Die geheimnisvollen Heiler in den lilanen Gewändern kippten über den lilanen Staub, der Luxorians Körper bedeckte noch eine große Menge einer rosenholzfarbenen Flüssigkeit. Dann mussten Hanfi und ihre Gefährten zurücktreten. Die Atlantrianer versammelten sich um Luxorian, schlossen einen Kreis und begannen laut im Chor ein Lied anzustimmen. Ihre stimmen halten von dem schimmernden Wänden wieder, bis hinauf in das Gewölbe. Sie sangen einen mehrstimmigen Choral in einer unbekannten Sprache.
Hanfi sah dem ganzen Treiben misstrauisch zu. Sie fand diese Behandlungsmethoden und die ganzen, magischen Vorgänge irgendwie altmodisch. Aber da fiel ihr ein, dass Atlantis seit Jahrtausenden unter dem Meer lag und kaum Kontakt zur Außenwelt hatte. Da war es ja klar, dass die Leute dort die neusten Entwicklungen auf dem Bereich der magischen Technologie wohl nicht mitbekommen hatten. Während Hanfi dieser Gedanke durch den Kopf schoss, beendeten die Priester und Heiler von Atlantis ihren Gesang. Sie traten zurück und zwei von ihnen hoben die Bahre an, auf der Luxorian lag. Ein anderer wandte sich an die Gefährten, von denen alle außer Erik und Solitarius weg waren.:
„Wir haben das Gift in seinem Körper beseitigt, er ist wiederhergestellt. Wir werden ihm kurz die sakralen Salben abwaschen und ihn kurz ausruhen lassen, dann könnt ihr wieder weiterreisen. Bis dahin wartet in der Halle, in der ihr angekommen seit. Einer meiner Leute wird euch dorthin bringen.“
Ein anderer Atlantrianer trat vor und wandte sich zum Ausgang. Die Gefährten , die noch in der Halle waren, folgten ihm, nur Hanfi blieb noch stehen. Sie wollte sich nicht einfach so zufrieden geben.
Ein Mann in einem reich bestickten, leuchtend blauen Gewand wandte sich an Hanfi:
„Ihr solltet besser gehen.“
„Nein, ich kann nicht. Ich will das verstehen, ich will wissen, warum ihr uns hierher gebracht habt um uns zu helfen. Ich will wissen, warum ihr wusstet, dass wir kommen.“
Plötzlich legte sich eine Stille über den Tempel von Atlantis, die mit einem Male von dem lauten, durchdringenden, scheppernden Gong durchdrungen wurde. Der Mann dem Hanfi gegenüberstand sah sie aus tiefen, grünen Augen an, aus denen große Lebenserfahrung sprach.
„Atlantis ist nicht die Stadt der Sagen von der die Menschen sich überall erzählen. Noch nicht einmal wir selber wissen, warum die Götter uns damals nicht alle ertränkten, sondern uns dieses verdammte Leben ließen, vielleicht wollten sie uns quälen. Denn wisse, jeder Bewohner dieses Ortes hat das ewige Leben und schon lange gibt es keine Kinder mehr hier. Wir leben in unseren Glasglocken, alle halbe Stunde werden die Unterwasserschallwellen von den Wänden unserer Häuser absorbiert und hallen in den Kuppeln und Türmen wieder. Doch wir haben in unserem langen Leben auch Weisheit gewonnen. Unter anderem auch die Gabe der Vorhersehung. Eine Prophezeiung sagte, unser Fluch könne gemildert werden, indem wir den Menschen, die wir einst verdammten, helfen.“
„Ich verstehe. Ein harter Fluch.“ ,sagte Hanfi nachdenklich. Plötzlich beugte sich der Mann vor und flüsterte in Hanfis Ohr:
„Man sagt, die Dunkelelfen wären einst ebenfalls verfluchte Meeresbewohner gewesen, die von ihrem Fluch erlöst wurden...“
„Was? Das kann nicht sein! Die Dunmer stammen von den Chimern ab, das weiß doch jeder!“ ,rief Hanfi.
„Nicht alle Dunkelelfen dieser Welt und anderer Welten sind Dunmer.“
Der Mann zwinkerte Hanfi vielsagend zu, dann ging er zu einem Regal und holte eine glänzende Schriftrolle hervor, di er Hanfi reichte mit den Worten:
„Nimm dies als Geschenk von Atlantis an die Welt über dem Meer. Und nun solltest du deinen Gefährten folgen.“
Zwei Minuten später verließ eine ziemlich verwirrte und nachdenkliche Hanfi den Tempel von Atlantis und beeilte sich, ihren Weg durch die Unterseestadt, zurück zu ihren Gefährten zu finden.
Doch da fiel ihr ein, dass Erik und Solitarius ja auch noch rumgebummelt hatten und so entschloss sie sich, es ihnen gleich zu tun und sich die Stadt anzusehen. In ihren Taschen hatte sie noch ein paar Münzen, aber von denen würde sie hier sowieso nichts kaufen können. Wenn sie also sich etwas Neues zulegen wollte, dann würde sie sich auf ihre halbwegs schlechten Fähigkeiten als Diebin verlassen müssen.