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Diese Seite enthält den Text von Der Exodus aus The Elder Scrolls IV: Oblivion.
Inhalt
Der Exodus von Waughin Jarth
Vralla war ein kleines Mädchen, hübsch und gutherzig, hübsch und klug, hübsch und lebhaft. Alles, was ihre Eltern sich für sie erträumt hatten. Wie perfekt sie auch war, sie erträumten sich doch noch Besseres für sie. Ihr Vater, ein Emporkömmling namens Munthen, glaubte, dass sie eine gute Partie machen, vielleicht eine Prinzessin des Kaiserreichs werden würde. Ihre Mutter, eine verunsicherte Frau namens Cinneta, glaubte, sie würde es aus eigenem Verdienst zu Großem bringen, als Ritterin oder Zauberin. Beide wollten das Beste für ihre Tochter, und so stritten sie darüber, was ihre Bestimmung sein würde. Aber beide lagen falsch. Sie wurde nämlich nicht groß, sondern stattdessen schwer krank.
Die Tempel meinten, es bestünde keine Hoffnung mehr, und die Magiergilde sagte ihnen, Vrallas Leiden sei so selten, so tödlich, dass es kein Heilmittel gäbe. Sie müsse leider sterben, und zwar bald.
Als die großen Institutionen des Kaiserreichs sie im Stich ließen, suchten Munthen und Cinneta die Hexen auf, die Hexereinsiedler und die anderen verborgenen, geheimen Mächte, die im Schatten der Zivilisation lauern.
„Mir fällt nur ein Ort ein, an den Ihr gehen könnt“, sagte ein alter Kräuterheilkundiger, den sie auf dem abgelegensten Gipfel der Wrothgarian-Berge fanden. „Die Magiergilde in Olenveld.“
„Aber wir waren doch schon bei der Magiergilde“, protestierte Munthen. „Da konnte uns niemand helfen.“
„Geht nach Olenveld“, beharrte der Kräuterheilkundige. „Und erzählt niemandem, dass Ihr dorthin geht.“
Olenveld war nicht einfach zu finden, da es auf keiner modernen Karte verzeichnet war. Doch in einem Buchladen in Skyrim fanden sie es in einem historischen Buch der Kartographie aus der 2. Ära. Dort auf den vergilbten Seiten war Olenveld eingezeichnet, eine Stadt auf einer Insel an der Nordküste, im Sommer eine eintägige Segelfahrt von Winterfeste entfernt.
Das Paar vermummte seine bleiche Tochter gegen die Kälte des Seewinds und setzte Segel mit der alten Karte als einzigem Führer. Beinahe zwei Tage lang waren sie auf See, umkreisten dieselbe Position und fragten sich, ob sie einem grausamen Trick zum Opfer gefallen waren. Und dann sahen sie es.
Im Dunst der Brecher rahmten zwei zerbröckelnde Statuen lang vergessener Götter oder Helden den Hafen. Die Schiffe im Hafen waren halb versunkene, vermoderte Rümpfe entlang der Docks. Munthen landete sein Boot, und die drei betraten die verlassene Inselstadt.
Tavernen mit zerbrochenen Fenstern, ein Platz mit einem ausgetrockneten Brunnen, Paläste in Trümmern und vom Feuer geschwärzte Wohnhäuser, öde Läden und verlassene Ställe, alles vereinsamt, alles still, bis auf den starken schneidenden Seewind, der durch den leeren Ort pfiff. Und Grabsteine. Alle Straßen und Gassen waren gesäumt und gekreuzt und erneut gekreuzt von Denkmälern an die Toten.
Munthen und Cinneta schauten einander an. Die Kälte, die sie spürten, hatte nur wenig mit dem Wind zu tun. Dann blickten sie auf Vralla und gingen weiter auf ihr Ziel zu - die Magiergilde von Olenveld.
