Buch I Palla   ►

Diese Seite enthält den Text des zweiten Buches von Palla aus The Elder Scrolls III: Morrowind und The Elder Scrolls IV: Oblivion.

Inhalt

Palla - Buch II
von
Vojne Mierstyyd


Palla. Pal La. Der Name brannte in meinem Herzen. Ich ertappte mich selbst dabei, wie ich ihn während meiner Unterrichtsstunden flüsterte, sogar dann, wenn ich versuchte, mich auf das, was der Magister sagte, zu konzentrieren. Meine Lippen schürzten sich, um das „Pal” auszusprechen, und meine Zunge züngelte sanft das „La”, als ob ich ihren Geist vor mir küsste. Es war Wahnsinn in jeder Hinsicht, außer, dass ich wusste, dass es Wahnsinn war. Ich wusste, dass ich verliebt war. Ich wusste, dass sie eine Adlige der Rothwardonen war, eine wilde Kriegerin, schöner als die Sterne. Ich wusste, dass ihre junge Tochter Betaniq-i das Herrenhaus in der Nähe der Gilde bezogen hatte, und mich mochte, vielleicht sogar ein wenig vernarrt in mich war. Ich wusste, dass Palla eine fürchterliche Bestie bekämpft und getötet hatte. Ich wusste, dass Palla tot war.


Wie ich sagte, wusste ich, dass es Wahnsinn war, und deshalb wusste ich auch, dass ich nicht wahnsinnig sein konnte. Aber ich wusste auch, dass ich zu Betaniq-is Palais zurückkehren musste, um ihre Statue meiner geliebten Palla zu sehen, erstarrt in diesem letzten, schrecklichen, tödlichen Kampf mit dem Monster.


Und ich kehrte tatsächlich zurück - immer und immer wieder. Wäre Betaniq-i eine andere Sorte Adlige gewesen, jene Sorte, die sich unter ihresgleichen wohl fühlt, hätte ich nicht so viele Möglichkeiten gehabt. In ihrer Unschuldigkeit war sie sich meiner kranken Besessenheit nicht bewusst, und begrüßte meine Gesellschaft. Wir redeten stundenlang, lachten, und jedes Mal, wenn wir einen Spaziergang zum reflektierenden Teich unternahmen, stand ich immer wieder atemlos vor der Skulptur ihrer Mutter.


„Ihr habt diese wunderbare Tradition, die Figuren Eurer Ahnen in ihren bewegendsten Momenten zu erhalten”, sagte ich und fühlte ihre neugierigen Augen auf mir. „Und das handwerkliche Können ist unvergleichlich.”


„Ihr würdet es mir nicht glauben”, lachte das Mädchen. „Aber es war ein kleiner Skandal, als mein Urgroßvater mit dieser Sitte begann. Wir Rothwardonen bringen unseren Familien große Verehrung entgegen, aber wir sind Krieger, keine Künstler. Er verpflichtete einen reisenden Künstler, die ersten Statuen zu erschaffen, und jeder bewunderte sie, bis enthüllt wurde, dass der Künstler ein Elf war. Ein Altmer von der Insel Summerset.”


„Skandal!”


„Das war es, absolut”, nickte Betaniq-i ernsthaft. „Die Idee, dass die niederträchtige und üble Hand eines Elfen diese Figuren von edlen Rothwardonenen-Kriegern erschaffen hatte, war unvorstellbar, gottlos, respektlos, alles schlechte, was Ihr Euch vorstellen könnt. Aber das Herz meines Urgroßvater sah die Schönheit, und seine Philosophie, das beste zu nutzen, um das beste zu ehren, hat er an uns weitergegeben. Ich habe nicht einmal in Erwägung gezogen, einen weniger bedeutenden Künstler zu beauftragen, die Statuen meiner Eltern zu fertigen, selbst wenn es meiner Kultur gegenüber loyaler gewesen wäre.”


„Sie alle sind vorzüglich”, sagte ich.


„Aber Ihr mögt die meiner Mutter am liebsten”, lächelte sie. „Ich sehe, dass Ihr sie anschaut, selbst wenn Ihr scheinbar die anderen anschaut. Ich mag sie auch am liebsten.”


