Dies ist eine genaue Wiedergabe der Gedanken, die im Erinnerungsstein von Makela Leki festgehalten wurden; der Stein wurde im Bangkoraipass im Jahr 1Ä 973 gefunden. Sieben Jahre, bevor Orsinium vor den vereinten Kräften der Armeen von Dolchsturz und Schildwacht und dem Orden von Diagna fiel.
Fast alles ist in der ersten Person gehalten, da Makela nicht vertraut war mit den Protokollen und gelehrten Formalitäten, die beim aufzeichnen eigener Gedanken in einen Erinnerungsstein gelten. Nichtsdestotrotz leben ihr Heldenmut und ihre heroischen Taten weiter, und ihre Erinnerungen stehen im Stein noch immer allen offen, die sie fühlen und hören möchten.
„… Muuu uuh, ob das wohl wirklich funktioniert?
Wenn nicht, hat mich die Magiergilde um 25.000 Goldkronen betrogen. Ist das zu fassen? Dieser Stein zeichnet also meine Gedanken auf? Wie war das gleich nochmal? Einfach aus dem Silberpapier und dem Lederbeutel auspacken, und sobald er meine Haut berührt, beginnt die Aufzeichnung.
Aaah, der Schmerz, ich muss ihn aussperren. Niemand will meinen Stein halten und meine Gedanken hören, wenn ich ihn meinen Schmerz aufzeichnen lasse. Gepriesen sei meine Ausbildung in der Halle der Tugenden des Krieges. Ich KANN diesen Schmerz ausblenden. Uuuund ja, ah, und fertig, weggesperrt.
Ja, er ist immer noch da, direkt außerhalb meines Bewusstseins lauert er wie ein hungriger Wolf … Ein Wolf, der mich schon bald verschlingen wird. Außerdem sehe ich meinen unweigerlichen Tod durch diese verdammten Wunden. Keine Tränke mehr, der Heilkristall und der Ring sind aufgebraucht, und ich habe nicht einmal mehr genug Magie in mir, um eine Kerze anzuzünden. Oh, aber die Götter haben mir andere Gaben gegeben, die Gabe des Schwertgesangs, den Nervenkitzel der Schlacht, Frandar Hundings Buch der Kreise, DEN WEG DES SCHWERTES. Ah, aber das ist dann ja schon meine Geschichte. Eins nach dem anderen.
Ich bin Makela Leki: eine Kriegerin, eine Schwertsängerin, eine Ansei der zweiten Stufe. Schon in meiner Wiege konnte ich das Shehai, das Geisterschwert, formen, diese mystische Klinge. Meine bestand aus Gedankenschlangen, verflochten mit Rosenranken, und sie bildeten eine Klinge, so schön wie …
Ah, aber davon werde ich Euch gleich ausführlich erzählen; es ist Teil meiner Geschichte, der Geschichte einer tapferen Schlacht, meiner Lieben, meiner Kriege, eine Geschichte von Verrat und diesem letzten ruhmreichen Sieg. Ich werde Euch erzählen, wie ich zu diesem weit entfernten, einsamen Pass kam, ich und fünf Gefährten, um dort gegen diese Menschen und Monster zu kämpfen, um die Armee zu besiegen, die wie Feiglinge in der Nacht über mein Volk herfallen wollte … Aber ich verhasple mich erneut. Eins nach dem anderen.
Ich bin eine einfache Kriegerin. Ich wuchs auf als eine Jungfer der Geisterklinge. Solange ich zurückdenken kann, wollte ich schon immer eine Sängerin werden, den Hunger der Klinge in meinen Händen spüren, fühlen, wie sie zu Leben erwacht und meine Feinde besiegt. Mir wurde gesagt, dass wir vor langer Zeit, als wir noch in der Wüste hausten, ein Volk von Künstlern und Dichtern waren. Hier in der neuen Heimat, die jetzt als Hammerfall bekannt ist, haben sich viele wieder dieser alten Wege erinnert, aber für mich gibt es nur EINEN WEG. DEN WEG des SCHWERTES.
