Unter einiger kurzer Kraftanstrengung gelang Idril es, nicht von den rutschigen Wänden abzurutschen, denn sie benutzte ihren Dolch, um ihn in die Ritzen zu treiben und so etwas mehr Halt zu bekommen, bevor sie sich auf den schmalen Felsvorsprung hochziehen konnte und aufstand. Von hier oben, sah man, dass es einige Felsvorsprünge gab, die sich wie eine Wendeltreppe in die Höhe wand und Idril sprang geschickt von einem zum anderen. Ganz oben angekommen, so ca. auf halber Fallhöhe, entdeckte sie eine Art Schacht, den sie nur würde knieend durchqueren können. Mal ganz davon abgesehen, dass er stockfinster war. Sie kroch hinein. Etwas anderes blieb ihr auch nicht übrig und so tastete sie sich vorsichtig voran. Doch als sich ihre Augen vollständig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, war diese eher schummrig grau und sie fragte sich, woher das kommen mochte, bis sie einige Steine an den Felswänden vernahm, die eigenleuchtend ein minimales Licht abzusondern schienen, genauso wie bei der Quelle.
>Hier herrscht Magie<, dachte Idril bei sich und krabbelte weiter, bis sie einen helleren Schein am Ende des Tunnels sah und sich vorsichtiger näherte. Der Tunnel mündete in einer riesig anmutenden Tropfsteinhöhle und Glühwürmchen durchzogen das riesige Gewölbe, dass es wie von selbstleuchtend erschien. Idril stockte der Atem bei dieser Schönheit und verharrte überwältigt eine ganze Weile, bevor sie vollständig aus dem Gang krabbelte. Irgendwie hatte sie hier das Gefühl sicher zu sein, so tief unter der Erde und fürchtete sich nicht – auch wenn sie eines besseren belehrt werden würde. Jegliches Gefühl des Kultes Tzeetch, Slaanesh, die Visionen waren wie fortgeblasen, so vereinnahmte sie die Schönheit der Stalaktiten und der bizarr anmutenden Säulen und Vorhängen, die wie von Eis überzogen aussahen. Sie sah sich um, erblickte zwischen einigen kleineren kristallklaren Seen, einen sich schlängelnden Weg, als sie fasziniert von der Leuchtkraft der Glühwürmchen - die um sie tänzelten, diesem fast schon unbedacht folgte. Doch ihre Unbedachtheit endete jäh, als sie jenes knaatschende Geräusch, aufeinanderreibender Knochen vernahm und schlurfende Schritte. Sie war auf einer breiteren Landzunge angekommen und zückte ohne zu zögern Kurzschwert und Dolch, denn viel Zeit zum Überlegen blieb ihr nicht, als ihr plötzlich Pfeile um die Ohren sausten und dicht bei ihr im Boden einschlugen. Schon stürmten zwei Skelett-Krieger, einer mit Langschwert, der andere mit einer schweren Kriegsaxt, auf sie zu.
Keine Chance! Idril hatte auf Grund ihrer Unerfahrenheit keine Chance. Der Heckenschütze würde sie aufs Korn nehmen, sobald sie sich nicht mehr auf ihn durch die weiteren Angreifer konzentrieren konnte und Idril hatte weder einen Schild für die Verteidigung, noch eine ausreichende Reichweite ihrer Waffen, um unter anderem dem langen Schwert Paroli bieten zu können.
Dennoch nahm sie tapfer den Kampf auf. Sie nutzte die Säulen als Deckung, doch es half nichts. Als sich ein Pfeil in ihren linken Oberarm grub und sie sich schmerzverzerrt vor dem Hieb der schweren Kriegsaxt wegduckte, schaffte sie noch das Skelett von sich zu treten. Doch schon im nächsten Moment traf sie der Nackenschlag des anderen Skeletts nahe dem Genick und Idril wurde schwarz vor Augen. Als sie auf den Boden fiel bekam sie noch halb benommen mit, wie sie weggeschleift wurde.