„Würdet Ihr mir mehr über sie erzählen?” fragte ich und versuchte, meine Stimme fröhlich und ungezwungen klingen zu lassen.


„Oh, sie hätte gesagt, dass sie nichts außergewöhnliches war. Aber sie war es”, sagte das Mädchen, während sie eine Blume aus dem Garten pflückte. „Mein Vater starb, als ich noch sehr jung war, und sie musste viele Rollen ausfüllen, aber sie schaffte alles mühelos. Wir hatten viele Geschäftsinteressen und es gelang ihr großartig, alle zu betreuen. Sicherlich besser, als ich jetzt. Es brauchte nur ihr Lächeln, und alle waren gehorsam. Und diejenigen, die es nicht waren, haben teuer dafür bezahlt. Sie war geistreich und charmant, aber eine gefährliche Kraft, wenn die Notwendigkeit es verlangte zu kämpfen. Hunderte Schlachten, aber ich kann mich nicht erinnern, mich jemals vernachlässigt oder ungeliebt gefühlt zu haben. Ich habe buchstäblich gedacht, dass sie für den Tod zu stark war. Dumm, ich weiß, aber als sie fortging, diese fürchterliche Kreatur - diese Missgeburt aus dem Laboratorium eines wahnsinnigen Zauberers - zu bekämpfen, dachte ich nicht einmal, dass sie vielleicht nicht zurückkehren könnte. Sie war liebenswürdig zu ihren Freunden und rücksichtslos gegenüber ihren Feinden. Was kann man mehr über eine Frau sagen als das?”


Die Augen der armen Betaniq-i füllten sich bei dem Gedenken mit Tränen. Was für ein Schurke war ich, sie derart anzustacheln, um meine abartigen Gelüste zu befriedigen? Sheogorath hätte keinen anderen sterblichen Mann als mich in derartige Widersprüche verwickeln können. Ich sah mich selbst weinend und vor Verlangen glühend. Palla sah nicht nur wie eine Göttin aus, nach den Geschichten ihrer Tochter war sie auch eine.


In dieser Nacht, als ich mich zum Schlafen auszog, fand ich die Scheibe wieder, die ich vor Wochen aus Magister Tendixus Arbeitszimmer gestohlen hatte. Ich hatte ihre Existenz bereits fast vergessen - dieses mysteriöse Artefakt der Totenbeschwörung, von dem der Magier dachte, dass es einen geliebten Verstorbenen wieder auferstehen lassen kann. Fast instinktiv presste ich die Scheibe an mein Herz und flüsterte „Palla”.


Eine vorübergehende Kälte erfüllte meine Kammer. Mein Atem hing wie Dunst in der Luft, bevor er sich wieder auflöste. Verängstigt ließ ich die Scheibe fallen. Es dauerte einen Moment, bis meine Vernunft zurückkehrte, und mit ihr die unausweichliche Schlussfolgerung: Das Artefakt konnte meinen Wunsch erfüllen.


Bis in die frühen Morgenstunden versuchte ich, meine Herrin aus den Fesseln des Reich des Vergessens zu befreien, aber es hatte keinen Zweck. Ich war kein Totenbeschwörer. Mir kam der Gedanke, einen der Magister um Hilfe zu bitten, aber dann erinnerte ich mich, dass Magister Ilther mich geheißen hatte, das Artefakt zu zerstören. Wenn ich zu einem von ihnen ginge, so würde ich der Gilde verwiesen werden, und sie würden die Scheibe zerstören. Und somit den einzigen Schlüssel zerstören, meine Liebste zu mir zu bringen.


Am nächsten Tag war ich während des Unterrichts in meiner üblichen halbträgen Verfassung. Magister Ilther selbst hielt eine Vorlesung über sein Spezialgebiet, die Schule der Verzauberung. Er war ein langweiliger Redner mit eintöniger Stimme. Aber plötzlich war mir, als ob jeder Schatten den Raum verlassen hätte und ich in einem Palast aus Licht wäre.


