Sonnenhöhe 2920 Herzfeuer

Diese Seite enthält den Text des achten Buches: Letzte Saat, der Reihe 2920 aus The Elder Scrolls III: Morrowind.

Inhalt

Letzte Saat
Buch Acht aus dem Jahr
2920, dem letzten Jahr der ersten Ära
von Carlovac Taunwei


1. Letzte Saat 2920
Gramfeste, Morrowind


Sie versammelten sich im Hof des Herzogs in der Dämmerung, im Duft und der Wärme eines Feuers aus trockenen Juonzweigen und Barossablättern. Winzige Funken flogen zum Himmel, schwebten einige Augenblicke, bevor sie verschwanden.


„Es war übereilt“, stimmte der Herzog ernst zu. „Aber Lorkhan hatte seinen Spaß und alles ist gut. Die Morag Tong werden den Kaiser nicht ermorden, jetzt wo ihre Bezahlung auf dem Grund des Langen Meeres liegt. Ich dachte, Ihr hättet eine Art Waffenstillstand mit den Daedraprinzen vereinbart.“


„Was Eure Seemänner als Daedra ansahen, war vielleicht gar keine“, sagte Sotha Sil. „Vielleicht war es nur ein schurkischer Kampfmagier oder ein Blitz, was Euer Schiff zerstört hat.“


„Der Prinz und der Kaiser sind unterwegs, um von Ald Lambasi Besitz zu ergreifen, wie im Waffenstillstand vereinbart. Es ist sicherlich bezeichnend für die Cyrodiil, anzunehmen, dass ihre Zugeständnisse verhandelbar seien, während unsere es nicht sind“, Vivec zog eine Landkarte hervor. „Wir können sie hier treffen, in diesem Dorf im Nordwesten von Ald Lambasi, Fervinthil.“


„Doch werden wir zusammentreffen, um zu reden“, fragte Almalexia. „Oder um Krieg zu führen?“


Niemand hatte darauf eine Antwort.


15. Letzte Saat 2920
Fervinthil, Morrowind


Eine späte Sommerböe wehte durch das kleine Dorf, verdunkelte den Himmel bis auf die Blitze, die wie Akrobaten von Wolke zu Wolke sprangen. Wasser stürzte knöcheltief durch die engen Straßen, und der Prinz musste schreien, um von seinen Hauptmännern gehört zu werden, die nur ein paar Meter entfernt standen.


„Dort vorne ist ein Gasthaus! Wir werden dort den Sturm abwarten, bevor wir nach Ald Lambasi weitereilen!“


Das Gasthaus war warm und trocken und voller Leben. Kellnerinnen eilten hin und her, um Greef und Wein in ein Hinterzimmer zu bringen, offensichtlich aufgeregt wegen eines berühmten Gastes. Jemand, der mehr Aufmerksamkeit erregte als der alleinige Erbe des Kaiserreichs Tamriel. Belustigt beobachtete Juilek sie bis er zufällig den Namen Vivec hörte.


„Mein Fürst Vivec“, sagte er, als er in das Hinterzimmer platzte. „Ihr müsst mir glauben, ich wusste nichts von dem Angriff auf Schwarztor bis er geschah. Wir werden es natürlich sogleich Eurer Fürsorge überlassen. Ich habe Euch diesbezüglich einen Brief an Euren Palast in Balmora geschrieben, aber offensichtlich seid Ihr nicht dort“, er zögerte, die vielen neuen Gesichter in dem Raum in sich aufnehmend. „Verzeihung, ich vergaß, mich vorzustellen. Ich bin Juilek Cyrodiil.“


„Mein Name ist Almalexia“, sagte die schönste Frau, die der Prinz jemals gesehen hatte. „Wollt Ihr Euch nicht zu uns setzen?“


„Sotha Sil“, sagte ein ernst blickender Dunmer in einem weißen Mantel, schüttelte dem Prinzen die Hand und bot ihm einen Stuhl an.


„Hlaluu Brindisi Dorom, Herzog-Prinz von Gramfeste“, sagte der Mann von massiger Statur neben ihm, als er sich setzte.


