Der Wechsel von Sand zu Schnee war eigenartig für Yrenne. Jetzt, wo sie in Dämmerstern war, hatte sie viel Zeit, um nachzudenken. "Sollte ich diesen Stab behalten? Was macht Jadne jetzt?" Yrenne war etwas hin und her gerissen von ihren Gedanken und zugleich glücklich, einmal nicht auf der Flucht zu sein. Angst hatte sie aber trotzdem, man könnte sie durch ganz Tamriel jagen. "Aber mal schauen, wie es wird. Wenn es gut läuft, bleibe ich weitere zehn Jahre hier in Himmelsrand und flüchte dann nach Morrowind. Das ist doch mal ein Plan!" Yrenne kicherte. Schon wieder war sie von ihren überaus hoffnungslosen Gedanken verblüfft.
"Na dann, auf einen neuen Start in ein neues Leben!", sagte sie zu Jadne. Aber Jadne ging es gar nicht gut. "Ist euch kalt, mein Freund?" Yrenne kicherte erneut, aber diesmal lauter. "Das ist nicht witzig!", grummelte er. Es ging ihm wohl wirklich nicht gut. "Du musst zum Schmied gehen! Wenn ich da raus gehe, erfriere ich.", keuchte Jadne noch. "Was? Nein! Ich glaube, ich werde den Stab behalten. Er gefällt mir besser als das Schwert!" Jadne war erstaunt. Vor ihm stand anscheinend eine komplett neue Frau. Was ist auf der rothwardonisch gelenkten Kriegerin geworden? "Ich werde mich jetzt mal umschauen. Wir sehen uns dann gleich.", rief Yrenne beim Rausgehen zu Jadne. und nahm ihr Gepäck, darunter auch ihre Schriften und Bücher. Sie blieb extra noch im Rahmen stehen und wartete, aber bekam keine Antwort.
Sie konnte ihn doch einfach nicht so zurücklassen. "Was werdet ihr jetzt machen?" - "Ich halte es hier nicht aus. Ich muss zurück nach Hammerfell. Dieses Schneebedeckte Himmelsrand ist zu kalt für mich." Yrenne schaute Jadne komisch an und meinte: "Euch ist aber schon klar, dass Himmelsrand nicht nur eine Schneedecke ist, oder? Wir könnten vielleicht nach Windhelm segeln und uns von dort aus in die vulkanische Tundra begeben. Das wäre eine Lösung." - "Nein, schon gut. Hauptsache DU bist glücklich und kannst hier einen Unterschlupf finden." Für einen Moment war Stille. "Das heißt dann also..." - "Lebe wohl." - "Ich wünsche euch alles erdenklich Gute. Möget ihr sicher zurück nach Hammerfell kommen und mich immer in Erinnerung behalten. Ich, für meinen Teil, werde euch, und das, was wir zusammen erlebt und gelernt haben, nie vergessen, Jadne!" Yrenne verwischte die Träne in ihrem Auge und drehte sich um. Auf einmal schlug sie ihren Stab gegen den Türrahmen und ein Splitter fiel ab. Jadne nahm den Splitter und steckte ihn ein. "Danke. Gehabt euch wohl, Liebes." Nun verließ Yrenne das Schiff.
Jadne dachte noch ein wenig nach. "Vielleicht hat sie ja doch noch etwas rothwardonisches in sich. Schließlich weiß sie ja noch, wie man aus Quecksilber hergestellte Köpfe von Zauberstäben so fest gegen eine Tür rammt, bis sie zu Bruch, aber nicht kaputt gehen...Das hat sie auf jeden Fall von mir gelernt!"
