Ein paar Fragen zu Kernreaktoren (und zu Physik)

Almalexian

Bürger
Ich weiß, ist ne merkwürdige Uhrzeit für sowas, aber ich hoffe, ihr könnt mir trotzdem helfen.

Ich hab mich den Tag über mal mit Quantenphysik, insbesondere im Hinblick auf Kernspaltung und Kernfusion beschäftigt. Dabei sind mir ein paar Fragen gekommen, auf die ich bis jetzt noch keine Antwort habe, ich hoffe, hier weiß jemand die Antwort.

1. Frage: Wie bestimmt man die Barnfläche eines Elements?

2. Frage: Warum sind verzögerte Neutronen essentiell wichtig für die Steuerung eines Reaktors?

3. Frage: Wie ist es zu erklären, dass ein Reaktor fast keine Steuerstäbe mehr hat und trotzdem nur auf geringer Leistung läuft? So wie ich das verstanden habe, sind die Steuerstäbe dazu da, Neutronen abzufangen, die ansonsten eine übermäßige Kettenreaktion durch das Spalten weiterer Uranatome herbeiführen würden. Eigentlich müsste sich dann doch die Leistung erhöhen, wenn weniger Steuerstäbe vorhanden sind. Oder habe ich da was falsch verstanden?

4. Frage Welche Rolle spielt Xenon bei der Kernspaltung?

Schonmal danke an alle, die mir hoffentlich antworten.

Edit: Frage 4 hat sich erledigt. Xenon dient als Neutronenabsorber.
 
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1. Frage: Wie bestimmt man die Barnfläche eines Elements?

Barn ist die etwas verschrobene Einheit von Kernphysikern den Wirkungsquerschnitt eines Teilchens zu messen. Barn ist englisch für Scheunentor. Angeblich kommt der Name daher, dass mal ein Physiker gesagt hat, dass diese Werte im Vergleich zu anderen Werten der Kernphysik groß wie ein Scheunentor sind.

1 barn = 1 b = 10^-24 cm² = 10^-28 m²

Der Wirkungsquerschnitt eines Teilchens gibt einen Vergleich für die "Hindernisfläche", die ein Teilchen für ein anderes darstellt. Je nach Art der Teilchen, ihren Energien und den möglichen wechselwirkungen können diese sehr unterschiedliche Werte annehmen.

2. Frage: Warum sind verzögerte Neutronen essentiell wichtig für die Steuerung eines Reaktors?

So genannte thermische Neutronen besitzen bei vielen Kernreaktionen einen besonders hohen Wirkunsgquerschnitt um absorbiert zu werden. Der Atomkern, der dieses Neutron absorbiert hat, wird dadurch instabil und spaltet sich (Kernspaltung). Thermisch heißen die, weil ihre Energie etwa in der Größenordnung der Zimmertemperatur liegt.

3. Frage: Wie ist es zu erklären, dass ein Reaktor fast keine Steuerstäbe mehr hat und trotzdem nur auf geringer Leistung läuft? So wie ich das verstanden habe, sind die Steuerstäbe dazu da, Neutronen abzufangen, die ansonsten eine übermäßige Kettenreaktion durch das Spalten weiterer Uranatome herbeiführen würden. Eigentlich müsste sich dann doch die Leistung erhöhen, wenn weniger Steuerstäbe vorhanden sind. Oder habe ich da was falsch verstanden?

Genau, das ist die Funktion der Steuerstäbe. Aber es gibt noch viele andere Gründe, warum ein Reaktor nicht läuft. Zum Beispiel zu wenig Brennstoff (also noch nicht gespaltene Uranatome), falsches Verhältnis der verschiedenen Uranisotope, die Moderatoren (Wasser) bremsen die Neutronen nicht auf die richtige Geschwindigkeit ab, ...

PS: Das ist übrigens Kernphysik. Quantenphysik ist normalerweise etwas spezieller ;)
 
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Danke. Zu Frage 2, da habe ich deine Erklärungen noch nicht verstanden.
da wäre zum einen, sind thermische Neutronen das gleiche wie verzögerte Neutronen?
Und zum anderen, wenn die besonders gut zum Kernspalten sind, wie tragen sie dann dazu bei, den Reaktor zu steuern? Das ist mir noch nicht klar.

Bezüglich Quantenphysik: Tschuldigung, kannste ändern. Bin nicht mehr ganz auf der Höhe und leicht angetrunken, habe da wohl die beiden Bereiche verwechselt.
 
Danke. Zu Frage 2, da habe ich deine Erklärungen noch nicht verstanden.
da wäre zum einen, sind thermische Neutronen das gleiche wie verzögerte Neutronen?
Und zum anderen, wenn die besonders gut zum Kernspalten sind, wie tragen sie dann dazu bei, den Reaktor zu steuern? Das ist mir noch nicht klar.

Ja, sind sie. Ganz einfach, wenn du mehr dazu gibst, läuft der Reaktor schneller. Nimmst du welche weg, läuft er langsamer.

Viele Neutronen -> viele Kernspaltungen -> schneller Reaktor
und umgekehrt.
 