Plitsch..... plitsch....... .............Plitsch............Plitsch............
Idril lag mit dem Bauch auf dem Boden und kam langsam zu sich, als sie sich leicht rührte, bekam jedoch gleich wieder vor Schmerzen den Atem genommen. Sie versuchte die Augen zu öffnen und es gelang ihr sogar schemenhaft zu sehen, bevor sich ihr Blick klärte und sie blinzeln konnte. Sie bemühte sich aufzustehen, wurde jedoch von einem knöchernden Fuß wieder zu Boden gedrückt, als sie den Kopf nach vorne wand und den Grund sah warum sie nicht aufstehen durfte. Vor sich konnte sie einen Thron ausmachen, darauf einen mächtigen Skelett-Fürsten mit Krone, der schon fast lässig darin saß, so als wäre er nicht tot.
Dieser bedeutete seinen Untergebenen Idril auf die Knie hochzuziehen, was sie auch taten, bevor er das Wort an sie richtete.
„Du hast dein Leben einem Drachen zu verdanken“, erklang seine tiefe metallerne Stimme und Idril verstand zuerst nicht, doch als sie die Schuppe sah, die zwischen seinen Fingern baumelte, wurde ihr einiges klarer. „Noch NIE hat ein.... Mensch, lebend dieses Reich betreten und du wirst hier nicht wieder lebend hinausgehen!“
„Ich bin kein MENSCH...ich bin Dunmer.“, entfuhr es Idril. Ihr Gegenüber blieb gelassen „Es ist egal was du bist.... du wirst nicht mehr gehen!“ „Ist es auch egal wer ich bin?“ „Völlig irrelevant. Du bist unbedeutend.“, der Skelett-Fürst spielte baumelnd mit der Schuppe und ließ sie gelangweilt am Band kreisen.
„Ich muss sie lebend zurückbringen, das ist meine Aufgabe!“ und Idril nickte zu der Schuppe. „Nein, dein Leben ist hier unten verwirkt!“
Idril zuckte zusammen, stemmte sich vom Boden ab und stand wacklig auf „Wie kann mein Leben verwirkt sein, wenn ich noch lebe. Ich habe ein Schicksal zu erfüllen und ihr wollt euch doch nicht wirklich gegen Schicksalsmächte stellen oder?“
Der Fürst schlug mit der Faust und baumelnden Drachenschuppe auf die steinerne Lehne seines Throns und fauchte Idril an „DAS können wir schnell ändern. Kettet sie!“
Und die Skelett-Wächter packten sie und begannen sie gegen ihren Willen rückwärts wegzuschleifen „Das könnt ihr nicht machen, meine Freunde brauchen mich, sie zählen auf meine Hilfe, ich muss zu ihnen, ich ..... muss ihnen helfen den Kult zu besiegen ......“ Idril zappelte verzweifelt in den Armen der Wächter, sich sträubend und widerstrebend, wurde jedoch gnadenlos weggezerrt. Bei dem Wort Kult jedoch gebot der Fürst seinen Kriegern Einhalt. „Ihr fleht um euer Leben? Was seit ihr bereit dafür von Euch zu opfern?“ Die Wächter ließen Idril los, die auf ihren Hintern plumpste, bevor sie sich vorsichtig aufrichtete und mit wackligen Beinen geschwächt auf den Fürsten zuging. „Was kann ich jenen bieten die alles verloren haben, alles was euch wichtig war. Ihr seit hier gefangen, anstatt friedlich im Reich der Toten zu weilen. Ermordet, geschändet, zerstückelt und eurer Organe beraubt. Ihr wärt nicht hier, wenn alles seinen rechten Gang gegangen wäre!“ Der Fürst horchte auf, verstand sie etwa?
