Oblivion:De Rerum Dirennis

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Diese Seite enthält den Text von De Rerum Dirennis aus The Elder Scrolls IV: Oblivion.

Inhalt

De Rerum Dirennis

De Rerum Dirennis Von Vorian Direnni

Ich bin sechshundertelf Jahre alt. Ich hatte nie eigene Kinder, aber dafür viele Nichten und Neffen, Vettern und Basen, die mit den Geschichten und Traditionen unseres alten, berühmten und gelegentlich berüchtigten Clans, der Direnni, aufgewachsen sind. Wenige Familien in Tamriel können sich so vieler berühmter Persönlichkeiten rühmen, die so viel Macht über das Schicksal so vieler Leute ausgeübt haben. Unsere Krieger und Könige lieferten Stoff für manche Legende, und es schmälert nicht ihr Andenken und ihre Leistungen, wenn man sagt, dass man allmählich genug von ihnen gehört hat.

Ich selbst habe nie zum Schwert gegriffen oder ein wichtiges Gesetz verfasst, aber ich bin Teil einer weniger bekannten, aber dennoch wichtigen Tradition der Direnni: des Wegs des Magiers. Meine Autobiographie würde die Nachwelt wenig interessieren - obwohl meine jüngeren Verwandten mich oft drängen, wilde Geschichten über das Leben in der chaotischen Zweiten Ära von Tamriel zu erzählen - aber ich habe einige Vorfahren, deren Geschichten weitergegeben werden sollten. Möglichweise haben sie den Verlauf der Geschichte auf ebenso dramatische Weise beeinflusst wie meine bekannteren Verwandten, aber es besteht die Gefahr, dass ihre Namen in Vergessenheit geraten.

Vor kurzem gelang es Lysandus, König von Daggerfall, seine alten Feinde aus Sentinel mit Hilfe der Hofmagierin Medora Direnni zu besiegen. Ihr Großvater, Jovron Direnni, war Kaiserlicher Kampfmagier am Hof der Dunmer-Kaiserin Katariah von Tamriel, und hat ihr in einer Zeit des Aufruhrs geholfen, Frieden zu schaffen. Sein Ururgroßvater Pelladil Direnni spielte eine ähnliche Rolle unter dem ersten Potentaten und trieb das Gildengesetz voran, ohne das wir alle Berufsorganisationen nicht hätten, die es heute gibt. Einer seiner Urahnen war die Hexe Raven Direnni, die mit ihren bekannteren Vettern Aiden und Ryain der Tyrannei des letzten Alessier-Reiches ein Ende setzte. Noch vor den Psijics von Artaeum, so wird erzählt, erfand sie die Kunst des Verzauberns und lernte, wie man eine Seele in einem Edelstein einfängt und diesen gebraucht, um Waffen aller Art zu verzaubern.

Aber es ist die Geschichte eines noch #lteren und weiter entfernten Vorfahren als Raven, die ich erzählen möchte.

Asliel Direnni lebte in der Zeit der bescheidenen Anfänge unseres Clans in einem winzigen Bauerndorf namens Tyrigel, am Ufer des Fluss Caomus, der damals noch Diren hieß. Daher übrigens unsere Familienname. Wie alle anderen auf der Insel Summerset damals war er ein einfacher Ackerbauer. Aber während andere nur so viel anpflanzten, um ihre nächste Verwandtschaft zu versorgen, arbeiteten selbst entfernte Verwandte der Dirennis zusammen. Sie entschieden gemeinsam, welche Felder für Weizen, Obst, Weinreben, Vieh oder Bienenstöcke am besten geeignet waren, und dadurch hatten sie immer reichlichere Ernten als alle anderen Bauernhöfe, die für sich allein arbeiteten und das Beste aus dem machten, was sie hatten.

Der kahle Boden von Asliels Bauernhof war für die meisten Feldfrüchte schlecht geeignet, aber in dem steinigen, lehmarmen, sauren Boden gediehen kleine Kräuter ausgezeichnet. Eher aus der Notwendigkeit heraus wurde Asliel ein Experte der Kräuterkunde. In der Hauptsache wurden Kräuter natürlich beim Kochen als Würze verwendet, aber wie jeder weiß, besitzen fast alle Pflanzen, die in unserer Welt wachsen, verborgene magische Eigenschaften.

Selbst damals gab es schon Hexen. Es wäre absurd, wenn ich behaupten würde, dass Asliel Direnni die Alchemie erfunden hat. Aber er tat etwas, wofür wir alle dankbar sein können: er entwickelte sie zu einer Kunst und einer Wissenschaft.

