Skyrim:Das giftige Lied - Band IV

Band III Das giftige Lied Band V
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Inhalt

Das giftige Lied
Band IV
von
Bristin Xel

cra saß am Kamin in Tays Zimmer und las im Schein des Feuers ein Buch. Es behandelte einige Details der Theosophie, an die sie zwar nicht glaubte, die sie aber dennoch auf morbide Weise faszinierte. Als sich die Tür öffnete und sie Tay eintreten hörte, las sie erst noch den Abschnitt zu Ende, bevor sie aufblickte.


"Ich bin schon seit Stunden hier, Geliebter. Hätte ich gewusst, dass du so spät kommen würdest, hätte ich mir mehr Bücher mitgebracht", lachte sie ausgelassen. Sie wurde allerdings sehr schnell ernst, als sie Tays Gesicht und den Zustand seiner Kleider sah. "Was ist passiert? Ist mit dir alles in Ordnung?"


"Ich habe mein ehemaliges Kindermädchen Edebah besucht", sagte er mit einem seltsamen Unterton. "Eine plötzliche Planänderung. Ich habe nicht gewusst, dass sie in Gramfeste war."


"Ich wünschte, du hättest mir gesagt, wo du hingehst", sagte sie und erhob sich dabei langsam von ihrem Stuhl. "Ich hätte sie gerne kennengelernt."


"Nun, dazu ist es jetzt zu spät. Ich habe sie umgebracht."


Acra atmete tief ein und sah sich Tays versteinerte Gesichtszüge genau an. Sie nahm seine Hand und sagte: "Vielleicht solltest du mir einfach alles erzählen."


Tay ließ sich von seiner Geliebten an den Kamin führen, wo er sich hinsetzte und in das Feuer starrte. Er blickte auf den Silberring an seinem Finger. "Bevor ich sie tötete, gab sie mir das hier: den Siegelring des Fürstenhauses Dagoth. Sie sagte mir, dass ich der rechtmäßige Bewahrer des Erbes sei und dass das Lied, das ich ständig im Kopf habe, die Melodie, die mich dazu brachte, als Kind erst einen anderen Jungen und dann Edebah selbst umzubringen, das Lied meiner Ahnen sei."


Tay verstummte. Acra kniete an seiner Seite und streichelte seine beringte Hand. "Erzähl mir mehr."


"Mein Lehrer Kena Gafrisi brachte uns bei, dass das Haus Dagoth ein Fluch für Morrowind war. Er sagte, dass die Erde selbst erleichtert aufgeatmet hätte, als seine Mitglieder am Ende des Krieges alle vernichtet worden waren." Tay schloss die Augen. "Ich kann die Vernichtung sehen. Ich kann sie sogar in dem Lied hören. Edebah sagte mir, dass die fünf Häuser die verwaisten Kinder der Dagoth adoptiert und gemäß ihrer eigenen Traditionen aufzogen haben. Ich dachte, sie sei verrückt oder eine Lügnerin, aber die wahre Lüge sind all die Jahre, in denen ich glaubte, dass meine Familie das Haus Indoril sei."


"Und was wirst du jetzt tun?", fragte Acra flüsternd.


"Nun, Edebah sagte mir, ich solle dem Lied zu meinem Schicksal folgen", erwiderte Tay mit einem bitteren Lachen. "Aber es brachte mich dazu, sie zu ermorden, deshalb weiß ich nicht, ob sie mir diesen Rat immer noch geben würde. Ich weiß, dass ich Gramfeste verlassen muss. Bevor es mir bewusst wurde, hatte ich schon ein Feuer in ihrem Haus gelegt. Die Leute riefen die Wache. Ich weiß einfach nicht, wohin ich gehen soll."


"Du hast viele Freunde, die dich beschützen werden, wenn du beweisen kannst, dass du der neue Führer bist, der dem Sechsten Hauses zu neuem Glanz verhelfen soll." Acra küsste den Ring. "Ich werde dir helfen, sie zu finden."


Tay starrte sie an und fragte: "Warum würdest du mir helfen wollen?"


