Teil Eins, Tiber Septims liebste Gutenachtgeschichte
Dies ist der erste Teil dessen, was angeblich Tiber Septims liebste Gutenachtgeschichte war. Die Faszination des Kaisers für Tiger ist anderswo dokumentiert worden, der Übersetzer ist allerdings überzeugt, dass es Orylons besondere Wesensart war, die dieser Anziehung ihre Farbe gab. Diese Auffassung mag im zweiten Abschnitt der Geschichte deutlicher werden.
Whoa-ho! Hört ihr zu? Seht, wie ich meine Trommel schlage und euch auch keine Lügen erzähle; soll mir doch die harte Frucht von diesem Tibrolbaum auf den Schädel fallen, wenn ich lüge (werd’ ich nicht!) Kommt, setzt euch. Oder tanzt mit euren Hinterteilen, solange ich meine Trommel schlage!
Ich erzähle euch die Geschichte von Perrif, der kleinen Wasserträgerin (nein, nicht die Perrif, eine andere Perrif - es ist eine alte Geschichte und dieser Tage waren die meisten Mädchen nach der Paravania benannt) und Orlyan, dem Umgekehrten Tiger von Cyrod, schwarz mit orangenen Streifen, der olle Steinige, Fürst der Dunklen Flöhe und Tortentiger, immer am Brüllen!
Vor langer Zeit lag an einem Flussarm des Topal ein Kothridorf ganz traurig da: die Männer waren ins Gefecht gezogen und nur die Frauen, Mädchen und schwachen Alten zurückgeblieben. Sie waren vom Dschungel umgeben, einem großen Stück Dschungel zwischen ihren Hütten und ihrem Teil des Flusses, und überall verbargen sich dieser Tage Tiger und fauchten zwischen den Bäumen. Ein Dreifachschlag für Tiger! Kloh! Kloh! Kloh! Was bin ich froh, dass ihr verschwunden seid! Ihr habt uns aufgefressen! Uns reichen schon Pigmentzeichnungen! Ein Vierfachschlag auf ihr Ende! Kloh! Kloh! Kloppa!
Eines Morgens war es an Perrif, Wasser holen zu gehen (sie war acht, neun oder zehn, hab’s vergessen! Vergessen geht in Ordnung, so wird nichts auf mich runterfallen! Ha!) Jeder warnte sie, nur nicht zu lange zu brauchen! „Die Streifenkatzen sind los! Letzte Nacht haben sie nicht geschlafen, weil sie besser hören können als wir und sie das Gefecht, in dem unsere Männer stecken (für uns ist das fern, aber für sie katzensinnenah!), wach und hungrig gehalten hat!“
Die kleine Perrif aber war sehr tapfer, setzte sich die Krüge der Reihe nach auf den Kopf und betrat die Dschungelpfade. Sie war auch nicht dumm, also sang sie ein Lied an Dibe-Mara-Kin, unsere Mütter im Um-uns-herum, und fühlte sich mit diesem kleinen Segen sehr, sehr sicher. Und sie war schon fast am Wasser, bevor auch nur ein Tiger sie gefunden hatte, aber das taten sie dann doch! „Lauf nicht weg, kleine Wasserträgerin!“, sagten sie (da waren vielleicht drei oder vier, hab’s vergessen!). „Wir werden dich schnell töten, versprochen, aber nur, wenn du uns nicht laufen lässt!“ Perrif lief so schnell, dass selbst die Tiger sagten: „Woah, das ist schon ein beeindruckendes Schrittmaß, so um die vierzig Schritte in zwei Trommelschlägen mit fünf Krügen auf dem Kopf!“, und so sind wir dazu gekommen, dieses Maß jetzt bei unseren „Mein Stamm ist besser als deiner“-Spielen zu nehmen! Ungelogen! Kloh! Hudda!! Kloppa!
Sie lief so schnell, dass es ihr gelang einen riesigen Fels zu finden, um sich dahinter zu verstecken, denn sie hoffte, dass die Tiger geradewegs an ihr vorbeilaufen würden. Und das taten sie auch! „Danke, drei Mütter“, flüsterte sie, als sie sich hinkniete, die Krüge mit den Händen im Gleichgewicht hielt und nur für den Fall noch etwas mehr zu DMK betete. Nach einer Weile schien alles sicher, und da geschah es, dass der riesige Fels plötzlich den Mund aufmachte! (Ihr habt mich gehört!)
„Beten ist ja schön und gut“, sagte der Fels dröhnend, "aber ich bin derjenige, der dich vor den Tigern versteckt hat! Mein Moosschatten! Meine Steingröße! Und jetzt schuldest du mir einen Gefallen!“ Und so war es, das tat die kleine Perrif, denn in jenen Tagen mussten die Fantasiegeschichtengesetze ebenso wie heute eingehalten werden, und in diesem Fall war es die Gefälligkeitspflicht, Gefallen gegen Gefallen. Ein Dreifachschlag für Gefallen! Kloh! Kloh! Kloh! (zahlt eure immer ZURÜCK!)
