Morrowind:2920, Sonnenaufgang

(Weitergeleitet von Quelle:2920, Sonnenaufgang)
Morgenstern 2920 Erste Saat
Auflagen des Buches

Diese Seite enthält den Text von 2920, Sonnenaufgang aus The Elder Scrolls III: Morrowind.

Inhalt

Sonnenaufgang
Buch Zwei aus dem Jahr
2920, dem letzten Jahr der ersten Ära
von
Carlovac Taunwei

3. Sonnenaufgang, 2920

Insel Artaeum, Summerset


Sotha Sil schaute den Geweihten zu, wie sie einer nach dem anderen zu dem Oassumbaum hochschwebten und eine Frucht oder Blüte von seinen oberen Ästen pflückten, bevor sie mehr oder weniger elegant auf den Boden zurückkamen. Er nickte zufrieden und nahm sich einem Moment Zeit, den Tag zu bewundern. Die weiße Statue Syrabanes, für die der große Magier vor Urzeiten selbst Modell gestanden haben soll, stand am Rande der Klippe, welche die Bucht überblickte. Blassviolette Proskatoblumen wiegten sich sanft in der leichten Brise. Darunter lag das Meer und die neblige Grenze zwischen Artaeum und der Hauptinsel von Summerset.


„Im Großen und Ganzen recht akzeptabel“, sagte er, als die letzte Schülerin ihre Frucht in seine Hand legte. Mit einem kurzen Wink beförderte er die Früchte und Blüten wieder an den Baum. Ein weiterer Wink, und die Schüler hatten sich im Halbkreis um den Hexenmeister versammelt. Er holte einen kleinen faserigen Ball, etwa fünfzehn Zentimeter im Durchmesser, aus seiner weißen Robe hervor.


„Was ist das?“


Die Schüler verstanden, was dies für ein Test war. Es ging darum, einen Zauber des Erkennens auf dieses geheimnisvolle Objekt anzuwenden. Jeder Geweihte schloß die Augen und stellte sich den Ball in Reich der universellen Wahrheit vor. Seine Energie hatte eine einzigartige Resonanz, wie alle physische und spirituelle Materie, einen negativen Aspekt, eine doppelte Version, relative Pfade, wahre Bedeutung, eine Melodie im Kosmos, eine Textur im Gefüge des Raums, eine Facette des Seins, die immer war und immer sein wird.


„Ein Ball“, sagte ein junger Nord namens Gutbein, was einige der jüngeren Geweihten amüsierte, bei den meisten anderen, darunter Sotha Sil, jedoch nur Mißbilligung hervorrief.


„Wenn du schon dumm sein musst, dann sei wenigstens amüsant“, grollte der Hexenmeister und blickte dann auf eine junge, dunkelhaarige Altmerin, die am wenigsten verwirrt erschien. „Lilatha, weißt du es?“


„Es ist Grom“, sagte Lilatha unsicher. „Was die Dreugh meffen nachdem sie K-k-kr-krevinasim gemacht haben.“


„Karvinasim, aber trotzdem sehr gut“, sagte Sotha Sil. „Und nun sag mir, was bedeutet das?“


„Ich weiß es nicht“, gestand Lilatha. Die übrigen Schüler schüttelten ebenfalls die Köpfe.


„Es gibt mehrere Schichten zum Verständnis aller Dinge“, sagte Sotha Sil. „Der gewöhnliche Mann betrachtet ein Objekt und weist ihm einen Platz in seiner Art des Denkens zu. Wer in den Alten Weisen geschult ist, dem Weg der Psijic, der Mystik, kann ein Objekt sehen und es an seiner wahren Funktion identifizieren. Aber um Verständnis zu erreichen, muss eine weitere Schicht entfernt werden. Man muss ein Objekt an seiner Funktion und Wahrheit identifizieren und diese Bedeutung interpretieren. In diesem Fall ist der Ball wirklich aus Grom, einer Substanz, die von den Dreugh erzeugt wird, einer unter Wasser lebenden Rasse aus den nördlichen und westlichen Teilen des Kontinents. Für ein Jahr ihres Lebens machen sie das Karvinasim durch und wandeln auf dem Land. Anschließend kehren sie ins Wasser zurück und meffen, das heißt, sie verzehren die Haut und die Organe, die sie für das Leben an Land benötigt hatten. Anschließend würgen sie alles in kleinen Bällen wie diesem wieder aus. Grom. Dreugh-Kotze.“


Die Schüler betrachteten den Ball leicht angewidert. Sotha Sil liebte diese Lektion.


