Hier gefiel es Kanade. Es sah etwas trostlos aus, dieses Städchen, doch war es perfekt, wenn man sein Geld auf die Weise verdiente, wie Kanade es tat. Viel Pöbel auf den Straßen, eine Mordserie, von der alle redeten, und die von Kanade's vergleichsweise kleinen Vergehen ablenken würde und obendrein die Möglichkeit sich einen guten Ruf zu verdienen - der Hauptmann suchte nach unbekannten Gesichtern, die er für die Ermittlungen benutzen konnte. Zumindest hatte der Wirt des zwinkernden Skeevers gerade erst davon geredet.
Kanade ließ die schmalen Beine vom Barhocker baumeln, legte ihr Kinn auf den Fäusten ab und starrte den Wirt mit großen Augen an. "Was, du?", fragte der Wirt und lachte laut auf, wo er doch bei seiner Erzählung recht ernst geblieben war. Einige der Gäste blickten hinüber an den Tresen, an dem Kanade den Kaiserlichen verwundert ansah. "Wieso denn nicht? Meint Ihr, ich werde dieser Aufgabe nicht gerecht?", fragte Kanade nach. Es war eine Frechheit! "Könnt Ihr überhaupt ein Schwert schwingen, oder eine Axt halten, ohne sie sofort wieder fallen zu lassen?", erwiderte der Wirt voll Spott. Mit bösen Augen funkelte die Ohmes-Raht ihr Gegenüber an. "NATÜRLICH KANN ICH DAS!", platzte es energisch aus ihr heraus. Ihr kleiner Mund zog eine beleidigte Miene. Wenn der Wirt nicht aufpasste, würde ihm für diese Beleidigung eines seiner liebsten Dinge abhanden kommen. Der Katzenschwanz der Ohmes-Raht schlug bei diesem Ärgernis stark aus. "Ihr werdet schon noch sehen, Ihr unsagbar fieser, unfähiger Gastwirt!", sagte Kanade, wobei der Wirt lachen musste. Er war nicht verärgert, nein, er lachte über die Aussage der Ohmes-Raht - offensichtlich wollte er sie nicht ernst nehmen. Der Spaß würde ihm schon noch vergehen! - Jetzt lachte er noch, schüttelte grinsend den Kopf und widmete sich anderen Gästen an ihren Tischen, die ebenfalls seiner Aufmerksamkeit bedurften.
Kanade verschränkte die Arme und legte die Hände trotzig auf ihre Hüfte. Sie blickte sich an dem Ort zwei, drei Male um und blieb mit ihrem Blick schließlich an der Kerze haften, die auf dem Tresen sanft hin und her flackerte. So wunderschön, wie sie sich jedem kleinen Windzug widersetzte. Entschlossen griff Kanade mit der einen Hand den Krug, mit der anderen die Kerze, und stand still und summend auf. Auf dem Weg an einen Platz am Tisch senkte Kanade ihr Tempo und besah sich des Platzes, an den sie sich setzen wollte. Er war recht zentral, wo man sie gut im Auge haben konnte, und bot einen guten Blick auf die Tür. Während sie sich ihm näherte, machte sie einen unbemerkten Umweg an einen der anderen Tische vorbei, um die Kerze dort aufzustellen, und mit einem Stoß ein völlig natürliches Szenario darzustellen. Hm, da musste wohl ein Gast beim Gehen die Kerze umgestoßen haben.. So ein Pech aber auch.
Die hässliche Tischdecke auf dem hölzernen, massiven Tisch fing Feuer, während Kanade längst an dem geplanten Tisch Platz genommen hatte. Niemand hatte es gesehen... Nur der Wirt, er drehte sich nach dem Tisch um, als es anfing, verschmort zu riechen. Eine Flamme bäumte sich auf, richtete zwar noch keinen allzu großen Schaden an, war aber groß genug, um Kanade in Faszination zu versetzen. "Verdammte ******e!", fluchte der Wirt und ließ von seinen Gästen ab, während er mit seinem nassen Geschirrtuch auf den Tisch zustürmte. Inzwischen hatte das Holz des Tisches schon Feuer gefangen - Kanade liebte den Geruch von brennendem Holz! Doch ihrer Faszination ließ sie keinen Freilauf. Nüchtern betrachtete sie, wie der Wirt das nasse Tuch auf das Feuer warf, das sich davon aber kaum beeindrucken ließ. Er fuhr sich energisch durch sein dunkles Haar und fluchte murmelnd. Dann ging er los, hinter den Tresen, und kam nur wenige Sekunden später wieder zur lodernden Flamme zurück. Schließlich goß er einen schweren, großen Eimer kaltes Wasser auf die Flamme, und überschwemmte damit die gesamte Sitzgruppe samt des Holzbodens. "Kanade, hast du gesehen, wer hier gesessen hat?", fragte der Wirt, noch immer außer Atem und sichtlich gereizt. Hinter ihm qualmte die erstickte Flamme, und man hörte ein sehr leises "Plitsch-Platsch" des Wassers, das vom Tisch auf den feuchten Boden tropfte. "Nein. Der Gast, der dort saß, ist gerade erst gegangen, doch ich habe ihn nicht genauer angesehen, als ich mich hier hinsetzte. Scheinbar bin ich nicht die Einzige, die die Bedienung und die Gastfreundschaft zweifelhaft findet!", sagte Kanade und funkelte den Wirt abermals provokant an. Sie war schon einige Tage in dieser Taverne und hatte sich Abends oft lange mit dem Wirt unterhalten. Auch, wenn sie nicht abstreiten konnte, dass er etwas Sympathisches hatte, so war er trotzdem zugleich ein ziemliches *********. Seinen Beruf hatte er zumindest sehr verfehlt.
"Du hast doch nicht etwa...", sagte der Wirt und sah Kanade an, aber dann schüttelte er den Kopf. "Nein, so verrückt bist selbst du nicht.", kam er dann schnell zum Entschluss und zerstrubbelte der Ohmes-Raht das schwarz-weiße Haar. Sie erwiderte sein müdes Grinsen, doch verspürte kein Mitleid. Er hatte seine Lektion gelernt, hoffte sie zumindest. Genervt machte sich der scheinbar Bekehrte wieder daran, den Tisch herzurichten, so gut er konnte. Süffisant schlürfte Kanade an ihrem lauwarmen Met, und sah ihm dabei zu.
"Wenn ich Euch helfen kann, dann sagt es mir, ja?", sagte sie lächelnd, und nippte weiter.