RPG Societas Narratorum

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Während Vincent und Indigo zielstrebig durch die schäbigen Gassen der Slums eilten, versuchte Draco die beiden aufzuspüren, da ihm dieser seltsame Händler noch etwas schuldig war. Der Gestank und das Elend dieses Viertels griffen nach dem Jungen, doch schien ihn diese Tatsache nicht im geringsten zu berühren, auch die Bettelnden Leute oder die Leichen, die hier und da verstreut lagen, beachtete er nicht, da ihn ihr trauriges Schicksal nicht kümmerte. Er hatte gelernt in erster Linie auf sein eigenes Wohl zu achten und dann erst auf das anderer, doch diesen Leuten konnte nicht mehr geholfen werden, sie waren verarmt, gebrochen und krank, in seinen Augen wertloser Abschaum.

Wo wollte der fahrende Händler mit seiner Begleitung hin? Diese Frage geisterte in Dracos Kopf herum, die Antwort darauf konnte er aber nur erahnen, das Ziel der Beiden musste die alte Ruine vor der Stadt sein, denn sonst fiel ihm kein Ort ein, den man jetzt aufsuchen mochte. Also versuchte er sein Glück und rannte durch die Gassen der Slums, die Flüssen voll von Elend glichen, immer in Richtung der Ruine, ohne Gewissheit dort denjenigen anzutreffen, den er gesucht hatte.
 
Langsam entließ Ed die Luft aus seinen Lungen. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er sie angehalten hatte. Mit einem schleifenden Geräusch schob er sein Schwert zurück in die Scheide und befestigte den Schild wieder auf seinem Rücken. Dann trat er neben Michael, um die Sphinx genauer zu betrachten.

"Nun gut. Aber sollte sie uns angreifen bist du verantwortlich.", sagte er.
"Ich hoffe doch, ihr habt euch jetzt beruhigt, oder?" sprach er Sachmé an.
"Weshalb habt ihr dies alles" Edward machte eine Geste, die den ganzen Lageplatz umfasste, "eigentlich getan? Man tötet ja nicht ohne Grund. Na ja, sagen wir meistens nicht."

Es begann zu regnen. Innerhalb von Sekunden verwandelten die herabströmenden Wassermassen das Lager in einen Sumpf aus Blut und Schlamm. "Wir sollten uns einen halbwegs trockenen Platz zum reden suchen. Außerdem weiß ich nicht, wie lange es dauert, bis andere Raubtiere von dem Blutgeruch angezogen werden." Er sah über die Schulter und sah den Mann an der, zusammen mit seinem Hund langsam näher kam. "Wollt ihr ebenfalls mitkommen, oder einfach eures Weges gehen? Ich glaube wenn ihr euch beeilt könnt ihr das nächste Rasthaus in eineinhalb Stunden erreichen."
 
Sie würden sie nicht töten. Gut.
Aaron steckte sein Schwert ebenfalls weg, um der Sphinx nicht das Gefühl zu vermitteln, bedroht zu werden.
Dieses Wesen ... es konnte reden wie sie, hatte sogar einen Namen. Mehr noch schien es - oder sie, tatsächlich zu bereuen was sie angerichtet hatte.
Es war unglaublich. In all den Jahren in denen er das Land erkundet hatte, hatte Aaron nie aufgehört daran zu glauben eines Tages etwas Bedeutendes zu finden, aber diese zufällige Begegnung war mehr als er je zu hoffen gewagt hätte.
Diese einmalige Gelegenheit musste unbedingt wahrgenommen werden.
Mann, der Aaron eben angesprochen hatte machte es sich recht einfach, erwartete er doch das ihnen Sachmé einfach folgte. Nun, vielleicht würde sie das.
Wie der andere der Beiden wohl richtig bemerkt hatte, konnten sie die Sphinx zu nichts zwingen.
Außerdem gab es noch das Treffen der Societas Narratorum welches Aaron nicht verpassen wollte, deshalb kam es nicht in Frage sich mal eben in ein Gasthaus aufzumachen.
Er befand sich in einer unglücklichen Lage.
„Ich weiß etwas Besseres. Nicht weit von hier ist eine Art Ruine, in der könnten wir uns unterstellen. Wir könnten unterwegs reden.“
 
Sachmé zuckte zusammen, lange bevor der erste Tropfen fiel. Durch den Schleier ihrer Gefühle spürte sie die Veränderung in der Luft, wie sie langsam schwerer wurde, nur darauf lauernd ihre Tränen auf sie zu vergießen.
Sie hasste Regen und verzog unwillig das Gesicht. Dann drehte sie sich zu Edward.

„Das ist schwierig zu erklären.“ Fing sie an und unterbrach um die richtigen Wörter zu suchen.
„Nun der Geruch von frischem Blut wirkt wie eine Droge auf mich.“ Ja das waren die richtigen Worte.
„Nur viel heftiger, als es menschliche können. Ich verliere in dem Sinne mein Bewusstsein für das was ich tue. Ich werde zu einer rasenden Bestie.“ Sagte sie und versuchte neutral zu klingen.
„Deswegen kann ich im Grunde nichts für das was ich tat, auch wenn es meine Klauen waren.“ Sagte sie verbittert. „Aber mich trifft die Schuld hierfür.“ Den letzten Satz murmelte sie ehr, weil der Himmel sich dann doch entschloss sie zu ärgern.

Wütend starrte sie nach oben, als die ersten Tropfen auf sie fielen. Blut und Dreck, all das spülte dieser verfluchte Regen nun fort. Zum ersten Mal verspürte sie nicht nur Abscheu vor dem Wasser, ihre Dankbarkeit überwiegte ihre Panik. Sie machte zögerliche einen Schritt hinter ihnen her, darauf bedacht sie nicht zu provozieren. Vor allem der junge Mann mit dem Hund interessierte sie, er hatte als einziger nicht böse gefunkelt.

„vielen Dank.“ Sagte sie an Michael gewandt. Dann drehte sie sich zu dem Mann mit dem Hund um. „Wer seid ihr?“ fragte sie sanft „und warum wolltet ihr als einziger nicht meinen Tod?“ sie hatte es in seinen Augen gesehen, er hatte nicht gewollt dass sie stirbt. Dann blickte sie wieder missmutig zum Himmel auf und verfluchte ihn.
 