„Wenn die meisten Personen an meine besondere Wissenschaft denken, so denken sie an den Vorgang der Erfindung. Die Einflößung von Bezauberungen und Zaubersprüchen in Gegenstände. Die Erschaffung eines magischen Schwerts, vielleicht, oder Ringes. Aber der erfahrene Beschwörer ist auch gleichzeitig ein Katalysator. Der gleiche Verstand, der etwas Neues erfinden kann, kann auch noch größere Kräfte in etwas Altem auslösen. Ein Ring, der für einen Anfänger Wärme erzeugen kann, könnte an der Hand eines solchen Talents einen Wald verbrennen lassen.” Der dicke Mann gluckste leise: „Nicht, dass ich das befürworte. Überlasst das der Schule der Zerstörung.”


In dieser Woche wurden alle Geweihten gebeten, sich ein Spezialgebiet auszusuchen. Alle waren überrascht, als ich meinem alten Liebling, der Schule der Illusion, den Rücken zukehrte. Es erschien mir nun lächerlich, dass ich eine Zuneigung für solch oberflächliche Zauber entwickelt hatte. Mein ganzer Verstand war nun auf die Schule der Beschwörung fixiert: Das Mittel, mit dem ich die Kräfte der Scheibe würde freisetzen können.


In den Monaten danach schlief ich fast gar nicht. Einige Stunden in der Woche verbrachte ich mit Betaniq-i und meiner Statue, um mir selbst Stärke und Inspiration zu geben. Den Rest meiner Zeit verbrachte ich mit Magister Ilther oder seinem Assistenten, um alles, was ich konnte, über die Verzauberung zu lernen. Sie lehrten mich, die tiefsten Ebenen der Magie in einem Gegenstand zu schmecken.


„Ein einfacher Zauber, einmal gesprochen, egal wie geschickt, egal wie außergewöhnlich, ist kurzlebig in der Gegenwart. Es ist, was es ist, und nicht mehr”, seufzte Magister Ilther. „Aber wird dem Spruch ein Zuhause gegeben, so entwickelt er sich in eine fast lebende Energie, reift heran und vollendet sich selbst, so dass nur seine Oberfläche berührt wird, wenn eine ungelernte Hand ihn ausführt. Ihr müsst Euch selbst als einen Minenarbeiter vorstellen, der immer tiefer gräbt, um das Herz aus Gold zu Tage zu fördern.”


In jeder Nacht, in der das Laboratorium geschlossen war, übte ich, was ich erlernt hatte. Ich konnte spüren, wie meine Macht wuchs - und die Macht der Scheibe mit ihr. „Palla” flüsternd vertiefte ich mich in das Artefakt und erfühlte jede noch so kleine Kerbe, die eine Rune kennzeichnete, und jede Facette der Edelsteine. Manchmal war ich ihr so nahe, dass ich fast fühlen konnte, wie unsere Hände sich berührten. Aber etwas Dunkles und Bestialisches - die Wirklichkeit des Todes, vermute ich - brach jedes Mal in meine aufkeimenden Träume. Zur gleichen Zeit war ein überwältigender Fäulnisgestank zu bemerken, über den sich die Geweihten in den angrenzenden Kammern zu beschweren anfingen.


„Etwas muss in die Dielenbretter gekrochen und dort gestorben sein”, brachte ich lahm hervor.


Magister Ilther lobte meine Gelehrsamkeit, und erlaubte mir, sein Laboratorium auch nach dem Unterricht noch nutzen zu dürfen, um meine Studien zu vertiefen. Trotzdem, egal was ich lernte, schien Palla kaum näher zu sein. In einer Nacht endete alles. Ich wiegte mich gerade in einer tiefen Ekstase, stöhnte ihren Namen, die Scheibe an meine Brust gepresst, als ein plötzlicher Blitz meine Fensterscheibe und so auch meine Konzentration zerstörte. Ein Sturm heftigen Regens donnerte über Mir Corrup hinweg. Ich ging, die Fensterläden zu schließen, und als ich an meinen Tisch zurückkehrte, fand ich die Scheibe zertrümmert vor.


Ich verfiel in hysterische Schluchzer und dann in Lachen. Für meinen zerbrechlichen Verstand war der Verlust, nach dieser langen Zeit des Studiums, nicht zu ertragen. Am nächsten und auch übernächsten Tag verbrachte ich meine Zeit im Bett, vor Fieber fast verbrennend. Wäre ich nicht in einer Magiergilde mit vielen Heilern gewesen, hätte mich wahrscheinlich der Tod ereilt. Gewissermaßen war ich ein ausgezeichnetes Studienobjekt für die jungen, aufblühenden Gelehrten.


