Ein fürchterlicher hasserfüllter Blick traf Maruk als dieser Idril mit den Worten verließ. Dann blickte sie wieder zu ihrem Vater und ging Richtung Stall. Vorbei an den Verletzten betrachtete sie emotionslos die Wunden, das Gestöhne, Gejammer, Gewimmer. Es war überall das selbe. Auch in Scho'Kolad war es so. Es ließ sie völlig kalt. Es war zur Normalität geworden. Nichts Besonderes.
Beim Stall angekommen sattelte sie Arab. Sie zog gerade den Gurt fest, als sie ein kurzes Gespräch mitanhörte. Es klang klagend und weinerlich und im nächsten Augenblick strich ihr der ekelerregende Leichenduft der Scheiterhaufen in die Nase. "Fleisch verbrenne, das ich benenne, deinen Namen und möge nicht verzagen!", murmelte sie in sich hinein und zog erneut kraftvoll an dem Sattelgurt um Arabs Bauch. Dann zäumte sie ihn erneut und strich über Mähne und Fell. Belanglos und doch irgendwie beruhigend für das Tier. Es wendete den Kopf und sie sah ihm in das Auge. Ein tiefes schwarzes Auge, groß und staunend, glanzerfüllt. Sie konnte sich darin spiegeln. Kurz, sehr kurz strich sie ihm noch einmal über die Nüstern und vorbei war der Augenblick. Arab senkte zum Fressen den Kopf. Sie kontrollierte noch einmal die Hufe und säuberte sie vom Ritt zuvor. Alles mit so einer belanglosen Emotionslosigkeit, wie nie dagewesen. So, als interessiere sie die Welt da draußen nicht mehr. Und es war so. Sie würde sich ihre eigene erschaffen. Tief in ihrer Seele.
Nachdem alles erledigt war, ging sie zu dem Loch, das gerissen wurde und schaute hinab. Es war tief, sehr tief und als sie am Rand stand, bröckelte leicht das Erdreich und rieselte in sandigen Staubwolken seicht dem gähnenden Schlund unter ihr entgegen. Sie fühlte immer noch die schwarze Magie der Bodenpentagramme klar und deutlich, doch dieses Mal riefen sie ihren Namen. Sie schmunzelte eisig. Dann bat sie einen helfenden Drachen sie hinunter zu bringen. Er tat es und setzte sie sacht unten ab, erhob sich dann wieder in die Lüfte und sagte, er würde oben auf sie warten, sie bräuchte nur einen Laut von sich zu geben. Sie nickte und flog hinauf. Er hinterließ eine ebenso unfeine, wie stickige Staubwolke und sie hielt sich kurz ihren Ärmel vor das Gesicht. Als sich der Staub wieder gelegt hatte, gewöhnten sich ihre Augen langsam an die Dunkelheit und sie konnte sehen. Das schummrige Licht, welches weich von oben auf den schwarzen und blutigen Altar fiel, verlieh der ganzen Atmosphäre einen leicht gespenstischen Hauch. Überall lagen Leichenteile herum, der Boden war blutdurchtränkt. Langsam watete Idril durch die Leichen, drehte die ein oder andere mit dem Fuß um und betrachtete schmerzverzerrte oder gänzlich entstellte Gesichter. Anstatt sich zu ekeln, empfand sie Genugtuung. Sie genoss es gar, dass diese Bastarde einen so leidvollen Tod erlitten hatten und strich schon fast zärtlich emotionslos über das bloße, entstellte Fleisch. Fühlte den Schmerz. Diesen genüsslichen Schmerz des Opfers, bevor es starb. Weidete sich an ihm. Er betäubte ihren eigenen.
Leichtfüßig erhob sie sich wieder und schritt über eine weitere Leiche hinweg. Strich sanft mit den Fingern über den blutigen schwarzen Altar und sah schemenhaft Rhianon darauf liegen. So stellte sie es sich zumindest vor, als sie in ihren Erinnerungen kramte. Schemenhafte Schatten gesellten sich zu ihrer Phantasie und sie erkannte Levans Gesicht, bevor er gegen die Wand schleuderte. Sie nahm die Finger vom Altar und das Bild verschwand. Levan hatte einen Gegenstand in der Hand gehalten. Wo war er? Einen schwarz rubinartigen Phallus - wo?
Wo war er?
Etwas eiliger suchte Idril mit ihren Augen den Boden ab. Nichts. Doch als sie sich leicht neigte, um ihren Blick den verborgenen Ecken um dem Altar zu widmen, sah sie ihn. Wieder überkam sie ein eisiges Lächeln und sie ging darauf zu. Kniete davor in die Hocke und betrachtete mit erhobener Augenbraue das 'gute Stück' ohne es zu berühren. Sie fühlte eine magische Anziehungskraft, so, als sei das ganze sexuelle Potential in ihm vereint und heuchelt ihr grenzenlose Lust und Leidenschaft entgegen.