In Tyrigel gab es keine Hexenzirkel, und die Magiergilden sollte es erst einige Tausend Jahre später geben, also kamen die Leute zu ihm, wenn sie Heilmittel brauchten. Er lernte, die genaue Rezeptur von Schwarzer Flechte und Roobusch zu mischen, die ein Mittel gegen alle Arten von Gift ergab, und wie viele Staubgefäße der Weide man mit Hustengras vermengen muss, um Krankheiten zu heilen.

Zu jener friedlichen Zeit gab es in Tyrigel kaum größere Gefahren als Krankheiten oder versehentliche Vergiftungen. Es herrschten zwar einige dunkle Kräfte in der Wildnis - Trolle, Chimären, gelegentlich boshafte Feen oder Irrlichter - aber selbst der jüngste, dümmste Altmer wusste, wie man diesen aus dem Weg ging. Es gab jedoch einige ungewöhnliche Gefahren, bei deren Beseitigung Asliel die Hand im Spiel hatte.

Eine Geschichte über ihn, die ich für wahr halte, handelt von einer jungen Nichte, die an einer unbekannten Krankheit litt und deshalb zu ihm gebracht wurde. Trotz seiner Fürsorge wurde sie Tag für Tag schwächer. Schließlich gab er ihr einen bitter schmeckenden Trank, und am nächsten Morgen war Asche rund um ihr Bett verstreut. Ein Vampir hatte sich von dem armen Mädchen ernährt, der Heiltrank von Asliel hatte jedoch ihr Blut in Gift verwandelt, ohne ihr selbst im Geringsten zu schaden.

Wäre diese Formel nur nicht im Nebel der Vergangenheit verloren gegangen!

Dies hätte an sich genügt, um ihm einen kleinen, aber bedeutenden Eintrag in den Annalen des frühen Summerset zu sichern, aber just zu dieser Zeit fand ein Barbarenstamm, die Locvar, seinen Weg über den Fluss Diren und entdeckte Tyrigel als ein lohnendes Ziel für Überfälle. Die Direnni, die noch keine Krieger, sondern einfache Bauern waren, waren hilflos und konnten nur fliehen und zusehen, wie die Locvar ihnen immer und immer wieder die besten Ernten stahlen.

Asliel hatte jedoch mit dem Vampirstaub experimentiert und rief seine Vettern zu sich mit einem Plan. Als die Locvar das nächste Mal am Fluss Diren gesichtet wurden, ging eine Nachricht herum, und die Kräftigsten fanden sich allesamt in Asliels Laboratorium ein. Als die Barbaren in Tyrigel eintrafen, fanden sie die Bauernhöfe verlassen vor und nahmen an, dass wie gewöhnlich alle geflohen waren. Aber als sie sich an die Beute machten, wurden sie plötzlich von unsichtbaren Kräften angegriffen. Im Glauben, auf den Bauernhöfen der Direnni würden Geister umgehen, liefen sie sehr schnell davon.

Sie versuchten zwar noch einige Überfälle, denn ihre Habgier verdrängte immer wieder ihre Angst, aber jedes Mal fielen Angreifer über sie her, die sie nicht sehen konnten. So barbarisch sie auch waren, dumm waren sie nicht, und so überlegten sie den Grund für ihren Misserfolg. Es konnte nicht sein, dass auf den Bauernhöfen nur Geister waren, denn die Felder wurden immer noch bestellt und abgeerntet, und die Tiere schienen keine Angst zu zeigen. Die Locvar beschlossen, einen Kundschafter zum Bauernhof zu schicken, der das Geheimnis lüften sollte.

Der Kundschafter berichtete den Locvar, dass die Bauernhöfe der Direnni von normal sichtbaren Altmer aus Fleisch und Blut bewohnt wurden. Während seine barbarischen Stammesbrüder sich stromabwärts bewegten, setzte er seine Beobachtungen fort und sah, wie die Alten und Kinder in die Hügel flohen, während die kräftigen Bauern und ihre Frauen sich in Asliels Laboratorium begaben. Er sah sie hineingehen; er sah aber keinen wieder herauskommen.

Wie gewöhnlich wurden die Locvar von unsichtbaren Kräften zurückgeschlagen, aber ihr Kundschafter erzählte ihnen bald, was er im Laboratorium gesehen hatte.

