham, was?". "Nö, gar nicht!" empörte sich Wazir grinsend. Auch die anderen redeten miteinander, wie sie die letzte Nacht daheim verbracht hatten und über die Erwartungen an die bevorstehende Reise. Nicht jeder hatte schon mal eine Reise von diesem Ausmaße unternommen und allen war klar, es könnte leicht eine Reise ohne Widerkehr werden. Und verlieren hatten alle viel. Bis auf Tarek und Wazir hatten alle Frau und Kinder. Hartes Brot all das aufs Spiel zu setzen um gegen einen Feind zu ziehen, der so weit weg war, das man gar nicht wusste, ob er denn je hier hin gekommen wäre. Aber wenn Alic rief, dann kamen die Männer, so war es seit Jahren schon und so würde es wohl immer bleiben. Der "Wüstenlöwe", wie Alic in der Gegend genannt wurde, war aber auch ein Mensch, der den Menschen Glauben geben kann, er konnte stets seine Sache zu ihrer Sache machten, diese hohe Kunst beherrschte er wahrlich meisterhaft. Die Männer stellten sich an. Alyra händigte allen die persönliche Verpflegung aus, Alic gab eine ordentliche Summe Geld an jeden einzelnen weiter. Der Platz lichtete sich langsam, die Männer nahmen noch weitere Waffen auf, Maku, der einzige ausgebildete Schwertkämpfer der Gruppe steckte allein drei Schwerter an den Sattel seines Pferdes, man konnte nie wissen. Benur nahm noch einen Sack mit Ersatztrommeln für seine automatische Armbrust auf sein Pferd. Dann waren sie alle fertig. So standen die zwölf Männer, jeder vor seinem Reittier auf dem Platz. Tarek, Saphir, Wazir, Maku, Benur, Manta, Usmir, Tekar, Oris, Tama, Badur und Erad, das waren sie. Fünf Bogenschützen, zwei Alchemisten, ein Speerwerfer, ein Gelehrter, ein Heiler, ein Schwertkämpfer und ein Schattenwandler. Allesamt schwer bepackt und bis an die Zähne bewaffnet, genau so, wie sämtliche Reittiere schwer beladen waren, mit allem, was die Männer womöglich brauchen könnten und das in der größtmöglichen Anzahl.
Alic trat jetzt vor die Männer. Sah sie an, sah ihnen in die Augen. Dann begann er: "Männer, ich weiß nicht, wie sich das Rad der Götter dreht, oder warum Dinge so geschehen, wie sie es tun. Warum passiert die Geschichte so, wie sie es tut? Wer weiß das schon? Ich nicht. Aber ich weiß etwas anderes. Ich weiß etwas viel besseres. Ich würde die Götter gerne etwas Fragen." Er nahm eine standhaftere Körperhaltung an und deutete provokativ in den Himmel: "Habt ihr daran gedacht, ihr Götter? Habt ihr daran gedacht, dass sich hier heute zwölf aufmachen um eurer Geschichte, eurem Rad eine neue Wendung zu geben?" schrie er mit fester Stimme in den Himmel. Dann senkte den Arm, sah wieder die Männer an: "Nein, ich sage nein, sie haben nicht daran gedacht, sie haben nicht an uns gedacht, sie haben nicht an euch gedacht! Es mag sein, dass die Geschichte euch nicht bemerkt, wenn ihr hier heute aufbrecht zu eurer Reise, aber ich versichere euch, die Geschichte wird sich an euch erinnern müssen, wenn eure Reise irgendwann zu Ende ist. Ihr habt mein Wort, man wird sich euer und euren Taten erinnern! Was haben die denn gedacht?" fragte er seine Männer und deute auf das Tor, als Zeichen für die Welt da draußen. "Was haben die sich eigentlich gedacht, als sie diesen Weltenbrand entfesselt haben? Was haben die sich gedacht, haben die gedacht, Alic Ohara und die Seinen werden weiter hier sitzen und Bananen züchten?" eine kurze Pause: "Nein! Nein! Das machen wir nicht!" schrie er wütend. "Wir schlagen zurück, wir kämpfen , wir wehren uns, wir stehen für jene, die es wert sind, wir kämpfen, für die Menschen, wir kämpfen, für das Leben, wir kämpfen, für das Land, wir kämpfen, für die Zeit, wir kämpfen für den Frieden, wir kämpfen für die Frauen und wir kämpfen für die Kinder!!!" schrie er feurig seine Leute an, dann wischte er sich Haare aus der Stirn. "Ihr mögt nur zwölf sein, ihr seid nur zwölf, zu wenige, das würden viele sagen, die man fragen würde. Aber wir fragen sie nicht, denn sie kennen euch nicht. Ich kenne euch, ihr seid Teil meiner Familie, ich kenne euch längst als Freunde, nicht mehr als Untergebe, wir sind eine große Familie