4. Sonnenaufgang, 2920

Die Kaiserstadt, Cyrodiil


„Spione“, murmelte der Kaiser in seinem Bade sitzend, und starrte auf die Beule an seinem Fuß. „Überall um mich herum, Verräter und Spione.“


Seine Geliebte Rijja wusch ihm den Rücken, ihre Beine um seinen Taille geschlungen. Nach all den vielen Jahren wusste sie, wann sie gefühlvoll und wann aufreizend sein musste. Wenn er sich in einer Stimmung wie dieser befand, war es das Beste, gelassen, beruhigend und auf verführerische Weise sinnlich zu sein. Und kein Wort zu sagen, außer man wurde direkt gefragt.


Was er tat: „Wie findest du das, wenn ein Kerl auf den Fuß Seiner Kaiserlichen Majestät tritt und sagt: "Tut mir Leid, Eure Kaiserliche Majestät“"? Denkst du nicht, „Vergebt mir, Eure Kaiserliche Majestät“ wäre angemessener? „Tut mir Leid“, das klingt beinahe so, als täte es dem verdammten Argonier Leid, dass ich seine Kaiserliche Majestät bin. Dass er hofft, dass wir den Krieg gegen Morrowind verlieren, genau so klingt es.“


„Wodurch würdet ihr Euch besser fühlen?“, fragte Rijja. „Wünscht Ihr, dass er ausgepeitscht wird? Er ist nur, wie Ihr sagt, der Kriegshäuptling von Seelenruh. Es würde ihn lehren, aufzupassen, wo er hintritt.“


„Mein Vater hätte ihn ausgepeitscht. Mein Großvater hätte ihn töten lassen“, grollte der Kaiser. „Aber meinetwegen können sie alle auf meine Füße treten, solange sie mich respektieren. Und sich nicht gegen mich verschwören.“


„Irgendjemandem mußt du vertrauen.“


„Nur dir“, lächelte der Kaiser und drehte sich leicht, um Rijja einen Kuss zu geben. „Und meinem Sohn Juilek, nehme ich an, obwohl ich mir wünschte, dass er ein wenig vorsichtiger wäre.“


„Und Euer Rat, und der Potentat?“, fragte Rijja.


„Eine Bande von Spionen und eine Schlange“, lachte der Kaiser und küsste seine Geliebte nochmals. Als sie begannen, sich zu lieben, flüsterte er, „Solange du mir treu bist, kann die Welt mir nichts anhaben.“


13. Sonnenaufgang, 2920

Gramfeste, Morrowind


Turala stand vor den schwarzen, verzierten Toren der Stadt. Um sie herum heulte der Wind, aber sie fühlte nichts.


Der Herzog war vor Zorn außer sich gewesen, als er erfuhr, dass seine Lieblingsmätresse schwanger war, und hatte sie aus seinen Augen verbannt. Sie versuchte immer wieder, ihn zu sehen, aber seine Wachen schickten sie weg. Schließlich kehrte sie zu ihrer Familie zurück und beichtete ihnen die Wahrheit. Wenn sie doch nur gelogen und gesagt hätte, dass sie nicht wüßte, wer der Vater ist. Ein Soldat, ein umherziehender Abenteurer, irgendwer. Aber sie erzählte ihnen, dass der Herzog der Vater war, ein Mitglied des Fürstenhauses Hlaluu. Und sie taten, was sie, wie Turala wusste, als stolze Mitglieder des Fürstenhauses Redoran tun mussten.


Unter Tränen brannte ihr Vater das Zeichen der Verbannung auf ihrer Hand ein. Aber die Grausamkeit des Herzogs schmerzte viel stärker. Sie schaute aus dem Tor hinaus auf die weite, winterliche Ebene. Verkrümmte, kahle Bäume und ein Himmel ohne Vögel. Niemand in Morrowind würde sie jetzt noch aufnehmen. Sie musste weit fortgehen.


Mit langsamen, traurigen Schritten begann sie ihre Reise.


16. Sonnenaufgang, 2920

Senchal, Anequina (das heutige Elsweyr)


„Was betrübt dich?“ fragte Königin Hasaana, als sie die verdrießliche Laune ihres Gatten bemerkte. Normalerweise war er am Ende des Tages der Liebenden immer bester Laune und tanze mit all den Gästen im Ballsaal, aber an diesem Abend zog er sich früh zurück. Sie fand ihn im Bett liegend, sein Gesicht war sehr ernst.


