Arifess lag bereits im Bett, als Shuhoku aus dem Nebenraum kam. Er hatte ein schwarzes Hemd aus leichtem Stoff als Oberteil angezogen und trug eine ebenfalls leichte, schwarze Hose, die seine Füße noch zum Teil überdeckte. In den Armen trug er seine Ausrüstung, die er auf einen Nachttisch neben sich legte. Dann schlüpfte er unter die Decke, griff neben sich auf den Nachttisch, nahm einen scharf geschliffenen Dolch und legte ihn halb unter sein Kopfkissen, sodass der Griff noch herausragte. Arifess hatte all das beobachtet und sah in schweigend an. „Meinst du, dass das nötig ist?“, meinte sie leise. Shuhoku sah sie mit leicht hochgezogenen Brauen an. „Nun ja … das mache ich immer so!“ Sie schüttelte ungläubig lächelnd den Kopf und meinte: „Aber wozu? Ich meine, hier sind wir doch sicher, hier brauchst du doch keine Waffe in Griffnähe haben …“ Shuhoku sah sie unsicher an. „Nun ja … bis jetzt habe ich das immer so gemacht. Es ist mir schon lange zur Gewohnheit geworden – zu einer überaus praktischen Gewohntheit, wie ich sagen muss …“ – „Aber hast du denn nie versucht, einmal ruhig und friedlich zu schlafen?“ Shuhoku dachte kurz über ihre Worte nach und zuckte dann mit den Schultern nicht. „Aus deiner Sicht wohl nicht.“ Arifess sah ihn noch eine Weile an und meinte dann: „Wieso willst du nicht einmal versuchen, ganz normal zu schlafen?“, dabei lächelte sie ihn aufmunternd an. Er zögerte eine Weile, doch schließlich nickte er widerstrebend. Wenn er es recht bedachte, gab es in diesem Schloss niemanden, der ihnen wirklich etwas anhaben würde, außerdem waren die Türen fest verschlossen und Fenster gab es in diesem Schloss keine, da das Tageslicht den Vampiren nicht gut tat. Shuhoku zuckte also noch einmal mit den Schultern und legte dann den Dolch wieder neben sich auf den Nachttisch. Arifess lächelte und drückte ihn behutsam in die Kissen. „Und jetzt wirst du einmal richtig schlafen, frei von Zweifeln, in Ordnung?“ Er sah sie immer noch unsicher an, aber nickte dann. Sie ließ sich neben ihm ins Bett sinken und stützte, auf der Seite liegend, ihren Kopf auf der Hand auf, während sie ihn ansah. Shuhoku schloss die Augen und atmete tief ein. Er versuchte sich vollständig zu entkrampfen und entspannte sich so weit, dass er sich fühlte, als würde er tief in die Kissen fallen …
Plötzlich spürte er, wie etwas auf seinem Brustkörper kribbelte. Seine Mundwinkel zuckten leicht und er ließ die Augen geschlossen, während Arifess ihm mit der Hand über den Oberkörper strich. Sie sah ihn liebevoll an und fuhr dann mit selbiger über seine Wange. Shuhoku griff schließlich nach ihrer Hand und zog Arifess an sich heran. Sie umarmte ihn wohlwollend und schmiegte sich an den wärmenden Körper …
Die beiden schmusten noch eine ganze Weile miteinander, bis Shuhoku leise das Lied summte, welches Korribas zuvor gespielt hatte. Arifess hielt inne und lauschte mit gespitzten Ohren (als ob sie sonst nicht gespitzt wären
). Sie lauschte gebannt, wie Shuhoku entspannt weitersummte und hauchte schließlich: „Das Lied … ich kenne es auch.“ Er schlug die Augen auf und sah sie an. „Ich kenne es aus meiner Kindheit …“ – „Es ist elfisch, nicht wahr?“ Er nickte. Und auch Arifess erinnerte sich langsam an jenes Lied … weit in der Ferne klang es in ihrem Geist … und plötzlich viel ihr auch wieder ein wenig Text ein. Leise sang sie zu Shuhokus Summen. „Alar mathas lar miey … de nuvia tevar …“ Shuhoku sah sie an und auch ihm fiel plötzlich längst Vergessenes wieder ein. Sie beide erinnerten sich schließlich an immer mehr Stücke aus dem uralten Text und spürten die elfische Magie, die durch ihre Adern floss …
Als sie sich schließlich in den Schlaf gesungen hatten, träumte Shuhoku zum ersten Mal seit Jahren wieder richtig.