und ich, der ich euch kenne sage euch. Ich ziehe lieber mit ein Dutzend Löwen in die Schlacht als mit 10000 Schafen! Das Feuer, das in euch brennt, das macht euch stark, weil es sonst keiner kennt! Ihr seid Löwen, kämpft wie Löwen, zeigt denen wer ihr seid, ihr seid Söhne der Wüste, stolz und stark! Der Feind mag in Scharen kommen, aber deshalb wird er nur in Scharen zu Tode kommen. Und ihr seid Staub und Schatten, der Feind wird euch nicht sehen, bis ihr hinter ihm steht, heimlich, schnell und leise, so seid ihr auch. Erscheint dort, wo er es nicht erwartet, trefft ihn da, wo er sich nicht schützen kann. Schlagt zu und verschwindet. Lasst euch nicht verwirren, schafft die Verwirrung nur beim Feind. Euer Glaube ist eure Rüstung eher Wille ist euer Schwert. Eure Namen werden dem Feind schon bald ein Begriff sein, vor euch wird man warnen, ihr seid Oriaks Klinge. Schnell und stark. Ihr seid perfekt ausgebildet, wisst alle was ihr könnt. Und wir haben euch exzellent ausgestattet, ihr habt alles was ihr braucht. Unsre volle Unterstützung! Denn ihr seid unser Beitrag gegen diese Krise. Ihr seid meine Faust, Oharas Faust, schlagt hart und verheerend zu, ohne Gnade, ohne Reue. Seid Oriaks Waffe. Mein Sohn." fing er an und deutete wieder nach dem Tor: "Ist da draußen und steht bereits gegen die Feinde und ihr sollt seine Waffen sein. Macht es gut!" Alic wischte sich den Schweiß von der Stirn, er verausgabte sich immer bei den Ansprachen, wenn es darauf an kam. Dann trat er auf die Männer zu, Alyra hinter her. Sie kamen zu jedem von den ausgewählten Männern, gaben ihnen die Hände, umarmten sie, tauschten ein paar persönliche Worte aus, kurzes Lachen hier und da. Schultern klopfen. Dann traten die beiden wieder vor die Männer. "Ich mag euch auch nicht verschweigen..." fing Alic wieder an: "das die Reise für den einen oder anderen zu lang werden wird, das manche nicht mehr zurück kommen werden. Aber für wen das neu ist, der möge durch dieses Tor treten und nach Hause gehn." forderte Alic die Männer auf, was mit einem kurzen Gelächter quittiert wurde. "So seid ihr! So will ich euch!" er zeigte auf sie, mit wildem Blick und in Wind wehenden Haaren. "Lacht der Gefahr ins Gesicht, lacht ihr ins Gesicht. Stellt euch hin und sagt ihr, ich habe keine Angst! Denn das habt ihr nicht, ihr wisst genau, ein Sohn der Wüste wird nicht nur danach beurteilt wie er gelebt hat, sondern auch danach, wie er gestorben ist. Und wenn ihr auf dieser Reise sterbt, so werdet ihr als jene sterben, die für ihr Land, für ihre Familien, für all die Lebenden einstehen. Wenn ihr sterbt, so werdet ihr im Kampf für die richtige Sache sterben! Das schwör ich euch! Und deshalb." er deutete mit Zeige- und Mittelfinger auf dem Boden zwischen ihnen. "Deshalb wird sich die Geschichte eurer erinnern. Ihr wisst genau, ich hasse dieses Wort Held, weil es oft fehl am Platze ist, aber hier stimmt es, denn das werdet ihr sein. Ihr werdet Helden sein, wahre Helden, echte Helden, man wird Lieder über euch schreiben, ich werde den Kindern meiner Kinder von euch erzählen, hier an diesem Hofe, in unserem Land werdet ihr nie in Vergessenheit geraten, das ist mein Wort an euch!" er pustete kurz durch, dann redete er weiter: "Ihr seid Soldaten, ihr alle habt eine kämpferische Ausbildung erhalten, ganz gleich was ihr heute tut. Ich hätte euch diese Reise befehlen können, ich hätte euch den Befehl geben können und ihr hättet euch daran halten müssen. Aber das mach ich nicht." schrie er. "Nein." sagte er leiser. "Ich bitte euch als Freund darum. Ich bitte euch als Vater, als Ziehvater zwar nur, aber trotzdem, ich bitte euch. Helft meinem Sohn, macht euch nun auf, vertretet uns in der Welt und helft meinem Sohn. Ich werde täglich morgens und abends für euch beten." erklärte er. Dann atmete er einmal durch und trat einen Schritt zurück. Alyra begann jetzt zu sprechen: "Ich möchte noch ein paar Dinge anfügen. Es tut uns Leid, das die Familienzeit, die wir euch gaben so karg ausgefallen ist, aber die Umstände gewähren uns den Luxus weiterer Zeit