Um zu verstehen, warum jemand die Todesstrafe für sinnvoll oder für unmenschlich hält, muss man sich die Frage stellen, welches Ziel Strafen allgemein haben.
In erster Linie kann eine Strafe nur die Abschreckung zum Zweck haben. Zur Resozialisierung ist sie in den seltensten Fällen geeignet. Wenn jemand fünfzehn Jahre im Knast saß, wird er mit der modernen Welt schlicht nicht zurecht kommen, auch wenn er ansonsten sehr intelligent und anpassungsfähig erscheint. Andererseits wirkt der Abschreckungseffekt an sich nur in den seltensten Fällen. Grausame Gesellschaften haben allgemein eine höhere Tendenz zu mehr und brutalerer Kriminalität. Als mehr oder weniger logische Folge werden größere Gefängnisse gebaut und mehr und härtere Strafen erlassen.
In einer grausamen Gesellschaft, die solche Gesetze und Strafen aber scheinbar nötig macht, sinkt die Hemmschwelle zur Kriminalität allerdings auch immer weiter. Das heißt, der Abschreckungseffekt, der erzielt wird, wird durch die von den Kriminellen gesehene "Notwendigkeit" zur Kriminalität, wieder ungültig gemacht, womit zwar der Schein eines kontrollierten Zustandes entsteht, aber dennoch es nichts weiter als ein halbwegs kontrolliertes Chaos ist.
Dennoch, denkt sich der Staat, muss etwas mit den Kriminellen passieren, denn sie stellen ja offensichtlich eine Gefahr dar (das der Staat vielleicht auch einfach effektiver arbeiten könnte, um den Menschen ein besseres und damit auch ohne Kriminalität lebenswerteres Leben zu schaffen, ist eine Frage, die ich hier einmal außen vor lasse. Wir gehen davon aus, dass der Staat nicht auf diese Idee kommt. Resozialisierungsmaßnahmen werden ebenfalls ausgeschlossen.). Es besteht also nur die Möglichkeit, sie von den Straßen zu holen und (lebenslänglich) einzusperren, oder, sie schlichtweg zu beseitigen.
Jetzt kommt die logistische Frage ins Spiel: Einen potenziell gefährlichen Häftling lebenslang einzusperren, kostet viel Geld, denn auch ein Häftling hat Bedürfnisse, die dann logischerweise zu erfüllen sind, soll er nicht elendig dahindarben. Natürlich erscheint es da logischer, den Häftling zu töten, da man dadurch viele Steuergelder einsparen kann. Von der logistischen Frage, befürworte man also Strafen an sich, ist daher auch die Todesstrafe zu befürworten. Wobei es in diesem Fall, weil der Abschreckungseffekt eigentlich nicht da ist, weniger Strafe ist als vielmehr eine reine Nutzenfrage für Staat und Gesellschaft. (Selbst diese Vorstellung wird aber von beispielsweise den Amerikanern gerne umgangen, da diese ihre Todeskandidaten 20 Jahre und länger inhaftiert halten, länger also, als die Standardstrafe für einen einzelnen Mord im Affekt hierzulande. Da sind die Chinesen und andere Länder wesentlich effizienter, denen liegt aber auch der logistische Gedanke aufgrund der kollektivistischen Sichtweise näher).
Danach darf man sich die humanistische Frage stellen: Ist das mit der Menschenwürde usw. vereinbar? Ich mag solche Fragen nicht, ich glaube irgendwie nicht recht an Menschenwürde an sich, aber trotzdem versuche ich mal darauf einzugehen. Die humanistische Welt- und Wertvorstellung sagt eigentlich konsequent nein. Nur eine metaphysische Macht hätte demnach wohl das Recht, dem Menschen das Leben zu nehmen (auch im Humanismus). Der Staat erhebe sich quasi zum göttlichen Richter über Leben und Tod, was er eigentlich nicht sei. Insofern sei daher nach "unserer" Menschenwürdeauffassung die Todesstrafe unethisch und zu verneinen.
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Meine persönliche Meinung: In einer grausamen Gesellschaft, welche das Strafsystem der Resozialisierung vorzieht, wird mit zunehmender Größe und Komplexität die Todesstrafe nicht umgangen werden können, wenn die Ressourcen den Ehrlichen vorbehalten sein sollen. Aus rein logistischer Sicht ist die Todesstrafe daher vernünftig und zu befürworten.
Stelle ich mir nun aber vor, die richtende Gewalt, sprich, Präsident, König, Diktator, Gottkönig oder vergleichbares in einer Nation zu sein, so würde mich schlicht und ergreifend meine persönliche ... (Konditionierung ist das falsche Wort dafür, aber vllt passt es doch) Konditionierung davon abhalten, die Durchführung eines Todesurteils zu befehlen. Aus dem einen Grunde: Das Wissen um die Komplexität meines eigenen Lebens und meiner eigenen Gefühlswelt, welche ich in Gedanken auch auf andere übertrage, hält mich davon ab. Ich würde nicht wollen, getötet zu werden, daher töte ich auch niemand anderen (außer vllt im Affekt, aber bis jetzt hat mich mein Maß an Selbstkontrolle von derartigem abgehalten). Zumindest würde ich so eine Entscheidung keinesfalls leichtfertig treffen und wenn überhaupt nur in so extremen Fällen, z.B., dass der zum Tode Verurteilte eine massive Gefahr darstellt und schlichtweg aufgrund einer nicht heilbaren psychischen Störung nicht resozialisiert werden könne, wobei dann wieder die logistische Frage greift, da ich dadurch eine lebenslängliche Haft ausschließe. Im übrigen schließe ich dadurch auch Tötung in Notwehr aus. Ich glaube nicht, dass ich jemals jemanden töten muss, um mein eigenes Leben zu schützen. Hier erlaube ich mir ein wenig Sarkasmus und sage mir, dass die Verkrüppelung meines feindselig gestimmten Gegenübers in jedem Falle ausreichend sei.
Oder, um ausnahmsweise sehr christlich zu sprechen:
"Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu." Wobei ich aber zum Wohle der Gesellschaft, wenn es absolut nötig sei, dieses Gebot umgehen würde. Soviel Fluch muss ich dann wohl auf meine Seele laden, und damit könnte ich leben... naja, auf jeden Fall eher, als wenn ich der Tote bin ^^
Fazit:
Nicht, dass ich die Todesstrafe insgesamt gut finde. So, wie die Amis und auch alle anderen Länder durchführen, ist es einfach Schwachsinn. Im Grunde ziehe ich immer den Weg der Resozialisierung vor, wenn diese möglich ist. Nur ist das Problem, dass manchmal nicht resozialisiert werden kann, und da ist, rein logistisch, die Terminierung des Kriminellen der einzig gangbare Weg, die Gesellschaft zu schützen UND ihre Ressourcen nicht zu verschwenden.
soviel dazu von meiner Seite ... betet, dass ich niemals Kanzler werde ^^