lzfr, ich mag ja ein bisschen (anti)religionistische Polemik, aber wie hier wieder rumgeflamed wird, ist schon als grenzwertig zu betrachten, und mich wundert, dass noch kein Mod eingeschritten ist.
An Leute wie Oberscht und Wesen der Nacht geht erstmal von meiner Seite aus ein großes Thumbs-Down aus wegen ihres komischen Drangs, den offenbar bösesten und hetzerischsten Post auf die Religion zu verfassen. Wer nur mit Polemik und purem Hass an das Thema rangeht, hat selbstredend Probleme damit, sich mit dem Thema näher beschäftigen zu wollen und geisteswissenschaftliche Aspekte der ganzen Geschichte nachvollziehen zu können. Imho seid ihr mit dieser Haltung kein Stück besser als jene Fanatiker, die euch so auf den Latz gehen. Man kann natürlich keinen sinnvollen Beitrag zu dem Thema schreiben, wenn man so von Hass verblendet ist.
Zum Thema Islamischer Mittlerer Osten: Imho ist der Iran das wahrscheinlich noch am tolerantesten theokratisch regierte Land unter der dortigen Ecke. Das hängt unter anderem mit der schiitischen Tradition zusammen, die in einigen Aspekten Dinge erlaubt und sogar befürwortet, welche in der Sunna verboten sind. Dennoch ist auch die iranische Theokratie keine Alternative im westlichen Sinne.
Das repressivste Land in Sachen Islam ist nach wie vor Saudi-Arabien. Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie, die Schari'a, das klassische islamische Recht wird in vollem Umfang umgesetzt. Das bedeutet, dass viele, aus unserer Sicht nichtige Verbrechen mit Stockhieben (der klassischen religiösen Bestrafung) und diversen anderen Gewaltstrafen bis hin zum Tode geahndet werden. Nichtmuslime dürfen ihren Glauben bei Gewalt- oder Todesstrafe nicht offen ausleben (was im übrigen im Gegensatz zur Glaubensfreiheit des Islam nach früheren Regulierungen durch Mohammed und seine direkten Nachfolger stehen soll), der Bau von Kirchen, Synagogen oder anderen Tempeln, die nicht sunna-muslimisch sind (Das Schiitentum ist offiziell kein Islam in Saudi-Arabien), ist verboten. All das sind Entwicklungen modernerer Zeiten, geschaffen und begründet mithilfe der Schari'a und dem Koran (obwohl es im letzteren, und der gilt eigentlich als oberste Instanz) Phrasen gibt, die dem sowohl entgegen stehen wie es auch betonen. In der Hinsicht sind Koran und Schari'a ähnlich widersprüchlich wie die Bibel (und das, obwohl der Koran von einem einzigen Schreiber stammt (Mohammed als Schreiber, Allah als Inspiration bzw. als Diktierender). Wikipedia ist hier zitierbar, wenn auch widerwillig, aber es kann der Veranschaulichung dienen.
Das es in Dubai und anderen Emiraten der VAE besser ist, ist genauso ein Mythos. In den VAE gilt genauso offiziell die Schari'a, da alle Teil-Emirate monarchisch geführt sind. Das heißt, auch dort alle möglichen Verbote für alle Bürger und Touristen, für Muslime zusätzliche religiöse (körperliche) Strafen wie zum Beispiel Peitschenhiebe. Muslime, auch wenn sie aus dem Ausland stammen, unterliegen dem generellen Alkoholverbot wie auch allen anderen koranischen Verboten, für Touristen gelten strenge Regeln betreffs Alkoholkonsum usw. Pornographie, Prostitution und diverse andere "sittenwidrige" Dinge sind generell verboten. Lediglich in Dubai selbst wurden, wegen den Touristen einige Verbote gelockert bzw. diverse Straftaten nicht ganz so eng gesehen, obwohl Hardcore-Konservative in der Bevölkerung der Meinung sind, gerade dies untergrabe die Kultur und zerstöre das Land.
