Meiner Meinung nach wurde Religion eh nur deswegen Erfunden um dem Menschen eine grundsolide Basis zu schaffen produktiv zu sein und vernünftig zu bleiben und sich nicht gegenseitig umbringen oder dergleichen.
Wenn man sich fragt, woher Religion kommt, ist es methodisch fragwürdig, sich die modernen institutionalisierten und politisierten Religionen anzuschauen, und sich zu fragen, was die Menschen bewogen haben könnte, solche Anschauungen in die Welt zu setzen. (Ich finde es übrigens etwas missverständlich zu sagen, irgendjemand - oder eine Gruppe von Jemands - hätte die Religion "erfunden". Das klingt so wie: Arthur Fry hat die Post-Its erfunden.)
Man müsste so weit wie möglich in die Vergangenheit schauen, bis zu den Menschen der Altsteinzeit, und auf Basis archäologischer Funde könnte man versuchen, erste Ansätze von religiösem Denken und religiösen Praktiken zu rekonstruieren. Dies eingedenk der "Undurchsichtigkeit vorgeschichtlicher Dokumente" (Mircea Eliade). Noch problematischer wird es sein, den Altsteinzeitmenschen Absichten oder Kalkül zu unterstellen: Sie hätten sich diese Praktiken ausgedacht, etwa um über andere zu herrschen (eine häufige Annahme). Kurios wäre dann auch die verbreitete Meinung, "die Religion" (!) sei von einem Bekloppten erdacht worden, dem schnell andere Bekloppte folgten. (Das gilt vielleicht für gewisse moderne Anschauungen.)
Wenn man das Leben der Altsteinzeitmenschen erforscht, könnte man seinen Blick auf viele Bereiche lenken: Die Kultur - Jäger, Fischer, Sammler. Lassen sich damit religiöse Praktiken und Vorstellungen in Verbindung bringen? Jagdriten? Könnten nicht die Tiere die Jäger zu religiösen Vorstellungen inspiriert haben? Wie war das Verhältnis zum Tod: Gab es Bestattungen und Bestattungsriten? Wie war das Verhältnis zu Sexualität und Geburt?
Ausgehend von diesem ziemlich dunklen Anfang folgt der Religionswissenschaftler und -historiker der Entwicklung über die Jahrtausende bis heute.
Der Laie kann das natürlich nicht in dem Maße, aber zum Glück haben die Wissenschaftler ja viele schöne Bücher zu dem Thema geschrieben, die man auch als Laie lesen kann.
Ich denke, dass man so besser zu einem Verständnis dafür bekommt, was überhaupt religiöses Denken und Empfinden ausmacht, als wenn man nur zum Einen die heutige Situation sich anschaut und zum Anderen die Geschichte des Christentums resp. der Kirche als exemplarisch zu Rate zieht. Das Problem scheint mir, dass man an diese Themenkomplexe schon viel zu vorurteilsbeladen herangeht, weil sie einem so vertraut scheinen und man meint, ja schon so viel darüber zu wissen oder zumindest das Wichtigste.
Man kommt dann auch nicht auf so lächerliche Gedanken wie: Religion (vor allem der Theismus) ist nur was für Dummköpfe, Psychopathen oder Ignoranten (Richard Dawkins). (Eine Allaussage, die man ja auch leicht mit einem einzigen Gegenbeispiel widerlegen kann.) Oder: Die Religionen wurden entweder von Bekloppten "erfunden" oder von machthungrigen Fieslingen installiert (wie gesagt, auf bestimmte historische Fälle mag das durchaus zutreffen, aber nicht auf das Phänomen Religion überhaupt
).
M.M.n. wäre das eine akzeptable Basis für eine Auseinandersetzung mit dem Thema, weil man dann nicht von so vielen falschen Voraussetzungen ausgeht (auch wenn man trotz falscher Voraussetzungen dennoch stichhaltige Diskussionen führen kann).