Da ich im
Thema zum Spiel gebeten wurde meinen Eingangspost in ein Review umzuwandeln, mache ich das hiermit
Lost: Via Domus
Das offizielle Spiel zur Kultserie Lost ist derzeit (Juli 2010) als Vollversion in der GameStar enthalten. Als bekennender Fan dieser Serie musste ich mir dies natürlich kaufen. Da ich schon die Testberichte kannte, habe ich nicht all zu viel erwartet, aber ich bin trotzdem noch enttäuscht worden.
Ich gehe nicht weiter auf das Setting ein, da eine Kenntnis zumindest der ersten beiden Staffel Voraussetzung ist, um auch nur eine Chance zu haben, dieses Spiel zu verstehen. Um es wirklich zu verstehen, sollte man die Staffeln besser auswendig kennen.
In Via Domus übernimmt man die Kontrolle eines in der Serie nicht auftauchenden Passagiers des abgestürzten Flugzeugs. Dieser leidet unter einer Amnesie. In sieben Episoden (so nennen sich die komplett linearen Level) muss man seine Erinnerung wiederfinden und einen Weg von der Insel finden. Dies geschieht im Stile eines Action-Adventures (zumindest laut Handbuch).
Der größte Pluspunkt des Spiels ist die opulente Grafik. Die einzelnen Schauplätze sehen oft sehr gut aus und bekannte Schauplätze und Charaktere sind mit großer Liebe zum Detail nachgebaut. Deswegen kommt natürlich ein tolles Lost-Feeling auf. Selbst das Aussehen der Losties passt sich den entsprechenden Folgen der Serie an. Damit wären aber die beiden Pluspunkte des Spiels bereits abgehandelt.
Der Soundtrack besteht aus den bekannten Lostthemen, die trotz ihrer Qualität irgendwann anfangen zu nerven. Die Synchronisation erinnert stellenweise an Oblivion (absolut sinnlose Sätze, die erst nach dem wörtlichen Rückübersetzen einen Sinn ergeben, Wechsel von Du/Sie innerhalb eines Satzes), dafür können wir uns im Gegensatz zu den Amerikanern immerhin über die Originalstimmen freuen.
Die Steuerung ist gelinde gesagt eine Katastrophe (man soll teilweise gleichzeitig WASD, Maus und Enter bedienen...), weiterhin rennt man dauernd gegen "unsichtbare" Hindernisse (wie ein paar Blätter auf dem Dschungelboden). Zusätzlich ist die Navigation im Dschungel oder in Höhlen ein äußerst frustrierendes Erlebnis. Auf Grund der Detailfülle im Dschungel bzw. der Detailarmut in Höhlen ist es kaum möglich den richtigen Weg wiederzufinden, wenn man ihn einmal verloren hat und das passiert fast garantiert mehrmals, da sich die Kamera liebend gerne in unpassenden Situationen neu positioniert. Wenn man zuweit vom Weg abkommt, muss man den gesamten Abschnitt übrigens noch einmal neu spielen...
Zur Spielweise kann ich kaum etwas sagen, denn hier kommt der große Kritikpunkt des Spiels. Von den etwa 5 Stunden Spielzeit sind geschätzt 3,5 Stunden Zwischensequenzen, Ladebildschirme und Dialoge. Das restliche Spiel teilt sich in verschiedene "Minispiele". Diese sind:
- Reparieren von elektrischen Schaltungen mit Ersatzteilen, die man während des gesamten Spiels sammelt. Die späteren Schaltungen sind angenehm knifflig. (insgesamt 7 Schaltungen)
- "IQ-Tests", sprich Zahlenreihen vervollständigen, als Zutrittskontrollen für Computer (insgesamt 3x)
- "Aktive" Flucht vor dem Rauchmonster. Diese besondere Art der Flucht läuft mit veränderter Steuerung im Stil eines Jump'n'Runs an und macht wirklich Spaß. (insgesamt 2x)
Dies waren die eigentlichen Minispiele. Die anderen Teile finden zwar direkt im Spiel statt, haben für mich aber trotzdem Minispielcharakter:
- Wanderungen durch den Dschungel. Man versucht mit verschiedenen Hilfsmitteln den richtigen Weg durch den Dschungel zu finden. Dabei wird man (meistens) vom Rauchmonster und den Anderen verfolgt. Im Gegensatz zur Fluchtvariante muss man sich hier jedoch durch Verstecken vor den Gefahren schützen. Diese Wanderungen stellen den größten Brocken des Action-Teils. Einerseits sind sie wegen der schwierigen Orientierung frustrierend, andererseits sind sie auch sehr nervenaufreibend. Durch die immer präsente Gefahr durch das Rauchmonster und dem Fehlen einer Speicherfunktion wird der Puls hier wirklich hochgetrieben. (insgesamt 5x)
- Irren durch dunkle Höhlen und hoffen den Ausgang zu finden, bevor die Fackel ausgeht. Insgesamt sehr nervige Abschnitte. (insgesamt 3x)
Dazu kommen noch die Flashbacks des Spielcharakters von denen es in jeder Episode einen gibt. In diesen "Leveln" besteht die Aufgabe immer darin ein bestimmtes Bild aufzunehmen, danach 3 bestimmte Objekte zu finden und schließlich eine Person anzusprechen. Das hört sich schon langweilig an, wird aber noch viel langweiliger, da die Level immer aus einem einzigen, winzigen Raum mit genau 3 aktivierbaren Objekten und einer ansprechbaren Person bestehen.
Die Story mag zwar ganz nett sein, widerspricht aber leider den späteren Staffeln (wobei das Ende hier einen möglichen Ausweg anbietet). Ansonsten ist es sehr nervig, dass die Handlung zwischen den 7 Episoden um bis zu etwa 30 Tage springt und man nichts über die Ereignisse dazwischen erfährt. Die Auflösung der Story ist natürlich typisch Lost. Man hat danach mehr Fragen als vorher.
Als Bonus kann man mit seiner Kamera Aufnahmen von bekannten Objekten der Serie machen. Erwischt man die richtigen, werden Artworks freigeschaltet. Weiterhin kann man zwei geheime Mini-Bonuslevel (zwei weitere der Stationen) entdecken.
Allgemein wirkt Via Domus auf mich nicht wie ein Spiel, sondern wie eines dieser "Du entscheidest"-Bücher (abgesehen davon, dass es keine Entscheidungen gibt, da die Handlung komplett linear ist). Oder vielleicht wie eine Lostfolge mit ein paar interaktiven Elementen. Eigentlich hätte das Spiel ziemlich gut werden können. Die Grafik ist toll, die Lizenz gab anscheinend sehr viel her und es gibt viele interessante Ansätze. Aber die meisten Spielelemente sind für eine einzige Instanz integriert. Das Handelssystem zum Beispiel benötigt man nur um sich an einer Stelle eine Fackel und an einer anderen eine Pistole zu erhandeln. Letztere benötigt man dann konsequenterweise auch nur an 3 Stellen (wobei 2 davon ohne jeden Zeitdruck ablaufen). Leider wird jedes Potential des Spiels durch seine Kürze gnadenlos zerstört.
Fazit: Ich habe für das Spiel (zusammen mit C&C: Tiberian Sun) 6,30€ bezahlt. Das war es als Lostfan wert, mehr aber auch nicht.