Interessant, wie steuert man denn den Anteil der verzögerten Neutronen an der Gesamtneutronenmenge? Gibt es dafür spezielle Steuerstäbe?
 
Das hängt von den Moderatoren ab, die benutzt werden, um die Neutronen abzubremsen. Grundsätzlich entstehen bei der Kernspaltung eigentlich nur schnelle Neutronen, die aber keinen Kern spalten können, daher setzt man Moderatoren ein, im Regelfall Wasser (nein nicht Günther Jauch:-D). Diese Verlangsamung der Neutronen kann ich steuern, je nachdem wie viele ich absorbiere, was ich durch verschiedene Steuerstäbe kontrollieren kann.
 
Ist die Lebensdauer der prompten Neutronen zu kurz um weitere Kerne zu spalten oder woran liegt es, dass die keine Kerne spalten können?

Oder bilden die prompten Neutronen die Spaltprodukte? Diversen Grafiken zufolge sieht man ja immer bei einer Spaltung nur etwa zwei freigewordene Neutronen.

Und gleich noch ne Frage: Wie betätigt man die Brennstäbe denn beim ersten Betrieb? Beim fortlaufenden Vorgang setzt sich die Kettenreaktion ja einfach fort, aber wie wird der Anfang gemacht?

Sowie: Was genau bewirkt eine Abweichung des Multiplikationsfaktors vom Ideal 1? Laut Wikipedia hat die plötzliche Erhöhung der Reaktivität des Reaktorblocks 4 vom AKW Tschernobyl zu einer überkritischen Situation geführt, sodass die prompten Neutronen alein die Kettenreaktion vorantrieben. Dementsprechend müsste also die Reaktivität irgendwas mit den Neutronen zu tun haben, aber ich kann mir darunter irgendwie noch nichts genaues vorstellen.

@Killfetzer: Thx fürs Ändern des Titels
 
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...oder woran liegt es, dass die keine Kerne spalten können?
Prompte Neutronen sind zu schnell, um einen Kern zu spalten. Damit die kernspaltung klappt, muss ein neutron auf einen Kern stoßen und dort "festkleben". Dadurch wird der Kern schwerer und die Massenverhältnisse im Kern verschieben sich, so dass er instbil wird und zerfällt. Ein promptes Neutron ist zu schnell um adsorbiert (festgeklebt) zu werden und prallt einfach ab.

Wie betätigt man die Brennstäbe denn beim ersten Betrieb?
In dem man ein paar langsame Neutronen in sie feuert. Die kann man aus so ziemlich jedem radioaktiven Isotop kriegen, wobei die da nicht einfach so rausfliegen, die werden erst noch auf die richtige Geschwindigkeit gebracht.

Was genau bewirkt eine Abweichung des Multiplikationsfaktors vom Ideal 1? Laut Wikipedia hat die plötzliche Erhöhung der Reaktivität des Reaktors zu einer überkritischen Situation geführt, sodass die prompten Neutronen alein die Kettenreaktion vorantrieben. Dementsprechend müsste also die Reaktivität irgendwas mit den Neutronen zu tun haben, aber ich kann mir darunter irgendwie noch nichts genaues vorstellen.
Da ich mir grad nich so sicher bin, was du meinst, sag ich mal lieber nichts, bevor ich was falsches erzähle.
 
Da ich mir grad nich so sicher bin, was du meinst, sag ich mal lieber nichts, bevor ich was falsches erzähle.
Ok, ich versuchs nochmal besser zu erklären. Meines Wissens ist der Ideale Multiplikationsfaktor eines Atomreaktors 1, wodurch sich durch die Formel p= (K-1):K, wobei K für den Multiplikationsfaktor steht, in dem Falle eins, für p, also den Reaktivitätswert, ein Wert von 0 ergibt. Meine Frage ist jetzt, was die Reaktivität bewirkt, wenn der Wert p>0, also überkritisch, oder p< 0, also unterkritisch ist. Und was Reaktivität eigentlich ist, ob es eine Fähigkeit ist, die unter bestimmten Werten bestimmte Veränderungen von Reaktionen bewirkt, oder ob es zb. eine Ladung ist, nur anders als die normale.

Bezüglich deiner Antwort zur ersten Frage:

Ah, jetzt habe ich es glaube ich verstanden, danke.

Und nochmal zu Xenon:
Beim Reaktorunglück von Tschernobyl war einer der Gründe eine Vergiftung des Reaktors mit schweren Xenon 135. Xenon diente als Neutronenabsorber und hat damit dann wohl mehr Neutronen aufgenommen, wodurch es zu schwerem Xenon wurde. So viel habe ich verstanden. Allerdings wurde die Xenonvergiftung durch längeres Laufen im Leistungsbereich von 1600 MW, was 50% der normalen Leistung des Reaktors entspricht ausgelöst. Aber wieso passiert nicht das Gleiche, wenn man den Reaktor auf voller Leistung laufen lässt?
 
