Entschuldige, wenn ich's so ausdrücke, aber dein zweiter Abschnitt ist ein wenig zusammenhanglos
Was genau möchtest du da zum Ausdruck bringen?
Ich finde meinen Text nicht zusammenhangslos, kann es aber gerne näher erläutern. Zumindest hoffe ich, dass man mich dadurch besser versteht.
Was ich mit meinem zweiten Text aussagen sagen wollte, war das folgende:
Das Naturgeister- oder vorchristliche Mythologiegeflecht findet sich heutzutage in erster Linie in drei (vllt auch vier) Ausprägungen oder "Anwendungen" wieder.
- Die Benennung oder "Anrufung" von Naturgeistern oder heidnischen (dies ist keine wertende Bezeichnung, sondern soll als Synonym für "vormonotheistisch" stehen) Göttern kann sich als simple Rhetorik äußern. Beispielsweise: "Amors Liebespfeil hat mich getroffen." Ähnlich würde ich es auch sehen, wenn ich mit meiner Bande im Wald nen "heidnisches" Ritual halte, nackt ums Feuer tanze und wir Odin anrufen, denn das meinen wir letztenendes auch nur im Spaß.
- Die Wiederbelebung als neureligiöse Bewegung. Beispiel: Asatru.
( - Die Rekonzeption als Bestandteil irgendeines esoterischen Werte- und Lehrsystems)
- Die Ausnutzung als politisches Machtinstrument oder gar als tatsächliche religiöse Komponente im rechtsextremistischen Bereich, Beispiel: Odalismus und "Allgermanische Heidnische Front". Darin werden heidnische Religionen als die wahren Religionen angesehen und das Christentum und ähnliche Religionen als jüdischen Ursprungs und damit aus einem anderen Kulturkreis stammend abgelehnt oder gar als zerstörerisches Element verteufelt. (Wobei ich letzterem Argument in gewisser Hinsicht sogar etwas abgewinnen kann, ohne jedoch deshalb alle Christen töten zu wollen oder in irgendeiner Hinsicht Sympathie für rechtes Gedankengut zu tragen.)
Um mal auf das Thema vom letzten Jahr zurückzugreifen:
Es ist eine interessante Theorie, dass das Judentum vom Aton-Glauben abstammen soll, hat aber einen entscheidenden Haken: Weder das Juden- noch das Christentum sind tatsächlich monotheistisch.
Ich spreche hier nicht das Problem der Dreifaltigkeit oder das Gott-Teufel-Verhältnis an, sondern Texte des alten Testaments, in denen weitere Götter erwähnt werden und vor allem das erste und dritte Gebot, das Gott Moses gegeben hat: "Du sollst neben mir keine anderen Götter ." und "Du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht dienen;[...]". Beides deutet bereits früh in den Texten daraufhin, dass es weitere Götter gibt, ebenso:
"[...]und will Strafgericht halten über alle Götter der Ägypter[...]" (2. Mose 12,12)
"[...]Nun weiß ich, daß der HERR größer ist als alle Götter[...]" (2. Mose 18,11)
"[...]Wer den Göttern opfert und nicht dem HERRN allein, der soll dem Bann verfallen.[...]" (2. Mose 22,19)
"«Ich bin ein Gott, ich sitze auf einem Göttersitz mitten im Meer»,[...]" (Hes 28,2)
Besonders aus dem letzten geht hervor, dass Gott von sich selbst als "ein Gott (unter vielen?)" spricht. Liest man die Bibel genau, sind weder Judentum noch Christentum monotheistische Religionen. Sie verlangen zwar, dass nur ein Gott angebetet wird, sie schliesst aber zu keiner Zeit aus, dass noch andere Götter existieren könnten.
Das Thema des Aton-Glaubens ist ebenfalls sehr interessant, muss ich gestehen, und ich habe mich in letzter Zeit wieder verstärkt damit auseinandergesetzt (in erster Linie, weil ich mich auf eine Mod für das bekannte Strategiespiel Hearts Of Iron 2 vorbereite, wo eine moderne Variante des alten Ägypten in die Zeit des 2. Weltkriegs überlebt hat, anstatt mit der Besetzung durch die Römer unterzugehen. Freunde des Spiels können sich Mitte des Jahres auf einen hoffentlich spannenden AAR freuen, den ich in diversen Foren zu veröffentlichen suchen werde ^^). Was ich dabei jedoch festgestellt habe, deckt sich zum Teil mit dem deinigen, allerdings gibt es auch noch andere Sachen.