Ah, das ist eine schwierige Geschichte. Ich wuchs in einer adligen Familie auf, als einzige von drei Brüdern und zwei Schwestern, die den Ruf hörte, das Lied des Schwertes. Vater verstand mich, denn auch er hatte den Ruf vernommen. Er hatte es zum Meister und Ansei geschafft, lange bevor er sich in unserem Anwesen zur Ruhe setzte und eine Familie gründete. Mit elf Jahren betrat ich die Halle der Tugenden des Krieges und wurde zu einer Jungfer des Geisterschwertes. In meiner Gruppe waren wir zu sechst. Die wagemutige Julia, die bodenständige Patia, die große Kati, die anmutige Cegila, die weise Zell und ich … Alle sind sie jetzt tot, außer mir, und ich werde bald bei ihnen sein … Bei ihnen in den Hallen der unbekannten Kriegsgötter.
Wir tranken zusammen, wir kämpften, wir weinten, wir entwickelten uns im Weg des Schwertes. Wir lernten gemeinsam in der Halle mit unseren Brüdern der Klinge. Zu Füßen des Hallenmeisters saßen wir, wo wir voneinander lernten und nach dem Wissen über die tiefsten Geheimnisse des Shehai strebten, nämlich wie man die Geisterklinge in eine echte Waffe verwandeln konnte, wie es Frandar Hunding getan hatte. Nur einige wenige sind so tugendhaft und von solch reinem Herzen, dass sie den Schritt schaffen und die Geheimnisse der Ansei lernen können. Und so zu Schwertheiligen werden.
Irgendwie trug es sich zu, dass unter all den Jungfern und Brüdern nur ich allein über die einzigartigen Eigenschaften verfügte, über dieses schwache Flackern von Magie, das dennoch stark genug war, um das Shehai zu beschwören. Viele Male habe ich es gerufen, und nur selten wurde es stofflich genug, um als Waffe zu dienen. Um ein Ansei der ersten Stufe zu werden, muss man nur in der Lage sein, es zu rufen, und das konnte ich, und so wurde ich der erste Ansei, den unsere Halle in zwei Generationen hervorgebracht hatte.
Oh, ich habe so viel zu erzählen, so viele Erinnerungen, so viele Schätze, die ich mit Euch teilen möchte, mein unbekannter Gefährte. Wo fange ich nur an?
Ooooh, der Schmerz ist noch immer da, und er lauert hungrig, verzehrt langsam all das, was noch von mir übrig ist. Ich sollte Euch wohl besser von der letzten Schlacht erzählen, die Schlacht, nach der ich nun hier sitze, und wenn ich dann noch den Willen dazu habe, werde ich Euch von meinem Leben erzählen, von meinem geliebten Raliph. Oh, was war er nur für ein Prachtkerl. Die Zeit, die wir gemeinsam hatten … Ebenarm ... Vergebt mir, ich schweife ab … Lasst mich von der letzten Schlacht erzählen.
Also, wie fange ich an … Am besten in der Mitte. Hmmm. Ja. Wir Jungfern entwickelten uns, lernten und meisterten den Weg, nachdem wir die Rundwanderung unternommen hatten. Falls Ihr kein Sänger seid: Dabei handelt es sich um eine Reise durch die Wildnis auf den Spuren von Frandar Hunding, bei der wir alleine durch das Land reisen, für Recht und Ordnung sorgen, gegen Monster kämpfen und Aufgaben im Namen der Tugenden erfüllen. Einige Mitglieder unserer Halle brauchten Jahre, bis sie fertig waren. Es gibt immer Gefahren; wir sechs Jungfern kehrten jede zu ihrer Zeit zurück, aber es gibt viele, die nicht mehr lebend von ihrer Rundwanderung zurückkehren.
Wir kehrten zurück, jeder zu seinem eigenen Leben, und wir trafen uns einmal wöchentlich in der Halle, wo wir den neuen Jungfern und Brüdern unsere Geschichte erzählten und sie im Weg des Schwertes unterrichteten. Und alles war gut bis zur Nacht des Mittjahresfests.
Unsere Leute feierten und … entschuldigt … erfreuten sich an der freien Zeit. Alle außer uns sechs Jungfern. Zufällig fiel der Tag des Festes auf den Tag, an dem wir uns in der Halle trafen, auf den Tag, an dem wir zu Ehren des Weges des Schwertes beteten und fasteten.
Als wir beeinander saßen, bis spät in die Nacht, klopfte es plötzlich an unserer Tür. Wir öffneten, und da stand ein Wächter vom Bangkoraipass in den Wrothgarischen Bergen, verwundet und dem Tode nah … Er berichtete uns, dass der Norden uns verraten hatte, dass es eine Invasion gäbe, die vom Kristallturm von Hochfels unterstützt und von König Joile von Dolchsturz angeführt würde, der im Krieg mit Orsinium unser Verbündeter gewesen war!
