Online:Das Jahr 2920, Band 2

Version vom 4. Februar 2018, 18:53 Uhr von Scharebot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Schrift anhand der Spieldaten aktualisiert.)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version ansehen (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Auflagen des Buches

Diese Seite enthält den Text von Das Jahr 2920, Band 2 aus The Elder Scrolls Online.

Inhalt

Das Jahr 2920, Band 2

2920: Das letzte Jahr der Ersten Ära

Von Carlovac Stadtweg

14. Morgenstern 2920

Die Kaiserstadt, Cyrodiil

Die Glocken, die das Gebet des Südwinds ankündigten, schallten über die breiten Alleen und Gärten der Kaiserstadt und riefen alle zu den Tempeln. Kaiser Reman III. besuchte stets die Predikten im Tempel des Einen, wohingegen sein Sohn und Thronfolger Prinz Juilek es politisch opportuner fand, an jedem neuen religiösen Feiertag in einem anderen Tempel an den Predikten teilzunehmen. In diesem Jahr handelte es sich um die Kathedrale der Barmherzigen Mara.

Die Messe der Barmherzigen war gnädig kurz, aber die Mittagsstunde war schon lange um, ehe der Kaiser zu seinem Palast zurückkehren konnte. Bis dahin warteten die Kämpfer der Arena ungeduldig auf den Beginn der Zeremonie. Die Masse war weitaus weniger ruhelos, da der Potentat Versiduae-Shaie eine Vorführung einer khajiitischen Akrobatengruppe arrangiert hatte.

„Eure Religion ist so viel angenehmer als die meine“, sagte der Kaiser zum Potentaten als Entschuldigung. „Welches Spiel kommt zuerst?“

„Ein Zweikampf zwischen zwei fähigen Kämpfern“, sagte der Potentat, auf dessen schuppiger Haut die Sonne blitzte, als er sich erhob. „Mit einer Bewaffnung passend zu ihrer jeweiligen Kultur.“

„Klingt gut“, sagte der Kaiser und klatschte in die Hände. „Lasst den Spaß beginnen!“

Als er die beiden Kontrahenten unter dem tosenden Jubel der Menge in die Arena einlaufen sah, erinnerte sich Kaiser Reman III. umgehend wieder daran, dass er dieser Angelegenheit vor einigen Monaten seine Zustimmung gegeben und sie in der Zwischenzeit schon wieder ganz vergessen hatte. Einer der Kämpfer war der Sohn des Potentaten, Savirien-Chorak, ein glitzernder, elfenbeinfarbener Aal, der in seinen dünnen, täuschend schwächlich aussehenden Armen ein Katana und ein Wakizashi hielt. Der andere war der Sohn des Kaisers, Prinz Juilek, in einer Ebenerzrüstung und mit einem wildem Orkhelm auf dem Kopf, Schild und Langschwert an der Seite.

„Das wird ein faszinierendes Schauspiel“, zischte der Potentat mit einem breiten Grinsen auf dem schmalen Gesicht. „Ich kann mich nicht erinnern, ob ich je einen Cyrodiil so mit einem Akavir kämpfen gesehen habe. Für gewöhnlich kämpfen Armeen gegeneinander. Endlich wird sich entscheiden, welche Philosophie die bessere ist – Rüstungen zu bauen, um Schwerter zu bezwingen, wie Euer Volk es tut, oder um wie das meine Schwerter zu bauen, die Rüstungen bezwingen.“

Abgesehen von ein paar vereinzelten Beratern der Akaviri und dem Potentaten selbst wollte niemand im Publikum, dass Savirien-Chorak den Sieg davontrug, aber die Menge hielt beim Anblick seiner anmutigen Bewegungen dennoch wie ein Mann den Atem an. Seine Schwerter schienen ein Teil von ihm zu sein, als wüchse ihm ein Schwanz aus den Armen, um den an seinem Hinterleib zu ergänzen. Ein geschickter Kniff, der seinen Gleichgewichtssinn und sein eigenes Gewicht voll zum Tragen brachte, erlaubte es dem jungen Schlangenmann, sich wie zu einem Rad eingerollt in die Mitte des Rings zu bewegen und sofort eine Angriffsstellung einzunehmen. Der Prinz hingegen musste auf die weniger beeindruckende, traditionelle Art nach vorne trotten.

Als sie aufeinander zusprangen, brüllte die Menge vor Begeisterung auf. Der Akaviri war wie ein Mond, der seine Bahn um den Prinzen zog, und sprang mühelos über dessen Schulter hinweg, um einen Schlag von hinten anzubringen, doch der Prinz wirbelte schnell herum und parierte mit dem Schild. Sein Gegenschlag fuhr jedoch nur durch Luft, da sein Widersacher sich flach auf den Boden fallen ließ, sich zwischen seinen Beinen hindurchschlängelte und ihn zum Stolpern brachte. Mit einem lauten Krachen ging der Prinz zu Boden.

Metall und Luft verschmolzen miteinander, als Savirien-Chorak ein ums andere Mal auf den Prinzen einschlug, der jede Attacke mit dem Schild abwehrte.

„Wir haben keine Schilde in unserer Kultur“, murmelte Versiduae-Shaie dem Kaiser zu. „Das muss seltsam für meinen Jungen sein, schätze ich. Wenn man in unserem Land nicht getroffen werden möchte, dann geht man Schlägen eben aus dem Weg.“

Als Savirien-Chorak zu einer weiteren Schlagserie ausholte, trat der Prinz nach seinem Schwanz, was ihn kurz zurückwarf. Binnen eines Augenblicks hatte er sich wieder gefangen, doch da war auch der Prinz bereits wieder auf den Beinen. Die beiden umkreisten einander, bis der Schlangenmann mit ausgestrecktem Katana nach vorne sprang. Der Prinz durchschaute den Plan seines Gegners, parierte das Katana mit dem Langschwert und das Wakizashi mit dem Schild. Die kleine Stoßklinge blieb im Metall stecken, und Savirien-Chorak verlor das Gleichgewicht.

Die lange Klinge des Prinzen schnitt quer über die Brust des Akaviris, und ob des jähen, schlimmen Schmerzes ließ er seine beiden Waffen fallen. In nur einem Wimpernschlag war es vorbei. Savirien-Chorak lag ausgestreckt im Staub, das Langschwert des Prinzen an der Kehle.

„Das Spiel ist aus!“, rief der Kaiser, der über den lauten Beifall im Stadion kaum zu hören war.

Der Prinz grinste und half Savirien-Chorak auf und zu einem Heiler hinüber. Der Kaiser klopfte dem Potentaten erleichtert auf den Rücken. Er hatte gar nicht bemerkt, wie gering er die Siegeschancen seines eigenen Sohnes zu Beginn des Kampfes noch eingeschätzt hatte.

„Er wird ein feiner Krieger“, sagte Versiduae-Shaie. „Und ein großartiger Kaiser.“

„Eines solltet Ihr Euch merken“, lachte der Kaiser. „Ihr Akaviri mögt zwar einige imposante Techniken zur Meisterschaft gebracht haben, doch wenn einer unserer Schläge durchkommt, ist es vorbei mit Euch.“

Der Potentat nickte. „Oh, das werde ich ganz bestimmt nicht vergessen.“

Den Rest der Spiele dachte Reman über diese Bemerkung nach, und sie hinderte ihn daran, Zerstreuung zu finden. War der Potentat womöglich ein weiterer Widersacher, so wie die Kaiserin sich als einer herausgestellt hatte? Diese Angelegenheit musste er unbedingt im Auge behalten.