Todeskandidaten wollen "humaner" sterben
Ralph Baze aus Kentucky hat zwei Sheriffs ermordet und wurde deshalb zum Tode verurteilt. An diesem Montag beschäftigt sich das höchste Gericht der USA mit seinem Schicksal. Aber es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie, nicht darum, ob das Urteil rechtens war oder die Todesstrafe an sich mit der Verfassung in Einklang steht: Es geht um die Methode bei der Hinrichtung.
Baze will, wenn er denn schon mit dem Tod büßen soll, «humaner» sterben - nicht durch die bisher in den USA übliche Injektion mit einem Giftcocktail aus drei Chemikalien, sondern durch ein einziges Mittel. Das, so werden seine Anwälte in der über die USA hinaus mit Spannung erwarteten mündlichen Verhandlung am Montag argumentieren, könne sicherstellen, dass er während der Exekution nicht extremen Schmerzen ausgesetzt sei, was gegen die US-Verfassung verstoßen würde. Denn die verbietet grausame und ungewöhnliche Bestrafungen und die Verursachung «unnötiger» Schmerzen.
Wie lässt sich "menschlicher" töten?
Sollten die Gefangenen in den US-Todeszellen «humaner» hingerichtet werden und wenn ja, wie lässt sich «menschlicher» töten? Darüber wird in den USA, dem einzigen Land der westlichen Welt mit der Todesstrafe, schon seit längerem gestritten. Nachdem Häftlinge die bisherige Exekutionsmethode mit einer Dreierkombination von Mitteln als grausam angefochten haben, erklärte sich das Oberste Gericht im September bereit, sich der Frage anzunehmen. Seitdem herrscht faktisch ein Hinrichtungsmoratorium in den 36 der 37 US- Staaten mit der Todesstrafe und dem Giftcocktail als Exekutionsmethode (in Nebraska gibt es immer noch den elektrischen Stuhl). Und es wird wahrscheinlich bei dem Exekutionsstopp bleiben, bis die höchsten Richter im Frühsommer entscheiden.
Für Gary Gilmore, der als erster Gefangener nach Wiedereinführung der Todesstrafe 1978 in den USA hingerichtet wurde, kam das Ende noch durch die Kugel. Mit der Wahl zwischen dem elektrischen Stuhl und dem Erschießen konfrontiert, entschied er sich für letzteres. Jay Chapman war damals der leitende Gerichtsmediziner in Oklahoma. Ein Befürworter der Todesstrafe, gleichwohl hielt er die Hinrichtung durch Strom oder durch Schüsse für barbarisch. So suchte er nach einer anderen Tötungsmethode und fand sie in der Injektion des Barbiturats Thiopental zur Betäubung, gefolgt von Pancuriumbromid zur Lähmung der Muskeln mit Ausnahme des Herzens, das dann schließlich mit Kaliumchlorid zum Stillstand gebracht wird.
Giftcocktail als Tötungsmethode gang und gäbe
Schon bald wurde die Giftspritze bei Exekutionen in den USA gang und gäbe. Aber schon seit Jahren warnen Ärzte, dass dies häufig mit extremen Schmerzen verbunden sei, wenn die zunächst verabreichte Betäubungsmittel-Dosis zu gering sei, um den Häftling bewusstlos zu machen, wie es etwa 2005 im britischen Fachmagazin «Lancet» hieß. Seitdem haben weitere Studien auf der Basis der Obduktion Hingerichteter den Verdacht erhärtet, dass manche Gefangene bei vollem Bewusstsein langsam ersticken, ohne ihre Schmerzen herausschreien zu können: Sie sind durch das zweite Mittel gelähmt.
Die Anwälte von Baze und dutzender anderer zum Tode Verurteilter plädieren dafür, bei Hinrichtungen künftig nur eine Überdosis von Thiopental zu verwenden. Damit werden meistens Tiere eingeschläfert - schmerzlos und rasch, wie Veterinärmediziner sagen. Die Menschen in den US-Todeszellen sollten zumindest das Recht haben, so wie alternde oder kranke Hunde und Katzen zu sterben, argumentieren die Rechtsvertreter. Im Fall Baze hält der Staat Kentucky unter anderem entgegen, dass die Verabreichung einer Betäubungsmittel-Überdosis beim Sterben zu «unkontrollierten» Zuckungen der Gliedmaßen führen könne, was den Augenzeugen bei den Exekutionen nicht zuzumuten sei.
"Humane Hinrichtung ist ein Widerspruch an sich"
Hält der Rest der westlichen Welt die Suche nach «menschlichen» Hinrichtungen ohnehin für eine Perversion, befinden sich die US-Menschenrechtsorganisationen in einem konkreten Dilemma. Sie wollen die Abschaffung der Todesstrafe, aber gleichwohl können sie nicht gegen das Streben nach schmerzloseren Hinrichtungen argumentieren. Aber je «menschlicher» die Methoden erscheinen, desto schwerer wird der Kampf für eine Abschaffung.
«Humane Hinrichtungen sind ein Widerspruch an sich«, sagt Jamie Fellner von Human Rights Watch. «Aber wir können nicht Menschen sagen, dass sie mit Blick auf das übergeordnete Ziel schmerzvoller sterben sollten.»