„Die Geschichte dieses verdammten Barden, über Polydor und Eloisa, hat mich in eine furchtbare Stimmung gebracht“, grollte er. „Warum musste er so deprimierend sein?“


„Aber ist das nicht die Wahrheit, die diese Geschichte vermitteln will, mein Liebling? War nicht die grausame Natur der Welt der Grund für ihre Verdammnis?“


„Mir ist egal, was die Wahrheit ist, er hat mir einen schlechten Dienst erwiesen, indem er eine schlechte Geschichte erzählt hat, und ich werde nicht zulassen, dass er das noch einmal tut“, König Bileel sprang aus dem Bett. Seine Augen waren tränenfeucht. „Woher hat er noch gleich gesagt, dass er kommt?“


„Ich glaube Gilverdale im östlichsten Valenwald“, sagte die Königin verunsichert. „Mein Gatte, was hast du vor?“


Bileel stürmte aus dem Zimmer und eilte die Stufen seines Turmes hinauf. Falls Königin Hasaama wusste, was ihr Mann tun würde, versuchte sie nicht, ihn davon abzuhalten. Er war in letzter Zeit unberechenbar gewesen, mit einer Neigung zu Wutausbrüchen und sogar gelegentlichen Anfällen. Aber sie hatte nie geahnt, wie tief sein Wahnsinn ging, und sein Hass auf den Barden und seine Geschichte von der Bosheit und Verderbtheit der Sterblichen.


19. Sonnenaufgang, 2920

Gilverdale, Valenwald


„Hört mir noch einmal genau zu“, sagte der alte Zimmermann. „Wenn Zelle Drei den wertlosen Schmuck enthält, dann ist der goldene Schlüssel in Zelle Zwei. Wenn der goldene Schlüssel in Zelle Eins ist, dann enthält Zelle Drei wertlosen Schmuck. Wenn Zelle Zwei wertlosen Schmuck enthält, dann ist der goldene Schlüssel in Zelle Eins.“


„Ich verstehe“, sagte die Frau. „Das habt ihr mir schon gesagt. Der goldene Schlüssel ist also in Zelle Eins, richtig?“


„Nein“, sagte der Zimmermann. „Laßt mich von vorne beginnen.“


„Mama?“, sagte der kleine Junge und zog am Ärmel seiner Mutter.


„Nur einen Moment, Schatz, deine Mutter unterhält sich gerade“, sagte sie und konzentrierte sich wieder auf das Rätsel. „Ihr sagtet „Zelle Drei enthält den goldenen Schlüssel, wenn Zelle Zwei den wertlosen Schmuck enthält“, richtig?“


„Nein“, sagte der Zimmermann geduldig. „Zelle Drei enthält wertlosen Schmuck, wenn Zelle Zwei -“


„Mama!“, schrie der Junge. Seine Mutter schaute schließlich hin.


Ein leuchtender, roter Nebel überflutete, einer Welle gleich, die Stadt und verschlang nacheinander Gebäude für Gebäude. Davor schritt ein rothäutiger Riese. Der Daedra Molag Bal. Er lächelte.


29. Sonnenaufgang, 2920

Gilverdale, Valenwald


Almalexia hielt ihr Ross in dem gewaltigen Sumpf aus Schlamm an, um es aus dem Fluss trinken zu lassen. Es weigerte sich, schien von dem Wasser sogar abgestoßen zu sein. Das kam ihr seltsam vor: sie hatten den Weg von Gramfeste in bemerkenswert guter Zeit zurückgelegt, und das Tier musste ganz sicher durstig sein. Sie stieg ab und wandte sich an ihr Gefolge.


„Wo sind wir jetzt?“, fragte sie.


Eine ihrer Begleiterinnen zog eine Karte hervor. „Ich dachte, wir wären in der Nähe einer Stadt namens Gilverdale.“


Almalexia schloss die Augen und öffnete sie schnell wieder. Die Vision war nicht zu ertragen. Ihr Gefolge schaute zu, wie sie den Teil eines Ziegels und das Fragment eines Knochens aufhob und an ihr Herz presste.


„Wir müssen weiter nach Artaeum“, sagte sie leise.


Das Jahr setzt sich in der Ersten Saat fort.


Bücherindex

Band I · Band II · Band III · Band IV · Band V · Band VI · Band VII · Band VIII · Band IX · Band X · Band XI · Band XII