Seufzend hiefte Kylari den letzten Wassereimer aus dem Brunnen.
Der große Hof des wohlhabenen Hauses war bis auf die Dienerin völlig menschenlos.
Um den Hof herum erstreckten sich zu beiden Seiten zwei gigantische Hausflügel, die als Wohn- und Schlafbereich dienten. Ein großer Torbogen verband den Hof mit der Hauptstraße, die zur Stadt führte, auf dem selbst um diese Zeit Menschen ein und aus gingen.
Die Nacht hatte sich bereits über das Haus und die Stallungen gelegt, und an vielen Ecken waren gespenstische Schatten zu sehen.
Und genau diese Schatten galt es zu besiegen, wie in so vielen Nächten.
Lächelnd schaute die Dienerin auf das schwarze Seidentuch neben dem Brunnen, unter dem sich das glänzende Schwert verbarg, dass ihr im Kampf gegen die Schatten jedesmal aufs Neue eine treue Waffe war.
Schon seit Jahren übte sie sich im Schwertkampf, und jede Nacht stahl sie die rabenschwarze Schneide erneut auf der Halterung an der Wand.
Und dieser Abend war nahezu perfekt, denn Kylari besaß sogar ihren Ring, das einzigste Erinnerungsstück an ihre Familie. Für gewöhnlich wurde er ihr des Nachts von den Töchtern der Hausherrin als eine Art Pfand abgenommen, aber diesmal war das Ritual wohl in Vergessenheit geraten.
Als Kylari nun den letzten Eimer aus dem Brunnen genommen hatte, und ihn für den nächsten Morgen neben einem der großen Türflügel des Westgebäudes abgestellt hatte, nahm sie das schwarze Bündel und schlich leise davon.
Am Torbogen zur Stadt blieb sie stehen und schaute amüsiert auf die Schatten der Bäume, die sich wie Geister auf dem gepflasterten Boden zu winden versuchten.
Mit einem Mal riss Kylari das Schwert aus dem Seidentuch und hob es hoch über den Kopf.
Dann ließ sie es vorschnellen, und verpasste dem Schatten, der sich vor ihr auf dem Boden bewegte, einen schnellen und sauberen Stich. Doch natürlich war es nicht der Schatten, der anschließend eine Niederlage davontrug, sondern das Schwert, das klirrend auf dem Steinboden aufkam und seitlich abrutschte.
,,Eines Tages werde ich gegen richtige Gegner kämpfen !" sagte sich Kylari betrübt, während sie hinter sich das schlagen der Türflügel hörte. ,,Eines Tages werde ich mein Leben hinter mir lassen und nach Abentuern suchen. Eines Tages -" ,,Kylari !", ertönte plötzlich eine zornige Stimme hinter ihr.
Ruchartig drehte sich die Dienerin um und legte das Schwert auf den Boden. Sie ging hastig in die Knie und legte die Stirn auf den kalten Boden.
,,Kylari, wie oft habe ich dir gesagt, dass du Mutters Eigentum nicht anrühren sollst ?!"
Mit einem Murmeln bat die Dienerin um Verzeihung und hob den Kopf. Vor ihr stand Eyralea, eine der Töchter der Hausherrin. Eyralea hatte dunkelbraunes Haar und ein spitzes Gesicht. Sie war groß, doch unglaublich dürr, und trug ein grünes Kleid mit wertvollen Verzierungen und Mustern.
Kylari reichte ihr wortlos das Schwert, und neigte abermals das Haupt.
Dann wandte Eyralea sich ab und sprach: ,,Mutter sucht dich, du solltest dich schnellstens auf den Weg zu ihr machen. Und räum anschließend meine Kleider beiseite, denn ich konnte mich nicht entscheiden, welches ich morgen tragen werde".
Die Dienerin verharrte einen Augenblick lang, bis Eyralea wieder das Haus betrat.
Gerade wollte Kylari sich erheben, um der Anweisung folge zu leisten, als sie
einen klaren und deutlichen Gesang vernahm. Es war ein schönes Lied, dass sie noch nie zuvor gehört hatte.
Sie wandte sich um und erkannte, dass der Gesang von Jenseits den Torbogens kam.
,,Dieses eine Mal wird mir die Herrin wohl noch verzeihen", grinste sie, und machte sich auf dem Weg zum Tor.
Als sie hinaustrat, und auf die umliegenden Stallungen blickte, sah sie den singenden Mann.
Neugierig schritt sie die Straße entlang und ging geradewegs auf ihn zu.
Seine Stimme brach des öfteren ab und wurde durch ein schönes Flötenspiel ersetzt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Barde war nun schon im Lichtkegel des Anwesens eingedrungen und sah zu seiner freudigen Überraschung, dass hier und da ein Licht brannte und seinen Schein in die Nacht hinaus sandte. Doch dieses Erkenntnis war nur von niederer Bedeutung, da Gerald von Lichtlingen noch immer in das Musizieren vertieft war. Er trieb die Flöte wirklich ans Äußerste und ließ sich ganz darüber aus. Die Trostklangballade war schon seit einer Weile vorbei und es musste rasch ein neues Stück gefunden werden, welches zu einer Flöte passte. Er entschied sich, nach wenigen Augenblicken des Nachdenkens, für ein Stück aus seiner Jugend. Es ward von einem anderen damals großem Barden geschrieben worden für die späten Abendstunden der Festlichkeit um die Hochzeit seines Lehnsherren. Er hatte es damals "Das Lächeln der Nacht" getauft, obwohl Gerald fand, dass es passendere Namen geben würde für diese Klänge. Egal, nun spielte er also jenes Werk und bemühte sich, so gut es ging, aus dem Lächeln ein Grinsen zu machen, was ihm nach eigenen Einschätzungen ganz gut gelang.

Gerade zwischen Strophe fünf und Sechs, wo er schon wieder sehr zu dieser Musik tanzte, orientierte er sich erneut durch einen Blick auf den Weg, um von Selbigem nicht ab zukommen. Doch als er seine Augen öffnete, gab es mehr als nur den Weg, welchen er vor sich sah. Stand doch dort, mehr durch Plötzlichkeit angespült, als von der Erwartung angekündigt, ein manifestierter Engel. Auch wenn sich Gerald Engel immer blond vorgestellt hatte, aber das war jetzt unwichtig. Sowohl in Flötenspiel, als auch in der Bewegung, fror der Barde ein und konnte erst mal nichts tun als zu schauen und zu staunen. Er brach kurz darauf selbst seine imaginäre Eisschicht und setzte die Flöte ab. Jedoch blieb die Verwunderung, die im sichtlich ins Gesicht geschrieben stand und bei der inzwischen klaren Nacht doch gut zu erkennen war. Gerald musterte Kylari von Kopf bis Fuß, auch wenn er an einigen Stellen länger hängen blieb. Die Farben ihrer Kleidung sprachen ihn ebenfalls so sehr an, wie ihre Schönheit. Wer ist sie? Was macht sie hier so mitten auf dem Weg? Das Anwesen, vielleicht gehört sie ja dort hin... Gemäß seiner Etikette als Spielmann der Oberen verbeugte er sich vor der Dienerin, zumal er nicht wusste, dass es eine Dienerin war. Er verneigte sich daher vor ihrem Geschlecht und ihrer Bezauberung.