„Ich stelle fest, dass die Ereignisse des letzten Monats andeuten, dass die kaiserliche Armee bestenfalls nicht unter meiner Kontrolle sind“, sagte der Prinz, nachdem er etwas Wein bestellt hatte. „Dies ist wahr. Das Heer untersteht meinem Vater.“


„Ich nahm an, dass der Kaiser auch nach Ald Lambasi kommen würde“, sagte Almalexia.


„Offiziell ja“', entgegnete der Prinz vorsichtig. „Inoffiziell ist er immer noch in der Kaiserstadt. Er hatte einen unglücklichen Unfall.“


Vivec warf schnell einen flüchtigen Blick auf den Herzog, bevor er den Prinzen ansah: „Einen Unfall?“


„Es geht ihm gut“, entgegnete der Prinz rasch. „Er wird es überleben, aber es sieht so aus, als würde er ein Auge verlieren. Es war ein Streit, der nichts mit dem Krieg zu tun hatte. Die einzige gute Nachricht ist, dass ich sein Siegel benutzen kann, solange er sich erholt. Jede Vereinbarung, die wir hier und jetzt treffen, ist bindend für das Kaiserreich, unter der Herrschaft meines Vaters sowie unter meiner.“


„Dann sollen die Verhandlungen beginnen“, lächelte Almalexia.


16. Letzte Saat 2920
Wroth Naga, Cyrodiil


Das winzige Dörfchen von Wroth Naga begrüßte Cassyr mit seinen farbenfrohen Häusern hoch gelegen im Vorgebirge mit der Aussicht auf die Bergebene von Wrothgaria und Hochfels jenseits davon. Wäre er in besserer Stimmung gewesen, hätte er den Anblick atemberaubend gefunden. So wie es war, konnte er nur praktisch denken, ein kleines Dorf wie dieses würde ihm und seinem Pferd nur magere Verpflegung bieten können.


Er ritt hinunter zum Hauptplatz, wo sich ein Gasthaus namens Adlerschrei befand. Nachdem er dem Stalljungen Anweisungen gegeben hatte, sein Pferd unterzubringen und zu füttern, ging Cassyr in das Gasthaus und war überrascht von der Atmosphäre, die er dort vorfand. Ein Minnesänger, den er einst in Goldental spielen gehört hatte, trug eine muntere alte Weise vor, begleitet vom Klatschen der Bergbewohner. Diese gezwungene Fröhlichkeit war nicht das, wonach Cassyr der Sinn stand. Eine mürrische Dunmer-Frau saß an dem einzigen Tisch entfernt von dem Krach, also nahm er sein Getränk und setzte sich ohne Einladung zu ihr. In diesem Moment sah er, dass sie ein neugeborenes Baby im Arm hielt.


„Ich bin gerade von Morrowind gekommen“, sagte er eher verlegen mit gesenkter Stimme. „Ich habe für Vivec und den Herzog von Gramfeste gegen die kaiserliche Armee gekämpft. Ein Verräter an meinem Volk, so kann man mich wohl nennen.“


„Ich bin ebenfalls ein Verräter an meinem Volk“, sagte die Frau und hob ihre Hand, die mit einem eingebrannten Zeichen entstellt war. „Es bedeutet, dass ich nie wieder in mein Heimatland zurückkehren kann.“


„Nun, Ihr habt nicht vor, hier zu bleiben, oder?“ lachte Cassyr. „Es ist sicherlich anheimelnd, doch wenn der Winter kommt, liegt der Schnee bis zu Euren Wimpern. Es ist kein Ort für ein Neugeborenes. Wie ist ihr Name?“


„Bosriel. Es bedeutet Herz des Waldes. Wo wollt Ihr hin?“


„Dwynnen, an der Bucht in Hochfels. Ihr könnt mich gerne begleiten, ich könnte die Gesellschaft gebrauchen.“ Er streckte seine Hand aus. „Cassyr Funkler.“


„Turala“, entgegnete sie nach einem Augenblick. Sie war kurz davor, ihren Familiennamen zu nennen, wie es Brauch ist, doch dann wurde ihr bewusst, dass es nicht länger ihr Name war. „Ich würde Euch gerne begleiten, vielen Dank.“


19. Letzte Saat 2920
Ald Lambasi, Morrowind


Fünf Männer und zwei Frauen standen in der Stille der Großen Halle des Schlosses, das einzige Geräusch war das Gekritzel einer Feder auf Pergament und das sanfte Klopfen des Regens an das große Panoramafenster. Als der Prinz das Siegel von Cyrodiil unter das Dokument setzte, war der Friede offiziell geschlossen. Der Herzog von Gramfeste brach in Freudengeschrei aus, es wurde Wein gereicht, um das Ende von achtzig Jahren Krieg zu feiern.


