Oblivion:Dieb

Auflagen des Buches

Diese Seite enthält den Text von Dieb aus The Elder Scrolls IV: Oblivion.

Inhalt

Dieb

Dieb Von Reven

Falls der Leser noch nicht das Vergnügen hatte, den ersten Band „Bettler“ in dieser Reihe über das Leben von Eslaf Erol zu lesen, sollte er dieses Buch sofort wieder zuklappen, denn ich werde mich nicht wiederholen.

So viel werde ich aber verraten, geneigter Leser. Als wir Eslaf zuletzt begegneten, war er ein Waisenknabe, ein erfolgloser Bettler, der durch die wilden winterlichen Wälder von Skyrim lief, weg von seinem Zuhause in Erolgard. Er setzte seine Flucht mit gelegentlichen Unterbrechungen noch jahrelang fort, bis er zu einem jungen Mann herangewachsen war.

Eslaf entdeckte, dass die lästigste aller Methoden der Nahrungsbeschaffung darin bestand, darum zu bitten. Viel leichter war es, sich in der Wildnis Essen zu suchen, oder von unbewachten Marktständen zu stehlen. Nur eins war noch schlimmer als das Betteln um Nahrung, nämlich das Betteln um Arbeit, um Nahrung zu kaufen. Das erschien ihm unnötig kompliziert.

Nein, Eslaf fand es viel nützlicher, ein Landstreicher, Bettler und ein Dieb zu sein.

Er beging seinen ersten Diebstahl kurz nachdem er Erolgard verlassen hatte, in den südlichen Wäldern von Tamburkar im rauen Land nahe dem Berg Jensen, östlich des Dorfes Hoarbeld. Eslaf war kurz vor dem Verhungern, da er seit vier Tagen nichts außer einem ziemlich mageren rohen Eichhörnchen gegessen hatte, als er Bratenduft roch und Rauch entdeckte. Eine Truppe fahrender Sänger hatte ihr Lager aufgeschlagen. Er beobachtete sie vom Gebüsch aus, währende sie kochten, scherzten, flirteten und sangen.

Er hätte sie um Essen bitten können, aber so viele andere hatten vorher seine Bitte abgelehnt. Stattdessen eilte er zum Feuer hin, ergriff ein Stück Fleisch, wobei er sich verbrannte und das Gesicht verzog, und stieg damit auf den nächstbesten Baum, um es zu verschlingen, während die Barden unter ihm standen und lachten.

„Was hast du denn jetzt vor, Dieb?“ kicherte eine hübsche rothaarige Frau, die von oben bis unten tätowiert war. „Wie willst du von hier fortkommen, ohne dass wir dich fangen und bestrafen?“

Während sein Hunger langsam nachließ, begriff Eslaf, dass sie Recht hatte. Die einzige Möglichkeit, den Baum zu verlassen, ohne in ihrer Mitte zu landen, bestand darin, weiter den Ast entlang zu kriechen, der über einen Bach unten an der Klippe ragte, fünfzig Fuß tiefer. Das schien die klügste Strategie zu sein; also begann Eslaf, sich in diese Richtung zu kriechen.

„Hey, Junge, du weißt doch wohl, wie man sich richtig fallen lässt, oder?“ rief ein junger Khajiiti, der nur wenige Jahre älter war als Eslaf, schlank aber muskulös, und in der kleinsten Bewegung anmutig. „Wenn du es nicht weißt, solltest du einfach herunterklettern und die Folgen tragen. Es ist idiotisch, sich den Hals zu brechen, wenn wir dir nur den Hintern versohlen und dich dann wegschicken würden.“

„Natürlich weiß ich, wie man richtig fällt“, rief Eslaf zurück, aber er wusste es nicht. Er dachte, der Trick beim Fallen bestehe darin, nichts unter sich zu haben, und die Natur ihren Lauf nehmen zu lassen. Aber wenn man aus fünfzig Fuß Höhe hinuntersieht, kommt man doch ins Grübeln.

„Entschuldige, dass ich deine Fähigkeiten angezweifelt habe, Meisterdieb“, sagte der Khajiiti mit einem Grinsen. „Offenbar weißt du, dass du dich mit den Füßen zuerst und mit geradem, aber entspanntem Körper fallen lassen musst, damit du nicht wie ein Ei zerbrichst. Wie es scheint, ist dir beschieden, uns zu entkommen.“

Eslaf hielt sich klugerweise an die Hinweise des Khajiiti und sprang in den Fluss. Es war kein eleganter Sprung, aber er blieb unverletzt. In den darauf folgenden Jahren musste er gelegentlich aus noch größeren Höhen springen. Gewöhnlich geschah dies nach einem Diebstahl, manchmal auch ohne Wasser unter sich, und es verbesserte seine Technik erheblich.

