Online:Diebeshöhle, Teil II

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Inhalt

Diebeshöhle, Teil II
Von der Porphyrkaryatide

Der Edelmann im blauen Samtgewand schob die niedrige Tür aus unbemaltem Holz langsam auf und blickte in die rauchige Düsternis jenseits des Durchgangs. „Was wollt Ihr hier?“, wollte eine Stimme gleich in seiner Nähe wissen.

„Äh … Ich bin über die Diebesstraße gekommen“, antwortete der Edelmann, beinahe fragend.

„Und weiter?“

„Mir … Mir wurde gesagt, dass ich das sagen soll, und außerdem ‚Heute Nacht fliegt der Vater der Eulen'.“ Die gepflegten Lippen des Edelmanns formten ein zögerliches Lächeln. „Das stimmt doch so, nicht wahr?“

Die Stimme gab einen unverbindlichen Laut von sich und sagte: „Was wollt Ihr?“

„Ich möchte mit … mit der Roten Natter sprechen.“

„Klar. Er ist da hinten, hinter den Braukesseln.“ Ein Schatten im Rauch machte eine vage Geste, die den Rauch durcheinanderwirbelte. Der Edelmann hustete und betrat den trüben Raum.

Die Kammer war eine Art Gemeinschaftsraum, mit rund einem Dutzend Tische und fünf Dutzend wild gemischter Stühle; auf einigen saßen Trinker, obschon irgendwo weit über ihnen die Mittagssonne über der Wüstenstadt Hallins Wehr stand. Die Decke war niedrig, und der Edelmann war groß, weshalb er den niedrig hängenden Öllampen ausweichen musste, die für den Großteil des stickigen Rauchs in der Luft verantwortlich waren. „Käferöl“, sagte er zu sich, „und dann auch noch billigste Qualität.“

Hinter den Braukesseln war die Luft etwas weniger dick, aber es war außerdem auch noch dunkler als im Gemeinschaftsraum. Eine einzelne Lampe brannte auf einem Tisch an der rückwärtigen Wand; ihre Flamme spiegelte sich in einer Karaffe, einem Krug und dem verzierten Besatz der Weste einer Person wider, der auf einem Stuhl an die Wand gelehnt saß.

Der Edelmann näherte sich dem Tisch, blieb in respektvollem Abstand stehen und frage: „Seid Ihr … die Rote Natter?“

Die Vorderbeine des Stuhl kippten mit einem dumpfen Laut auf den Boden. „So nennt man mich“, kam eine leise Stimme von über der Weste. „Das ist der traditionelle Titel für den Rangältesten der Diebesgilde von Hallins Wehr. Und Ihr?“

„Mein Name … ist nicht wichtig“, sagte der Edelmann. „Aber mein Anliegen … ist es.“

„Wie wichtig?“

Der Edelmann zog einen Beutel von seinem Gürtel und ließ ihn auf den Tisch fallen. Es klimperte. Die Rote Natter öffnete ihn mit einem Finger und rührte damit einen Augenblick lang in seinem Inhalt. „Das würde ich als Bezahlung für ein wichtiges Anliegen durchgehen lassen. Zumindest als eine Anzahlung“, sagte er. „Wer ist das Ziel?“

„Der Gouverneur von Hallins Wehr.“

„Da seid Ihr hier falsch, mein Freund“, sagte die Rote Natter mit einem Hauch von Bedauern. „Wir bieten keine Ermordungen an. Ihr solltet Euch an die Dunkle Bruderschaft wenden. Oder vielleicht die Morag Tong; die sind auf Königsmorde spezialisiert.“

„Oh, ich möchte nicht, dass Ihr dem Gouverneur das Leben nehmt“, antwortete der Edelmann. „Ich möchte, dass Ihr ihm seine Ehre stehlt.“

„Seine Ehre?“, fragte die Rote Natter. „Wie meint Ihr das?“

„Ich möchte, dass Ihr den Siegelring des Gouverneurs stehlt, den Ring, den ihm der König bei seiner Ernennung an den Finger gesteckt hat. Dieser Ring ist das Symbol seines Herrschaftsrechts. Und ich möchte“, fuhr der Edelmann fort, „dass Ihr ihn während des zeremoniellen Tanzes beim Gouverneursball stehlt.“

Es folgte eine lange Pause, und dann sagte die Rote Natter: „Abgemacht. Natürlich werde ich mich um diese Angelegenheit persönlich kümmern müssen. Keiner meiner Taschendiebe oder Einbrecher ist einer solchen Aufgabe gewachsen.“ Er hob die Karaffe und goss duftenden Granatapfelwein in den Krug. „Wollt Ihr mit mir darauf trinken?“

„Wir beide“, fragte der Edelmann, „aus demselben Gefäß?“

„So ist das bei uns hier Brauch.“

„Wenn dem so ist“, sagte der Edelmann im blauen Samtgewand, „ist es mir eine Freude.“