leider nicht. Wir wissen um das schwere Opfer, das eure Familien bereit sind zu geben, wissen um das Opfer, das eure tapferen und guten Frauen leisten, genau wie eure lieben Kinder. Seid euch gewiss, das wir gut auf eure Familien achtgeben werden, so wie wir es immer taten. Unser Haus steht euch und den euren immer offen, das wisst ihr ganz genau. Nutzt dieses Angebot. Ich werde eure Familien immer besuchen, genau wie mein Mann, eure Abwesenheit ist das erste Opfer, das wir bringen müssen in diesem Krieg, lasst uns alle dafür beten, dass es das einzige Opfer bleiben möge." Sie machte eine kurze Pause, bevor sie mit klarer Stimme weiter sprach: "Seid auch dessen bewusst, das, wenn der Krieg hier her kommt, wir eure Familien schützen und verteidigen werden, Leben für Leben, ihr setzt euch ein, wir setzen uns ein, das ist unser Schwur, das ist unser Glaube. Unser Haus steht euch immer offen, für immer. Scheut euch auch nicht, nach Verstärkung und Unterstützung zu rufen, ihr wisst genau, was wir geben, geben wir, immer. Viel Glück, viel Glück, Glaube und Mut! Wir werden immer an euch denken!" endete sie und ihr Mann sprach weiter: "So ist es. Also Männer, wir können noch so lange reden, irgendwann müsst ihr reiten. Reitet nun, reitet nun, zieht zu Oriak und helft ihm. Pass gut auf euch auf, ihr seid unsere Hoffnung, unsere Waffe in diesem Kriege, kämpft und haltet euch gut. Löwen, ihr seid Löwen und es war uns immer eine Ehre, euch eine Heimat zu bieten, mit euch zusammen zu arbeiten und es ist uns eine Ehre, dass ihr unsre Freunde seid!" Auf, auf nun, reitet nun! Öffnet das Tor!" rief er. Und während sich Wachen am Tor zu schaffen machten, traten die zwölf Männer vor und entboten den beiden ihren Gruß. Dazu schlugen sie mit der rechten Faust in die linke Armbeuge, während der linke Unterarm nach oben schnellte, die Hand zur Faust geballt, dann drehte sich der linke Arm nach rechts in einem nach unten gerichteten Halbkreis ab und schnellte schließlich zackig nach oben, während aus der Faust Zeige- und Mittelfinger heraus gestreckt wurden. Während sie sich in die Armbeuge schlugen, brüllten sie: "ALIC!" und während der linke Arm nach oben schnellte: "ALYRA!!!". Der Gruß wurde drei Mal wiederholt, der ganze Innenhof wurde von den kräftig gebrüllten Worten erfüllt. Dann kam Bewegung in die Männer. Sie schwangen sich auf ihre Tiere, zogen an Zügeln, saßen auf und lenkten die Tiere zum offenen Tor. Jetzt setzten die Trompeter auf den Mauern ein und spielten einen Marsch, Trommler setzten ein, eine große Melodie entstand, die die Reiter durch das Tor geleitete. Draußen waren alle gekommen. All ihre Familien, all die Freunde und Nachbarn. Menschen aus den umliegenden Dörfern. Alle hübsch gekleidet. Die Mädchen hatten Blumen ins Haar geflochten, die Jungen traditionelle festliche Gewänder angelegt. Viele nachdenkliche Gesichter, einige weinten in Stille und böser Vorahnung versunken. Wen dieser zwölf Männer würde man wieder sehen, wer würde je lebend zurück kehren? Die Zukunft lag in Finsternis und ungewiss war alle Widerkehr. Es war eine Gasse gebildet worden, wo durch die Reiter nun langsam ritten. Die Menschen hatten Palmenblätter in die Gasse gelegt und es wurden Blumen vor den Pferden und Kamelen zu Boden geworfen. Die Pferde und Kamele setzten ihre Hufen vorsichtig auf dem ungewohnten Grund auf und schritten so langsam durch die Gasse. Eine junge Frau gab Benur eine Wüstenrose, die er an seinen Sattel steckte. Andere klatschten oder winkten, die Reiter winkten ebenfalls. Andere beteten oder sangen laut, aber auch leise. Als die Ersten Reiter aus der Gasse draußen waren fächerten sie auf und ritten Richtung Osten los. Die Menschen blieben am Tor zurück, klatschten, riefen und winkten ihnen hinterher, bis die Reiter nur noch kleine Punkte vor dem Horizont waren. Alic und Alyra standen im Tor und luden jetzt die Leute in ihr Haus ein, wo eine große, üppig gefüllte Tafel aufgetan worden war, dort saßen sie zusammen, redeten, aßen, und stießen auf den erfolgreichen Ritt der zwölf Männer an.