„Ich kann euch nichts bieten, außer meiner Trauer und meine Tränen. Solange bis euer Leid vergolten wurde, durch diejenigen, die euch das antaten, werde ich um euch Trauern. Das ist das einzige Gefühl, was ich euch im Moment in der Lage bin zu geben.“ Idril blickte sich um, sie sah nun nicht mehr die Skelette und Krieger die sie umgaben, sondern ihre Geister. Geister von jenen unschuldigen Mädchen, Frauen und Männern, die für den Kult sterben mussten. Slaneesh’s Kult war nur ein Teil, doch hinter all dem steckte eine viel größere Intrige. Das wurde ihr jetzt bewusst, als sie in die Gesichter sah, die so eingefroren waren, als sie der Tod ereilte. Viele hatten den Mund zu einem stummen Schrei der widerfahrenen Ungerechtigkeit geöffnet und obwohl Idril nicht zu hören vermochte was sie schrieen, schauderte sie bei diesem Gedanken. Ihr rückte wieder das wirre Mädchen aus der Vision ins Gedächtnis. Ob sie wohl auch schon hier war? Der Fürst schien ihre Gedanken zu sehen und ließ den Geist jenes kleinen Mädchens hervortreten. „Du kennst sie!“ sagte er und als Idril in das Gesicht des Mädchens sah, fühlte sie die Todesqualen die sie erleiden musste, nein, sie brannten sich in ihre Seele und in diesem Augenblick sank die Diebin unter der Last geschwächt in die Knie und begann nach Atem zu ringen, als Tränen ihrem Gesicht entrannen. Der Geist des Mädchens näherte sich Idril und erfasste ihre Hand. Dankbar umklammerte Idril diese und sah, wie sich die Gesichtszüge des Wesens beruhigten, weil die tiefe Trauer in Idril und das Mitgefühl ihr die Erinnerung an das Leben zurückgaben. Mit tränenbesetzte Augen, sah sie zum Fürsten. „Wenn alles vorüber ist, werde ich dafür sorgen, das man euch nicht vergisst!“, flüsterte sie und löste die Hand von der des Mädchens.
Der Skelett-Fürst erhob sich von seinem Thron und schritt auf Idril zu, die immer noch kniete, nahm ihre Hand und hob sie zu sich auf. Er strich ihr über die Pfeilwunde am linken Oberarm und diese verschwand augenblicklich. Mit folgenden Worten ließ er Idril die am Lederband baumelnde Drachenschuppe in die Handfläche gleiten.
„Ihr wärt tot, hättet ihr Jenes nicht bei euch getragen. Eure Aussage wurde uns von eurem Drachen vorhergesagt! Geht und macht uns Unvergessen!“
Er trat beiseite und ein Spalt öffnete sich krachend zwischen den Felsen und gab einen Gang frei. Ein mächtig geflügeltes Wesen erhob sich aus den Schatten und verschwand in der Dunkelheit noch bevor Idril ihn ausmachen konnte. Sie wagte nicht danach zu fragen, sondern verbeugte sich ehrfürchtig vor dem Tod und trat dem Spalt entgegen. Die beiden Wächter, die den Eingang schützten, überreichten Idril noch ihre abgenommenen Waffen. Sie sah sich noch ein letzte Mal um und fühlte jeden einzelnen Blick der Opfer auf sich ruhen. Im Geiste hörte sie jeden einzelnen Namen, der zu ihr geflüstert wurde. Und es waren viele Namen, als sie bei jedem Flüstern in das Gesicht sah.
Der Spalt verschloss sich mit einem schleifenden Geräusch vor ihr, als sie rückwärts hindurchgetreten war. Idril atmete ruhig und schloss die Augen. Als sie diese wieder öffnete, befand sie sich wieder in jener Stille des Kultraumes, bevor Idril das Buch las und die Vision der Zukunft sie ereilte. Sie erinnerte sich an die Türglyphe, die sie in eines der Bücher steckte, um sie Rhia's Blick zu verbergen, was ihr jetzt unverständlich vorkam. Doch ob Idril in der Lage war, diese zu gebrauchen um den Gang erneut öffnen zu können, würde sich bald zeigen.