In der nächsten Nacht schlichen sich zwei Locvar zu Asliels Hof und entführten ihn, ohne dass die restlichen Direnni etwas bemerkten. Wissend, dass die Bauern nicht mehr auf den Alchemisten zählen konnten, der sie unsichtbar machte, erwog der Häuptling der Locvar einen sofortigen Angriff auf die Bauernhöfe. Aber er war von rachsüchtiger Natur, und es wurmte ihn, dass diese einfachen Bauern ihn gedemütigt hatten. Auf einmal kam ihm eine List in den Sinn. Was, wenn die Direnni, die seine Krieger diesmal nicht wie sonst kommen sahen? Er stellte sich das Gemetzel vor, wenn keiner von ihnen rechtzeitig fliehen konnte.

Der Kundschafter hatte dem Häuptling berichtet, dass Asliel den Staub eines Vampirs verwendet hatte, um die Bauern unsichtbar zu machen, aber er war sich nicht sicher, was die andere Zutat gewesen war. Er beschrieb ein leuchtendes Pulver, das Asliel in den Staub gemischt hatte. Asliel weigerte sich natürlich, den Locvar zu helfen, aber sie waren im Foltern ebenso erfahren wie im Plündern, und er wusste, dass er entweder reden oder sterben musste.

Schließlich erklärte er sich nach stundenlangen Qualen bereit, ihnen zu sagen, was das leuchtende Pulver war. Er kenne seinen richtigen Namen nicht, meinte er, aber er nenne es „Glühstaub“. Es sei das, was von einem toten Irrlicht zurückbleibe. Er sagte ihnen, dass sie viel davon brauchen würden, wenn sie den ganzen Stamm für den Überfall unsichtbar machen wollten.

Die Locvar schimpften darüber, dass sie nun nicht nur einen Vampir, sondern auch noch mehrere Irrlichter finden und töten mussten, um den Staub zu bekommen, aber einige Tage später kehrten sie mit den Zutaten zurück, die der Alchemist verlangt hatte. Der Häuptling, der kein Vollidiot war, ließ Asliel zuerst von dem Trank kosten. Dieser tat, wie ihm befohlen und wurde unsichtbar, was bewies, dass es tatsächlich funktionierte. Der Häuptling setzte ihn sofort an die Arbeit, größere Mengen davon herzustellen. Dabei fiel niemandem auf, dass Asliel inzwischen an Schwarzer Flechte und Roobusch knabberte.

Als er den Trank schließlich fertig hatte, tranken alle Locvar davon. Kurz darauf, aber nicht so kurz, dass sie keine Schmerzen litten, waren alle tot.

Als der Kundschafter Asliel beim Mischen des Unsichtbarkeitstranks beobachtete, hatte er offenbar das Leuchten des Kerzenlichts im Laboratorium irrtümlicherweise für ein Glühen gehalten, das die zweite Zutat des Unsichtbarkeitstranks in Wirklichkeit nicht besaß. Die zweite Zutat war vielmehr ganz gewöhnliche Rotwurz, eines der in Tamriel am häufigsten vorkommenden Kräuter. Als man während der Folter versucht hatte, Asliel den Namen des Glühpulvers zu entlocken, war ihm eingefallen, dass er einmal bei einem Experiment Glühstaub und Vampirstaub vermischt und dadurch ein starkes Gift erhalten hatte. Es war einfach genug gewesen, im Lager der Barbaren ein wenig Rotwurz zu besorgen, diese mit dem Vampir- und Glühstab zu vermischen, und damit einen Trank zu brauen, der tatsächlich ein Unsichtbarkeitsgift war. Nachdem er sich selbst geheilt hatte, gab er den Barbaren das Gift.

Da nun alle Locvar tot waren, überfielen sie nie wieder die Höfe der Direnni, und da diese wiederum keine weiteren Feinde hatten, wurden sie immer wohlhabender und mächtiger. Generationen später verließen sie Summerset und begannen ihre historischen Abenteuer auf dem Festland von Tamriel. Auf Grund seiner hervorragenden Kenntnisse der Alchemie wurde Asliel Direnni nach Artaeum eingeladen, wo er Psijic wurde. Es ist nicht bekannt, wie viele der alltäglichen Formeln, die wir heute besitzen, dort von ihm erfunden wurden, aber zweifellos würde ohne ihn die Wissenschaft und Kunst der Alchemie, wie wir sie heute kennen, nicht existieren.

Aber das gehört alles längst der Vergangenheit an. Asliels Innovationen, meine eigenen bescheidenen Leistungen, ja die Leistungen der Direnni in der ganzen Geschichte sind nur Meilensteine auf dem Weg zu den Wundern, welche die Zukunft bringen wird. Ich wünschte, ich könnte dabei sein, um sie zu erleben, doch wenn ich nur etwas von der Vergangenheit mit den Kindern der Direnni und den Kindern Tamriels teilen kann, dann habe ich gewiss nicht umsonst gelebt.