Oblivion:Unsterbliches Blut

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Diese Seite enthält den Text des Buches Unsterbliches Blut aus The Elder Scrolls III: Morrowind und The Elder Scrolls IV: Oblivion.

Inhalt

Unsterbliches Blut
von
einem unbekannten Verfasser


Die Monde und Sterne waren vor den Blicken verborgen, was diese bestimmte Nacht besonders dunkel machte. Die Stadtwache musste Fackeln tragen, um ihre Runden zu machen, doch der Mann, der meine Kapelle besuchte, trug kein Licht bei sich. Ich sollte lernen, dass Movarth Piquine im Dunkeln fast ebenso gut wie bei Licht sehen konnte - eine hervorragende Gabe, wenn man bedenkt, dass seine Interessen beinahe ausschließlich nächtlich waren.


Einer meiner Schüler brachte ihn zu mir, und bei seinem Anblick dachte ich zunächst, er bedürfe der Heilung. Er war so blass, dass er beinahe schimmerte, und sein Gesicht sah aus, als sei es sehr schön gewesen, bevor ihn unaussprechliches Leid befiel. Die dunklen Ringe unter seinen Augen zeugten von Erschöpfung, doch die Augen selbst waren wachsam, eindringlich, fast wahnsinnig.


Rasch wischte er meine Vermutung, er sei krank, beiseite, doch er wollte eine bestimmte Krankheit diskutieren.


„Vampirismus”, sagte er und hielt dann bei meinem fragenden Blick inne. „Mir wurde gesagt, dass Ihr mir helfen könntet, ihn zu verstehen.”


„Wer hat Euch das gesagt?” fragte ich mit einem Lächeln.


„Tissina Gray.”


Ich erinnerte mich sofort an sie. Eine tapfere, schöne Ritterin, die meine Hilfe brauchte, um beim Thema Vampir Tatsachen von Legenden zu trennen. Das war vor zwei Jahren gewesen, und ich hatte nie erfahren, ob mein Rat sich als wirksam erwies.


„Ihr habt mit ihr gesprochen? Wie geht es der Lady?” fragte ich.


„Sie ist tot”, antwortete Movarth kühl und setzte hinzu, vielleicht als Trost, als er meinen Schock sah: „Sie sagte, Euer Rat wäre unschätzbar gewesen, wenigstens für den einen Vampir. Als ich das letzte Mal mit ihr sprach, war sie einem anderen auf der Spur. Der brachte sie um.”


„Dann war der Rat, den ich ihr gab, unzureichend”, seufzte ich. „Warum glaubt Ihr, dass er für Euch genügt?”


„Ich war einst selbst ein Lehrer, vor Jahren”, sagte er. „Nicht an einer Universität. Ich war Trainer in der Kämpfergilde. Doch ich weiß, dass, wenn ein Schüler nicht die richtigen Fragen stellt, der Lehrer nicht für sein Versagen verantwortlich sein kann. Ich beabsichtige, Euch die richtigen Fragen zu stellen.”


Und das tat er. Stundenlang stellte er Fragen, und ich beantwortete sie, so gut ich konnte, doch er gab freiwillig nichts über sich preis. Er lächelte niemals. Er studierte mich nur mit seinen eindringlichen Augen und merkte sich jedes meiner Worte.


Schließlich drehte ich den Spieß um. „Ihr sagtet, Ihr wart Trainer in der Kämpfergilde. Seid Ihr in deren Auftrag unterwegs?”


„Nein”, sagte er kurz angebunden, und endlich konnte ich eine gewisse Müdigkeit in seinen so fiebrigen Augen entdecken. „Ich würde dies gern morgen Abend fortsetzen, wenn es Euch recht ist. Ich muss schlafen und alles verarbeiten.”


„Ihr schlaft am Tag”, lächelte ich.


Zu meiner Überraschung erwiderte er das Lächeln, obwohl es eher eine Grimasse war. „Bei der Verfolgung seiner Beute nimmt man ihre Gewohnheiten an.”


Am nächsten Tag kehrte er mit weiteren Fragen zurück, und diese waren höchst spezifisch. Er wollte alles über die Vampire von Ost-Skyrim wissen. Ich erzählte ihm vom mächtigsten Stamm, den Volkihar, paranoid und grausam, deren bloßer Atem ihren Opfern das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Ich erklärte ihm, dass sie unter dem Eis abgelegener und verfluchter Seen lebten und sich niemals in die Welt der Menschen hinauswagten, außer um sich zu nähren.


Movarth Piquine lauschte aufmerksam und stellte weitere Fragen bis weit in die Nacht hinein, bis er endlich bereit war zu gehen.


„Ich werde Euch ein paar Tage lang nicht besuchen”, sagte er. „Doch ich werde zurückkehren und Euch erzählen, wie nützlich Euer Rat war.”


Getreu seinen Worten kehrte der Mann vier Tage später kurz nach Mitternacht in meine Kapelle zurück. Er hatte eine frische Narbe auf der Wange, aber er lächelte sein grimmiges, doch zufriedenes Lächeln.


