Die Vergessenen - Kapitel I
Der Nachthimmel war klar und die Nacht still. Der junge Wächter Primo Magius machte wie immer seinen nächtlichen Kontrollgang durch die Straßen Brumas. Er war sichtlich ermüdet von der Arbeit, in letzter Zeit hatte er kaum Gelegenheit zu schlafen. Von der Obrigkeit erging aufgrund der kürzlichen Meldungen, dass Reisende angeblich von verhüllten Gestalten angegriffen worden seien sollen, die Anweisung, besonders wachsam zu sein. "Kapuzenmänner, pah, wers glaubt. Es wird doch nur ein Grund gesucht, um uns für unseren eh schon miesen Sold noch mehr arbeiten zu lassen", murmelte der Wachmann zu sich selbst.
Primo hätte weiter vor sich hin gemurmelt, doch seine empfindlichen Ohren vernahmen Schritte, die sich näherten. Als er sich umdrehte näherte sich ihm eine vermummte Gestalt, die ihn frösteln ließ. War an den Berichten etwas dran? "Wer seid ihr?" fragte der junge Kaiserliche barsch. Unter der Kapuze hörte er ein Lachen, und die vermummte Gestalt nahm diese langsam ab. Es handelte sich nur um Arnora, eine Nordfrau, die im Geheimen Primo schon länger beobachtet hatte. "Ich wollte euch nur eine kleine Stärkung vorbeibringen, edler Herr." Dem Wächter war die Situation mehr als peinlich, besonders da ihn Arnora wie immer freundlich anlächelte. Er lächelte verschmitzt zurück, nahm das Gebäck an, das sie ihm anbot und bedankte sich bei ihr. Danach wendete er sich wieder seiner Arbeit zu, nicht ohne ihr vorher ein Auge zuzudrücken. Hätte er es nicht so eilig gehabt, sich wieder seiner Arbeit zuzuwenden, hätte er bemerkt, dass Arnora nicht in ihr Haus zurückging...
Bisher war auf Primos Patrouille nichts aussergewöhnliches passiert, doch als Primo an dem Haus von J'Ghasta vorbeikam, beschlich ihn ein unbehagliches Gefühl. Die Luft wurde ungewöhnlich kalt, es war als ob ihr irgendetwas sämtliche Wärme entzogen hätte. Normalerweise war es Bruma in nie sonderlich warm, doch Primo wusste, dass hier nichts Gutes in der Luft lag. Es fühlte sich genauso an wie vor 10 Jahren...
Der damals zwölfjährige Primo kam vom Einkaufen zurück, wie gewöhnlich besorgte er Waren für das Geschäft seiner Eltern. Als er an jenem schicksalshaften Abend vor sein Elternhaus trat, lag genau diese unheimliche Kälte in der Luft. Die Kälte war ihm unheimlich, daher wollte er so schnell wie möglich ins Haus. Als er die Tür öffnete und eintrat, erwartete er, dass ihn seine Mutter wie üblich freundlich begrüßt, doch stattdessen bot sich ihm ein alptraumhaftes Bild: Seine Eltern lagen leblos auf dem Boden, die Augen nach oben gerollt. Es gab jedoch keine Spuren eines Kampfes, keine Anzeichen das Magie benutzt wurde und krank waren seine Eltern auch nicht, dass hätte er gewusst. Aus Mangel an Beweisen und Spuren wurden die Ermittlungen kurze Zeit später schon wieder aufgegeben, und Primo hatte sich damals geschworen den Mörder seiner Eltern zu finden und zur Strecke zu bringen, darum schloss er sich der Stadtwache an...
Ein dumpfes Geräusch riss den jungen Wächter aus seinen Gedanken. Könnte es sein, das...? Es liegt genau 10 Jahre zurück, das kann kein Zufall sein! Er zog seine Waffe und beschloss, dem Grund des Geräusches nachzugehen. Langsam steuerte er auf die Seitengasse neben J'Ghastas Haus zu, aus dessen Richtung das Geräusch kam. Er musste es einfach herausfinden, er musste herausfinden ob die jahrelange Ausbildung bei der Wache Früchte getragen hat, ob er bereit war seine Rache zu vollstrecken... Primo dachte, er wäre bereit für das was kommen würde, doch als er sah was die Ursache für das Geräusch war, war es, als ob ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen hätte: Im Schnee lag der leblose Körper des erst kürzlich in der Stadt eingetroffenen Altmers Sinyaramen, die Augen nach oben gerollt, und äusserlich unverletzt. Primo fühlte sich, als ob man ihn an jenen schicksalshaften Abend vor 10 Jahren zurückversetzt hätte. Er fing an zu zittern, fiel auf die Knie, die Verzweiflung ergriff Besitz von ihm. Plötzlich spürte er, das sich irgendetwas von hinten näherte. "Wer ist da-?" Doch als er sich umdrehte war es schon zu spät; eine dunkle, verhüllte Hand legte sich auf seine Stirn. Das Letzte was der Wächter in seinem Leben sah war das kalte Gesicht einer jungen Nord, das kein Erbarmen zeigte, als das Leben in den Augen des Kaiserlichen erlosch...