Diese Geschichte wurde mir das erste Mal erzählt, als ich ein Neonat war, der gerade sein Studium im Kristallturm von Summerset angefangen hatte. Ich bewunderte gerade die berühmten Tiergruben des Turms, als ein älterer Student an mich herantrat. Der Kollege, der mir diese Geschichte erzählte, erschien zunächst vertrauenswürdig, aber, wie der Leser bald feststellen wird, ist die Geschichte in der Tat höchst dubios. Natürlich habe ich sie den anderen Neonaten des Turms seitdem im selben Geiste weitererzählt.
Ich entbiete das folgende Eurer geschätzten Anteilnahme, geehrter Leser.
Vor vielen, vielen Jahren zog ein talentierter, aber armer Barde auf der Suche nach Arbeit durch Summerset. Er konnte singen, er konnte tanzen, er konnte schauspielern, aber niemand konnte seine Darbietungen gebrauchen. Der arme Barde war niedergeschlagen, aber er besuchte noch immer Tag für Tag die Tavernen und Paläste und bat um Gelegenheit, seine Talente vorführen zu dürfen.
Eines Tages, als er von noch mehr Pech deprimiert war, trat ein hochgewachsener Elf in einem langen Gewand auf ihn zu. Ein Magister des Kristallturms, der die Tiergruben leitete. Der Elf erzählte dem Barden von einem weißen Affen, dem sie schon eine Zelle im Turm gebaut hatten, und wie er unterwegs gestorben war. Es kam nun eine königliche Gesellschaft von Erstburg zu Besuch, der man einen Blick auf den seltenen, weißen Affen versprochen hatte. Der Magister hatte ein Kostüm für den Barden dabei, falls dieser sich dazu herablassen würde, für die Besucher die Rolle des Affen zu spielen. Der Barde hatte sich geschworen, die erstbeste Rolle anzunehmen, die ihm über den Weg laufen würde, so unbedeutend sie auch sein mochte, also nahm er an. Der Elf versprach, dass das Affentheater nicht länger als zwei Wochen dauern würde, bis die Besucher wieder abreisen würden.
An den ersten Tagen der Maskerade saß der Barde nur in der Ecke der Grube. Er hatte Angst, sich zu bewegen und mögliche Unzulänglichkeiten des Affenkostüms zu offenbaren. Mit der Zeit wurde ihm langweilig und er begann herumzulaufen. Plötzlich bemerkte er, dass die königliche Gesellschaft fasziniert zusah. Glücklich darüber, dass die Täuschung funktionierte, entschloss er sich, das Schauspiel zu beleben.
Bald hatte er eine Aufführung und dazu ein Publikum. Statt einen traditionellen Elfentanz vorzuführen schwang er sich mit jedem akrobatischen Trick, den er kannte, durch die Zelle. Statt eine Ballade zu singen schrie er mit einem Gebrüll, von dem er glaubte, dass seltene weiße Affen so brüllen würden. Die Menge liebte es. Die Gesellschaft vor seiner Zelle wurde von Tag zu Tag größer.
Eines Tages spielte er gerade für die Menge - bis dahin seine beste Leistung. Brüllend und kreischend schwang er sich hin und her. Da rutschte er mit der Hand aus und flog durch die Gitterstäbe in die Zelle nebenan, wo ein Schneewolf hauste. Sein Fell sträubend und knurrend kam der Schneewolf auf den Barden zu.
Da er keinen anderen Ausweg mehr sah, schrie der Barde: „Hilfe! Hilfe!“
Der Schneewolf flüsterte: „Schweigt still oder wir werden alle gefeuert.“