Zum Thema islamische Kultur: Ja, Arabien und Persien sind sehr stark durch den Islam determiniert, aber das bedeutet nicht, dass sie deshalb eine absolut rückständige Kultur besäßen. Imho sind solche Rückschritte eher in der Moderne auszumachen als in der früheren Zeit, denn etwa zur Zeit der Kreuzzüge bis etwa 1300 war die islamische Welt alles in allem wesentlich fortschrittlicher, und alles, was man heute der muslimischen Welt vorwirft, traf im wesentlichen auf die europäischen Christen mehr zu als auf die Araber. Einer Anekdote zufolge soll Mohammed seinen nahestehenden Vertrauten selbst einst gesagt haben, dass es "eine der höchsten Lobpreisungen Allahs sei, seine Schöpfung (im naturwissenschaftlichen Sinne) verstehen zu wollen und gleichsam die Philosophie, Mathematik usw. am Leben zu erhalten. Ohne die arabischen Kenntnisse über die alten griechischen Klassiker wären Philosophen wie Plato, Aristoteles und die Mathematik nach Pythagoras sowie die Medizinethik nach Hippokrates heute nicht bekannt, so, als ob sie schlichtweg nie existiert hätten. Die Araber konservierten diese Kenntnisse und ergänzten sie sogar. So sind unsere heutigen Zahlen, mit denen wir alltäglich zu tun haben, indischen und arabischen Ursprungs.
Desweiteren hat das Bilderverbot im Islam (im übrigen nicht koranisch motiviert, aber das tut nichts zur Sache) zu einer hohen Entwicklung der Kalligraphie, der Kunst des schönen Schreibens geführt. Die Ornamentik, die dem toleranten Besucher in manch einer Moschee auffallen mag, besteht zum größten Teil aus "gemalten Gottesworten" (übrigens auch der Titel eines lesenswerten Buches zum Thema, Autorin: Gabriele Mandel), aus abstrahiert dargestellten Phrasen in arabischer Schrift. So begegnen einem zum Beispiel Bilder, die wie dargestellte Pflanzen wirken, aber tatsächlich (auch) als arabische Schrift gelesen werden können und Dichtung oder Koranverse wiedergeben.
Eine Kultur zu verurteilen, die nicht auf den eigenen Werten beruht, finde ich imho solipsistisch und an Faschismus grenzend. Und mal ganz ehrlich, so toll ist unsere moderne Kultur keineswegs. Im Islam beruft sie sich auf religiöse Empfindungen und ehrliche Überzeugungen (wenn sie es denn überhaupt tut), im Westen jedoch sind Großteile der Kultur darauf ausgelegt, den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Den Großteil der westlichen Kultur kannst du getrost in die Tonne kloppen. Ähnlich sehen es auch die Moslems, die aus genau diesem Grunde eine Unterwanderung ihrer Kultur durch westliche Werte als Bedrohung ansehen. Niemand hier würde anders handeln.
Worin ich aber übereinstimme, ist, dass in moderner Zeit der Islam viel zu oft als Vorwand für menschenunterdrückende Tyrannei benutzt wird. Allerdings ist genau das eine der Anlagen des Islams (unabhängig davon, dass viele Moslems immer wieder vorgäben, der Islam sei eine absolut friedliche Religion, dass ist sie schon aufgrund ihrer Entstehungszeit und ihrer Feuertaufe nicht), denn sie sieht ein absolut autokratisches Konzept vor.
Im übrigen ließe sich das gut mit Machiavelli vergleichen, dessen Historismuskonzept von einem stetigen Zirkel Anarchie - Monarchie - Republik - Anarchie ist so übertragbar, dass die Araber immer noch in der Monarchie stecken, und sobald bei denen die Republik Einzug hält, der Sittenverfall beginnen würde und bei denen auch irgendwann "westliche" Werte ankommen, die unsere eigene Kultur momentan zerstören. Was wiederum erneut zu einem Zustand der Anarchie führte und zu einem erneuten Aufkommen einer Monarchie, möglicherweise auf Rückberufung auf islamische Werte.
Achja, eine Ergänzung zum Zitat von Wesen der Nacht:
Zitat von Wesen d. N.
Religion ist was für Schwache
Bei allem Respekt, Solipsismus ist ebenfalls für Schwache, und deine vermeintliche Argumentation ist reinste Polemik. Religion ist nicht immer motiviert durch den Wunsch, irgendwelche Kriege zu führen oder die eigenen Verbrechen auf eine hypothetische Gottesgestalt zu schieben. Mystizismus beispielsweise hat Beides nicht zum Hintergrund und ist trotzdem Teil der Religion. Meines Erachtens nach eigentlich sogar der Wichtigste, aber angesichts der politischen und sozialen Beeinflussung durch Religion tritt diese Meinung immer zu in den Hintergrund.
Es gibt auch Religionen, denen geht es nicht um göttliche Inspiration und "Heilige Kriege", sondern spirituell-emotionale Erfüllung und mystische Erfahrung. Religion auf den politischen und sozialen Aspekt zu begrenzen trifft den Kern der Sache nicht.