Im „Eiche und Krummstab“ in Chorrol herrschte geschäftiges Treiben. Seitdem die Oblivion-Krise vorbei war, kamen wieder mehr Reisende, vor allem fahrende Händler, in Chorrol vorbei um ihre Vorräte aufzustocken, zu rasten und um Geschäfte zu machen. So sehr es Talasma, die Wirtin, freute, dass ihre Taverne so gut besucht war, so sehr fürchtete sie sich auch vor Trunkenbolden und anderem zwielichtigem Gesindel, welches von ihrem Gasthaus angelockt werden könnte. Und sie fürchtete sich zurecht….
Die Dunmerin Tavese Drathi genehmigte sich einen weiteren Bissen ihres Brotes. Sie saß allein an einem der zwei abgelegenen Tische, am anderen saß ein auf den ersten Blick unscheinbar aussehender Kaiserlicher, der zwar in ihre Richtung schaute, doch sie nicht zu beachten schien. In der letzten Zeit tauchten viele Fremde auf, besonders in Chorrol. Tavese’s Meister in der Kaiserstadt hatte ihr den Auftrag gegeben, die Dinge in Chorrol zu beobachten, Zwischenfällen auf den Grund zu gehen, und verdächtige Personen zu verhören und bei Nichtkooperation hinzurichten. Der Meister erwählte sie, da sie die beste seiner Agentinnen war, und sie war erpicht darauf den Auftrag zu seiner vollsten Zufriedenheit zu erfüllen, so wie sie es immer tat. Sie erhielt ausserdem den Tipp, dass sich ein Kaiserlicher, welcher gerade erst in Chorrol sesshaft geworden war, äusserst verdächtig verhalten haben soll. Und die Beschreibung, die sie erhielt, passte auf genau eben den Mann, der ihr nun in der Taverne gegenübersaß. Tavese blickte sich um. In der Taverne herrschte reger Betrieb, es lärmte, doch es gab, würde sie ihr Ziel hier verhören, zuviele Zeugen. Sie überlegte einen kurzen Augenblick und genehmigte sich einen weiteren Bissen ihres Brotes. Sie musste warten, solange bis ihr Zielobjekt sich aus der Taverne entfernte um ihm dann zu folgen…
Normalerweise speiste Tavesi gerne in Tavernen, besonders nach erfolgreich erfüllten Missionen. Dies war auch der Grund, warum sie stets so gut informiert war. Wie immer schnappte sie auch an diesem Tag interessante Gerüchte auf, zwei in Roben gekleidete Personen, die an der Theke saßen, diskutierten angeregt über die angeblichen Differenzen innerhalb der Magiergilde, dass sich ein Teil dieser abgespalten haben soll, um die erst kürzlich entdeckten Ayleidenruinen zu erforschen und deren Geheimnisse zu ergründen. Die Leitung der Gilde war angeblich dagegen, die Mittel hätten gefehlt, und es würde dringendere Angelegenheiten geben. Viele Gerüchte waren erfunden, Tavesi wusste jedoch, dass dieses der Wahrheit entsprach. Ihr Meister höchselbst hatte ihr beigebracht, anhand der Stimmlage jegliche Lügen zu durchschauen. Doch Tavesi war wegen etwas anderem hier, sie sollte die Lage im Auge behalten. Der Kaiserliche hatte noch immer keine Anstalten gemacht aufzustehen, es schien fast so als ob er auf jemanden warten würde. Tavesi kaute auf ihren Lippen herum, dieser eigentlich einfache Auftrag fing an sie zu langweilen, fast schon sie zu nerven. Doch dann traf sie die Erkenntnis, ihr Meister hatte sie vor Telepathen gewarnt, warum hatte sie dies nicht bedacht? Warum hatte sie, seine beste Agentin, einen so fatalen Anfängerfehler gemacht? Sie musste diesen Auftrag erfolgreich ausführen, sonst würde sie in der Gunst ihres Meisters sinken! Langsam, aber entschlossen stand sie auf, sah sich um und als keiner hinschaute wirkte sie einen Chamäleon-Zauber, welcher sie langsam mit der Umgebung verschmelzen ließ…
Cornelius Jucanis nahm einen Schluck Met zu sich. In der kurzen Zeit, in welcher er hier in Chorrol war, hatte er bereits das „Eiche und Krummstab“ zu seinem Lieblingsplatz erwählt. Das Ambiente war nett, die Getränke und Speisen exzellent, und die Preise akzeptabel. Doch dieses Mal war er nicht zu seinem Vergnügen hier, er wartete auf jemanden. Doch die Person schien nicht auftauchen zu wollen, eigentlich hätte sie schon längst da sein müssen. Wo bleibt Endyrmia nur? Sie sollte schon längst hier sein, sie wusste doch das unser Fürst keine Fehler und keine Verzögerungen duldete. Und warum beobachtete ihn eigentlich diese Dunmerin die ganze Zeit, sie schien anscheinend nicht zu bemerken, das er es bemerkte. Halt, Moment. Wo ist sie hin? Cornelius empfand Unbehagen, grade war die Frau doch noch da gewesen. Wurde er etwa enttarnt? War sie eine Agentin, die ihn verfolgte? Zeit sich zurückzuziehen. Endyrmia muss ich auf anderem Weg kontaktieren. Er stand auf, ging zur Theke und bezahlte. Mit hastigen Schritten ging er zur Tür, und ging hinaus. Er hätte dies nicht getan, hätte er gewusst, dass in diesem Augenblick die Augen einer Dunmerin auf ihm ruhten, die ihn aus dem Schatten beobachtete…
Cornelius beschleunigte seine Schritte, nachdem er das Gebäude verlassen hatte. Er musste dringend sein Haus erreichen und sich dort verbarrikadieren, musste warten bis Verstärkung eintraf. Sie dürfen mich nicht in die Finger bekommen! Während er immer schneller lief, schaute er sich abwechselnd nach links und rechts um, der Verfolgungswahn ergriff Besitz von ihm. Als er in die Seitengasse einbog und versuchte nach hinten zu schauen passierte es, er stolperte, fiel hin und verstauchte sich den Knöchel. Verdammt! Er richtete sich auf, strauchelte, versuchte weiter zu rennen, doch nach wenigen Metern fiel er wieder hin. Erneut stand er auf, machte ein paar weitere Schritte. Doch dann passierte es. Irgendetwas traf ihn von hinten. Er spürte einen stechenden Schmerz im Hinterkopf, seine Sicht verschwamm. „Der Meister sieht alles. Sein Wille ist der Wille des Drachen,“ flüsterte hinter ihm eine Frauenstimme. Und dies war das letzte was er hörte, bevor ihm schwarz vor Augen wurde…