Der Fels sagte: „Nun aber! Roll mich zum Fluss und wasch mich ab! Ich trage den Schmutz von Zeitaltern!“ Und jetzt konnte Perrif im Fels ein Gesicht erkennen, aber es war mit so vielen Maden und Flechten überzogen, dass sich noch gar nicht viel sagen ließ. Also sagte sie sich selbst, dass sie Nonsens dachte. Und wie sie so hinsah, machte der Stein nochmal den Mund auf und sagte: „Roll mich, Mädchen! Jetzt ist für mich Flusszeit! Ich bin so schmutzig, dass ich mich selbst nicht ausstehen kann!“
So begann Perrif zu schieben und hob den Fels vom Gewirr des Dschungelbodens. Trotz seiner Größe schien er ihr sehr leicht zu sein, aber sie wusste sich die Mühelosigkeit ihres Unterfangens mit Tigerfurcht (die sie noch immer in den Fängen hielt!) zu erklären, und so begann der Stein zu singen:
- Roll mich runter runter runter zu dem Fluss, der mich begrüßt
- Ge-rulla seb-seb-seb ytri topali ke wel’kyn-ge
- Ich bin ein Willkommensstein
- Ge una Wel’kyn Bal
- Fragt nur jeden älteren, kleines Mädchen, denn sie erinnern sich an mich
- Yn set ghyn aka, ky’naless, synd laru’me ge
- Ich bin ein Willkommensstein
- Ge yni Wel’kyn Bal
- Wascht mich ab ab ab und seht! Vertrautes Gesicht! Zu lange verschwunden!
- K’yness-ge bes bes bes ad’soon! Ha’phyn fex! Ald’ald-het!
- Ich bin Orlyan, der Langverschwundene Stein
- Ge yni Orlyan, the Ald-Het Bal
- Das Um-uns-herum wird sich freuen, mich wiederzusehen!
- Aurbex lemha je-je ad’soon al-ge!
- Aber es könnt’ heißen: „Moment, du sahst vorher anders aus!“
- Hyn detta set, „Ka, g’e lr’khn nymbo!“
- Ich bin ein Wahrlichstein!
- Ge yni V’arla Bal!
- Aber es könnt’ heißen: „Moment, du sahst vorher anders aus!“
- Hyn detta set, „Ka, g’e lr’khn nymbo!“
- Ich bin ein Wahrlichstein!
- Ge yni V’arla Bal!
(An dieser Stelle der Geschichte legen wir dann traditionell so richtig los! Hier kommt die Trommel! Kloh! Hudda!! Alle legen los! Kloh! Hudda!! Tanzt mit euren Hälsen und fetten Hintern!)
Nach langem Schieben hatte Perrif den großen Fels endlich am Flussufer. Sie fiel auf ihr Sitzfleisch, wischte sich den Schweiß ab und sagte: „Einen Moment bitte, Herr großer Fels, wir sind jetzt fast da. Ich bin nur echt müde und wir haben irgendwo auf dem Weg die Krüge verloren, und das wird mir echt Ärger machen, der sogar noch größer wird, wenn ich zu lange wegbleibe. Was vermutlich passieren wird, weil ich dich noch waschen muss.“
(So war es; die anderen Dorfbewohner fingen schon an, sich Sorgen zu machen!)
Und da machte der Fels ein wehmütiges-doch-knirschendes Geräusch, wie er so nahe am Wasser war. Er sagte: „Alles klar, kleine Wasserträgerin, ruh dich etwas aus. Ich bin für den Moment zufrieden, nur wieder das Wasser sehen zu können. Sieh nur wie dumm es ist! Wasser ist die allerdümmste Sache!“ Und darauf begann der Fels zu lachen, O HO! HO HO!, wobei Staub und kleine Blätter abfielen und ein Gesicht offenbarten!
Perrif schnappte nach Luft! Das Gesicht des Felsen hatte eine breite Nase, Augen mit schweren Lidern und ein Maul voll steinharter Zähne, denn die ganze Welt sah für sie wie ein riesiger Tigerkopf aus! Sie schrie: „Moment, du sahst vorher anders aus!“
Stein: „Kein Witz?“
Perrif: „Kein Witz. Was ist passiert? Du warst einfach ein normaler Versteckstein und jetzt siehst du wie eine Streifenkatze aus!“
Stein: „Ah, nun, dass muss daran liegen, dass Willkommenssteine wie ich einige Gedanken derer absorbieren, die uns berühren. Und du kannst gar nicht anders als dir einen Tiger vorzustellen!“
Nun war die kleine Perrif an dieser Stelle so von Tigerfurcht überwältigt, dass sie ohne es zu wollen laut aufschrie und den großen Felsen trat! Und dann schrie sie nochmal, weil sie sich den Fuß wehgetan hatte und fiel hin und tat sich noch mehr weh, und der Willkommensstein musste einfach nur lachen, weil sie so dumm aussah. Aber Perrif sah an diesem Lachen nur die Tigerzähne, die hoch und runter malmten KNIRSCH KNIRSCH KNIRSCH und in ihrer Panik trat sie den Stein noch einmal, dieses Mal mit beiden Füßen. Und WHOA begann der Stein den Hang hinabzurollen WHOA-HO UND JETZT zum Fluss, aber die kleine Perrif bemerkte es nicht mehr, denn die Tigerfurcht ließ sie laufen, laufen, laufen!
Stein: „Hey, jetzt warte mal! Du kommst wieder zurück und wäscht --“
KER-PLATSCH! Der Fels sank wie ein Stein.
Ende von Teil Eins.