Schon seit einer gefühlten Ewigkeit streifte Jar'ir durch die umliegenden Wälder und suchte etwas zum Jagen. Das Klima Himmelsrandes und entsprechend ungewohnte Jagdumfeld ließ den Kater einmal mehr spüren, wie fremd er doch in diesem Land war. So lang war er nun schon in diesem kalten Land, doch konnte er sich nie wirklich an das Klima gewöhnen. Mit einer eleganten Leichtfüßigkeit schwebte er geradezu über den Waldboden. Warum mach ich das eigentlich? Stundelang unterwegs sein, für nichts. Ein leicht genervtes Seufzen entfuhr seiner Kehle, als er ein weiteres Mal stoppte, um nach potentieller Beute zu suchen. An diesem Tag hatte er einfach kein Glück und das ziellose Herumwandern half nicht unbedingt dabei, sich von seinen Gedanken abzulenken. Sharavi. Allein der Gedanke an ihren Namen trieb ein kleines Lächeln, aber auch Tränen der Trauer in sein Gesicht. Ihr hätte es bestimmt gefallen, jagen zu gehen. Ihren von Nirn gegebenen Instinkten zu folgen und eine Jägerin zu sein. Selbst wenn kein Wild vor ihrer Nase aufgetaucht wäre, so hätten sie dennoch aneinander gehabt, gemeinsam wären ihnen nie langweilig geworden.
Die leichten Bewegungen des Khajitten wandelten sich in normale Schritte, unter denen die Geräusche von knackenden Ästen und knirschendem Laub zu hören waren. Müde lehnte er sich an den nächsten Baum den er sah, schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Seine feinen Ohren zuckten immer wieder hin und her, wenn ein Ast brach oder ein Kleintier durch die Gegend huschte. Schließlich ließ er seine Schultern fallen, ebenso wie seinen Blick, den er nun gen Boden richtete. Als ob seine Hände etwas Seltsames wären, betrachtete er sie, drehte und wendete sie. Erneut versuchte er einen Beweis dafür zu finden, dass dies nicht echt war. Doch es wirkte alles so real, jedes Gefühl welches er wahrnahm zog ihn in die trostlose Wahrheit zurück. Es war die Realität und kein ewig währender Albtraum. Egal wie oft er die Augen schloss und wieder öffnete, jedes Mal das selbe ernüchternde Ergebnis. Nie blickte er in das friedliche Gesicht seiner einstigen Geliebten, es würde für immer nur eine liebliche und doch schmerzhafte Erinnerung bleiben. Warum ich? Warum habe ich das verdient?! Schluchzend ließ er sich zu Boden gleiten, erneut rollten Tränen der Verzweiflung seine Wangen hinab. "Wieso, wieso, wieso?!", murmelte er immer lauter vor sich her, der Schmerz in diesem einfachen Worten hätte einem Außenstehenden Gänsehaut eingejagt.
Doch so schnell wie dieser Gefühlzusammenbruch kam, veränderte er sich auch wieder. Schmerzen wurden zu Rachsucht, Trauer zu blinder Wut und die Verzweiflung zu purem Hass. An allem gab er sich die Schuld, sie starb durch seine Dummheit, er hatte durch seine Art des Lebens die Möglichkeit genommen, dieses fortzuführen. Unschuldige starben durch seine Hand, Familien auseinander gerissen und Waisen zurückgelassen. Warum hatte er das getan? "WARUM?!", brüllte er sich selbst an und schlug sich mit der Faust gegen den Kopf. Sein Verstand brach in diesem Moment, ließ nichts mehr übrig als die niedersten Instinkte. Die Vernunft, seine Moral, alles verschwand, als er fast scheinbar von einem vernunftbegabten Wesen zu nicht mehr als einem wilden Tier wurde. Er erhob sich wieder, stolperte herum, schrie in den Wald: "Wenn ihr mich so sehr hasst, wieso beendete ihr nicht einfach das alles, ihr sadistischen Hurensöhne von Göttern?! WARUM FRAG ICH EUCH?!" Von außen sah man nur noch einen durchgedrehten Khajiiten, seine Augen schienen von einem stumpfen Zorn in Besitz genommen. Ziellos begann er umherzulaufen, wie wild mit sich selbst zu sprechen. Er beleidigte die Götter, sich selbst und gab in einem gerade zu krankhaften Wechsel immer wieder sich selbst oder der Welt an sich die Schuld.
