Online:Uralte Schriften der Dwemer, Band XI

Version vom 24. Juni 2019, 14:41 Uhr von Scharebot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Schrift anhand der Spieldaten eingetragen.)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version ansehen (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Auflagen des Buches

Diese Seite enthält den Text von Uralte Schriften der Dwemer, Band XI aus The Elder Scrolls Online.

Inhalt

Uralte Schriften der Dwemer, Band XI

Azura und die Kiste

Von Marubar Sul

Nchylbar hatte eine abenteuerliche Jugend genossen und war zu einem sehr klugen und sehr alten Dwemer herangewachsen, der sein Leben der Suche nach der Wahrheit und dem Kampf gegen den Aberglauben widmete. Er hatte vieles erfunden, so viele Lehrsätze und logische Anordnungen erdacht, die seinen Namen trugen, aber ein Großteil der Welt war ihm noch immer ein Rätsel. Und nichts war ihm ein größeres Rätsel als das Wesen der mächtigsten Geister von allen, der Aedra und der Daedra. Im Laufe seiner Nachforschungen kam er zu dem Schluss, dass viele der Götter lediglich von Menschheit und Mer erfunden worden waren.

Jedoch war keine Frage für Nchylbar wichtiger als die nach den Grenzen der göttlichen Macht. Waren die höheren Wesen die Herrscher der gesamten Welt, oder hatten die niederen Geschöpfe die Kraft, ihr eigenes Schicksal zu schmieden? Als Nchylbar das Ende seines Lebens kommen sah, fühlte er, dass er diese letzte grundlegende Wahrheit verstehen musste.

Unter den Bekannten des Weisen befand sich ein heiliger chimerischer Priester namens Athynic. Als der Priester Bthalag-Zturamz besuchte, erzählte ihm Nchylbar, was er zu tun beabsichtigte, um das Wesen göttlicher Macht zu erforschen. Athynic war entsetzt. Er flehte seinen Freund an, nicht den Versuch zu machen, dieses großes Geheimnis zu lüften, aber Nchylbar war entschlossen. Endlich stimmte der Priester aus Liebe zu seinem Freund zu, ihm zu helfen, obwohl er die Ergebnisse dieser Blasphemie fürchtete.

Athynic beschwor Azura. Nach den üblichen Ritualen, in denen der Priester seinen Glauben in ihre Kräfte erklärte und Azura zustimmte, ihm nichts anzutun, betraten Nchylbar und ein Dutzend seiner Schüler die Beschwörungskammer; dabei trugen sie eine große Kiste bei sich.

„Wie wir Euch in unserem Land sehen, Azura, so seid Ihr die Göttin von Abenddämmerung und Morgengrauen und allen ihren Geheimnissen“, sagte Nchylbar in dem Versuch, so liebenswürdig und unterwürfig zu erscheinen, wie er nur konnte. „Man sagt, Euer Wissen kennt keine Grenzen.“

„So ist es“, lächelte die Daedra.

„So wisst Ihr beispielsweise, was in dieser Holzkiste ist“, sagte Nchylbar.

Azura wandte sich stirnrunzelnd an Athynic. Der Priester erklärte schnell: „Oh Göttin! Dieser Dwemer ist ein sehr weiser und angesehener Mann. Glaubt mir bitte, er hat nicht vor, Eure Erhabenheit zu verspotten, vielmehr sie seinen Wissenschaftlern und dem Rest seines zweifelnden Volkes zu beweisen. Ich habe versucht, ihm Eure Macht zu erklären, aber seine Philosophie verlangt einen sichtbaren Beweis.“

„Um meine Macht in einer Weise zu demonstrieren, dass das Volk der Dwemer sie versteht, bedarf es möglicherweise einer beeindruckenderen Tat“, knurrte Azura; sie drehte sich um und blickte Nchylbar in die Augen. „Dort in der Kiste ist eine Blume mit roten Blütenblättern.“

Nchylbar zeigte weder Lächeln noch Stirnrunzeln. Er öffnete einfach die Kiste und zeigte allen, dass sie leer war.

Als die Schüler sich zu Azura umdrehten, war sie verschwunden. Nur Athynic hatte den Gesichtsausdruck der Göttin gesehen, bevor sie verschwunden war, und er konnte vor lauter Zittern nicht sprechen. Ein Fluch war auf ihn gefallen, das wusste er, doch noch viel entsetzlicher war die Kenntnis der göttlichen Macht, die demonstriert worden war. Nchylbar sah ebenfalls bleich aus, unsicher auf seinen Füßen, aber sein Gesicht zeigte keine Angst, sondern Wonne: das Lächeln eines Dwemer, der den Beweis einer Wahrheit gefunden hatte, die er schon lange vermutet hatte.

Zwei seiner Schüler stützten ihn und zwei weitere den Priester, als sie den Raum verließen.

„Ich habe über die Jahre vieles untersucht, unzählige Experimente durchgeführt, mir tausend Sprachen beigebracht, und dennoch habe ich die eine Fähigkeit, die mich die endgültige Wahrheit gelehrt hat, schon als junger Mann gelernt, als ich jeden Tag um Gold für mein täglich Brot kämpfen musste“, flüsterte der Weise.

Als er über die Treppe zu seinem Bett geleitet wurde, fiel ein rotes Blütenblatt aus einem Ärmel seiner wallenden Robe. Nchylbar starb in dieser Nacht, ein Bild des Friedens, das nur entstanden sein konnte durch zufriedenes Wissen.