Mein Urgroßonkel war Aufseher in einem Sanatorium in Torval (vielleicht war es auch mein Ururgroßonkel - es war vor ziemlich langer Zeit) und dies ist die Geschichte, die in meiner Familie von seiner Generation bis zur meinen weitergegeben wurde. Vielleicht ist sie vollkommen unwahr, aber als man mir die Geschichte erzählte, raunte man sie mir auf eine solche Weise zu, dass sie ernst genommen werden musste. Da ich keine eigenen Kinder habe, denen ich etwas zuraunen könnte und ein wenig Gold nicht schaden würde, habe ich mich entschlossen, meine Geschichte zu veröffentlichen.
Das Sanatorium, in dem mein Urgroßonkel arbeitete, war anscheinend ziemlich nobel. Nur die richtige Klasse von Verrückten wurde zugelassen. Exzentrische Herzöge, verrückte Baronessen, verwirrte Fürsten und törichte Damen füllten die mit Wandteppichen geschmückten und vergoldeten Hallen des Sanatoriums. Trotzdem war es eine Zeit großer Aufregung, als das Gerücht die Runde zu machen begann, dass der verwirrte Kaiser von Tamriel, Pelagius III., aus einer Anstalt in Valenwald dorthin verlegt werden sollte. Als sich das Gerücht bestätigte, verwandelte sich das Sanatorium in ein schönes, gefasstes und widerspenstiges Chaos. Pelagius wurde ein ganzer Flügel des Sanatoriums für seinen Gebrauch zur Verfügung gestellt, denn er war, wenn auch verrückter als ein Schakal, noch immer Seine Ehrfurchtgebietende Majestät, der Kaiser von Tamriel.
Der Kaiser war von erstaunlich gutem Benehmen, wie mein Urgroßonkel angeblich versicherte. Natürlich musste er nicht den Bürgern gegenübertreten, die mit allen möglichen Vorwänden kamen, um einen Blick auf ihren obersten Lehnsherrn, den Idioten, zu erhaschen. Als einer der Aufseher (nicht mein Onkel, wurde mir beteuert) sich selbst vergaß und Seine Ehrfurchtgebietende Majestät wissen ließ, dass Leute dagewesen waren, um ihn zu sehen, geriet der Kaiser in große Aufregung. Er entschloss sich, gleich auf der Stelle einen Ball zu geben. Eine große Feier mit Musikern, Tänzen und Festessen, direkt im Sanatorium. Oder vielmehr in seinem Flügel des Sanatoriums.
Gerüchte über das Interesse des Kaisers, einen Ball abzuhalten, verbreiteten sich in ganz Torval und erreichten schließlich auch die Ohren der Kaiserinregentin Katariah, Pelagius' hochgeschätzter Gemahlin, in der Kaiserstadt. Begierig darauf, ihren Gemahl glücklich zu machen, schickte sie eine mit Gold beladene Karawane zum Sanatorium, damit ein der kaiserlichen Würde angemessener Ball gegeben werden könne.
Der Kaiser wählte ein Datum für den Ball, und augenblicklich begannen die Vorbereitungen. Die alten Sanatoriumswände waren wunderschön dekoriert, benötigten aber eine Reinigung. Ein Graben musste zur Unterbringung des Orchesters konstruiert und Diener zum Kochen und Servieren der Speisen eingestellt werden; Gold- und Ebenerzkandelaber und passende Kronleuchter wurden angefordert; die alten Teppiche vernichtet und neue Teppiche mit eingearbeiteten Edelsteinen gewebt; Gästelisten wurden zusammengestellt, überprüft und umgestaltet. Der Kaiser wusste, dass die Gästeliste sehr exklusiv zu sein hatte und verließ sich auf seine Berater, um ihm mitzuteilen, wer lebte, wer tot und wer eingebildet war.
Das Fest sollte um neun Uhr beginnen. Um sechs beendete der Friseur, den er aus Torval angeworben hatte, seine kaiserliche Frisur. Um sieben war er vollständig mit den Gewändern angekleidet, die er für den Ball bestellt hatte: voluminöse, schwarze Seide und mit roten Diamanten überhäufter Samt. Um acht stieg er die neu renovierte Treppe hinab, um die letzten Vorbereitungen zu überwachen - das Anzünden der Kerzen, das Öffnen des Weins, das Schlachten des ersten Ganges. Um neun Uhr nahm er seinen Platz auf dem nachgebauten Thron ein, den er bestellt hatte, und erwartete die ersten Gäste.
Um neun Uhr dreißig sagte sein Berater, der bemerkte, wie die königlichen Augen vor Wahnsinn glasig zu werden begannen: „Eure Ehrfurchtgebietende Majestät weiß sicherlich, dass es nicht Mode ist, früher als eine Stunde nach der erwünschten Zeit auf einem Ball zu erscheinen, oder?“
Der Kaiser starrte nur vor sich hin.
Um zehn Uhr dreißig verlangte der Kaiser nach etwas Speise und Wein und saß essend auf seinem Thron, während er durch die offene Tür blickte. Dreißig Minuten später befahl er dem Orchester, mit seinem Spiel zu beginnen. Die nächsten drei Stunden lang spielten sie unbekümmert für den leeren, kerzenerleuchteten Ballsaal.
Um ein Uhr gab der Kaiser seine Absicht bekannt, sich für den Abend zurückzuziehen. Mein Onkel war einer der Aufseher, die Seiner Ehrfurchtgebietenden Majestät die Treppe hinaufhalfen. Halb in seinem Raum warf sich Pelagius in einem Anfall von Hysterie auf den Boden, schrie und lachte, verlangte mehr Wein (meine Mutter war gut in diesem Teil der Geschichte, sie rollte mit ihren Augen und kreischte: „Mehr Wein! Mehr Wein! Wein!“) und, um es kurz zu machen, bildete sich ein, dass er von all den Feiernden auf seinem Fest besessen wäre, das niemals stattgefunden hatte.
Zwei Tage später ging es ihm immer noch nicht besser. Er hatte sich selbst und jene, die ihn festhalten wollten, schrecklich mit den roten Diamanten von seinem Gewand geschnitten. Schließlich entschied man, dass das Sanatorium von Torval nicht ausgestattet war, um mit einem Verrückten diesen Grades fertig zu werden und er wurde an einen sichereren Ort in die Schwarzmarsch geschickt. Nur drei Monate später erfuhr mein Onkel, dass der Kaiser gestorben war.
Eine der Aufgaben meines Onkels bestand darin, den persönlichen Besitz der Insassen nach ihrem Tod auszuräumen. Da sie hauptsächlich dem landbesitzenden Adel angehörten, waren diese persönlichen Besitztümer oft recht umfangreich. Einige Jahre nach dem Tanzball im Sanatorium wurde mein Onkel gerufen, um die Wohnung einer Herzogin auszuräumen, deren Hauptexzentrität in einer Vorliebe zum Stehlen gelegen hatte. Ich glaube, es wird Kleptomanie genannt. Verschlossen hinter einer Geheimtür in ihrem Schreibtisch, beschützt von einer mit einer gezackten Nadel versehenen Falle, fanden sich eine Vielzahl von Juwelen, Goldstapeln und fünf große Stöße wunderschön geprägter Einladungen, unterzeichnet in der kindlichen Handschrift des Kaisers.