Seine Sinne arbeiteten nicht mehr, für ihn bestand die Welt nur noch aus purem Hass, alles was existierte wollte ihm Schlechtes. So bekam er fast gar nicht mit, dass er auf einer Straße landete, keine 5m von ihm entfernt fuhr ein Karren, auf dessen Bock ein Bauer saß, der seine Ernte wegfuhr. Erschrocken blickte sich dieser um, wollte die brüllende Stimme des Raubtieres ausmachen, welches fast direkt bei ihm stand. Kaum drehte er den Kopf, traf sein Blick auf den des Katers, der Wahnsinn stand ihm in den Augen geschrieben. Sein emotionaler Zustand, das Chaos und der Schmerz, hatten ihn gebrochen. Der etwas jüngere Nord starrte fassunglos in Jar'irs Richtung, wusste nicht was er tun soll, doch es war der größte Fehler den er hatte machen können. Aus der blutroten Sicht des Katers gesehen, saß da kein Bauer, nein, da saß ein Assassine der Bruderschaft, der ein dreckiges Lächeln aufsetzte. Es war jener, der beinahe Naevia getötet hatte? Wie konnte das sein? Er durfte gar nicht mehr leben! Für Jar'ir war dies aber der Moment der endgültigen Abrechnung. Mit nahezu animalischer Kraft stürmte er hervor, der eigentliche Bauer, vollkommen entsetzt, versuchte im letzten Moment das Pferd nach vorn zu treiben und zu fliehen. Doch die durch das ausgeschüttete Adrenalin und Noradrenalin wurde der Kater zu einer Bestie, schnell und unkontrolliert wie ein wilder Senche. Es vergingen keine zwei Sekunden, da befand sich Jar'ir schon auf der Ladefläche der Kutsche, bereit sein Werk zu vollenden. Ein lauter, von Angst gebeutelter Schrei, verliße die Kehler des Bauers, als ihn der Khajiit an den Haaren packte und nach hinten zog. Mit größter Brutalität versenkte er seine Krallen in dem Brustkorb des unschuldigen Mannes, dessen Schmerz ihn qualvoll aufschreien ließ. Jedoch wich der verzweifelte Schrei nach Hilfe einem blutigen Gurgeln. Wie ein Wildtier hatte Jar'ir seine Zähne in die Kehle des Nords versenkt und riss ihm ein Stück heraus. Der süßliche Geschmack des Blutes traf die Zunge des Katers und ein sehr schockierendes Schnurren entfuhr seiner Kehle. Diesem Etwas, das Jar'ir die völlige Kontrolle nahm, gefiel der Geschmack des Fleisches, dazu die frische Wärme des Blutes. So ließ es den sonst vernünftigen Kater zu einem Raubtier werden, dass gierig das Stück seiner Beute hinunter schlang. Das Pferd vor ihm wurde jetzt erst unruhig, so hat es sich vermutlich möglichst still verhalten, um nicht das nächste Opfer des Khajiiten zu werden. Doch langsam wurde es dennoch unruhig, man merkte dem Hengst an, dass er weg wollte. Mit einem Satz sprang Jar'ir vor und befreite das Tier von den Liederiemen, welche ihm an die Kutsche fesselten. Mit nahezu eiligem Schritt aus dem Stand heraus schoss das Pferd davon und brachte sich in Sicherheit, während Jar'ir sich auf den Bock begab und stolz auf seine Errungenschaft hinab blickte. Ein dominantes Brüllen entwich dem Khajiiten, bei dem er sich in die Luft reckte und die blutigen Krallen seitlich von sich streckte. Im nächsten Moment wurde ihm schwarz vor Augen und sein Körper gab dem gesamten Ereignis nach.
20 Minuten später...
Mit einem brummenden Schädel und einem sehr eisenhaltigen Geschmack im Maul erwachte Jar'ir. Was war passiert? Er lag auf einem harten Untergrund, seine Nase nahm den Geruch von Blut und Fleisch war. Sein Magen fühlte sich voll und gesättigt an. "Was zum-", wollte er einen Satz beginnen, aber als er die Augen öffnete und auf seine blutverschmierte Pfote blickte, fuhr er schlagartig hoch. Er lag zwischen ein paar Säcken auf einer Kutsche, doch das ware Grauen lag vor ihm. Ein junger Nord, vermutlich der Besitzer des Karren, ein kalter und leerer Gesichtausdruck, unter ihm hatte sich eine große Blutlache angesammelt, welche durch die gesamte Ladefläche rann, nach hinten hinab. Seine Kehle war aufgerissen worden. Panisch robbte der Kater nach hinten zurück und fiel kurzerhand über die Kante des Karren, nach unten, in den Dreck der Straße. Seine Hände begannen zu zittern, wo war er, was ist passiert? Er konnte sich nicht erinnern, erneute Verzweiflung machte sich breit. Das Letzte woran er sich noch erinnern konnte war, dass er auf dem Waldboden saß und weinte. Erst beim zurückdenken fiel ihm ein kleines Stechen in seinem Oberschenkel auf, doch er hatte keinerlei Zeit dazu, um sich darüber Sorgen zu machen. Er fasste sich an seine Lippen, spürte nur noch mehr Blut an diesen und noch einige vereinzelte Reste hingen zwischen seinen Reißzähnen fest. Nein, das konnte nicht sein! Doch die angsteinflößende Wahrheit konnte er nicht verleugnen. Es war kein Raubtier, dass dieses Blutbad angerichtete hatte, sondern er. Panisch erhob er sich, blickte sich um. Er musste das verschwinden lassen, nach einem Banditengriff aussehen lassen. Eine schnelle Entscheidung fiel, als Jar'ir sich die Lanterne des Karrens schnappte und sie entzündete. Mit voller Wucht schleuderte er sie schließlich auf die Ladefläche, so dass sie zerbarstete und sich das Öl der Laterne über die Kutsche ergoss. Sofort fing dieses auch Feuer, es sollte die Spuren vernichten. Nur ein Banditenangriff sollte es sein. Nach mehreren panischen Blicken in die Umgebung folgte er schließlich seinem Bauchgefühl, welches ihm dringend dazu riet, in den Wald zu verschwinden. Die Sonne hatte schon einen etwas höheren Stand erreicht, es war vermutlich Mittag oder es ging bereits in den Nachmittag über. In der Ferne war eine Festung zu erkennen. Oh ******e! Es war die Gildenfestung, in deren Nähe das passiert ist. "Nein, nicht gut! Was bei sithis ist geschehen?!", fragte sich der Kater, als er in Panik geriet und floh. Er konnte sich nicht so blutverschmiert blicken lassen, geschweige denn in der Nähe erwischt werden. Man würde ihn direkt für verrückt erklären und einsperren wollen, aber er war nicht verrückt! Etwas ist mit ihm geschehen, doch er wusste nur nicht was! Nur noch mit den Gedanken an eine Wasserquelle in der Nähe im Kopf, eilte der Kater durch den Wald. Er musste so schnell wie möglich das Blut wegwaschen, sowohl von seiner Rüstung als auch aus seinem Fell. Was war nur passiert?