Morrowind:Der schwarze Pfeil, Buch II

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Diese Seite enthält den Text von Der schwarze Pfeil, Buch II aus The Elder Scrolls III: Morrowind (Originaltitel: The Black Arrow, Volume 2).

Inhalt

Der schwarze Pfeil
Buch II
von Gorgic Guine

Während des letzten Abendessens meiner Anstellung im Palast hatte die Herzogin neben ihren anderen Gästen völlig überraschend auch den Bürgermeister von Moliva und Meister Hiomaste persönlich eingeladen. Die Dienerschaft befand sich in einem Zustand heller Aufregung. Der Bürgermeister war schon da gewesen, wenn auch sehr unregelmäßig, aber Hiomastes Anwesenheit war unvorstellbar. Was beabsichtigte sie mit dieser versöhnlichen Geste?

Das Abendessen selbst verlief mit perfekter, wenn auch etwas unterkühlter Höflichkeit unter den Anwesenden. Hiomaste und die Herzogin waren beide sehr still. Der Bürgermeister versuchte, die Gruppe in ein Gespräch über Kaiser Pelagius' IV. neuen Sohn und Thronerben Uriel zu verwickeln, das Thema fand aber nur wenig Interesse. Fürstin Villea, schon etwas ältlich, aber weitaus lebhafter als ihre Schwester, die Herzogin, führte den Großteil des Gesprächs über Verbrechen und Skandale in Eldenroot an.

„Ich ermutige sie nun schon seit Jahren, aufs Land zu ziehen, weit weg von all diesen Ungemächlichkeiten”, sagte die Herzogin und traf den Blick des Bürgermeisters. „Wir haben in letzter Zeit über die Möglichkeit nachgedacht, dass sie sich einen Palast auf dem Moliva-Hügel bauen könnte, aber da ist so wenig Platz, wie ihr wisst. Glücklicherweise haben wir eine Entdeckung gemacht. Es gibt ein großes Feld, nur einige Tage nach Westen, am Ufer des Flusses, das ausgezeichnet dafür geeignet wäre.”

„Hört sich perfekt an”, der Bürgermeister lächelte und wandte sich Fürstin Villea zu. „Wann wird Ihre Durchlaucht mit dem Bau beginnen?”

„Genau an dem Tag, an dem Ihr Euer Dorf zur Seite bewegt”, antwortete die Herzogin von Woda.

Der Bürgermeister schaute sie an, um zu sehen, ob sie scherzte. Offensichtlich tat sie das nicht.

„Überlegt doch einmal, wie sehr es den Handel verbessern würde, wenn sich Euer Dorf näher am Fluss befinden würde”, sagte Fürstin Villea freundlich. „Und Meister Hiomastes Studenten hätten einen leichteren Weg zu seiner ausgezeichneten Schule. Alle würden davon profitieren. Ich weiß, dass meine Schwester beruhigter wäre, wenn es auf ihren Ländereien weniger Eindringlinge und Wilderer gäbe.”

„Es gibt zur Zeit keine Wilderer oder Eindringlinge auf Euren Ländereien”, sagte Hiomaste mit einem Stirnrunzeln. 'Der Dschungel gehört Euch nicht und wird es auch niemals tun. Die Dorfbewohner lassen sich vielleicht überreden zu gehen, das weiß ich nicht. Aber meine Schule bleibt, wo sie ist.”

Die Stimmung beim Abendessen erholte sich danach nicht mehr. Hiomaste und der Bürgermeister entschuldigten sich und meine Dienste wurden im Gästezimmer, wohin sich die Gruppe begab, um ihre Drinks zu sich zu nehmen, nicht mehr benötigt. An diesem Abend konnte man kein Gelächter durch die Wände dringen hören.

Am nächsten Tag begab ich mich trotz der Tatsache, dass für den Abend wieder ein Dinner geplant war, auf meinen gewöhnlichen Spaziergang nach Moliva. Noch bevor ich die Zugbrücke erreicht hatte, hielt die Wache mich zurück: „Wohin willst du, Gorgic? Doch nicht ins Dorf, oder?”

„Warum nicht?”