Kylari konnte durch die Laute auf dem Rücken, den bunten Sachen und dem gepflegtem Äußeren schnell erkennen, dass es ein Barde war, welcher vor ihr stand und sie nun wieder mit seinen Saphiren ansah. "Seit gegrüßt Maid der Nacht. Welche Umstände bringen euch zu dieser Stund' auf jenen Wanderweg? Bei eurem Anblick, strahlt ihr mehr als der Mann im Mond und es ist nicht sicher zu diesen Zeiten. Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn einem Engel etwas zustoßen würde. Gerald von der Federlichtung nennt man mich, Vers und Laut schreib' und singe ich. Sagt, verratet ihr mir euren Namen, auf dass ich ihn in mein Herz schließe und ein Stück darauf komponieren kann? Es würd' auch ein Gedicht sein, wenn es euch lieber ist. Sprecht nur, mit euren honigsüßen Lippen und ich werde dem Folge leisten." Er lächelte sie an. Erst als Kylari zu sprechen begann merkte der Barde, dass er seit bestimmt zwei Minuten ihre Augen fixierte und sich nicht an diesem klarem hellen Blau satt sehen konnte. Doch gleich darauf verzauberte ihn ebenfalls ihre Stimme, als er ihre Worte vernahm.
 
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Nachdenklich blickte Michael über die kleine Lichtung, über diesen Ort eines Gemetzels. Regen und Blut hatten das Lager in eine einzige matschige Fläche verwandelt. Überall lagen die Leichen und Waffen seiner ehemaligen Kameraden herum. Man konnte sie nicht begraben und ein Scheiterhaufen war bei diesem Regen auch unmöglich. Letztlich würden diese Männer den Tieren dieses kleinen Waldstücks ein wahres Festmahl bereiten.
Sein Blick schweifte weiter zu dem Neuankömmling, der sein Schwert inzwischen wieder verstaut hatte. Augenscheinlich war er keine Gefahr für zwei kampferprobte Söldner, aber man konnte sich in jedem Menschen täuschen.
Was Michael an diesem Mann aber gar nicht gefiel, war, dass er keine Angst vor der Sphinx zeigte. Nein, sie und er steckten in diesem Moment auch die Köpfe zusammen und unterhielten sich leise. Ein sehr sonderbarer Mensch, aber an seinem Vorschlag war nichts auszusetzen.
>Eine alte Ruine? Ist wohl besser so... Ich glaube nicht, dass Sachmé in einem Gasthaus viele Freunde finden würde.<
Sein Blick schweifte weiter und das Kettengehänge an seinem Helm klirrte leise, als er den Kopf drehte. Edward stand ein wenig abseits und beobachtete die Szene misstrauisch. Er traute dem Frieden nicht und wahrscheinlich war das auch gut so. Er war sich selbst nicht sicher, ob er den richtigen Entschluss gefasst hatte, aber ein Risiko wollte er für die Zukunft nicht eingehen.
Der Schlamm gab Schmatzlaute von sich, als Michael sich neben Edward stellte.
"Wenn sich diese Sphinx in irgendeiner Form merkwürdig verhält, töten wir sie." Er hatte leise gesprochen und der Regen würde verhindern, dass seine Worte auch die Ohren der Sphinx und des Mannes erreichten. Er erwiderte den ernsten Blick seines Gegenübers in denen sich eine Frage abzeichnete. "Den Mann auch.", beantwortete Michel sie, noch bevor sie laut ausgesprochen wurde.
"Also ihr zwei!", rief er, diesmal laut genug dass alle ihn verstanden, "Ich würde diese Ruine gerne noch heute erreichen, aber da müsstet Ihr uns schon hinführen. Könnten wir uns also auf den Weg machen?" Er zögerte kurz.
"Wie heißt Ihr überhaupt?", fragte er.
 
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Die Frage der Sphinx hatte Aaron verwirrt. Was sollte er ihr erzählen um es sich nicht mit ihr zu verscherzen, wo er sich doch selbst nicht sicher war ob sie die Entscheidung sie am Leben zu lassen nicht später noch bereuen würden?
Aarons Wunsch Sachmé zu verschonen, kam sicher nicht aus Mitgefühl. Hätte er diese Männer gekannt die ihr zum Opfer gefallen waren, hätte er zweifellos verusucht sie zu töten.
"Ich ... habe so etwas noch nie gesehen" antwortete Aaron dann, ohne auf die unglückliche Formulierung zu achten.

Einer der beiden Männer, die der Sphinx immer wieder misstrauische Blicke zuwarfen während sie sich berieten, der der entschieden hatte sie am Leben zu lassen, drängte zum Aufbruch. Er wollte Aarons Namen wissen.
"Ihr könnt mich Aaron nennen" schlug dieser vor.
Zwar war es ungewöhnlich sich mit dem Vornamen anreden zu lassen, allerdings hatte die Menschheit schon oft ihre Unfähigkeit bewiesen, wenn es darum ging den Namen seiner stolzen Familie richtig auszusprechen.
"Und ihr Beiden heißt wie?"
 
