Mich fasziniert seit einiger Zeit, in welchem Ausmaß The Elder Scrolls offenbar von den Werken Lovecrafts beeinflusst wurde. Typische Motive von Lovecraft sind unter anderem die Angst vor dem Unbekannten und übernatürliche Mächte, die auf den Protagonisten einwirken und ihn bisweilen in den Wahnsinn treiben. Elemente des maßgeblich von ihm entwickelten
Cthulhu-Mythos können in diversen Fantasy-Universen wiedergefunden werden (z.B. Warcraft oder Warhammer). Ich bin selbst aber kein aktiver Spieler mehr von Spielen der TES-Reihe und Ablegern, daher ist mein Lorewissen recht angestaubt und auf dem Stand von Skyrim. Zunächst einmal ein paar historische Hintergründe:
H.P. Lovecraft (1890 - 1937): bedeutender amerikanischer Autor von Horrorgeschichten
Mai 2002 - Veröffentlichung von Morrowind, gefolgt von Addons im Nov 2002 und Juni 2003
Anfang 2003 - Bethesda Softworks schließt einen Vertrag mit Headfirst Productions, das sich seit mind 1999 in Entwicklung befindende Spiel "Call of Cthulhu: Dark Corners of the Earth" zu veröffentlichen
Okt 2005 - Veröffentlichung von Call of Cthulhu: Dark Corners of the Earth
März 2006 - Veröffentlichung von Oblivion
Soweit ich das überblicken kann, war der literarische Einfluss auf die Lore zu Daggerfall-Zeiten und vorher vor allem auf Daedrafürsten beschränkt, die als mächtige Wesen jenseits von Raum und Zeit beschrieben werden. Offensichtlich wird dies mit
Hermaeus Mora, der sicher nicht zufällig Lovecrafts dämonischen Gottheiten ähnelt. Das mit ihm assoziierte Oghma Infinium weist eine gewisse Ähnlichkeit zum Necronomicon auf, führt aber offenbar zu größerem Wissen und nicht zwangläufig zu Wahnsinn oder zumindest Verstörung beim Lesenden.
Der Morrowind-Hauptquest kann man eine gewisse Ähnlichkeit zu Lovecraft-Motiven andichten, was womöglich am deutlichsten mit Dagoth Ur (Stichwort: Wahnsinn) wird, der sich bis zum Einsetzen der Story wie Cthulhu in einem tiefen Dornröschenschlaf befunden hat. Ähnlich wie dieser stellt Dagoth Ur zumindest am Anfang eine unbezwingbare Macht dar, die dem Spieler Alpträume schickt und so auf die Fährte des Sechsten Hauses bringt, das sich fast problemlos in die von Lovecraft beschriebenen Kulte einreihen könnte. Was mich aber am meisten überzeugt und überhaupt auf die Idee gebracht hat, Parallelen zu ziehen, sind die daedrischen Ruinen in Morrowind. An verschiedenen Stellen werden in Lovecrafts Werken "kyklopische" Ruinen beschrieben, die schiefwinklige und "nicht-euklidische" Geometrien aufweisen, von monolithischen Gebilden aus unbekanntem Gestein, Bögen und schwarzen Türmen gesäumt sind, und von Wesen errichtet wurden, lange bevor es Menschen auf der Erde gab. Wer näher an Beschreibungen dazu interessiert ist, dem empfehle ich die Geschichten
The Call of Cthulhu,
At the Mountains of Madness und
The Nameless City (gibt es auch als Hörbücher auf Youtube, deutsch und englisch, und sicher auch in schönerem Layout im Netz).
Oblivion hat allerdings die eindeutigsten Referenzen, was sicher kein Zufall ist, wenn man die oben genannten Veröffentlichungsdaten von Oblivion und Call of Cthulhu vergleicht. Dies fängt wieder einmal mit der Hauptquest an, die man eigentlich durchgehend als "lovecraft'sch" betrachten kann mit dem ins Diesseits gerufenen Daedrafürsten Mehrunes Dagon (der im übrigen eine interessante Namensparallele zu der Gottheit Dagon aus dem Cthulhu-Mythos aufweist) und dem Geheimkult der Mythischen Morgenröte. Dass Oblivion es anders als Morrowind nur stellenweise schafft, bedrohlich und alptraumhaft zu wirken, ist natürlich eher der Umsetzung der Gamedesigner zuzuschreiben, möglicherweise bewusst, um ein größeres und vor allem jüngeres Publikum anzusprechen (vielleicht auch einfach mein eigener Eindruck, weil ich Morrowind deutlich früher angerührt habe, wodurch es durchaus Qualitäten eines Horrorspiels für mein damaliges schreckhaftes Ich erreicht hatte). Es geht weiter mit
Dreckhack und der dazugehörigen Quest, die genau wie Call of Cthulhu auf der Geschichte
Schatten über Innsmouth basiert, was möglicherweise als eine Hommage an Headfirst gedacht war. Ein interessanter TES-Loretext ist auch
Die Türen in das Reich des Vergessens, in welchem der beschriebene Magier durch das ihm von Hermaeus Mora zugänglich gemachte Wissen langsam dem Wahnsinn verfällt. Bei Sheogorath sehe ich wiederum keine Ähnlichkeit zu dem Cthulhu-Mythos, außer, dass sein Name entfernt an
Shoggoth erinnert.
Ich bin mir sicher, dass man, wenn man will, noch weitere Parallelen ziehen kann, aber das überlasse ich anderen.