Kerzenlicht schimmerte durch die Fenster des großen, dunklen Gebäudes, doch es brachte ihnen nur geringe Erleichterung zu wissen, dass auf dieser Insel des Todes jemand am Leben war. Sie klopften an die Tür und stählten sich gegen alle möglichen Schrecken, denen sie innen begegnen mochten.
Die Tür wurde von einer ziemlich rundlichen Nordfrau mittleren Alters mit krausem blondem Haar geöffnet. Hinter ihr standen ein sanftmütig aussehender, kahler Nord im etwa gleichen Alter, ein schüchternes bretonisches Teenagerpärchen, noch sehr pickelig und linkisch, und ein sehr alter bretonischer Mann mit Apfelbäckchen, der die Besucher erfreut angrinste.
„Ach du meine Güte“, sagte die Nordfrau ganz aufgeregt. „Ich dachte, meine Ohren müssten mich täuschen, als ich das Klopfen an der Tür hörte. Kommt herein, immer herein, es ist ja so kalt!“
Die drei wurden hereingebracht und waren erleichtert, dass die Gilde nicht im mindesten verlassen aussah. Sie war sauber gefegt, gut beleuchtet und freundlich eingerichtet. Die beiden Gruppen stellten sich gegenseitig vor. Die Bewohner des Gildenhauses waren zwei Familien, die Nords Jalmar und Nette und die Bretonen Lywel, Rosalyn sowie der alte Wynster. Sie waren freundlich und zuvorkommend und brachten sofort Glühwein und Brot, während Munthen und Cinneta ihnen erklärten, was sie hier wollten und was die Heiler und Kräuterheilkundigen über Vralla gesagt hatten.
„Ihr seht also“, sagte Cinneta unter Tränen, „wir dachten nicht, dass wir die Magiergilde in Olenveld finden würden. Doch nun, da wir hier sind, bitte, Ihr seid unsere letzte Hoffnung.“
Auch die fünf Fremden hatten Tränen in den Augen. Nette weinte besonders laut.
„Oh, Ihr habt zuviel durchgemacht, viel zuviel“, heulte die Nordfrau. „Natürlich werden wir helfen. Euer kleines Mädchen kommt völlig in Ordnung.“
„Nur eines sollten wir Euch nicht verschweigen“, sagte Jalmar ruhiger, obwohl er offensichtlich ebenso berührt von der Geschichte war, „dies ist zwar ein Gildenhaus, aber wir sind keine Magiern. Wir haben dieses Gebäude übernommen, weil es verlassen war, und es dient unseren Zwecken seit dem Exodus. Wir sind Totenbeschwörer.“
„Totenbeschwörer?“ Cinneta erschauerte. Wie konnten diese netten Leute nur so etwas Schreckliches sein?
„Ja, meine Liebe“, lächelte Nette und tätschelte ihre Hand. „Ich weiß. Wir haben leider einen schlechten Ruf. Er war nie besonders gut, und nun, da der wohlmeinende, aber törichte Erzmagister Hannibal Traven -“
„Möge der Wurmkönig seine Seele fresse!“ schrie der alte Mann ganz plötzlich und sehr boshaft.
„Also wirklich, Wynster“, sagte das junge Mädchen Rosalyn, das errötete und Cinneta entschuldigend anlächelte. „Ihr müsst schon verzeihen. Er ist sonst sehr liebenswürdig.“
„Nun, er hat natürlich Recht, Mannimarco wird in dieser Angelegenheit das letzte Wort haben“, sagte Jalmar. „Doch im Augenblick ist alles äußerst, nun, heikel. Als Traven die Kunst offiziell verbannte, mussten wir uns verstecken. Die einzige Alternative wäre es gewesen, sie völlig aufzugeben, und das wäre einfach dumm, auch wenn es viele gibt, die es getan haben.“
„Nicht viele wissen mehr von Olenveld, seit Tiber Septim es als seinen persönlichen Friedhof benutzte“, sagte Lywel. „Wir brauchten eine Woche, um es wieder zu finden. Doch für uns ist es ideal. Viele Leichen, müsst Ihr wissen!“
„Lywel!“ ermahnte ihn Rosalyn. „Du wirst ihnen Angst machen!“
„Tut mir Leid“, grinste Lywel reumütig.