Die Steinne und der Schutt, des alten Gemäuers knirschten und den schweren Stiefeln Vincents und erhallten die Ruine mit einem schaurigen Klang. Von dem einstigen prachtvollen Anwesen, war über die Jahre kaum etwas übergeblieben und die Natur hatte sich an vielerlei Stellen ihren Besitz zurück erobert.
Vorsichtig schritten die beiden weiter hinein, doch sie waren alleine. Beruhigt und verunsichert zu gleich zog Vincent den Karren in eine geschütze Ecke, nahm die Decken vom Körper und breitete sie auf dem Boden aus. Sie würden warten müssen.
Rasch zog einen kleinen Stoffschal aus seinem Gewand und band seine lange Mähne zu einem ordentlichen Zopf.
Er streckte seinen müden Glieder und nahm dann auf den Decken Platz, Indigo folgte ihm und wand die Decken um ihren Körper, der kalte Wind pfiff unbarmherzig um sie herum.
Verwundert beobachtete sie, wie Vincent eine Pfeife hervor holte und sie mit einer seltsamen Substanz stopfte.
Sie hatte ihn ein paar Tage zuvor an Bord seines Schiffes, schon einmal an dieser Pfeife ziehen sehen, und wieder fiel ihr auf das der Rauch die Sinne benebelte.
„Was ist das ?“,fragte sie neugierig.
„ Ein alter Feind“,flüsterte er beinahe traurig und blies warmen Rauch in die kühle Morgenluft.
„ Das verstehe ich nicht“,murmelte sie und sah ihn mit ihren tiefblauen Augen verständnislos an.
„Opium, der rote Drache, ein Segen und Fluch“,sagte er und zog erneut an der Pfeife.


Indigo nickte wortlos und zog die Decken noch enger an sich heran.
„Worauf warten wir eigentlich? Mir ist so kalt!“.
„Es tut mir leid, dich in eine solche Situation gebracht zu haben. Aber die Sonne wird bald aufgehen und dann wird das warten ein Ende finden. Wir treffen alte Freunde, die sich, solltest du nicht bei mir bleiben wollen, hoffentlich deiner annehmen werden. Dieses Land ist verkommen und alt, und ich möchte dich in guter Obhut wissen, sollten sich unsere Wege hier trennen. Natrlich ist es deine Entscheidung beide Möglichkeiten abzulehnen, und deiner eigenen Wege zu gehen, ich biete dir lediglich zwei sichere Optionen.“
 
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Diese Worte von Vincent verstand Indigo noch viel weniger, als die Worte zuvor. Wieso tat es Vincent leid und von welcher Situation redet er hier? Er redete von zwei Optionen und wieso verschiedene Wege? Indigo sah Vincent mit leicht schiefgelegtem Kopf an. Ob dieses Gefasel an seiner Pfeife lag und an dem Kraut, welches er rauchte? Gut, zugegeben, sie kannte ihn nicht gut genug, doch das hieße doch nicht, dass man sich gleich trennen musste. Als sie jedoch an die aufgehende Sonne dachte, ward ihr Herz gleich leichter. Sie liebte den Sonnenschein und ihre sonnengebräunte Haut kam nicht von ungefair. Leise summte sie zuerst verträumt ein altes Lied ihrer Heimat, welches dann durch ihre Sprache einen exotischen Klang bekam und zu dieser traurigen Stimmung gerade ganz und gar nicht gut passte. Dann stand sie auf, ließ die Decke fallen und tanzte dazu einen alten langsamen Bauchtanz, der sie erstens erwärmen und zweitens die komische Stimmung vertreiben sollte. Ihr sanfter Hüftschwung zog sofort die Blicke Vincents auf sich, der pfeifenpaffender Weise zu ihr aufsah. Wie wunderschön sie doch war. Während des Bauchkreisens zog sie, wie als ob es zum Tanz dazugehörte, ein Paar Zimbeln aus einem kleinen Beutelchen an ihrer Kleidung, die nun bei jedem neuen Ansatz des Hüftschwungs erklangen. Ihre Stimme wiegte eine sanfte Melodie und ihre Sprache klang daraus deutlich ausländisch hervor. Ihr Tanz war erotisch und schlangenähnlich langsam. Vincent genoss ihn und sie in vollen Zügen, wie sein Opium, war in dem Moment auch Indigo für ihn - berauschend...
 
Anise blickte zum Himmel. Die Nacht war klar und die Sterne standen wie Leuchtfeuer, zwar weit entfernt, doch durch ihr Licht dennoch klar erkennbar, am Himmel und wiesen Anise für gewöhnlich eindeutig die Richtung, in die sie gehen musste. Doch in der Einladung zu dem Treffen der Societas stand lediglich eine Beschreibung, wie sie vom Stadttor aus zu der Ruine kam, in der die Zusammenkunft stattfinden sollte. Die junge Frau hatte nie die Gelegenheit gehabt, sich frei in der Stadt bewegen zu können, sie wusste also nicht, wie sich der Weg zur Ruine änderte, wenn sie die Stadt über die Slums verließ.

Sie drehte sich zu ihrem bisherigen Führer um. »Verzeiht, wenn ich Eure Dienste ein weiteres Mal strapazieren muss«, begann sie. »Doch ich habe eine weitere Frage. Es soll unweit von der Stadt entfernt eine Ruine geben. Ein abgebranntes Herrenhaus, wenn ich mich nicht Irre, das einst der Familie von Lichtlingen gehörte. Könnt Ihr mich – selbstverständlich gegen Bezahlung – dort hin führen?«

Einen kurzen Augenblick reagierte Andreas nicht. Dann neigte er kaum merklich den kopf und rauschte mit einem leisen »Folgt mir!« die Straße entlang. Anise korrigierte die Position ihrer Kapuze, die im unterirdischen gang etwas verrutscht war, und folgte ihm zügig.
Er führte sie durch enge, schmutzige Gassen, umsäumt von klapprigen, schäbigen Holzhütten, die vermutlich bestenfalls vor Regen zu schützten vermochten. Immer wieder gab es Ritzen in den dünnen Wänden, aus denen ein schmaler Streif des Lichts eines flackernden Feuers drang, das scheinbar mitten in den Wohnbaracken zu brennen schien. Und trotz der hohen Zahl der winzigen Hütten schien es immer noch unzählige Obdachlose zu geben. Ausgestoßene, deren Leben für niemanden einen Wert zu haben schien.

Anise sah in die entstellten Gesichter, von denen viele von der Pest geplagt wurden. Es brach ihr das Herz, so viele kranke Menschen zu sehen, von der Gesellschaft schon lange für tot befunden und vergessen. Sie war sich sicher, dass niemand ernsthaft nach einem Gegenmittel suchte und sie war sich ebenso sicher, dass es irgendwo in der Natur etwas gab, was diesen armen Seelen helfen konnte. Wenn sie doch nur genügend Zeit hätte, um selbst nach diesem Heilmittel zu suchen!
Doch das Treffen der Narratores war im Augenblick wichtiger. Sie hatte ihr Leben bereits dem Werk der Societas verschrieben und solange diese ihr nicht den Auftrag dazu gab, würde Anise wohl kaum so schnell die Gelegenheit dazu haben, eine Arznei gegen die Pest zu entwickeln.

Nur einen Augenblick später, wie es Anise schien, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, denn die kleine Prozession, bestehend aus Andreas’ Hund, der hechelnd unmittelbar vor seinem Herrn herlief, Andreas selbst und schließlich Anise, hatte die barrikadenartige Absperrung erreicht, die die Slums von dem Umland der Stadt trennte. Nacheinander durchquerten sie die Absperrung – denn als mehr konnte man das Gebilde unmöglich bezeichnen – durch eine der kleinen Lücken, die immer wieder die Linie durchbrachen.
Schweigend gingen die drei einige Augenblicke dahin. Anises Blick war zu Boden gerichtet, denn der Wind pfiff jetzt beißend in ihr Gesicht und trieb ihr die Tränen in die Augen.

Nur wenig später blieb Andreas stehen und wartete, bis Anise zu ihm aufgeschlossen hatte. »Wir sind am Ziel«, sagte er dann und deutete mit der Hand nach vorne. Die junge Frau hatte bis gerade eben nur geringfügig auf ihre Umgebung geachtet, weshalb sie jetzt etwas überrascht mit dem Blick der Richtung folgte, in die die Hand ihres Führers wies. Tatsächlich: Grau, wie alles andere im Mondlicht ragten einige Bruchteile eines einst stolzen Anwesens nur wenige hundert Meter vor ihnen in die Luft. Die meisten Menschen, die auf dem Weg in etwas Abstand zu dem verbrannten Gemäuer vorbeiliefen, würden es vermutlich einfach übersehen, denn die Natur nagte daran und hatte es längst mit einer Schicht aus ihren grünen Untertanen überzogen.

»Ich danke Euch«, meinte Anise schließlich, nachdem sie sich wieder Andreas zugewandt hatte. Sie kramte nach dem kleinen Beutel, in dem sie die Münzen aufbewahrte. Verwundert musste sie feststelle, dass die Kordel, die den Beutel für gewöhnlich geschlossen halten sollte, zur Hälfte geöffnet war. Sie zog die Öffnung komplett auf und fischte nach der Bezahlung für die erneuten Dienste ihres Führers.
Seufzend zog sie den Beutel wieder zu. »Ich fürchte, ich kann Euch hier nicht vollständig bezahlen. Wie es scheint habe ich einen Teil meines Geldes verloren. Ihr müsst Euch also entweder nur mit einer sehr spärlichen Bezahlung zufrieden geben, oder Ihr wartet dort an der Ruine auf einen … alten Bekannten, der Euch angemessen entlohnen kann.«
 
Indigo tanzte fröhlich umher und wiegte ihren geschmeidigen Körper zum Takte ihrer Stimme;wie schön sie doch war, eine wahrhaftige Perle des Orients. Vincent genoss ihren Anblick und vergas überdies sogar seine Pfeife, sie langsam in seinem Schoss ausglühte.
„Wenn du nichts dagegen hast, möchte ich bei dir bleiben“,summte sie und ließ ihre Hüften in Bewegungen umherwandern , die beinahe nicht menschlich seien konnten. Sie musste über eine unglaubliche Körperbeherrschung verfügen.
„ Aber natürlich kannst du bleiben, solange du willst“, antwortete er erfreut darüber das ihm seine hübsche Gefährtin erhalten bleiben würde.
Indigo lächelte zufrieden.


Schritte waren außerhalb der Ruine zu hören; Vincent erhob sich, und zog die junge Tänzerin zurück zum Karren.“ Bleib bitte hier und sei still“,flüsterte er.
Beinahe lautlos schlich er zum Rande der Mauer und führte dabei eine Hand zu der Klinge, welche auf seinem Rücken ruhte. Sollte es von Nöten sein, würde er das kostbare Krummschwert erwecken.

Vor ihm schlichen zwei Gestalten durch den Morast und näherten sich bemerkenswert ruhig der Ruine. Vincent bemerkte den Hund, der zwischen den Gestalten lief, und ihn sicherlich bereits gewittert hatte. Dennoch schlug er seltsamerweise nicht an.


Plötzlich blieb die größere Gestalt stehen, redete mit der kleineren und verharrte mit dem Tier an Ort und Stelle, währen die kleinere sich weiter der Ruine näherte. Ihr Gang war leicht und beinahe grazil, vielleicht eine Frau, dachte Vincent.


Anise setze vorsichtig einen Fuß vor den anderen und tastete sich ihren Weg durch die dunklen Bruchstücke des alten Herrenhauses, ob die anderen schon zugegen waren? Sie hoffte, dass Vincent bereits eingetroffen war, und ihren Führer entlohnen würde. Er hatte gute Arbeit geleistet.


Sie betrat den alten Innenhof und lauschte.
„Hier ist Anise“, sagte sie leise in die Dunkelheit und erhoffte sich eine vertraute Antwort.


„Anise du bist es“,antwortete Vincent und trat aus den Schatten zu ihr heran;seine Hand wanderte von Knauf seiner Klinge hinab zu einer Umarmung seiner alten Freundin.


„Vincent wie schön dich zu sehen, ich hatte gehofft dich bereits anzutreffen. Würdest du mir den Gefallen tun und den Mann dort hinten bezahlen? Die Tore waren heruntergelassen und er brachte mich hierher. Leider habe ich auf dem Weg wohl etwas Geld verloren.“


„Natürlich alte Freundin, ich kümmere mich darum. Gehe du nur vorraus, der Karren steht dort drüben. Verwundere dich aber nicht, ich bin in Begleitung einer jungen Frau.“


Vincent schritt hinaus auf die Felder und begrüßte den Fremden.
„Hier euer Lohn“,sagte er freundlich und gab dem Mann ein Säcken voller Münzen,
„Und dies für eure Verschweigenheit“, fügte er hinzu und gab ihm einen weiteren, wenn auch kleineren Beutel.


Vincent nickte dem Mann anerkennend zu und kehrte dann um.
 
Die Slums waren groß und der Weg bis zu ihrem Ende, welches eine heruntergekommene Palisade bildete, weit, doch hatte Draco schon ein sehr großes Stück zurückgelegt, seine Stiefel waren bereits braun vom Dreck der armseligen Straßen und Gassen anstatt des üblichen schwarz, worüber er sich innerlich ärgerte und diesen Teil Jargals verfluchte.
So hart es klang, ihm wäre es lieber gewesen diese Menschen wären tot.

Endlich erreichte er die Begrenzung und war froh diese Umgebung, die ihm ganz und gar nicht gefiel, hinter sich lassen zu können, außerdem wusste er, dass die alte Ruine nicht mehr fern war.
Nur war er sich nicht sicher, ob er dort den Händler finden würde, aber er war zuversichtlich und setzte seinen Weg festen Schrittes fort.
Bald kam er zum ehemaligen Herrenhaus, welches im Laufe der Jahre heruntergekommen war.

Er verlangsamte seinen Schritt, als er nahe an ein Turmähnliches Gebäude kam, wohl das einzige, welches noch ein Dach besaß, denn schon hörte er Stimmen, also ging er hinter einem Stein in Deckung und lugte über ihn hinweg, in der Hoffnung etwas erkennen zu können, dass es zu dunkel war um Genaueres erkennen zu können, wusste er, doch wollte er wenigstens eine Silhouette erspähen.
Und tatsächlich, er erkannte eine Gestalt, welche zum Gebäude ging und unweit davon zwei weitere, allerdings konnte er nicht erkennen, ob eine der drei dieser seltsame Händler war, weshalb er sich entschloss sich anzuschleichen.
Doch in diesem Moment wandte sich eine der zwei entfernteren Gestalten um und ging in Richtung der Tür, welche gerade von einer anderen Gestalt geöffnet wurde.
Flink sprang er unbemerkt hinter den Ruinenteilen in Richtung des Turmes, da er ein Loch in der Wand erkannt hatte, durch welches er die Geschehnisse im Inneren beobachten könnte, die Tatsache, dass die Nacht allmählich den Kampf mit dem Tag verlor und sich der Himmel aufhellte, kam ihm dabei sicherlich zugute.

Und tatsächlich, als er das etwas erhöhte Loch im alten Gemäuer erreicht hatte, sah er den Wagen und die Begleiterin des Händlers im Inneren der Ruine und eine weitere Person, welche gerade hereinkam, allerdings war ihre Kapuze zu tief ins Gesicht gezogen, las dass er etwas von ihr erkennen konnte.
Doch war er sich sicher, dass der Besitzer des Karrens nicht weit sein konnte, zudem auch seine exotische Begleiterin hier war, also zwängte er sich durch das Loch und gab sich zu erkennen.
„Seid gegrüßt! Ich suche den Mann, dem dieser Karren gehört, ist er auch hier?“
 
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Kylari war ein wenig verdutzt. Sie war doch nur dem Gesang aus reiner Neugier gefolgt, und schon stand ein Barde vor ihr, der zu jeder einzelnen ihrer Haarsträhnen einen Reim formen konnte.
Doch diese Tatsache verunsicherte sie eher, als dass es sie amüsierte. Der letzte Mann, mit dem sie nette Worte ausgetauscht hatte, war wohl ihr Bruder gewesen, und damals war sie noch ein kleines Mädchen gewesen. Sie scherte sich nicht um Männer, und wenn sie es tat, dann musste sie diese umsorgen und ihnen Getränke bringen - was einer Dienerin nun einmal so zustand.
Gerald... Dieser Name kam ihr seltsam bekannt vor. Doch der Nachname des Barden sagte ihr nichts. Wahrscheinlich war einmal ein Mann namens Gerald im Hause Arkenyon eingetroffen und hatte die Hausherrin und ihre Töchter besucht. Manchmal merkte Kylari sich die Vornamen dieser Menschen, aus reinem Zeitvertreib.
Doch als sie erneut misstrauisch an dem Barden auf und ab blickte, ermahnte sie sich selbst. Vermutlich gehörte es zu seiner Pflicht, nett zu jeglichen Frauen zu sein. Vielleicht suchte er nur ein bestimmtes Gebäude in der Stadt, und damit sie hilfsbereiter und aufgeschlossener ihm gegenüber war, wollte er sie vielleicht mit seinen Künsten beeindrucken.
Also sprang sie über ihren Schatten, denn den Namen zu verraten, das kostete nichts.
,,Mein Name ist Kylari Arkenyon. Was führt euch zu mir ? Sucht ihr ein Gebäude in der Stadt ?"
Gespannt wartete sie auf die Antwort, und sie bemerkte, dass der Barde namens Gerald sie weiterhin ansah.
 
Indigo versteckte sich aus Furcht bei dem Wagen, als sie die in einen Mantel gehüllte Gestalt mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze auf sich zukommen sah.
„Keine Angst.“, erklang die helle akzentfreie Frauenstimme von Anise „Ich will dir nichts tun.“
Indigo, die sich selbst wieder in ihren Mantel gehüllt hatte, fasste ihren Mut zusammen und trat aus ihrem 'Versteck' heraus und musterte die Gestalt in Form von Anise. Ihre Stimme war nett und überhaupt nicht agressiv gewesen. „Seid gegrüßt, ich bin Indigo ...“, doch zu mehr kam sie nicht. Indigo hörte etwas knacken und sogleich darauf kam der 'kleine junge Mann' mit den grünen Augen und dem schwarzen Mantel und Lederstiefeln, der ihnen in die Slums geholfen hatte aus dem Versteck auf sie zu und fragte sie, ob Vincent auch hier wäre.
Indigo wich zuerst zurück. Wie konnte sich jemand so gut anschleichen...
„Ach ihr seid es. Ja, seid gegrüßt. Er ist auch hier. Mein Name ist übrigens Indigo, und wer seid ihr beiden nun?“ erklang Indigos klare exotische Stimme erneut und ließ sie sofort als Ausländerin kenntlich werden.
 
Scheinbar wusste Tilman, was er tat. Zielsicher und unbeirrt führte er Ixtaqua durch das Gelände, immer dem Weg entlang. Auch wenn es dunkel war und die meisten Menschen sicher schlafen würden, konnte man nie sicher genug gehen. Wer weiß, wer oder was sich des Nachts alles herumtrieb. Der durch Steine befestigte Weg war sicher besser, als durch die matschige Wildnis zu stapfen.

Der Regen hatte Ixtaquas beiden Begleiter völlig durchnässt. Die Beiden trieften nur so vor Nässe, was besonders dem kleineren der beiden Menschen nicht zu behagen schien. Jedenfalls deutete Ixtaqua seinen Gesichtsausdruck so.
Dem Sharak selber machte der Regen aber nichts aus, schließlich war er es gewöhnt, von Wasser umgeben zu sein.
Seine hellblaue, schuppige Haut begann durch den Regen und das Mondlicht seltsam zu glänzen, was ihn besonders für den Priester noch unheimlicher machte.
Ixtaqua fragte sich sowieso, warum er ihn und Tilman begleitete. Was hatte er davon? Suchte er selber den Weg oder hatte er einfach nichts Besseres zu tun? Vielleicht war er aber auch einfach nur hilfsbereit und wollte Ixtaqua auch helfen.
Wie dem auch sei, der Fischmensch war froh darüber, Hilfe gefunden zu haben, die ihn zum nächsten Fluss bringen würden. Von dort aus könnte er dann ins Meer schwimmen.