Als er am Morgen seines einundzwanzigsten Geburtstags in der westlichen Stadt Jallenheim ankam, brauchte er nicht lange, um herauszufinden, wer der reichste Bewohner war, bei dem sich ein Einbruch am meisten lohnen würde. Ein undurchdringlicher Palast in einem zentral gelegenen Park gehörte einem geheimnisvollen jungen Mannes namens Suoibud. Eslaf suchte sofort den Palast und begann ihn zu beobachten. Ein befestigter Palast, das wusste er inzwischen, war wie ein lebendes Wesen, mit Marotten und Gewohnheiten unter seiner harten Schale.

Es war kein alter Bau; offensichtlich war dieser Suoibud erst vor relativ kurzer Zeit zu Geld gekommen. Regelmäßig patrouillierten dort Wachen, woraus sich schließen ließ, dass der Reiche Angst vor Einbrüchen hatte, und das aus gutem Grund. Auffälligstes Merkmal des Palasts war sein Turm, der die Steinmauern um hundert Fuß überragte und dem Bewohner zweifellos eine gute Rundumsicht gewährte. Wenn Suoibud derart unter Verfolgungswahn litt, war, wie Eslaf vermutete, auch der Lagerraum des Palasts vom Turm aus zu sehen. Der reiche Mann würde sein Vermögen bestimmt im Auge behalten wollen. Das bedeutete, dass die Beute nicht direkt unter dem Turm war, sondern irgendwo im Hof innerhalb der Mauern sein musste.

Im Turm brannte die ganze Nacht hindurch Licht. Daraus schloss Eslaf kühn, dass es das Beste sei, bei Tageslicht einzubrechen; irgendwann musste Suoibud ja schlafen. Zu dieser Zeit würden die Wachen einen Dieb am wenigsten erwarten.

Und so, während die Mittagssonne über den Palast schien, erklomm Eslaf schnell die Mauer in der Nähe des Haupttors, versteckte sich zwischen den Zinnen und wartete. Der Innenhof war leer und einsam und bot kaum Versteckmöglichkeiten, aber er entdeckte zwei Brunnen. Aus einem davon holten die Wachen von Zeit zu Zeit Wasser herauf, um ihren Durst zu stillen, aber Eslaf fiel auf, dass die Wachen an dem anderen vorbeigingen und ihn nie benutzten.

Er wartete, bis die Wächter für einen Augenblick durch die Ankunft eines Händlers, der mit seinem Wagen Waren für den Palast lieferte, abgelenkt wurden. Während sie den Wagen durchsuchten, sprang Eslaf elegant und mit den Füßen voran von der Mauer hinab in den Brunnen.

Es war keine besonders weiche Landung, denn, wie Eslaf vermutet hatte, war der Brunnen nicht mit Wasser gefüllt, sondern mit Gold. Doch er wusste, wie man sich beim Fall abrollt, und tat sich nicht weh. In dem feuchten unterirdischen Lager stopfte er seine Taschen mit Gold voll und wollte gerade zu der Tür gehen, die zum Turm zu führen schien, als er einen Edelstein von der Größe eines Apfels bemerkte, der mehr wert war als das ganze Gold, das noch übrig war. Eslaf fand noch Platz dafür in seiner Hose.

Die Tür führte tatsächlich zum Turm, und Eslaf stieg die Wendeltreppe leise, aber zügig hinauf. Oben angekommen fand er sich im Schlafzimmer der privaten Gemächer des Palasts wieder, reich verziert und kalt, mit unschätzbaren Kunstwerken und dekorativen Schwertern und Schildern an den Wänden. Eslaf nahm an, dass der schnarchende Hügel unter der Decke Suoibud war, sah aber nicht näher nach. Er schlich zum Fenster und schaute hinaus.

Es würde ein schwieriger Sprung sein, das stand fest. Er musste vom Turm aus über die Mauer hinaus auf den Baum auf der anderen Seite springen. Die Zweige würden zwar wehtun, gleichzeitig aber den Aufprall dämpfen, und er hatte unter dem Baum einen Heuhaufen aufgeschichtet, um schlimmere Verletzungen zu verhindern.

Eslaf wollte gerade springen, als der Bewohner des Zimmers aus dem Schlummer hochschreckte und „Mein Juwel!“ kreischte.

Eslaf starrte ihn einen langen Moment mit großen Augen an. Sie sahen sich sehr ähnlich. Was nicht verwunderlich war, denn sie waren Brüder.

Die Geschichte von Eslaf Erol wird in dem Band „Krieger“ fortgesetzt.