Seit heute Nachmittag, 14.44 Uhr, habe ich Nehrim - Am Rande des Schicksals beendet! Begonnen habe ich irgendwann in der ersten Novemberwoche 2010, so ganz genau kann ich das nicht mehr sagen. Auch wenn ich am Tag nur wenig spielen kann und manche Tage gar nicht, ist der Umfang wirklich beachtlich und gleichzusetzen mit Oblivion.
Mit gefällt das Ende gut. Es hat sich ja abgezeichnet, dass es ganz rollenspieltypisch um mehr geht als der Kampf gegen einen despotischen Kanzler. Die Qualität der Quests ist super, es reicht von einer Revolution in Ostian über vergiftete Schafe bis hin zu einer an einem Schuhtick leidenden Gräfin. Es gibt nicht einen Bringe-mir-10-davon- oder Töte-5-davon-Quest. Alle Quests lassen sich auf kleine Teilaufgaben herunterbrechen, die alle ein logisches Ganzes ergeben.
Die Synchronisation ist top. Jeder Dialog wurde vertont, das ist schon eine Meisterleistung für ein nicht gewinnorientiertes Modderteam. Am meisten beeindruckt hat mich Martin Sabel, der den vielschichtigen und überheblichen Narathzul Arantheal perfekt spricht. Aber natürlich auch all die anderen Sprecher.
Auch die weitere Vertonung ist gut gelungen, Möwenschreie, Levelupsound, etc. Die Musik ist natürlich über jeden Zweifel erhaben und wird mir noch lange im Ohr bleiben. Zumal ich sie ja auch immer wieder hören werde, gab es ja fast alle Songs schon vor Release auf der Homepage. Was die beiden Hauptkomponisten Authenriet und Deuschel da geschafft haben, kann auch in einem TripleA-Titel verwendet werden.
Ein weiterer großer Pluspunkt ist die Gestaltung der Welt. Die Windmühle in Salen, der Wald um die Abtei Tirin, die Bergketten im Nordreich, die beeindruckende Stadt Erothin oder die große Wüste von Ostian zeigen eindrucksvoll, was aus Oblivion hätte werden können, wenn man auf den Zufallsgenerator verzichtet hätte. Die Dungeons am Wegesrand sind gut, aber nicht besonders herausragend. Halt wie in Oblivion auch.
Aber die Dungeons der Hauptquest dagegen... Ich war lange nicht mehr von dem Gestaltung eines schlauchartigen Dungeons fasziniert, wie beim Gang durch den Schacht vom Bergkloster zur Sternlingsstadt Anku. Allen Dungeons gleich ist, dass man auch mal wirklich Schätze findet. Es gibt fast immer am Ende einen Boss und der hat auch vernünftige Sachen.
Gut ist, dass die Gegenstände nicht leveln und auch die Gegner nicht. Das Prinzip, dass eine Gegend nur von Helden besucht werden sollte, die stark genug sind, ist um so viel besser als das grottige Levelsystem aus Oblivion. Auch die Waffen und Rüstungen leveln nicht, so soll es sein. Damit erinnert das Spiel mehr an Gothic. Aber nicht nur da, auch die Erfahrungspunkte und die Wichtigkeit von Ausbildern lassen mich an Gothic denken. Dass man dennoch auch durch eigenes Tun besser wird ist eine sinnvolle Verknüpfung der Spielmethoden der TES- und der Gothic-Reihe.
Das Balancing generell stimmt einfach. Dadurch, dass ich die Welt ausgiebig erkundet habe, bin ich wohl stärker gewesen, als Charaktere, die nur die Hauptquests absolvieren. Nehrim war somit recht schnell sehr einfach. Das ist aber nur ein kleiner Kritikpunkt für mich, da ich lieber die Welt erkunde und einer spannenden Handlung folge, als tausendmal am selben Gegner zu scheitern. Das mögen andere anders sehen, aber für mich war das sehr gut.
Apropos Handlung, die Hintergrundgeschichte ist sehr episch. Der anfängliche Orden-Kanzler-Konflikt erreicht zum Ende hin immer mehr eine Metaebene, wie der Untertitel 'Am Rande des Schicksals' auch andeutet.
Was die Geschichten des kleinen Mannes angeht, so kommen diese leider zu kurz. Nur in Briefen und einigen wenigen Nebenquests wird vom Leiden der Aeterna, den unterdrückten Bauern oder dem bunten Treiben, z.B. in der Hafenstadt berichtet. Im Spiel selber merkt man davon leider zu wenig. Das ist mein einziger großer Kritikpunkt. Die NPCs haben einfach zu wenig zu sagen. Wenn man in ein Dorf wie Furtsanden kommt und wirklich kein NPC sagt etwas außer "Ich will keinen Ärger", dann ist das sehr schade. Da hat man eine tolle Welt und könnte dieser etwas Leben einhauchen, aber leider wird dieses Potenzial verschenkt. Natürlich ist das sehr viel Arbeit und die ist sichtbar in andere Teile des Spiels geflossen, aber wenigstens etwas mehr als zwei Standartsätze hätte ich mir schon gewünscht.
Zum HUD: Das Inventar brettartig und nicht wie eine Liste anzuzeigen, wie es auch jeder vernünftige Fanpatch für Oblivion macht, war eine sehr gute Entscheidung. Natürlich krankt das Spiel an einer Konsolenlastigkeit, die man ihm wohl nicht austreiben kann.
Bugs gibt es so gut wie keine; Gar keine Plotstopper, keine schwebenden Gegenstände und kaum weitere Schönheitsfehler. Manchmal kann man einen Questgegenstand nach der Quest nicht mehr ablegen oder ein NPC verwendet den Untertitel "Ich habe nichts zu sagen", weil der Spieler jetzt auch eigentlich was anderes machen sollte, als NPCs anzuquatschen.
Ich habe nicht einen Rechtschreibfehler bemerkt, was wirklich beeindruckend ist. Das ist eine ganz große Leistung des Modderteams und natürlich der Tester.
Als Fazit kann ich nur sagen, wie begeistert ich von diesem Spiel bin. Das ist nicht nur so dahergesagt, ich hatte wirklich Zeit mir die Vor- und Nachteile durch den Kopf gehen zu lassen, denn schließlich spiele ich schon seit November. Was hier auf die Beine gestellt wurde, ist für ein Fanprojekt einfach unglaublich. Ich hatte mehr als 180 Stunden Spaß in Nehrim und möchte Lord Dagon und Arandor und allen anderen von Sureai und allen, die sonst noch mitgeholfen haben einfach
Danke sagen für ein tolles Spiel und vier Monate Unterhaltung. Wo bekommt man das sonst und zwar auch noch umsonst?
PS: Fast vergessen, Nehrim wäre natürlich nur halb so gut ohne den schwertschwingenden NPC im Aeterna-Versteck in den Kanälen von Erothin. :lol: