Jason schaute die Daten durch, während er mit dem Klemmbrett in der Hand auf und ab ging. Es war nicht so, als wüsste er nicht, was sein Patient hat. Im Gegenteil, denn um eine Diagnose bei seinem Patienten durchzuführen, brauchte man kein Arzt sein.
Sein Patient, ein breiter und muskulöser Soldat, der paradoxerweise eher das harmlose Gesicht eines Dackels hatte, rieb nervös seine Schuhe wie ein kleines Schulmädchen auf dem Boden. Er war ein gebrochener Mann. <Können Sie sich nicht einmal ein klein wenig Mühe geben und mir wenigstens was vorheucheln? Es muss auch nicht gut sein, es soll doch lediglich mein Gewissen beruhigen....>. Jason kratzte sich ein letztes mal am Kopf, um sich dann schließlich vor seinen Patienten auf einen Stuhl zu setzen. Er schaute kurz zur Seite und fing an mit seiner Hand seinem kurzen Kinnbart entlangzufahren. Er überlegte, was er sagen sollte. Der Patient guckte ihn fragend an, er wartete offensichtlich darauf, dass Jason ihm seine Befunde mitteilte. „Wissen Sie...“, fing Jason langsam an, „Sie gaben an, Schmerzen im Bereich des Brustkorbes zu haben.“ Der Patient nickte leicht. Jason seufzte leicht. <Tun Sie doch wenigstens so, als würde es weh tun.> „Nun, der Punkt ist, dass auch nach den Tests nach wie vor keine Ergebnisse bezüglich ihres Schmerzes vorliegen.“ <Naja, fast nichts. Wenn man davon absieht, dass ihr Blut scheinbar aus Sin454 selbst besteht, fehlt es ihnen an nichts.> Zu gern hätte er es ihm laut ins Gesicht gesagt, aber er war Arzt und Ärzte mussten diskret sein.
„Ich werde ihnen jedenfalls erstmal ein paar Thermopads mitgeben. Benutzen Sie diese bitte, indem sie diese auf ihre schmerzende Stelle auflegen. Die Wärme sollte dann...“, in dem Gesicht seines Patienten funkelte Panik auf. „Ich werde keine Schmerzmittel kriegen? Aber Doktor, diese Schmerzen sind unerträglich! Ich brauche das Schmerzmittel, wirklich!“ Der Patient fuchtelte mit seinen Armen herum, während er sein eigenes Leid noch weiter ausschmückte und Argumente lieferte, warum er das Schmerzmittel bräuchte. Doch keine Chance, Jason hatte auf durchzug geschaltet. Der Patient ging sogar so weit, dass er sich hinkniete. Doch Jason versuchte dem einen Riegel vorzuschieben.
„Stop!“,sagte Jason in einem ruhigen Ton, „du bist ein Söldner, wie kannst du dich vor einem schwachen Bücherwurm wie mir niederknien?“ Jetzt kam das Standardprogramm, welches Jason sich für solche Fälle ausdachte. „Du solltest stolz darauf sein, ein Söldner zu sein. Wie konntest du dich, als stolzer Krieger, von einer so niederen Substanz einengen lassen. Aufstehen!“ Der Söldner stand stramm auf. Jasons stimme wurde noch sanfter, „Ich kann es nachvollziehen, einige Dinge da draußen sind tatsächlich ziemlich hart und man weiß nie, mit wem man darüber reden soll.“ Jason zückte eine kleine Visitenkarte aus Kunststoff und übergab diese dem Söldner. „Hier, da solltest du mal hingehen. Dort wirst du lernen alles zu verarbeiten.“ Der Söldner las die Karte mit zugekniffenen Augen durch.
Es war eine Karte, die zur Selbsthilfe für Söldner einlud. Jason selbst startete sein eigenes Projekt der Seelsorge freiwillig, denn er wusste, anders konnte diesen Menschen langfristig nicht geholfen werden. „Zu guter Letzt möchte ich Ihnen noch eine kleine Mitgift auf den Weg geben.“ Jason ging zu einem leblos wirkenden metallenen Schrank und holte dort eine kleine aus Kunststoff bestehende Schachtel raus und warf sie dem Patienten zu. Als dieser die auffing guckte er ihn nur fragend an. „Falls es zu schlimm werden sollte, nehmen sie diese. Ich weiß, wie schlimm ein Entzug sein kann. Und nun gehen sie, aber verpassen sie bloß nicht die nächste Sitzung!“ Mit freudestrahlendem Gesicht stürmte der Söldner aus der Krankenstation, wobei er fasst die Türen umrannte, da diese nicht schnell genug öffneten.
<Dieses Sin454, ein absolutes Teufelszeug. Erschwert mir die Arbeit, verlängert meine Arbeitszeiten und noch viel schlimmer, es bricht die Leute und gibt ihnen vollends den Rest.> Jason wusste genau, dass er nicht so viel Einfluss auf die Süchtigen hätte nehmen können, wenn diese nicht durch die Droge vorher schon gebrochen wären.
Als Jason anfing, die Daten des nächsten Patienten durchzulesen, bemerkte er das Zischen der Türhydraulik, aber drehte sich zu spät um. Er sah dort niemanden und schlussfolgerte daraus, dass einer der ansässigen SC-Mitglieder die Krankenstation verließ. Er wandte sich wieder seine Akte zu und las konzentriert das Patientenblatt.