Nur Sotha Sil stand abseits der Gruppe. Sein Gesicht verriet keine Gefühle. Die, die ihn gut kannten, wussten, dass er nicht an Abschlüsse und Anfänge glaubte, aber an den fortwährenden Kreislauf, wovon dies nur ein kleiner Teil war.


„Mein Prinz“, sagte der Haushofmeister, unglücklich, die Feier zu unterbrechen. „Hier ist ein Bote von Eurer Mutter, der Kaiserin. Er bat darum, Euren Vater zu sehen, doch da er nicht eingetroffen ist--“


Juilek entschuldigte sich und ging, um mit dem Boten zu reden.


„Die Kaiserin lebt nicht in der Kaiserstadt?“ fragte Vivec.


„Nein“, antwortete Almalexia und schüttelte traurig ihren Kopf. „Ihr Ehemann hat sie im Schwarzmarsch eingekerkert, aus Angst, sie würde einen Aufstand gegen ihn anzetteln. Sie ist außerordentlich wohlhabend und hat machtvolle Verbündete in den westlichen Gütern Colovians, also konnte er keine andere heiraten oder sie hinrichten lassen. Sie sind seit siebzehn Jahren, seit Juilek ein Kind war, in einer Sackgasse.“


Der Prinz kehrte einige Minuten später zurück. Sein Gesicht verriet seine Angst, obwohl er sich bemühte, sie zu verbergen.


„Meine Mutter braucht mich“, sagte er schlicht. „Es tut mir Leid, ich muss sofort aufbrechen. Wenn ich eine Abschrift des Vertrages haben könnte, so nehme ich sie mit mir, um der Kaiserin zu zeigen, was wir heute Gutes getan haben, und ich werde sie weiter in die Kaiserstadt bringen, um es offiziell zu machen.“


Prinz Juilek ging unter dem liebevollen Lebwohl der Drei von Morrowind. Während sie ihn beobachteten, wie er in der regnerischen Nacht südlich in Richtung Schwarzmarsch ritt, sagte Vivec „Tamriel wird es viel besser gehen, wenn er auf dem Thron sitzt.“


31. Letzte Saat 2920
Dorsza Pass, Schwarzmarsch


Der Mond ging auf über dem verlassenen Steinbruch, dampfend von Sumpfgas nach einem besonders heißen Sommer, als der Prinz und seine Eskorte bestehend aus zwei Wachen aus dem Wald ritten. Die gewaltigen Haufen Erde und Mist waren in der Vorzeit von einigen urzeitlichen, lang verstorbenen Stämmen des Schwarzmarsches aufgehäuft worden, in der Hoffnung, sie würden das Böse aus dem Norden abhalten. Offensichtlich war das Böse am Dorsza-Pass durchgebrochen, dem langen Spalt in dem traurigen, einsamen Wall, der sich über Meilen erstreckte.


Die schwarz verflochtenen Bäume, die auf der Sperre wuchsen, warfen lange Schatten hinunter, wie ein verworrenes Netz. Die Gedanken des Prinzen waren bei dem geheimnisvollen Brief seiner Mutter, der einen drohenden Angriff andeutete. Er konnte natürlich den Dunmern nichts davon erzählen, zumindest bis er genaueres wusste und seinen Vater benachrichtigt hatte. Letzten Endes war der Brief an ihn gerichtet. Es war sein dringender Tonfall, der ihn veranlasst hatte, sich sofort nach Gideon zu begeben.


Die Kaiserin hatte ihn ebenfalls vor einer Schar ehemaliger Sklaven gewarnt, die Karawanen im Dorsza-Pass angreifen würden. Sie riet ihm, seinen kaiserlichen Schild stets sichtbar zu tragen, um sie wissen zu lassen, dass er keiner der verhassten dunmerischen Sklavenhändler sei. Während sie in die hohen Pflanzen ritten, die durch den Pass waberten wie ein verderblicher Fluss, gab der Prinz Anweisungen, seinen Schild zu zeigen.