„Euer Rat hat mir sehr geholfen”, sagte er. „Doch Ihr müsst wissen, dass die Volkihar eine zusätzliche Fähigkeit besitzen, die Ihr nicht erwähnt habt. Sie können durch das Eis ihrer Seen hindurchgreifen, ohne es zu brechen. Das war eine recht böse Überraschung, so ohne Warnung von unten gepackt zu werden.”


„Wie bemerkenswert”, sagte ich mit einem Lachen. „Und wie schrecklich. Ihr habt Glück gehabt, dass Ihr überlebtet.”


„Ich glaube nicht an Glück. Ich glaube an Wissen und Training. Eure Informationen halfen mir, und mein Geschick im Nahkampf besiegelte das Schicksal des Blutsaugers. Ich habe noch nie an Waffen irgendeiner Art geglaubt. Zu viele unbekannte Faktoren. Selbst der beste Schwertschmied hat schon einmal eine fehlerhafte Klinge erschaffen, doch man weiß immer, was der eigene Körper leisten kann. Ich weiß, dass ich tausend Hiebe austeilen kann, ohne das Gleichgewicht zu verlieren, vorausgesetzt ich kann als Erster zuschlagen.”


„Als Erster?” murmelte ich. „Das heißt, dass Ihr Euch niemals überraschen lassen dürft.”


„Aus diesem Grund kam ich zu Euch”, sagte Movarth. „Ihr wisst mehr als jede andere lebende Person über diese Ungeheuer in all ihren verwünschten Abarten im ganzen Land. Und nun müsst Ihr mir von den Vampiren von Nord-Valenwald erzählen.”


Ich tat, um was er mich gebeten hatte, und erneut stellten seine Fragen mein Wissen auf die Probe. Es gab viele Stämme, die behandelt werden mussten. Die Bonsamu, die man nicht von den Bosmer unterscheiden konnte, außer man sah sie bei Kerzenlicht. Die Keerilth, die sich in Nebel auflösen konnten. Die Yekef, die Menschen in einem Stück verschlangen. Die fürchterlichen Telboth, die Kindern nachstellten, schließlich deren Platz in der Familie einnahmen und jahrelang geduldig warteten, bis sie in ihrem unnatürlichen Hunger alle töteten.


Erneut verabschiedete er sich von mir und versprach, in einigen Wochen zurückzukehren, und wieder kam er zurück, wie er es gesagt hatte, kurz nach Mitternacht. Diesmal hatte Movarth keine neuen Narben, doch wiederum hatte er neue Informationen.


„Es stimmt gar nicht, dass die Keerilth sich nicht in Dampf auflösen können, wenn man sie unter Wasser drückt”, sagte er und klopfte mir liebevoll auf die Schulter. „Zum Glück können sie in ihrer Nebelform nicht weit kommen, und ich war in der Lage, ihn aufzuspüren.”


„Das muss ihn gewaltig überrascht haben. Eure praktischen Kenntnisse werden immer umfassender”, sagte ich. „Einen Schüler wie Euch hätte ich vor Jahrzehnten haben sollen.”


„Und nun erzählt mir”, sagte er, „von den Vampiren von Cyrodiil.”


Ich erzählte ihm, was ich konnte. Es gab nur einen Stamm in Cyrodiil, einen mächtigen Clan, der alle anderen Konkurrenten vertrieben hatte, ganz so wie die Kaiserlichen selbst es getan hatten. Ihr wahrer Name war unbekannt, verloren in der Geschichte, doch sie waren Meister der Tarnung. Solange sie sich gut ernährten, waren sie von lebenden Personen nicht zu unterscheiden. Sie waren kultiviert, zivilisierter als die Vampire der Provinzen, und zogen es vor, sich von Opfern zu ernähren, die schliefen und es nicht bemerkten.


„Es wird schwierig sein, sie zu überraschen”, sagte Movarth stirnrunzelnd. „Doch ich werde einen aufspüren und Euch mitteilen, was ich lerne. Und danach werdet Ihr mir von den Vampiren von Hochfels und Hammerfell und Elsweyr und Schwarzmarsch und Morrowind und der Insel Summerset erzählen, nicht wahr?”


Ich nickte im Wissen, dass dies ein Mann auf einer ewigen Suche war. Er würde sich nicht mit bloßen Hinweisen zufrieden geben. Er musste alles wissen.


Er kehrte einen Monat lang nicht zurück, und in der Nacht, in der er es tat, konnte ich seine Frustration und Verzweiflung sehen, obwohl in meiner Kapelle kein Licht brannte.


„Ich habe versagt”, sagte er, während ich eine Kerze anzündete. „Ihr hattet Recht. Ich konnten nicht einen einzigen finden.”


Ich ließ das Licht auf mein Gesicht fallen und lächelte. Er war überrascht, ja völlig verblüfft von der Blässe meines Fleischs, dem dunklen Hunger in meinen alterslosen Augen, und den Zähnen. Oh ja, ich glaube, die Zähne haben den Mann, der es sich nicht leisten konnte, überrascht zu werden, ganz bestimmt überrascht.


„Ich habe seit zweiundsiebzig Stunden nicht mehr gegessen”, erklärte ich, als ich mich auf ihn stürzte. Er konnte weder als Erster zuschlagen, noch als Letzter.