Online:Das Jahr 2920, Band 18

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Inhalt

Das Jahr 2920, Band 18

2920: Das letzte Jahr der Ersten Ära

Von Carlovac Stadtweg

16. Herbstsaat 2920 Wroth Naga, Cyrodiil

Der winzige Weiler Wroth Naga begrüßte Cassyr mit seinen farbenfrohen Häusern auf einem Felsvorsprung über der wrothgarischen Bergebene, hinter der man bis Hochfels sehen konnte. Wenn er in besserer Stimmung gewesen wäre, hätte ihm dieser Anblick den Atem geraubt. Im Augenblick konnte er jedoch nur an praktische Dinge denken; in einem kleinen Dorf wie diesem würde es immerhin magere Vorräte für ihn und sein Pferd geben.

Er ritt direkt auf den Hauptplatz, wo er ein Gasthaus „Zum Adlerschrei“ fand. Cassyr wies den Stalljungen an, sein Pferd unterzubringen und zu füttern, bevor er in das Gasthaus ging, dessen Stimmung ihn doch überraschte. Ein Musikant, den er einst in Gilvertal gehört hatte, spielte ein unbeschwertes altes Lied, zu dem die Bergleute klatschten. Nach solch erzwungener Heiterkeit stand Cassyr gerade nicht der Sinn. Eine mürrisch dreinblickende Dunmer saß am einzigen Tisch, der ein wenig abseits des Lärms stand, also nahm er sein Getränk mit dorthin und setzte sich, ohne zu fragen. Erst dann bemerkte er, dass sie ein Neugeborenes in ihren Armen hielt.

„Ich komme gerade aus Morrowind“, sagte er ein wenig unbeholfen und mit gesenkter Stimme. „Ich kämpfe an der Seite Vivecs und des Herzogs von Gramfeste gegen die kaiserliche Armee. Manch einer würde mich wohl einen Verräter an meinem Volk schimpfen.“

„Ich bin ebenfalls eine Verräterin an meinem Volk“, antwortete die Frau und hielt ihre Hand noch, in die ein Symbol eingebrannt war. „Dieses Zeichen bedeutet, dass ich nie mehr in meine Heimat zurückkehren kann.“

„Nun, hier wollt Ihr aber doch sicher nicht bleiben, nicht wahr?“, lachte Cassyr. „Es ist zwar unbestritten ganz beschaulich hier, aber im Winter wird hier Schnee bis an Eure Wimpern liegen. Das ist kein Ort für ein Neugeborenes. Wie heißt sie denn?“

„Bosriel. Das bedeutet ‚Schönheit des Waldes‘. Wohin führt Euch denn Euer Weg?“

„Dwynnen, an der Bucht von Hochfels. Ihr könnt mich gerne begleiten. Ich könnte ein wenig Gesellschaft vertragen.“ Er reichte ihr die Hand. „Cassyr Whitley.“

„Turala“, sagte die Frau nach einer kurzen Pause. Zuerst wollte sie auch ihren Familiennamen sagen, wie es Tradition ist, aber dann stellte sie fest, dass das gar nicht mehr ihr Name war. „Ich würde Euch sehr gerne begleiten, danke.“

19. Herbstsaat 2920 Ald Lambasi, Morrowind

Fünf Männer und zwei Frauen standen schweigend im Hauptsaal des Kastells; nichts war zu hören außer dem Kratzen einer Schreibfeder auf Pergament und dem sanften Prasseln des Regens auf dem großen Panoramafenster. Als der Prinz das Siegel von Cyrodiil auf das Pergament drückte, war der Frieden offiziell geschlossen. Der Herzog von Gramfeste stieß einen Schrei der Freude aus und bestellte den Wein herein, der zur Feier des Endes von achtzig Jahren Krieg in die Festung gebracht worden war.

Nur Sotha Sil stand abseits der Gruppe. Sein Gesicht verriet seine Gefühle. Die, die ihn am besten kannten, wussten, dass er nicht an Anfang oder Ende glaubte, sondern nur an einen ständigen Kreislauf, von dem all das nur ein kleiner Teil war.

„Mein Prinz“, unterbrach der Burgverwalter sichtlich ungern die Feierlichkeiten. „Da ist ein Bote von Eurer Mutter, der Kaiserin. Er wollte eigentlich zu Eurem Vater, aber da der ja noch nicht hier ist …“

Juilek entschuldigte sich und ging hinaus, um mit dem Boten zu sprechen.

„Die Kaiserin lebt nicht in der Kaiserstadt?“, fragte Vivec.

„Nein“, antwortete Almalexia mit einem traurigen Kopfschütteln. „Ihr Gemahl hält sie in Schwarzmarsch gefangen, da er fürchtet, dass sie eine Revolution gegen ihn geplant hat. Sie ist reich im Überfluss und hat mächtige Verbündete in den westlichen colovianischen Ländereien, also konnte er keine andere zur Frau nehmen oder sie hinrichten lassen. Seit siebzehn Jahren, seit Juileks Kindheit, herrscht eine Pattsituation zwischen den beiden.“

Wenige Minuten später kehrte der Prinz zurück. Man konnte ihm seine Anspannung ansehen, doch er bemühte sich, sie zu verbergen.

„Meine Mutter braucht mich“, sagte er einfach nur. „Es tut mir leid, aber ich muss unverzüglich aufbrechen. Wenn ich eine Abschrift des Vertrages haben könnte, nehme ich sie mit mir zur Kaiserin, damit ich ihr zeigen kann, was wir heute Gutes vollbracht haben, und dann werde ich sie in die Kaiserstadt bringen, damit der Friede offiziell verkündet werden kann.“

Prinz Juilek brach auf, nachdem die Drei aus Morrowind sich herzlich von ihm verabschiedet hatten. Als sie ihm nachsahen, wie er südlich, gen Schwarzmarsch, in die regnerische Nacht ritt, sagte Vivec: „Tamriel wird wieder ein weit besser Ort sein, wenn er erst auf dem Thron sitzt.“