Nach dem Verlassen des Schiffes konnte Yrenne nur eins hoffen: Und zwar, dass niemand von ihren Taten wusste. Auch wenn es sehr unwahrscheinlich war, brauchte sie etwas sicheres, denn falls man es erfuhr, war sie schneller zu finden, wenn sie in einer Stadt wohne, als in einem abgelegeneren Ort. Als aller erstes wollte Yrenne zur Taverne 'zum windigen Gipfel'. Dort angekommen, kaufte sie sich Reiseproviant, für den sie fast ihr ganzes Gold ausgeben musste. Doch das war es Wert! Bevor Yrenne die Taverne verließ, nahm sie noch einen kräftigen Happen vom gekauften Brot und setzte sich noch kurz ans Feuer. Ein paar Minuten später machte sie sich dann auf, um die Stadt zu verlassen. Yrenne schaute auf ihre Karte: "Das abgelegenste und kleinste Städchen, das aber trotzdem noch alles besitzt, was ich brauche, muss...dieses hier sein: 'Morthal'! Gut, dann will ich mal keine Zeit verlieren."
Es war kalt und nebelig. Schon allein der Wald aus naher Entfernung ließ sie zittern. Spinnen...sie hat etwas über Spinnen gelesen! In ihrer Büchersammlung rund um Kreaturen in nordischen Ländern standen, sie wären überall in Himmelsrand anzutreffen! "Schon gut, Yrenne, beruhig dich! Du bist ausgebildete Rothwardonenkämpferin und kannst deshalb perfekt mit deinem Schild umgehen und deinen Zweihänder hast du ja auch noch als guten Grillspieß parat." Langsam dachte sie über die verschiedenen Szenarien nach, die eintreten könnten, wenn sie einer Frostbissspinne begegne. Das schlimmste, was passieren kann, wäre, dass sie ihren Proviant verliert. "Im Verlieren bin ich ja gut." Yrenne dachte an ihr Schwert. Sie dachte so viel nach, dass sie ganz Jadne vergaß. Überrumpelt von ihren Gedanken kriegte sie dann doch noch die Kurve und vergaß mal ausnahmsweise nicht, abzubiegen. "Ich hoffe bloß, dass diese Karte weder veraltet oder einfach Fehlerhaft ist. Das wäre ziemlich hässlich für mich." Der weitere Weg in Richtung Morthal verlief ganz friedlich. Vielleicht kamen mal ein paar komische Geräusche aus den Wäldern, aber Spinnen gab es weit und breit nicht zu sehen.
Plötzlich entdeckte Yrenne ein Haus und ein eigenartiges Lagerfeuer. "Ist das...ist das...Morthal?" Sie ging weiter auf das Haus zu, jedoch blieb es nur bei dem einen. "Wie es aussieht, ist das wohl doch nicht Morthal, sondern nur so ein komischer Ort für eigenartige Arbeiter. Oh, Minenarbeiter?" Yrenne sah einen Mineneingang. "Wie aufregend!" Sie näherte sich dem Haus und rief in den Hof: "Hallo? Ist da jemand?...Hallo!? Jemand da?" "Och man? So tot ist Himmelsrand also?" Und schon war Yrenne mit ihren Gedanken wieder alleine. "Ich sollte weitergehen, bevor es anfängt zu dämmern."
Nun beeilte sie sich. Das langsame, vorsichtige Laufen wurde allmählich zum Sprint. "Ach Jadne...ich vermisse ihn jetzt schon. Er hätte mich in solchen Situationen jetzt beruhigt und beschützt." Yrenne folgte der Schneestraße und sah nichts als Bäume und Felsen, die sich in die Luft erhebten. 'Schnee, Schnee, Schnee', für Yrenne aber trotzdem mal etwas anderes als 'Sand, Sand, Sand'. Jedoch dachte sie momentan nur an 'Morthal, Morthal, Morthal'. Ihr war kalt und sie war müde. Vielleicht wäre ein kleines Nickerchen in Dämmerstern doch besser gewesen. Nun ja...zu spät. Während dem Blick auf die Karte entdeckte Yrenne auch das eigenartige Haus am Wegesrand. Es war eine Mine namens 'Steinbühel'. Ob es wohl verlassen war?