Ein Bild flashte vor ihrem geistigen Auge auf und sie sah, wie ein junges Mädchen, das gerade mit einem sauberen Kehlschnitt auf dem Altar ihr Leben aushauchte, mit ihm extatisch beglückt wurde. Sah, wie sich die bläulich schimmernde Seele in ihm verfing, wild aufflackerte und dann dort drinnen verstummte und erlosch.
Das Bild war so schnell wieder verschwunden, wie es aufgelommen war und Idril nahm den Phallus an sich. Er fühlte sich kalt, pochend an und schien innerlich zu pulsieren. Sie hielt ihn gegen das hereinbrechende Licht und man konnte nicht hindurchsehen, obwohl er glasig von der Machart war.
"Sieh an, sieh an...", murmelte sie in sich hinein und schmunzelte eisig. Sie fühlte ein Raunen in der Luft, so als sei eine Präsenz damit nicht einverstande, dass sie ihn an sich nahm.
Wieder lächelte sie eisig, gänzlich davon unbeeindruckt.
Sie stellte ihn auf den Altar. Aufrecht. Das Licht schien auf ihn herab und sie zückte ihren Dolch, den Seelendolch, wie sie ihn selbst taufte. Den Dolch, den sie holte und ihn ahnenderweise in ihren Stiefelbund steckte. Den Dolch mit der lila Aura. Den Seelendolch der Zodiak beherbergte.
"Gefällt dir das... Zodiak?", fing sie kalt zu sprechen an, als sie ihn auf dem Altar vor den Phallus legte.
Der Dolch begann leicht zu vibrieren, als er die ganze Extase und Lust der Opfer in dem Phallus spürte.
"Du wirst sie nicht kriegen... nheeiihn, DU ... wirst sie NICHT kriegen...!", Idril lachte lauthals, es war ein verachtendes Lachen, ein höhnisches Lachen, so, wie er sie verhöhnt hatte, als er Ayla in seinen Klauen hielt. Klauen. Klauen.
Idril schlug mit der flachen Hand auf den vibrierenden Dolch und er lag still unter dieser.
"Shhhhh.....", machte sie und ihr Zeigefinger der anderen Hand, fuhr ihr dabei in einer Geste über die Lippen, wenn man jemandem gebot er möge schweigen. "Shhhh.... du verscheuchst sie noch alle!"
Sie hob die Hand wieder von dem Dolch und er lag still. Mit einem Satz sprang Idril auf den Altar und stand breitbeinig. Der Phallus lag aufrecht unter ihr. Sie begab sich in die Hocke und betrachtete ihn erneut. Mit schiefem Blick, der leicht an Wahnsinnigkeit grenzte, als sie sich die darin gefangenen Seelen vorstellte. Dann nahm sie ihn mit beiden Händen - so, als schöpfe man Wasser - und hob ihn, sich dabei langsam erhebend, gen Himmel. Dem auf den Altar scheinendem Licht entgegen. Wie in einer anrufenden Geste an eine Gottheit, der man etwas Weihen möchte, so stand sie da. Sie schloss die Augen.
"Illuminati mêringas, vêruda lhome thar!", kam es ihr über die Lippen, als sie sich wieder jener Magie öffnete, die sie seit langem in sich fühlte und ließ ihn fallen. Er glitt in einem schnellem beschleunigendem Tempo dem Altarboden entgegen und ...
schlug auf. Zerbarst, zersprengte in tausend, abertausenden Einzelteile. Ein weiß gleißendes Licht umfing Idril und bläulich weiße Seelenkugeln verflüchtigten sich im Raum, entglitten und in ihrem Geist sah sie jenen Skelett-Fürsten und jenes geisterhafte Mädchen vor sich, wie sie lächelten und langsam, sehr langsam vor ihrem geistigen Auge verblassten.
Der Dolch erzitterte und bebte unter ihr und drohte vom Altar zu fallen und mit einem Schritt ihres Fußes, war er unter diesem ruhig gestellt. "DU, wirst nie wieder eine Seele zu spüren bekommen - Zodiak!" und ein eisiger Windhauch schien sie zu umfangen, als sie sprach. Sie klatschte zweimal über sich in die Hände und jener Drache glitt wieder hinab und landete vor ihr. Sie sprang von dem Altar, nahm den Seelendolch, zog ihn durch die Splitter, genüsslich und langsam, bevor sie ihn wieder seelenruhig in ihrem Stiefelbund verstaute. Thanatos würde das nicht verborgen geblieben sein und so freute sie sich, ihm einen kleinen Gefallen getan zu haben. Einen Gefallen allerdings, der ihn zur Weißglut bringen würde und sie stellte es sich genüsslich vor, wie er toben würde.
Sie nahm auf dem ihr angebotenem Rücken platz und der Drache erhob sich wieder. Dem hinabstrahlendem Licht des Tages entgegen, welches ihn und Idril durchtränkte.