Online:Die Stämme von Trübmoor: die Moortänzer

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Die Stämme von Trübmoor: die Moortänzer
Von Emmanuberth Hurrent, Mitglied des Bundes der Reisenden von Wegesruh

Ich hatte mittlerweile das Privileg, mit zwei verschiedenen Ältesten der Moortänzer zu sprechen, und ich habe aus diesen beiden Unterhaltungen so einiges gelernt. Die „Gee-Rusleel“, wie sie sich selbst nennen, sind die wohl am stärksten in sich gekehrten Argonier, die mir bisher begegnet sind. Außerdem sind sie auch die angenehmsten. Sie sind zwar zurückgezogen und vorsichtig, aber ich habe noch kein Volk getroffen, das so bereitwillig eine Mahlzeit teilt oder eine Partie Muscheln und Steine anbietet. Sie sind geübte Handwerker und besonders geschickt im Umgang mit Histbernstein und Eierschalen. Sie sind außerdem Meister der Navigation, erlesene Weber und geschickte Kartographen.

Was sie jedoch am meisten definiert, ist ihre Frömmigkeit. Durch diese innige Verehrung des Hist genießen sie seit zahllosen Generationen das Recht, einen „Saftsprecher“ zu erwählen.

Laut den Ältesten, mit denen ich gesprochen habe, ist der Saftsprecher der direkte Mittelsmann der Hist. (Darüber lässt sich natürlich diskutieren. Viele Stämme behaupten, direkt mit dem Hist kommunizieren zu können. Anhand des bisher Gesehenen erscheinen mir die Moortänzer aufgrund ihrer Methoden jedoch am überzeugendsten.) Saftsprecher ziehen sich Tage oder sogar Wochen am Stück zurück, entweder hinunter in die Wurzeln oder hoch in die obersten Kronen des Blätterdachs. Dort kommunizieren sie mit dem Hist. Einer der Ältesten verwendete dafür das Wort „Reise“.

Diese Reisen in den Hist sind sehr anstrengend für den Saftsprecher und darüber hinaus eine äußerst private Angelegenheit. Nach Tagen ohne Kontakt zur Außenwelt kehrt der Saftsprecher zurück, nur um sich anschließend mit alten Büchern, Schriftrollen und Tafeln zu verbarrikadieren. Ich fragte, welchen Sinn diese Perioden der Abgeschiedenheit erfüllten. Wie gewohnt enthielten die Antworten kaum Details. „Der Saftsprecher begibt sich in die Umarmung des Hist, um vom großen Baum zu lernen“, meinte ein Ältester. „Während er in engem Kontakt mit den Wurzeln und Ästen steht, empfängt der Saftsprecher Visionen und andere Arten der Kommunikation, die weder Ihr noch ich verstehen können.“

Der andere Älteste fuhr fort. „Sogar der Saftsprecher selbst empfindet einen Teil des Gezeigten als geheimnisvoll und verwirrend. Ich habe gehört, dass der Saftsprecher uralte Metaphern empfängt, arkane Geheimnisse und Visionen, die für Kreaturen, die so weit weg sind von Saft und Mark, kaum einen Sinn ergeben.“ Offenbar hat der Saftsprecher in der zweiten Periode der Abgeschiedenheit die Zeit, das Gezeigte zu überdenken, und die Zeit, die uralten Schriften der Saftsprecher vor ihm zu Rate zu ziehen. Nach einer angemessenen Zeit des Studiums und der Einkehr tritt der Saftsprecher vor die Stämme und tut den Willen des Hist kund.

Ich wollte mehr darüber erfahren, was passiert, während der Saftsprecher zwischen den Wurzeln oder Ästen meditiert, aber ich bin mir nicht sicher, ob die Ältesten überhaupt mehr darüber wussten. Was sie mir dann doch erzählten, war, dass der Saftsprecher während dieser Zeit ausschließlich vom Hist selbst ernährt wird, und zwar mit Saft, Blättern und den ansonsten verbotenen Früchten des Baums.

Die Gabe der Einheit mit dem Hist hat jedoch ihren Preis. Es ist gefährlich, große Mengen Histsaft einzunehmen, auch für Argonier. Saftsprecher leiden häufig unter den Effekten der Saftvergiftung wie der „Goldzunge“ (einer dauerhaften Veränderung der Mundpigmentierung in einen Goldton), unerwünschten Halluzinationen, „Borkenhaut“ (eine Verdichtung und Dunkelfärbung der obersten Schuppen) und anderen Krankheiten, über die die Ältesten nicht gerne sprechen wollten. Der derzeitige Saftsprecher Thumarz war während meines Besuchs im Stammesdorf gerade nicht zu sprechen. Ich hoffe, dass ich ihn eines Tages kennenlerne. Wenn er nur halb so weise ist wie die Ältesten, mit denen ich zu tun hatte, dann kann ich zweifelsohne eine Menge von ihm lernen.

Trotz ihrer enorm religiösen Natur sind die Moortänzer offenbar auch besessen von Spielen jeglicher Art. Insbesondere sind sie begeistert von den Spielen Neun-Hüte und Muscheln und Steine sowie von Sportarten wie dem beliebten „Teeba-Hatsei“ (auch bekannt als „Hüft-und-Schwanz-Ball“). Sie erklärten mir nicht nur liebevoll ihre eigenen Spiele, sondern wollten auch alles über die Spiele wissen, die wir daheim in Wegesruh spielen. Ich muss zugeben, dass ihre Begeisterung wirklich ansteckend war! Und ich fand es überaus amüsant, wie sie versuchten, das Spiel Betrügerwürfel anhand meiner vagen Beschreibung zu rekonstruieren.

Die Moortänzer sind außerdem chronische Glücksspieler, die jedoch oft vergessen, ihre Gewinne einzustreichen. Anders als die Spiele von Mensch und Mer scheinen die Wettstreite der Moortänzer völlig frei von Boshaftigkeit oder verletztem Stolz. Sieg und Niederlage scheinen eher Nebensache als Hauptziel, was wohl auch an ihrem stoischen Wesen liegt. Wie bei den meisten Dingen geht es ihnen ausschließlich um den Augenblick, um das Jetzt. Es schmerzt mich, ihr Dorf zu verlassen, aber es warten noch viele Stämme darauf, von mir erforscht zu werden. Ich bezweifle, dass auch nur einer von ihnen so faszinierend oder so freundlich wie die Moortänzer sein wird.