Plötzlich blieb Tilman stehen und sah fragend in die Ferne, was Ixtaqua stutzig machte. Sein Gehör war nicht so gut ausgeprägt, deshalb schloss er reflexartig die Augen um sich voll auf seinen Hörsinn zu konzentrieren.
Und tatsächlich: Von weiten hörte man ein leises Geräusch, dass immer lauter wurde und schnell näher kam.
Was Ixtaqua nicht wusste war, dass dieses Geräusch, welches er noch nie gehört hatte an Land alltäglich war. Die Hufe eines Pferdes eilten über den steinigen Weg und näherten sich von hinten der Gruppe.
„Wundervoll….“ Bemerkte Tilman spottend und sah sich hektisch um. Dort kam jemand, keine Frage. Aber wie würde dieser Jemand auf den Sharak reagieren? Eilig sah er sich nach einer Möglichkeit des Versteckens um, sodass man Ixtaqua nicht entdecken würde, doch leider war es dazu schon zu spät.

Heinrich Tell kniff ungläubig die Augen zusammen, als er seinen Weg zum Treffen der Societas Narratorum fortsetze. Im fahlen Mondlicht erkannte er auf dem Weg 3 Gestalten. Männer allesamt, obwohl einer von ihnen sehr groß zu sein schien. Er überragte die anderen beiden um wenigstens 2 Köpfe! Das musste ein wahrer Riese sein!
Anstatt sein Pferd abzubremsen, hielt Heinrich geradewegs auf die Gruppe zu. Er hatte keine Zeit und wenn es sich um Räuber handeln würde, was zu dieser Stunde höchst wahrscheinlich der Fall sein war, wäre es erst Recht nicht klug zu stoppen. Also gab Heinrich seinem Pferd noch einmal die Sporen.

Ein scheuendes Pferd, ein sich erschrocken umdrehender Sadok sowie ein fragend drein blickender Ixtaqua – Mit einem lauten Wiehern stellte sich Heinrichs Pferd auf die Hinterbeine, scheute und warf seinen Reiter ab. Zu spät hatte Heinrich den vermeidlich riesigen Menschen als Fischmensch erkannt, wodurch er erschrocken die Zügel ungünstig herumgerissen hatte.
Während sich sein Pferd ein Stück weit entfernte saß Heinrich auf dem Boden und sah entsetzt zu dem Fischmenschen hinauf. Die anderen Beiden Männer ignorierte er völlig. Nie hätte er es sich träumen lassen einen weiteren….
„Sharak!“ stieß er fassungslos aus und erhob sich, die Augen weit aufgerissen.
„Ihr kennt meine Rasse?“ fragte Ixtaqua und begutachtete den, für ihn, kleinen Mann. Dieser nickte aber was besonders Tilman und Sadok verwirrte war, dass dieser Mann scheinbar keinerlei Furcht oder Angst vor Ixtaqua zu haben. Im Gegenteil, nach seiner Stimmlage zu urteilen, kannte er die Rasse der Sharak.

Es vergingen einige Minuten, in denen Heinrich sich vorstellte, Tilman Ixtaquas Existenz zu erklären versuchte, ob wohl das anscheinend gar nicht nötig war und Ixtaqua selbst aufmerksam dem alt wirkenden Menschen zuhörte. Irgendwann schwieg Heinrich kurz, scheinbar dachte er nach.

„Sharak, Ihr wollt zum Fluss gelangen und zurück ins Meer! Ich will Euch helfen!“ Er deutete auf das Gebiet hinter sich.
„Ich gehöre einem…..einem Ritterorden an und würde Euch gerne helfen, da ich schon einmal eine Begegnung mit Eurer Rasse hatte. Ihr müsst mir nur vertrauen….“
 
Sodak war wie geschockt als Heinrich Tell auf seinem Pferd an geritten kam. Warum hatte er das Pferd erst jetzt bemerkt? Warum war es ihm nicht schon früher aufgefallen.
Der Priester wartete einen Moment, bis sich der Ritter als Heinrich Tell vorgestellt hatte. „Wenn ich mich vorstellen darf. Mein Name ist Sadok. Wie ihr euch denken könnt, bin ich ein Priester des heiligen Vaters.“
>Das alles kann doch so langsam kein Zufall mehr sein. Es muss doch einen Grund haben, das ich hier auf diese Personen getroffen bin.< dachte sich Sadok, nachdem der fremde Ritter sich vorgestellt hatte.
Wie hoch mochte die Chance in dieser eigentlich recht ruhigen Gegend sein, dass sich diese vier Personen hier über dem weg liefen. Ein Priester, dessen Orden nach allen Informationen zu den Schöpfungen ihres Herrn suchten. Ein Sharak, wie der Ritter es nannte, der eigentlich aus dem Meer zu sein scheint, befand sich mitten auf dem Festland. Ein Ritter, der solche Wesen zu schützen schien. Und Tilmann, der den Sharak rettete. Auch wenn Sadok nicht ganz erkannte, warum nicht der Ritter den Sharak befreit hatte.
Wieder richtete der junge Priester den Blick zum Himmel und sprach kaum hörbar: „Oh heiliger Vater, was hast du nur mit mir vor?“ Es vergingen einige Minuten in denen er versuchte aus den Sternen Zeichen zu lesen, auch wenn ihm klar war. Das sein Gott nicht zu solchen Mitteln griff. Davon abgesehen hatte er sich schon dazu entschieden dem Sharak zumindest bis zum Fluss zu folgen. Er musste einfach mehr über die Sharaki erfahren.
 
...Und natürlich folgte Ixtaqua Heinrich. Er wusste nicht warum aber er wusste, dass er diesen Menschen vertrauen konnte. Eigentlich war er nicht der Typ Fisch, der sich unüberlegt einem anderen , gar einer anderen Rasse einfach so anschloss. Doch die Tatsache dass dieser Mann seine Rasse und kannte und bereits Erfahrungen mit dieser gemacht hatte, ließ ihn seine Einstellung kurzzeitig ändern.
Der alte Mann hatte sein Pferd mir Sadoks Hilfe einfangen können und führte die drei den Weg entlang. Zwar konnte sich Ixtaqua nicht denken, warum ihm Tilman und Sadok noch folgten aber er wertete es einfach mal als Geste der Hilfsbereitschaft. Jedenfalls würde er so handeln aber er war auch ein Sharak. Diese Rasse war eh etwas anders als die Menschenrasse.

Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen und die 4 Gestalten erreichten ein altes Gehöft, welches schon lange ausgebrannt und verlassen zu sein schien. Durch das Mondlicht machte die Ruine einen gruseligen Eindruck doch Heinrich führte die Gruppe trotzdem unbeirrt weiter. Schließlich kamen sie am scheinbaren Hintereingang des ehemaligen Gebäudes an. Von irgendwo her vernahm Ixtaqua Stimmen aber wo sich die Verursacher genau befanden konnte er nicht sagen.
Plötzlich drehte Heinrich sich zu ihm um. „Hier warten meine Ordensbrüder auf mich, zusammen werden wir einen Plan entwickeln, wie wir Euch sicher nach hause bringen können. Doch vorher muss ich Euch bitten mir zu folgen. Es wäre sicherlich besser, wenn sie Euch nicht sofort sehen sondern dass ich sie vorbereiten kann...“ Der alte Mann machte eine kurze Pause und betrachtete die beiden anderen Männer. „Nun, Euch müsste ich bitten zu gehen doch da Ihr bereits Bekanntschaft mit unserem Schuppigen Freund gemacht habt, würde ich Euch lieber bitten, ein wenig im Innenhof zu warten denn ich habe eine Bitte an Euch....“ Mit diesen Worten entfernte er sich kurz mit Ixtaqua und kam wenig später allein zurück. Wo hin er Ixtaqua gebracht hatte, sagte er nicht sondern führte Sadok und Tilman in den Innenhof, wo bereits andere Menschen warteten.

„Anise! Vincent!“ rief Heinrich erfreut und begrüßte die beiden Narratores. „Gut das ihr gekommen seit! Ich freue mich, dass selbst ihr Vincent, Euch hier einfinden konntet. Ich weiß, dass Eure Zeit knapp ist und ihr sicher noch anderes zu tun habt.“ In dem Moment ließ Heinrich seinen Blick schweifen und warf einen Blick auf Indigo und den Jungen.
„Nun Ich sehe, Ihr seid nicht allein und habt Euch nette Gesellschaft geholt.“ Bei diesen Worte verneigte er sich kurz entzückt vor Indigo.
„Doch auch ich bin nicht allein, diese beiden braven Männer begleiten mich und noch....ein anderer Gast.“ Er legte seine Hand auf die Schultern von Anise und Vincent „Aber zuerst müssen wir auf Aaron warten bevor ich Euch sagen kann, warum ich Euch hier her bestellt habe.“
 
Sachmé zuckte als würde sie Stromstöße bekommen. Und für sie war es auch so. Sie miaute kläglich und ließ die sonst so stolzen Ohren hängen. Das hier war eindeutig schlimmer als der Blutgeruch. Wasser, für sie die Pest auf Erden. Wäre sie gläubig würde sie sich ihre persönliche Hölle sicherlich als See vorstellen.

Sie war so darauf konzentriert nicht einfach loszustürmen um ins Trockene zu kommen. Die Erde war vollkommen durchnässt und schmatze geradezu abartig bei jedem Schritt. In ihren Ohren klang das Geräusch als würde jemand über Metall ratschen. Sie schüttelte sich um den Schauder zu unterdrücken und folgte den drei Männern die sich leise unterhielten. Sie machte sich nicht die Mühe ihnen zuzuhören, sondern versuchte das Geräusch des Regens auszublenden. Doch es gelang ihr nicht. So hörte sie auch, dass der merkwürdige Mann anscheinend Aaron hieß. Der Mann der sie als einziger nicht mit Angst angesehen hatte.

Was sie jedoch noch mehr verwunderte war die Tatsache wie zielsicher er sie durch den Wald manövrierte. Bald schon lichtete sich der Wald und gab den Blick auf eine Ruine frei, deren Schatten allem möglichen hätten Unterschlupf gewähren können. Aber eine unbeugsame Neugier packte sie dann doch. Was wollte der Mann hier? Gab es noch andere wie ihn? Hatte sie sich am Ende doch in den Menschen getäuscht? Waren sie gar nicht so grausam wie sie immer dachte? Sie sah sich um. Sie konnte niemand anderes erkennen, aber vielleicht täuschte sie sich ja auch der Regen machte ihre Sinne ja auch geradezu nutzlos. Sie war ein Wesen das sich immer auf ihre Sinne verließ, aber was brachte ihr das wenn sie durch den Regen betrogen wurden?

„Ich sollte wohl erst einmal warten, die meisten Menschen scheinen mich ja nicht wirklich zu mögen.“ Sagte Sachmé vorsichtig.
„Ich werde sie erst einmal darauf vorbereiten.“ Meinte Aaron zustimmend. Sachmé nickte und verschwand ohne ein weiteres Wort lautlos im Schatten der Ruine wo sie sich ein trockenes Plätzchen zum warten suchte…
 
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Indigo zuckte unweigerlich zusammen als sie diesen Mann erblickte, der die Frau vor ihr als Anise bezeichnete und Vincent wohl kannte. Als er sich vor ihr verbeugte, verbeugte auch sie sich tief und lauschte verwundert. Es waren auch noch andere Männer mit ihm hier angekommen und den Namen des Jungen hatte sie immer noch nicht erfahren. Doch irgendetwas war hier merkwürdig. Es schien fast ein geheimes Treffen zu sein, so geheim, das es Indigo schauderte. Heinrich redete von einem anderen Gast, den die junge Tänzerin noch nicht erblickt hatte. Wer es wohl war? Sie liebte ja Geheimnisse, um der Geheimnisse willen. Er sagte sie müssten noch auf Aaron warten. Wer auch immer dieser Aaron ist, Indigo war gespannt. Von so vielen die Bekanntschaften zu machen, überforderte die junge Frau doch ein wenig und sie würde sich voerst sehr schüchtern zurückhalten. Hinter Vincent stehend musterte sie die angkommenen nun und auch diesen Heinrich, der sich so galant vor ihr verbeugte und meinte über die Schulter von Vincent geneigt. „Freut mich eure Bekanntschaft zu machen. Man nennt mich Indigo und ich bin Tänzerin.“ und wartete ab, was passierte.
 
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