Man vermutet heute, dass der Aton-Glaube von Echnaton kein rein monotheistischer Glaube war, sondern eher ein henotheistischer oder gar lediglich eine veränderte Form des üblichen ägyptischen Polytheismus. Henotheismus würde das bedeuten, was auch du sagst, nämlich, dass die Existenz anderer Götter zumindest nicht geleugnet wurde.
Echnaton, der später offensichtlich geächtete Pharao und Urheber des "Aton-Hypes", war den neueren Forschungen zufolge sehr introvertiert und isolationistisch. Er hat in Achetaton, seiner neuen Hauptstadt, ähnlich isoliert gelebt wie die späteren Kaiser von China in ihrer verbotenen Stadt. Es heißt, er habe einen religiösen Eid darauf geschworen, die Stadt niemals mehr zu verlassen, so lange er lebe. Während Echnatons Regierungszeit seien wohl sehr viele administrative Systeme zusammengebrochen, und militärische Erfolge seiner Vorgänger seien zum Teil völlig bedeutungslos geworden und durch Revisionskriege der Widersacher Ägyptens rückgängig gemacht worden. Echnaton war also ein perfekter Religionsbürokrat, der besser Buchhalter anstelle eines Monarchen geworden wäre.
Aus dem, was man heute allerdings weiß, geht nicht hervor, dass Echnaton feindselig oder mit Verboten gegen die anderen Götter und Kulte vorgegangen ist. Offenbar besaß Echnaton eine besondere Fixierung auf Aton, aber die Tatsache, dass er besonders darauf bedacht war, den Aton-Tempel und die dazugehörige Stadt Achetaton/Amarna an einem Platz zu errichten, der noch keinem anderen Gott geweiht war, kann als Hinweis darauf gedeutet werden, dass er auch Respekt für die anderen Gottheiten empfand. Ebenso die Tatsache, das man an relativ offen zugänglichen Orten innerhalb der Stadt Achetaton Kultobjekte anderer Gottheiten fand, stützt die Theorie, dass der Aton-Kult keineswegs monotheistisch war, sondern Echnaton eher Aton als neuen Hauptgott zu etablieren suchte, was er unter anderem damit verband, dass er sich als einzigen wahrhaften Priester Atons verstand.
Ein zusätzliches Merkmal der Amarna-Zeit ist der in einigen Quellen nur randweise angemerkte Zustand, dass etwa zu dieser Zeit intellektuelle Ägypter und einige Reiche anfingen, "heimlich" zu beten, also nicht mehr der "Call-Center-Vermittlung" durch einen Priester an den jeweiligen Gott bedurften, was ein fast schon christliches Motiv ist, denn im früheren Judentum sei es wohl ebenfalls so gewesen, dass die Menschen den Draht zu Gott immer erst durch die Priesterschaft erlangen konnten (korrigier mich, falls ich da falsch liege. Ich muss leider gestehen, dass mein Wissen in Bezug auf Ritus und "Politik" des frühen Judentums recht eingeschränkt ist).
Eine interessante Verbindung würde sich zum Teil auch eine eventuelle historische Einordnung der Figur Abrahams, des "Stammvaters" des Judentums sowie des "Exodus" und der Figur des Moses ergeben. Allerdings wäre dazu auch die Entstehungsgeschichte der Bücher Mose wiederum zu beachten, wann diese tatsächlich niedergeschrieben wurden, denn zum Teil wird eine historische Persönlichkeit von Abraham auf einen späteren Zeitpunkt als die von Moses datiert. Die Lektüre all dessen wiederum würde für mich persönlich sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und das kann lange dauern ^^ Kensen, wenn du da Licht ins Dunkel aufgrund deines "Ausbildungswunsches" und deiner persönlichen Beschäftigung mit dem ganzen bringen kannst, wäre da sehr geholfen.