Als ich mich schließlich so weit erholt hatte, dass ich wieder laufen konnte, besuchte ich Betaniq-i. Sie war bezaubernd wie immer und machte keine Bemerkungen über mein Äußeres, das einfach grauenvoll gewesen sein muss. Zum Schluss gab ich ihr noch Grund zur Beunruhigung, als ich es höflich, aber bestimmt, ablehnte, einen Spaziergang um den reflektierenden Teich zu machen.


„Aber Ihr liebt es doch, die Statuen anzuschauen”, rief sie aus.


Ich spürte, dass ich ihr die Wahrheit schuldig war, und noch vieles mehr. „Teure Dame, ich liebe mehr als die Skulpturen. Ich liebe Eure Mutter. Seit Monaten ist sie das Einzige, woran ich denken kann, seitdem Ihr und ich das Laken entfernten, das diese heilige Skulptur verhüllte. Ich weiß nicht, was Ihr nun von mir denkt, aber ich war besessen von dem Gedanken, wie ich lernen konnte, sie aus dem Reich der Toten zurückzubringen.”


Betaniq-i starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. Endlich sprach sie: „Ich denke, dass Ihr nun gehen solltet. Ich bin mir nicht sicher, ob das ein schrecklicher Scherz ist -”


„Glaubt mir, ich wünschte, es wäre so. Seht, ich habe versagt. Ich weiß nicht, warum. Es kann nicht daran liegen, dass meine Liebe nicht stark genug war, denn kein Mann liebte mehr als ich. Vielleicht sind meine Fertigkeiten als Beschwörer nicht meisterhaft, aber das kann nicht an mangelnden Studien gelegen haben!” Ich konnte fühlen, wie meine Stimme sich erhob, und ich wusste, dass ich zu zetern begann, aber ich konnte es nicht zurückhalten. „Vielleicht lag der Fehler darin, dass Eure Mutter mich nie getroffen hatte. Aber ich denke, dass nur die Liebe des Zaubernden in der Totenbeschwörung berücksichtigt wird. Ich weiß nicht, woran es lag! Vielleicht hat diese fürchterliche Kreatur - das Monster, das Eure Mutter tötete - mit seinem letzten Atemzug eine Art Fluch über sie gelegt! Ich habe versagt! Und ich weiß nicht, warum!”


Mit einem erstaunlichen Ausbruch an Geschwindigkeit und Stärke für eine so zierliche Dame warf Betaniq-i sich gegen mich. Sie schrie: „Verschwindet!” und ich floh durch die Tür.


Bevor sie die Tür zuschlug, bot ich meine erbärmliche Entschuldigung an: „Es tut mir so Leid, Betaniq-i, aber bedenkt, dass ich Eure Mutter zu Euch zurückbringen wollte. Es ist Wahnsinn, ich weiß, aber es gibt nur eins in meinem Leben, dessen ich mir sicher bin, und das ist, dass ich Palla liebe.”


Die Tür war fast geschlossen, aber das Mädchen öffnetet sie einen Spalt, um mit zitternder Stimme zu fragen: „Ihr liebt wen?”


„Palla!” schrie ich zu den Göttern.


„Meine Mutter”, flüsterte sie wütend, „hieß Xarlys. Palla war das Monster.”


Ich starrte auf die verschlossene Tür - nur Mara weiß, wie lange. Dann machte ich mich auf den langen Weg zurück zur Magiergilde. Meine Erinnerungen durchsuchten die Details des Balls vor so langer Zeit, als ich zum ersten Mal die Statue erblickte und zum ersten Mal den Namen meiner Liebsten hörte. Jener Bretonen-Geweihte, Gelyn, hatte gesprochen. Er war hinter mir. Erkannte er die Bestie und nicht die Dame wieder?


Ich bog um die einsame Kurve, die die Außenbezirke von Mir Corrup kreuzte, und ein riesiger Schatten erhob sich vom Boden, wo er auf mich wartend gesessen hatte.


„Palla,” stöhnte ich. „Pal La.”


„Küsst mich”, heulte es.


Und das bringt meine Geschichte zum gegenwärtigen Moment. Liebe ist rot, wie Blut.



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