Celhams Geist hastete durch die Gänge. Er konnte sein Glück immer noch nicht fassen, das ihn von den Fesseln des Höllenkerkers befreit hatte. Er fragte sich, ob Ryu, den er seit seiner Ergreifung in dessen Zelle nicht mehr gesehen hatte, auch hatte entkommen können. Grinsend dachte er an das Durcheinander, das die dutzenden von fliehenden Seelen verursacht hatten. Die Dämonenwächter tobten gerade wahrscheinlich vor Zorn.
Da hörte er vor sich Stimmen, die ihm bekannt vorkamen. Er lief ein Stück weiter, und als er um eine Ecke trat, sah er sich der aufgeregten Gruppe gegenüber, die sich geradewegs auf ihn zubewegte. Als erstes fiel ihm der stattliche, edel wirkende Mann mit der goldenen Haut auf, der Hand in Hand mit Hanfi ging. Das musste Luxorian sein, und damit war nun auch der zweite Teil seiner Prophezeihung erfüllt.
Glücklich, dass er damit immerhin nicht mehr ziellos durch die Hölle irren musste, trat er den Gefährten entgegen. Da fiel ihm auf, wie ihn einige ungläubig anstarrten. "Celham?" rief Natsumi, "Aber wenn du da bist, wer..."
Plötzlich war ein Schrei zu hören. Alle wirbelten herum und sahen Gundula, die von dem anderen Celham festgehalten und mit dem Schwert bedroht wurde. "Keiner rührt sich!" ertönte eine tiefe, verbrannt klingende Stimme.
"Mein Körper!" rief Celham (der Geist), und wollte auf ihn zutreten.
Keine Bewegung hab ich gesagt, du Wurm!" brüllte die Stimme, während der dazugehörende Dämon aus einem geheimen Gang in der Wand trat. He, dich kenn ich doch! Erst verdirbst du mir den Spaß an meiner Folter und dann lässt du meine Tarnung vorzeitig auffliegen. Ich glaube es wird mir ganz besonderen Spaß machen, deine Seele in die ewige Verdammnis zu schicken, und deine Freunde gleich mit dir!"
"Aber das darfst du nicht!", rief Carras dazwischen. "Hades hat uns versprochen, dass wir unbehelligt aus der Hölle abziehen können. Einer von uns hat seine Seele gegeben um das zu erreichen! Lass Gundula gehen und gib Celham seinen Körper zurück!"
Auch Götter treffen nicht immer die richtigen Entscheidungen. Eine Seele, die ihm schon längst gehört gegen eine andere einzutauschen ist schwachsinnig."
"Willst du damit Hades als schwachsinnig bezeichnen?" fragte Celham, der inzwischen auf die gleiche Stelle hinter dem Dämon starrte wie Carras und einige der anderen, die nicht gebannt auf das rothäutige geflügelte Ungeheuer starrten.
"Hades? Warum eigentlich nicht? Die Art und Weise, wie er die Hölle verwaltet, ist wirklich grauenhaft. Sogar ich könnte das besser. Aber Hades ist ja ein Gott, und Götter sind ja so mächtig und überhaupt... Warum fragst du mich so etwas überhaupt? Du willst doch nur Zeit schinden!"
"Oh, es ist durchaus unterhaltsam, was du zu erzählen hast," donnerte eine unverkennbare Stimme aus den Schatten hinter dem Dämon, und Hades trat ins Fackellicht. Einen Moment lang starrte er den Dämonen nur an, dann begann dieser zu kreischen und zerfiel schließlich zu Asche, die sich auf dem steinernen Boden verteilte.
"Ich stehe zu meinem Wort." sagte Hades, dann schien ein strahlendes Leuchten Celhams Geist zu durchströmen. Keuchend sank er auf die Knie. Als seine Augen wieder sehen konnten, fielen ihm sofort seine Hände auf. Sie waren nicht mehr durchsichtig. Er wollte sich bei Hades bedanken, doch der Fürst der Unterwelt war verschwunden.
Neben ihm klopfte sich Gundula die Asche des Dämonen vom Körper und blickte ihn misstrauisch an. "Bist du wieder du selbst?" fragte Hanfi, einen Arm um Luxorian geschlungen. "Ja, das bin ich wohl," antwortete Celham lächelnd.
"Wo ist Ryu? Ist er nicht bei euch?" meldete sich in diesem Moment Luxorian erstmals zu Wort.
"Er ist auch hier, er hat sich für uns geopfert," sagte Hanfi traurig. "Ja, aber ich habe ihn gesehen! Kommt schnell, vielleicht wird er noch gefangen gehalten," rief Celham, während er vorauslief und sich an den genauen Weg zu erinnern versuchte, auf dem er die Gefährten erreicht hatte.