„Mir ist es egal, was Ihr hier macht“, sagte Munthen mit Nachdruck. „Ich will nur wissen, was Ihr für meine Tochter tun könnt.“
„Nun“, sagte Jalmar und zuckte die Achseln, „ich denke, wir könnten es erreichen, dass sie nicht stirbt und niemals mehr krank wird.“
Cinneta keuchte: „Bitte! Wir geben Euch alles, was wir haben!“
„Ach was“, sagte Nette und nahm Vralla auf ihre großen, fleischigen Arme. „Oh, was für ein wunderschönes Mädchen. Möchtest du dich wieder besser fühlen, mein Schätzchen?“
Vralla nickte matt.
„Ihr bleibt hier“, sagte Jalmar. "Rosalyn, wir können diesen netten Leuten doch bestimmt etwas Besseres als Brot anbieten.'
Nette machte Anstalten, Vralla fortzutragen, doch Cinneta lief hinter ihr her. „Wartet, ich komme mit.“
„Oh, ich glaube gern, dass Ihr das möchtet, aber es würde den Zauberspruch ruinieren, meine Liebe“, sagte Nette. „Macht Euch keine Sorgen. Wir haben das schon Dutzende von Malen gemacht.“
Munthen nahm seine Frau in die Arme, und sie gab nach. Rosalyn eilte in die Küche und brachte ihnen Geflügelbraten und noch mehr Glühwein. Sie saßen und aßen schweigend.
Wynster erschauerte plötzlich. „Das kleine Mädchen ist gestorben.“
„Oh!“ keuchte Cinneta.
„Was in Oblivion soll das heißen?!“ schrie Munthen.
„Wynster, war das wirklich nötig?“ Lywel warf dem alten Mann einen finsteren Blick zu, bevor er sich Munthen und Cinneta zuwendete. „Sie musste sterben. Bei der Totenbeschwörung geht es nicht darum, eine Krankheit zu heilen, es geht um Auferstehung, totale Regenerierung, Verwandlung des ganzen Körpers, nicht nur der Teile, die augenblicklich nicht funktionieren.“
Munthen stand wütend auf. „Wenn diese Irren sie umgebracht haben -“
„Das haben sie nicht“, fuhr Rosalyn ihn an, und in ihren Augen stand jetzt ein Feuer. „Eure Tochter lag praktisch in den letzten Zügen, als sie hier eintraf, das konnte jeder sehen. Ich weiß, es ist hart, sogar schrecklich, doch ich werde nicht zulassen, dass Ihr dieses reizende Paar, das nur versucht, Euch zu helfen, 'Irre' nennt.“
Cinneta brach in Tränen aus: „Aber sie wird jetzt leben? Das wird sie doch?“
„Oh ja“, sagte Lywel mit einem breiten Lächeln.
„Oh, danke, danke!“ Cinneta brach erneut in Tränen aus. „Ich weiß nicht, was wir getan hätten -“
„Ich weiß, was Ihr fühlt“, sagte Rosalyn und tätschelte liebevoll Wynsters Hand. „Als ich dachte, wir würden ihn verlieren, war ich gewillt, alles zu tun, genau wie Ihr.“
Cinneta lächelte. „Wie alt ist Euer Vater?“
„Mein Sohn“, berichtigte Rosalyn. „Er ist sechs.“
Aus dem Nebenraum kam das Geräusch kleiner Schritte.
„Vralla, geh und umarme deine Eltern“, sagte Jalmar.
Munthen und Cinneta drehten sich um und fingen an zu schreien.