Ich habe ihn gelesen und auch einige seiner Essays und Interviews zu dem Thema. Dawkins ersetzt (in meinen Augen) einfach den (in seinen Augen) fundamentalistischen Theismus mit einem fundamentalistischen Atheismus. Fundamentalistisch muss nicht heißen, dass man soweit geht seinen "Gegner" zu töten. Fundamentalistisch heißt für mich absolut in der Ideologie "gefangen" zu sein und anders Gedachtes rundweg abzulehnen, im schlimmsten Falle eben "dagegen vorzugehen". Man kann es Verblendung nennen, allerdings enthält das Wort nicht alles. Dawkins Statement, er möchte eine "Bewusstseinserweiterung" herbeiführen als solches kann schon als alles andere als objektiv interpretiert werden. Man könnte sagen er ist verblendet, da er, ohne einen endgültigen objektiven Beweis vorbringen zu können, impliziert, er kenne "die Objektivität". Es gibt aber keinen endgültigen objektiven Beweis für oder wider eine Entität "Gott". Das ist auch das fundamentale Problem des Disputs. Sein Buch "Der Gotteswahn" kann man auf ganz verschiedene Arten lesen. Aber für mich persönlich ist es ein Pamphlet, nicht mehr. Ähnlich geschrieben wie manch fundamentalreligiöse Schrift. Beide "Lager" kämpfen da mit denselben Mitteln. Es ist aber recht amüsant danach "Der Atheismuswahn" von Alister McGrath u.a. zu lesen. Was das Thema Religion angeht bin ich ein schwacher Agnostiker.
...bezüglich Aufklärung...
Es gab einige religiöse Aufklärer, auch wenn sie es vielleicht nicht zu dem Weltruhm gebracht haben wie Kant u.a. Ich habe vor einigen Jahren in einer geschichtswissenschaftlichen Zeitschrift auch schon die These gelesen, die Mehrheit der Aufklärer wäre christlich motiviert gewesen. Der Autor verwies auf die oftmals Unbekannten, die die Bewegung trugen.
Allein wenn man sich das Thema Konversionen im Mittelalter ansieht bekommt man eine Ahnung, dass damals nicht überall bibeltreue Christen wandelten, sondern wahrscheinlich viele das Thema Religion eher pragmatisch sahen (Stichwort: Konversionbetrug zur Sicherung des Lebensunterhalts, Die Konversionen August des Starken u.a). In feudalen, absolutistischen oder anderweitig oligarchischen Systemen ist es logisch, dass sich "die Herrschenden" vorhandener Systeme bedienen um ihre Macht aufrecht zu erhalten. Genauso wie die mittelalterlichen Könige sich ihren Stammbau bis auf Zeus oder Mars zurückschrieben ließen, wurde später, nachdem die christliche Kirche an Macht gewann, diese genutzt. Da bestanden natürlich auch andere gesellschaftliche Zwänge, aber faktisch gesehen wurde die Religionsfreiheit (mehr oder minder) später gesetzlich garantiert. Ein riesen Fortschritt der damaligen Zeit.
Verdient ein Religionsfaschist der Marke "Bibeltreuer Christ", der diverse volksverhetzende Parolen von sich gibt, der eine gewaltsame Politik Israels gegenüber den Palästinensern gutheißt, der die "Arbeit" des Ku-Klux-Klans gutheißt, der jeden als Kommunisten oder Sünder bezeichnet, der nicht seiner Meinung ist, etwa Gnade?
Was heißt Gnade? Jemand der "lediglich" verbale Propaganda betreibt hat in den meisten westlichen Ländern nichts zu befürchten (es kommt natürlich auf die Intensität an. Volksverhetzung und Beleidigung sind in den meisten EU-Staaten gesetzlich verboten und dagegen kann man vorgehen). Böswillig gesagt betreibt Dawkins ebenfalls Hetze, wenn er sich offen dafür ausspricht sich über religiösen Menschen lustig zu machen, da sie "Nonsens" brabbeln. Es wird ihn aber kein Gericht in Deutschland oder anderswo dafür verurteilen. Es besteht nunmal Meinungsfreiheit und auch mit solchen Parolen muss eine demokratische Gesellschaft klar kommen. Mal kurz OT: Politiker können für ihre teilweise infamen Unterstellungen ebenfalls nicht belangt werden, solange sie nicht den Holocaust leugnen oder ähnliches.
Auch wenn man dies alles vielleicht nicht gutheißt, doch sollte man sich überlegen wie es wäre wenn man kein Recht auf freie Meinungsäußerung (ich weiß, dass sie beschränkt ist) hätte.
Letztlich noch ein paar Gedanken zu "Fressen und Gefressen werden". Ein Löwe muss Fleisch essen. Sein gesamter Organismus ist auf das Jagen, Erlegen und Fressen von anderen Tieren ausgelegt. Beim Menschen ist dies nicht so. Der Mensch ist ein weit entwickelter Primat. Doch die Hauptnahrungsquelle von Primaten sind Pflanzen. Der menschliche Organismus ist noch stärker auf pflanzliche Nahrung spezialisiert als der von Schimpansen beispielsweise: Gebiss, Verdauungstrakt etc. Auch anderweitig weißt der Mensch eher Merkmale eines Pflanzenfressers oder maximal seltenen Omnivoren auf: Haut mit Schweißdrüsen, keine Klauen, ein Mahlgebiss mit vergleichsweise schwacher Muskulatur, vergleichsweise schwacher Magensäure, langer Darm, Enzymhaushalt etc. (mit vergleichsweise ist im Vergleich zu rein fleischfressenden Arten gemeint). Auch in der medizinischen Forschung gilt es als erwiesen, dass starker Fleischkonsum dem Körper mehr schadet als nützt. Es steht dem Menschen völlig frei ob er Fleisch isst, dem Löwen nicht. Und da wir Vernunft haben und über unsere Handlungen reflektieren können, gilt "Fressen oder Gefressen werden" für uns so nicht. Auch leben wir nicht mehr in Höhlen, sondern in einer hochtechnisiserten Zeit mit den verschiedensten synthetischen Werkstoffen und sind daher auf Knochen, Haut oder Fell anderer Tiere nicht mehr angewiesen. Die Herstellung von synthetischer Kleidung beispielsweise ist billiger und mit wesentlich weniger Aufwand in viel größeren Stückzahlen möglich. Zudem halten die Sachen länger und sind gesundheitsfreundlicher. Es ist ebenfalls wissenschaftlich erwiesen, dass Tigerpenisse die Potenz nicht steigern. Deshalb gibt es außer "Ich will's aber trotzdem" objektiv keinen Grund darauf zurückzugreifen. Und da steckt der Teufel im Detail.
Macht echt Spaß die Diskussion
Edit: Fast vergessen: Die meisten, den Menschen nahestehenden, Primaten (Bsp.: Gorillas, Orang Utans) jagen nur, wenn sie nichts anderes Essbares finden. Bei Schimpansen streiten die Wissenschaftler noch, aber man ist sich insofern sicher, dass die Jagd erstens selten stattfindet und zweitens vor allem den sozialen Bindungen der Gruppe dient. Diese Primaten und auch der Mensch kommen ohne Fleisch aus, jedoch nicht ohne pflanzliche Nahrung.
Was zur Folge hat, dass es keinen objektiven Grund gibt Tiere, ohne in einer Notwehrsituation zu sein, zu quälen und zu töten.