Schnell verwendeten wir einen Kristall der Heilung, um seine Lebenskraft wiederherzustellen. Wir schickten ihn zum König, während wir sechs uns unsere Waffen und Rüstungen griffen, und so viele Tränke, Kristalle und Ringe, wie wir tragen konnten.
Wir eilten zum Pass in der Hoffnung, dass wir nicht zu spät kämen. Unsere Reise war nicht vergebens, denn als wir ankamen, wurden die letzten drei Wächter gerade von der Horde überwältigt. Wir liefen in den Pass und bildeten dabei unsere alte Kampfformation, sechs Jungfern Schulter an Schulter.
Meine GÜTE, was haben wir GEKÄMPFT.
Das Lied des Schwertes war ein freudiges Geräusch, als wir uns durch die Reihen des Bösen hackten. Wir kämpften stundenlang. Julia fiel als erste, als ein vergifteter Dolch eines Feiglings eine Schwachstelle in ihrer Rüstung fand. Dann fielen sie alle, eine nach der anderen, alle bis auf mich. Oh grausamer Ebenarm … Mein geliebtes Schwert, das Schwert meines Vaters, das mit dem Schlangenwappen, geschmiedet vom Meisterschmied Sänger Tansal … Es zerbrach in meiner Hand. Alles war verloren, unsere sechs Leben umsonst geopfert. Jetzt würden viele und aberviele von ihnen durch den Pass strömen. Ich würde leichte Beute für sie sein, wie ein neugeborener Säugling. Ich weinte vor lauter Frustration.
Dann erinnerte ich mich an das Herzstück unseres Zuhauses … An das Buch. Frandar Hundings Buch der Kreise, der Weg der Strategie. Ich griff nach dem Shehai, dem Geisterschwert, dem ich nie zuverlässig Gestalt verleihen konnte, als ich es brauchte, und siehe da … Es erwachte zum Leben. Zu einem feurigen Leben. Es entstand in meiner Hand. Es brannte vor Macht …
Oh, ich war der personifizierte Tod und hielt links und rechts Ernte wie eine Sense in einem Weizenfeld. Bis zum Fürsten des Turms kämpfte ich mich vor. Mit einem Hieb schlug ich seine magische Rüstung entzwei, der nächste nahm ihm seinen Kopf.
Aber für diese Tat bezahlte ich teuer, mit einem Dutzend Wunden, und obwohl ich eine magische Rüstung hatte, war sie nicht wie meine Klinge aus Geisteskraft geformt, sie war nicht unverwüstlich wie meine Klinge oder mein Geist, und ich wurde schwer verwundet. Mit dem Tod von König Joile zerfiel auch seine Armee. Sie flohen vor meinem Zorn. Allesamt liefen sie zurück durch den Pass, ohne auch nur einen Gedanken an ihre Toten und Verwundeten zu vergeuden. Alle, die noch konnten, liefen um ihr Leben, und ich erschlug alle, die ich erwischte, aber mein Atem wurde kürzer, und der Schmerz …
Am Ende ruhte ich mich aus, auf diesem Felsen hier, auf dem Ihr mich jetzt findet. Ich weiß nicht, warum ich es riskiert habe, diesen Stein mitzunehmen. Ehrlich gesagt habe ich ihn aus einer Laune heraus gekauft, mit der Beute, die ich … Ah, ich muss mich jetzt wirklich darauf konzentrieren, meine Geschichte in der richtigen Reihenfolge zu erzählen. Ich glaube, ich sollte dazu imstande sein, Euch mehr zu erzählen … Die ewige Nacht kommt langsamer, als ich dachte.
Noch bin ich nicht bereit, mein Todesgedicht zu verfassen. Ein kleiner Schluck Wasser und … Nun, jetzt erzähle ich Euch noch ein wenig mehr von meinem Leben, oder vielleicht ein paar Einzelheiten über die letzte Schlacht. Und, oh ja. Über Raliph und unsere Kinder. Hmm, wo fange ich nur an.
… Oh … rrr …
Ich bin … eine einfache Kriegerin … Ich wuchs auf als, als Jungfer der Geisterklinge … Solange … Solange ich … zurückdenken kann …“