„Ich erkenne, warum die Sklaven diesen Ort nutzen“, sagte der Hauptmann des Prinzen. „Es ist ein ausgezeichneter Platz für einen Hinterhalt.“


Juilek nickte, aber seine Gedanken waren woanders. Welche drohende Invasion könnte die Kaiserin entdeckt haben? Fuhren die Akaviri wieder zur See? Wenn ja, wie könnte seine Mutter aus ihrer Zelle im Schloss Giovese davon Kenntnis haben? Ein Rascheln der Pflanzen und ein einzelner scharfer menschlicher Schrei hinter ihm unterbrachen seine Gedankengänge.


Als er sich umdrehte, stellte der Prinz fest, dass er allein war. Seine Eskorte war verschwunden.


Der Prinz blickte über die Weite des mondbeschienenen Grasmeeres, dass sich in nahezu einschläfernden Mustern von Ebbe und Flut im Nachtwind hin und her bewegte und durch den Pass wogte. Es war ihm unmöglich festzustellen, ob sich ein kämpfender Soldat unter dieser schwingenden Formation befand, oder ein sterbendes Pferd unter einer anderen. Ein hoher, pfeifender Wind erstickte jedes Geräusch der Opfer des Hinterhaltes.


Juilek zog sein Schwert und dachte darüber nach, was zu tun sei. Sein Verstand versuchte, sein Herz zu beruhigen. Er war näher am Ausgang des Passes als am Eingang. Was auch immer seine Begleitung erschlagen hatte, musste hinter ihm sein. Wenn er schnell genug reiten würde, könnte er vielleicht entkommen. Sein Pferd zum Galopp anspornend stürmte er auf die vorausliegenden Berge zu, eingerahmt von den mächtigen schwarzen Schmutzhaufen.


Als er abgeworfen wurde, geschah dies so plötzlich, dass er sich noch vorwärts bewegte, bevor ihm wirklich bewusst wurde, was geschehen war. Er landete einige Meter jenseits der Stelle, wo sein Pferd gefallen war, und brach sich beim Aufprall seine Schulter und seinen Rücken. Er fühlte sich wie betäubt, als er sein armes, sterbendes Ross betrachtete, den Unterleib aufgerissen von einem der zahlreichen Speere, die aus der Oberfläche des Grases herausragten.


Prinz Juilek war weder in der Lage, sich umzudrehen und die Gestalt anzusehen, die aus dem Gras herauskam, noch fähig, sich zu bewegen, um sich zu verteidigen. Seine Kehle wurde ihm ohne zu zögern durchschnitten.


Miramor fluchte, als er das Gesicht seines Opfers im Mondschein klarer sah. Er hatte den Kaiser bei der Schlacht von Bodrum gesehen, als er unter dem Befehl Seiner Kaiserlichen Majestät gekämpft hatte, und dies war sicher nicht der Kaiser. Als er den Körper durchsuchte, fand er den Brief und einen Vertrag, unterschrieben von Vivec, Almalexia, Sotha Sil und dem Herzog von Gramfeste als Vertretung von Morrowind und Prinz Juilek Cyrodiil als Vertretung des Cyrodiilischen Kaiserreiches.


„Verflucht sei mein Glück“, murmelte Miramor zu sich selbst und dem raschelnden Gras. „Ich habe nur einen Prinzen getötet. Was ist jetzt mit der Belohnung?“


Miramor zerstörte den Brief, wie Zuuk ihn beauftragt hatte, und steckte den Vertrag ein. Zumindest würde eine solche Seltenheit einigen Marktwert besitzen. Er demontierte die Fallen, während er seinen nächsten Schritt erwog. Zurückkehren nach Gideon und seinen Arbeitgeber nach einer geringeren Belohnung für das Töten des Erben fragen? In andere Länder weiterziehen? Zumindest hatte er in der Schlacht von Bodrum zwei nützliche Fertigkeiten gelernt, dachte er. Von den Dunmern hatte er die vortreffliche Speer-Falle erlernt. Und als er die kaiserliche Armee verließ, hatte er gelernt, sich im Gras zu verstecken.


Das Jahr setzt sich im Herzfeuer fort.



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