Auf einmal blieb sie stehen. "Moment, 'Morthal', richtig? Ähm..." Langsam drehte sie sich nach rechts. "Na das ist ja mal was!" Ihr Blick deutete auf eine Gruppe von Häusern, die um eine kleine Bucht herumstanden. Das war wohl Morthal. Nun freute sich Yrenne um so mehr. Nicht, weil sie endlich in Morthal war, sondern weil es das abgelegenste Kaff in ganz Tamriel ist! Keine Kreatur könnte diesen Platz ohne eine Karte finden. Yrenne lachte. "Wahrscheinlich weiß nicht mal der Großkönig, dass es Morthal gibt." Es war perfekt für sie. Wenn unangehme Nachrichten in Himmelsrand eintreffen sollten, dann auf jeden Fall als letztes in Morthal. Wenn überhaupt! Erleichtert schaute Yrenne nach dem Gasthaus für eine Unterkunft.
"Nun gut, jetzt brauche ich ein Hobby!" Auch im Gasthaus dachte sie noch nach, während sie ihren Proviant verspeißte. Danach warf sie einen Blick auf ihre Geldtasche. "Oh nein! Ich habe kein Gold für ein Zimmer! Was mache ich jetzt nur?" Wütend stand Yrenne auf und ging an die Theke. "Könnt ihr mir einen Rabatt machen? Ich bin knapp bei Kasse..." Ein Gastwirt kam hinter dem Tresen hervor: "Wie bitte? Nein! Glaubt ihr etwa, ich hätte unendlich Gold, um jedem einen 'Rabatt' zu machen? Denkt ihr, ich hätte keine Steuern zu bezahlen, um jedem einen Nachlass zu geben? Ihr habt doch wohl..." Yrenne hörte gar nich mehr zu, sondern entdeckte ein komisches Buch hinter dem Tresen. "Kann ich dieses Buch ausleihen?" - "Hüh? Buch? Wo?...Ach das? Wisst ihr was? Ihr könnt es sogar HABEN! Ich kann eh nichts mit diesem Schrott anfangen." Der Wirt kramte es hervor. "Da! Gut? Dann gehen!" Das ließ Yrenne sich nicht zweimal sagen und verließ die Theke. "Perfekt! Ein neues Buch für meine Sammlung! Bald werde ich eine ganze Bibliothek besitzen! Was das wohl für ein Buch ist..." Auf der Vorderseite stand: 'Verlassene Gräber Himmelsrands'. Yrenne blätterte durch das Buch und sah sich die kuriosen Bilder an. "Die Architektur ist ja atemberaubend!" Auf der nächsten Seite fand sie eine Beschreibung zu einem Grab ganz in ihrer Nähe! Yrenne verglich es mit ihrer Karte und...es gab tatsächlich ein Nordgrab namens 'Ustengrav' in Hjaalmarsch! Nicht, dass sie sofort dorthin wollte, aber das Gold, dass sie aus so einem Grab herausholen könnte, brauchte sie! Eigetlich war es das einzige, was ihr noch übrig blieb, wenn es um Gold ging. Ohne Gold würde sie nach und nach am Straßenrand versauern. Einmal mehr dachte sie über vieles nach. Das größte Problem war der Zaster, der ihr fehlte. Voller Verzweiflung spielte sie doch mit dem Gedanken, sich mal diesem Nordgrab anzunehmen. "Was kann denn da schon schlimmes drin sein? Untote? Keine Ahnung. Jedenfalls nichts, was ich nicht besiegen kann!" So langsam musste sie sich selbst zwingen, sich aus der Stadt zu trauen...in den Sumpf. "Manchmal ist nicht intensives Nachdenken, sondern Handeln das beste. Was würde Jadne jetzt tun? Sich an diesem Ort verkriechen?" So schaltete Yrenne ihren Gedankenstrudel für einen Moment ab, stand auf, verließ das Gasthaus und schreitete in den undurchsichtigen Nebel der Marsch...