Zählt man dann die Stimmen aus, gewinnt die Partei, die von den meisten Bürgern gewählt wurde, was, wenn die vorangegangene These stimmt, die Partei ist, die die Interessen der relativen oder absoluten Mehrheit der Bevölkerung vertritt oder vertreten soll.
Das Interesse und die Aufgabe der Regierung ist es erstmal das System am laufen zu halten. Dafür ist es notwendig bis zu einem gewissen Grad verschiedene relevante Interessengruppen zu beachten damit alles einigermaßen glatt läuft. Ist logisch...
Deshalb würde auch die FDP keine Hartz IV Empfänger verhungern lassen auch wenn das Klientel am Stammtisch und die Verfechter bürgerlichen Leistungsterrors das belohnen würden. Es gäbe eine heftige Polarisierung der Gesellschaft und eine Regierung muss zur Erhaltung der eigenen Regierungsfähigkeit das ganze verkleistern.
Standortpolitik spielt dabei auch eine Rolle. Die Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandort muss gewahrt werden damit man überhaupt etwas zum regieren hat. Dafür ist es von Interesse die Bevölkerung des Standortes, die diesen konkurrenzfähig halten soll zumindest einigermaßen zufrieden zuhalten damit diese konkurenzfähigkeit nicht leidet.
Allerbestenfalls in zweiter Linie geht es dann um die Umsetzung der Parteilinie. Und diese sind minimalistisch. In der Realpolitik weichen die progamatischen Punkte nur marginal voneinander ab und sind an den Zustand des Wirtschaftsstandort gekoppelt.
Anfang dieses Jahrtausends haben die SPD und die Grünen knallharte neoliberale Reformpolitik gemacht, das war zu diesem Zeitpunkt nunmal der Zeitgeist und die Garantie für die Konkurrenzfähigkeit des Exportweltmeister Deutschlands.
10 Jahre später sieht es anders aus. Die europäische Währungsunion bröckelt durch Spekulation und wir haben die schlimmste Wirtschaftskrise seit fast 100 Jahren erlebt.
Heute setzen sich Teile der CDU für eine Finanztransaktionssteuer ein und eine starke Regulierung der Finanzmärkte und sogar die FDP hat diese Vorschläge in abgeschwächter Form ins Programm aufgenommen die vor 10 Jahren selbst für die SPD sozialistisches Teufelszeug war.
DIe Parteipolitik ist immer an Zyklen gekoppelt. In 10 Jahren ist es vielleicht wieder der neoliberale Trend und dann in 20 Jahren wieder der Regulations-Trip. Aber im Endeffekt diktiert der Wirtschaftsstandort und die Garantie seiner Konkurrenzfähigkeit die Politik und wer seine Politik nicht an einem anderne Entwurf von Gesellschaft ausrichtet kann auch nicht wirklich aus dem monoideologischen Sumpf der Realpolitik ausbrechen.
Wer denkt jede Partei hätte eine grundlegend andere Vorstellung von Politik und das Interesse einer Wählerschaft könnte daran was ändern, der ist nicht in der Lage Dinge dialektisch zu betrachten. Man muss die Verhältnisse zwischen Politik, Ökonomie u.s.w in eine Darstellung mit einbeziehen wenn sie nicht fern der Realität sein wollen.
Zwar gibt es keine bindende Verpflichtung, die Wahlversprechen auch einzuhalten, dennoch droht bei Nicht-Einhaltung Abwahl. Da dies finanzielle Einbußen zur Folge hat, bemüht sich die Partei, möglichst viele Wähler durch einerseits Versprechen, andererseits Taten auf ihre Seite zu ziehen. So einfach ist das.
So einfach ist es nichtmal in einem Aufklärungscomic der bpb.
Oben ein kleiner Anflug einer differenzierteren Darstellung zwischen dem Zusammenhang von Politik, Wirtschaftsstandort u.s.w
Die Demokratie ohne strukturelle Zwänge darzustellen kann man nicht ernstnehmen, da man den Status Quo fern jeder Realität idealisiert.
Das ist schlicht sachlich falsch, da Kapital keine Interessen hat.
Vielleicht gibt es da ein Problem mit der Terminologie. Mit Kapital meine ich Vermögen und die haben natürlich ein Interesse. Im kapitalistischen Alltag konkurrieren diese in Form von Investitionen u.s.w gegeneinander. Entweder behaupten sie sich in der Konkurrenz oder gehen unter. Die Rahmenbedingungen für den globalen Konkurrenzkampf geben die Wirtschaftsstandorte den Unternehmen u.s.w mit auf den Weg. Das Kapital bzw. die Besitzer des Kapitals haben natürlich ein Interesse die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen globalisieren Konkurrenzkampf zu wahren.
Das muss im Kapitalismus auch so sein sonst erwirtschaftet der Standort kein Geld und die Regierung hat keine Möglichkeit zu regieren.
Kritik am Staat und der Politik ist gerechtfertigt, aber genauso Kritik an der Gesellschaft, denn schließlich besteht ein Staat aus der Gesellschaft.
Schon wieder eine (mit verlaub) undifferenzierte Darstellung. Staat und Gesellschaft ist so einfach nicht zu trennen. Da bestehen Wechselwirkungen, eine Gesellschaft wird durch Ökonomie, Politik u.s.w in ihrer Entwicklung beeinflusst. Man kann nicht einfach sagen, dass eine habe mit dem anderen nichts zu tun.
Die Gesellschaft ist ein Produkt verschiedener Faktoren die den Individuen im Sozialisationsprozess mit auf den Weg gegeben werden. Dabei hat in meinen Augen vor allem die spezifische Form der ökonomischen Vergesellschaftung einen erheblichen Einfluss auf den Sozialisationsprozess des Individuums.
Wie gesagt, ich denke nicht dass man in der Soziologie irgendetwas ohne die Totalität verschiener Faktoren wie Ökonomie betrachten kann.
Alles fein säuberlich von einander trennen, da geht einfach nicht. Man kann nicht das Kapitel Gesellschaft, das Kapitel Ökonomie und das Kapitel Politik voneinander trennen als hätten sie nichts miteinander zu tun.
Die Analyseergebnisse sind dann zwangsläufig dazu verurteilt falsch zu sein.