Sind die Lehrer unmotiviert geworden wegen desinteressierter Schüler oder sind die Schüler desinteressiert geworden wegen unmotivierter Lehrer?
Theorie:
Ich glaube dies ist einer der wichtigsten Punkte in der gesamten Debatte. Es ist durchaus üblich dass Lehrer heutzutage unmotiviert sind, keine Lust auf ihre Schüler haben und versuchen einfach ihre Stunden abzuarbeiten. Das habe ich auch selbst schon einige Male erfahren. Jedoch liegt dieser Umstand oft daran, dass die Schüler es den Lehrern nicht unbedingt einfach machen, gerade auf Hauptschulen hört man immer wieder von solchen Szenarien. Auf irgendeine Weise kann ich sogar verstehen wieso gerade Hauptschulen oft von diesem Problem betroffen sind. Denn Menschen die perspektivlos sind, neigen erfahrungsgemäß schneller dazu sich mit anderen Mitteln als z.B. schulischen Leistungen wieder Selbstbewusstsein zu schaffen. Und über Hauptschüler kann man heute leider sagen dass sie größtenteils perspektivlos sind, was sie natürlich frustriert und eventuell dazu bringt sich Feinbilder zu schaffen wie Lehrer, die sie dann entsprechend behandeln. Daraus resultiert natürlich wiederum, dass die Lehrer sich entweder wehren oder resignieren. Falls sie Ersteres tun, liefern sie den Schülern allerdings nur wieder neuen "Brennstoff" für ihren Frust.
Als Beispiel dafür kann ich mich einen sehr guten Freund erinnern, der früher mit mir in eine Klasse aufs Gymnasium ging und anschließend, weil er mit dem Unterrichtssystem der Schule nicht zurechtkam, zwei mal hintereinander sitzen blieb und danach auf die HAuptschule musste. Er war keinesfalls dumm oder faul, sondern unordentlich und ungenau. Aber trotz allem ein anständiger Kerl. Doch mittlerweile hat er schon mehrere Anzeigen wegen Diebstahl, Beamtenbeleidigung und Erregung öffentlichen Ärgernisses hinter sich gebracht, also eine Bestätigung für meine Theorie. Und er erzählt häufiger, dass seine Lehrer sich kaum Mühe geben mit der Klasse überhaupt Unterricht zu führen. Also ein weiteres erschreckendes Indiz dafür dass meine Theorie stimmen könnte.
Die Wurzel allen Übels liegt meiner MEinung nach darin, dass wir ein zwei Klassen System haben. Sprich: Diejenigen die die Chance auf einen Beruf haben möchten, besuchen das Gymnasium und die angeblichen "Versager" die anderen Schulen. So werden die Gymnasien überrannt, es gibt massenhaft Abiturienten oder Gymnasialabsolventen, die den anderen Schülern gegenüber auch zahlenmäßig überlegen sind (stellenweise) und diesen dann nur noch weniger Möglichkeiten lassen. Beim besten Willen kann ich nicht glauben dass unser Bildungssystem so geplant wurde.
Das Gymnasium war, wenn ich richtig informiert bin, vor einigen Jahrzehnten ausschließlich eine SChule für diejenigen, die planten in ihrer Zukunft zu studieren und danach Wissenschaftler; Juristen, Politiker oder Ähnliches zu werden. Die Leute die wussten, dass sie andere Stärken hatten, z.B. handwerklich begabter waren, besuchten eine einfachere Schule um danach eine Lehre zu machen und einen Beruf zu ergreifen. So herrschte bei den Verantwortlichen offenbar der Gedanke dass auf diese Weise ein Gleichgewicht erschaffen würde, dass es der Gesellschaft ermöglicht sich gegenseitig zu unterstützen. Vorrausgesetzt natürlich, dass die Abiturienten auch tatsächlich nur Berufe ergreifen, für die sie tatsächlich studieren müssen.
Gekippt ist die Sache jedoch an dem Punkt, als man anfing das Abitur als Privileg zu verwenden um damit Berufe oder Ausbildungsplätze ergattern zu können, für die nicht unbedingt ein Abitur erforderlich war. Dass es dazu kommen würde, war eigentlich nur eine Frage der Zeit. DAzu kam der Druck der von den Arbeitgebern ausging, dass sie mehr und mehr auf Zeugnis und sonstiges Papier achteten als auf den Menschen an sich.
Was also tun um diesen Umstand zu ändern? Eine Möglichkeit sähe ich darin, dass man eine Reformation des SChulsystems durchführt, die beinhaltet dass es einen für alle Schularten gleichen Abschluss gibt, der nachweist in welchen Fächern der jeweilige Schüler welche Leistungen erbracht hat und welche außerfachlichen Qualitäten er besitzt. Dieses Abschlusszeugnis, sollte unter einem Namen stehen und die enthaltenen Noten gleich viel "wert" sein, egal welche Schule der Schüler zuvor besuchte. Des weiteren sollte die Hauptschule als Institution abgeschafft bzw. mit der Realschule kombiniert- und die Länge der Schulzeit an die des Gymnasiums angepasst werden, damit Zeit bleibt auf die Schüler die weniger lernstark sind intensiver einzugehen. Das Abitur sollte lediglich eine Zulassung zum Studieren darstellen und kein eigenes Zeugnis beinhalten, salopp gesagt: Ein Zettel wo draufsteht dass man studieren gehen darf, wenn man gut genug war. Also das Abitur wird nciht als Abschluss gewertet sondern lediglich als Erlaubnisschreiben für Universitäten. Damit einhergehend müssten die Lehrpläne überarbeitet werden und zwar so, dass Realschüler ca. bis zur achten, neunten Klasse den gleichen Stoff lernen wie Gymnasiasten, sich dann entscheiden können ob sie vielleicht doch später studieren wollen und ggf. die Schule wechseln oder sich lieber auf handwerkliche Tätigkeiten spezialisieren. Und dann ca. ab der zehnten Klasse sollten auf der Realschule verstärkt praktische Unterrichtsfächer gelehrt und Berufspraktika durchgeführt werden, um die Schüler auf ein Leben in einem Handwerksberuf vorzubereiten. Während auf dem Gymnasium ab diesem Punkt stärker auf wissenschaftliche Fächer eingegangen wird und ausgiebige Studienvorbereitungskurse durchgeführt werden.
Diese oder ähnliche Maßnahmen würden wahrscheinlich bei vielen im Moment benachteiligten Schülern Perspektive schaffen und dadurch vielleicht auch wieder so etwas wie Freude am Lernen. Alles in Allem natürlich eine sehr idealistische Vision, wahrscheinlich auch mit einigen Denkfehlern oder etwas oberflächlich. Aber ist ja nur von mir. Das Wichtigste wäre meiner Meinung nach, dass man die Politik dazu bringt eine Lösung zum Problem der Chancenungleichheit zu schaffen. (Dass das PRoblem besteht kann eigentlich niemand mehr bestreiten und so bleiben kann es auf Dauer auch nicht, nehme ich an.)
Um nicht ganz OT gewesen zu sein -> Vielleicht wäre dieses Problem etwas worauf man in den nächsten Schülerdemos (die mit Sicherheit stattfinden werden) verstärkt hinweisen könnte.