Online:Das Verschwinden von Delodiil

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Inhalt

Das Verschwinden von Delodiil

(Unbekannter Verfasser)

In jenen Tagen gab es eine Stadt im Herzland, deren Name Delodiil war. Und es war eine Stadt angenehmer Promenaden, weiser Gelehrter, sorgfältiger Kunsthandwerker und geschmeidiger Tänzer. Und außerdem hatte Delodiil Krieger voll Inbrunst und Kraft, die die Promenaden beschützten, und die Gelehrten, und die Kunsthandwerker, und die Tänzer. Und obschon die Krieger nur wenige waren, waren sie tapfer.

Das Volk von Delodiil verehrte viele Götter, denn sie waren fromm und beugten sich vor allen Göttlichen. Aber mehr als jeden anderen verehrten sie die Fürstin des Lichts, und sie erbauten Merid-Nunda eine Kapelle aus farbigem Schimmer und Strahlen, und in ihrer Pracht schien sie wie ein Stück von Aetherius, das in die sterbliche Welt gebracht wurde. Und das Volk von Delodiil war daraufhin von Stolz erfüllt.

Aber auf der anderen Seite des Tals befand sich eine andere Stadt, Abagarlas, die der Finsternis so zugetan war wie Delodiil dem Licht. Abagarlas hatte so viele Einwohner wie Delodiil, aber nur wenige waren Tänzer, Kunsthandwerker oder Gelehrte, denn die meisten waren Krieger voll Inbrunst und Kraft. Diese Krieger wurden an andere Staaten und Städte gegen Reichtum ausgeliehen, um Krieg zu führen. Und so blühte Abagarlas auf seine eigene Art und Weise auf.

Der König von Abagarlas sah die Kapelle der Lichter, die der Stolz Delodiils war, und er sprach: „Ist Abagarlas denn keine so bedeutende Stadt wie Delodiil? Wir werden unsere eigene prächtige Kapelle errichten.“ Und er entschied, dass der Großteil des Wohlstands von Abagarlas für den Bau eines Schreins ausgegeben werden soll, der seinem Schutzherrn unter den Göttlichen, dem Fürsten Mola Gbal, geweiht sein solle. Und das Volk von Abagarlas errichtete einen gewaltigen Schrein an Mola Gbal, aber sie waren grobe Soldaten, keine Kunsthandwerker, und der Schrein war missgestaltet, von hässlicher Farbe und eine Beleidigung für jedes Auge. Aber er war dennoch größer als die Kapelle der Lichter in Delodiil, und daher prahlte der König von Abagarlas damit, dass seine Stadt als Ergebnis bedeutender sei als Delodiil. Aber das Volk von Delodiil schien das nicht zu bestürzen, und es lebte sein Leben weiter wie bisher.

Und diese Gleichgültigkeit der Bewohner von Delodiil fraß ein Loch in das Herz des König von Abagarlas, und es ärgerte ihn bis zum Wahnsinn. Er schickte Soldaten, die den kleinen Schrein von Merid-Nunda in Delodiil schänden sollten, und dann suchte er seinen gewaltigen Schrein an Mola Gbal auf, wo er einen mächtigen Eid schwor. Und als er eine Familie aus Delodiil auf dem Altar opferte, schwor der König, dass er seine Armee sammeln, durch das Tal ziehen und alle Bewohner Delodiil gefangennehmen und sie in der Kapelle der Lichter Mola Gbal als Opfer darbringen würde.

Und der König von Abagarlas sammelte all seine Soldaten, und in einer Nacht, in der der Himmel von einem wild tobenden Polarlicht erleuchtet wurde, marschierte er mit ihnen durch das Tal gen Delodiil. Aber als der König und seine Armee ankamen, fanden sie das Land leer vor, denn die Stadt Delodiil war verschwunden, bis auf den letzten Ziegelstein!

Und der König dachte, dass er Gelächter inmitten der Lichter am Himmel hörte, frohe Stimmen, die sich in Schreckensschreie verwandelten, die nicht von oben, sondern von der anderen Seite des Tals kamen. In Eile führte der König seine Soldaten zurück in seine eigene Stadt, aber als sie in Abagarlas ankamen, fanden sie es völlig zerstört vor, als hätte ein gleißendes Licht die Stadt verbrannt. Von den Familien der Soldaten und des Königs wurde nichts gefunden außer ihre Schatten, die in die Wände der Stadt eingebrannt waren.

Soviel zu Abagarlas. Aber über das Schicksal von Delodiil ist nichts weiter bekannt.