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Ok, ich versuchs nochmal besser zu erklären. Meines Wissens ist der Ideale Multiplikationsfaktor eines Atomreaktors 1, wodurch sich durch die Formel p= (K-1):K, wobei K für den Multiplikationsfaktor steht, in dem Falle eins, für p, also den Reaktivitätswert, ein Wert von 0 ergibt. Meine Frage ist jetzt, was die Reaktivität bewirkt, wenn der Wert p>0, also überkritisch, oder p< 0, also unterkritisch ist. Und was Reaktivität eigentlich ist, ob es eine Fähigkeit ist, die unter bestimmten Werten bestimmte Veränderungen von Reaktionen bewirkt, oder ob es zb. eine Ladung ist, nur anders als die normale.
Puuh, weiß ich jetzt auch nich ausm Kopf, schau ich aber nach sobald ich wieder wach bin :zzz:.

Und nochmal zu Xenon:
Beim Reaktorunglück von Tschernobyl war einer der Gründe eine Vergiftung des Reaktors mit schweren Xenon 135. Xenon diente als Neutronenabsorber und hat damit dann wohl mehr Neutronen aufgenommen, wodurch es zu schwerem Xenon wurde. So viel habe ich verstanden. Allerdings wurde die Xenonvergiftung durch längeres Laufen im Leistungsbereich von 1600 MW, was 50% der normalen Leistung des Reaktors entspricht ausgelöst. Aber wieso passiert nicht das Gleiche, wenn man den Reaktor auf voller Leistung laufen lässt?
Da die Temperatur im Reaktor stark abhängig von der Anzahl der Spaltungen ist, wobei die Temperatur wiederrum die Geschwindigkeit der Neutronen beeinflusst. Bei hoher Leistung wird es wärmer und dementsprechend sind die Neutronen schneller, so dass weniger Neutronen pro Xenonkern eingefangen werden. Bei geringerer Aktivität entstehen bei der Spaltung mehr langsamere Neutronen, die sich dan alle auf ein Xenonatom stürzen, wodurch das Zeug entsprechend schwer wird.
 
Kann man den Thread nicht in "Ein paar Fragen zur Physik" umbennen? Dann müsste man nicht immer zu jedem Gebiet ein neues Thema erstellen.:?

Ich hätte da nämlich noch eine Frage: Weiß jemmand warum die Röntgen-Strahlung die bei der kolaboration von Materie mit schwarzen Löchern entsteht nicht von dem schwarzen Loch selbst verschluckt wird?
 
Ich hätte da nämlich noch eine Frage: Weiß jemmand warum die Röntgen-Strahlung die bei der kolaboration von Materie mit schwarzen Löchern entsteht nicht von dem schwarzen Loch selbst verschluckt wird?
Weil diese Strahlung außerhalb des Schwarzschildradius' entsteht, kurz vor der Grenze finden enorme Wechselwirkungen statt, die Gammablitze erzeugen.

@Almalexian, sry, hatte ich ja ganz vergessen, das nochmal nachzuschlagen:shock:, wenn die Frage weiterhin besteht, schreib hier am besten nochmal rein, dann seh ichs auf jeden Fall.
Bd
 
Frage zur Reaktivität besteht durchaus noch, meine Chemielehrerin hat mir zwar zugesichert, dass dieses Thema in der Oberstufe noch kommen wird, interessiert mich aber jetzt auch.
 
Ok, ich entnehme deiner fragestellung, dass du wissen möchtest was Reaktivität ist.
Also, mit Reaktivität beschreibt man die "Intensität" (mir fällt kein besseres Wort ein) der Kernspaltung. Prinzipiell ist Kernspaltung in 3 verschieden Weisen möglich, die sich durch k definieren lassen. Es gibt "unterkritisch", "kritisch" und "überkritisch", letztendlich hängen diese Stadien von der Menge der freiwerdenden Neutronen ab. Im unterkritischem Stadium ist die Masse des zu spaltenden Materials bzw. die Energie, der es ausgesetzt ist, nicht hoch genung um die Neutronen auf die Geschwindigkeit zu bringen, bei der eine Kernspaltung stattfindet, d.h. es finden ein paar Spaltungen statt, die ich durch Neutronenbeschuss gestartet hab und das ist wieder Sense.
im kritischen Stadium hingegen ist Energie und Masse genau so groß, dass exakt so viele Neutronen mit entsprechender Geschwindigkeit frei werden, um erneut so viele Neutronen freizusetzen, dass die Kernspaltung von lleine immer weiter läuft.
Im überkritischem Stadium finden wir das, was in einer Atombombe vorgeht. Dort sind Masse und Energie so groß, dass mehr Neutronen freigesetzt werden, als vorher zu Kernspaltung nötig waren, so dass die Spaltungsrate immer größer wird, was unheimlich viel Energie freisetzt.

Hoffe das beantwortet deine Frage.

Gruß
Arachnid
 
Danke sehr, wäre schön, wenn das einfach mal so, wie du es hier erklärt hast,irgendwo gestanden hätte. Mit der Erklärung von Wiki konnte ich nämlich nicht viel anfangen.

Und ja, hat meine Frage beantwortet :)

Allerdings, durch was wird denn k verändert? Durch Wärme? Spannung?
 
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