"Als du noch dachtest, dass ich deine Cousine aus dem Hause Indoril sei, hattest du keine Bedenken, mit mir zu schlafen, obwohl das Inzest hätte sein können", antwortete Acra und sah ihm in die Augen. "Ich habe das Lied ebenfalls gehört. In mir erklingt es nicht so stark wie in dir, aber ich habe mich dafür entschieden, es niemals zu ignorieren. Es hat mir mehr beigebracht, als diese lächerlichen Tempelpriester und -priesterinnen es jemals vermochten. Ich wusste, dass mein wahrer Name Dagoth-Acra war, und ich wusste, dass ich einen Bruder hatte."


"Nein", presste Tay zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Du lügst."


"Du bist Dagoth-Tython."


Tay stieß Acra hart gegen die Wand und rannte aus dem Zimmer. Als er durch den Korridor floh, hörte er den Klang von Kalkoriths Schritten auf der Treppe hinter sich, die in seinem Herzen und Kopf wie ein Trommelwirbel des Liedes widerhallten.


"Cousin", sagte der Geweihte, "hast du schon von dem Feuer gehört ..."


Tay zog seinen Dolch aus der Scheide, drehte sich um und stieß die Waffe bis zum Heft in Kalkoriths Kehle. "Cousin", zischte er, "ich bin nicht dein Cousin."


Die Straßen von Gramfeste waren vom roten Schimmer des Feuers erleuchtet, das sich, von starken, stürmischen Windböen angetrieben schnell durch die engen Gassen der Stadt ausbreitete. Es schien, als sei Dagoth-Ur selbst über der Stadt erschienen, um die Flammen anzufachen, die sein Erbe entzündet hatte. Eine Wache, die auf das Inferno zurannte, blieb beim Anblick Tays stehen, der unsicher vor dem Eingang zu Kalkoriths Haus stand oder vielmehr wankte, eine blutige Klinge in seiner Hand.


"Was habt Ihr getan, Serjo?"


Tay rannte in Richtung Wald, sein Umhang aufgeplustert vom heulenden Wind. Die Wache setzte ihm mit gezogenem Schwert nach. Sie hatte das Haus nicht durchsuchen müssen, um dem Mord zu sehen. Sie wusste Bescheid.


Stundenlang raste Tay durch die Wildnis, von den Klängen des Liedes angetrieben. Die Schritte seines Verfolgers wurden leiser und leiser. Schließlich lichteten sich auch die Bäume, bis er nichts als Luft und Wasser vor sich sah. Eine Klippe, ein dreißig Meter tiefer Sturz in das Innere Meer.


Doch das Lied erlaubte es ihm nicht. Es zog ihn nach Norden, wo es ihm einen Zufluchtsort unter Freunden verhieß. Nicht nur Freunde, sondern Gefolgsleute, die ihn als den Erben von Dagoth verehren würden. Als er langsam auf die Felskante zuging, wurde das Lied bedrohlicher und warnte ihn vor dem Versuch, seiner Bestimmung zu entgehen. Der Tod war kein Ausweg.


Tay verfluchte spuckend sein Haus und warf sich kopfüber in den Abgrund.


Auf der Insel Gorne war wieder ein herrlicher Tag angebrochen - seit Wochen der erste, den Baynarah wirklich genießen konnte. Onkel Triffith hatte wichtigen Besuch gehabt, Angehörige weit entfernter Fürstenhäuser, und sie hatte bei jedem Abendessen, jedem Treffen, jeder Zeremonie dabei sein müssen. Als Kind, so erinnerte sie sich, hatte sie sich immer Aufmerksamkeit gewünscht. Heute war nichts schöner als etwas Freizeit.


Von all den Dingen, die sie geplant hatte, gab es nur eines, das sie im Haus tun musste: einen Brief an ihren Cousin zu schreiben. Aber das konnte bis zum Abend warten, sagte sie sich. Schließlich hatte er ihr schon seit geraumer Zeit nicht mehr geschrieben. Schuld daran war dieses Mädchen, Acra. Nicht, dass sie ihr unsympathisch erschien, aber Baynarah wusste, dass die erste Liebe einen voll und ganz verschlingen konnte. Zumindest hatte sie so etwas gelesen.


Während sie müßig durch das Wildblumenfeld flanierte, war Baynarah so tief in Gedanken versunken, dass sie ihre Magd Hillima nicht rufen hörte. Sie war daher sehr erschrocken, als die junge Dienerin plötzlich hinter ihr auftauchte.


"Serjo", keuchte sie ganz außer Atem. "Bitte kommt mit! Jemand ist an der Küste angespült worden! Es ist Euer Cousin, Serjo Indoril-Tay!"

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