Er wies auf eine Rauchwolke in einiger Entfernung: „Ein Feuer ist heute früh am Morgen ausgebrochen und es brennt noch immer. Offenbar hat es bei Meister Hiomastes Schule begonnen. Es sieht wie das Werk umherziehender Räuber aus.”

„Heiliger Stendarr!”, rief ich aus. „Haben die Schüler überlebt?”

„Niemand weiß etwas, aber es wäre ein Wunder, wenn jemand überlebt hätte. Es war spät und fast alle schliefen. Ich weiß, dass sie bereits die Leiche des Meisters gefunden haben, oder was davon übrig geblieben ist. Und sie haben auch das Mädchen gefunden, deine Freundin Prolyssa.”

Ich verbrachte den Rest des Tages unter Schock. Was mein Instinkt mir sagte, schien unvorstellbar: dass die beiden noblen alten Damen, Fürstin Villea und die Herzogin von Woda, veranlasst hatten, ein Dorf und eine Schule, die sie störten, in Schutt und Asche zu legen. Beim Abendessen erwähnten sie das Feuer in Moliva nur nebenbei, als wäre es keine besondere Neuigkeit. Aber ich sah die Herzogin zum allerersten Mal lächeln. Es war ein Lächeln, das ich bis zum Ende meiner Tage nicht vergessen werde.

Am nächsten Morgen hatte ich mich entschlossen, ins Dorf zu gehen, um zu sehen, ob ich den Überlebenden irgendwie helfen könnte. Ich ging gerade durch den Gesindesaal in die große Eingangshalle, als ich vor mir die Stimmen mehrerer Leute hörte. Die Wachen und ein Großteil der Dienerschaft standen da und zeigten auf das Porträt der Herzogin, das in der Mitte der Halle hing.

Ein einzelner schwarzer Pfeil aus Ebenerz steckte in dem Gemälde, direkt im Herzen der Herzogin.

Ich erkannte ihn sofort. Es war einer von Missun Akins Pfeilen, den ich in seinem Köcher gesehen hatte, geschmiedet, wie er sagte, in den Tiefen von Dagoth Ur. Meine erste Reaktion war Erleichterung: der Dunmer, der freundlich genug gewesen war, mich zum Palast mitzunehmen, hatte das Feuer überlebt. Meine zweite Reaktion entsprach der aller Anwesenden in der Halle. Wie war der Vandale an den Wachen vorbeigekommen, durch das Tor, den Graben und die massive Eisentür?

Die Herzogin, die wenig später eintraf, war natürlich erzürnt, obwohl sie zu gut erzogen war, ihren Zorn durch mehr als das Hochziehen ihrer schmalen Augenbrauen zu zeigen. Sie verschwendete keine Zeit, allen ihren Dienern neue Pflichten zuzuweisen, um den Palast zu allen Zeiten bewacht zu halten. Uns wurden regelmäßige Schichten und präzise, genau festgelegte Patrouillen zugewiesen.

Am nächsten Morgen steckte, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, ein weiterer schwarzer Pfeil im Porträt der Herzogin.

So ging es eine Woche lang. Die Herzogin veranlasste, dass zu jeder Zeit mindestens eine Person im Foyer anwesend war, aber irgendwie fand der Pfeil jedes Mal seinen Weg zu ihrem Gemälde, wann immer die Augen der Wache vorübergehend abgelenkt waren.

Ein ausgeklügeltes Signalsystem wurde erdacht, so dass jede Patrouille sämtliche Geräusche oder Störungen, die ihr während der Wache auffielen, sofort melden konnte. Zuerst hatte die Herzogin es so arrangiert, dass ihr Burgvogt alle Meldungen am Tage erhielt und der Hauptmann der Wache bei Nacht. Aber als sie feststellte, dass sie nicht schlafen konnte, stellte sie sicher, dass alle Informationen direkt zu ihr kamen.

Die Atmosphäre im Palast war von bedrückt zu alptraumhaft umgeschlagen. Eine Schlange schlängelte sich durch den Graben und schon raste Ihre Vortrefflichkeit durch den Ostflügel und sah nach dem Rechten. Eine starke Windböe, die die Blätter an einem der wenigen Bäume vor dem Palast rauschen ließ, war ein ähnlicher Notfall. Ein unglücklicher einsamer Wanderer auf der Straße vor dem Palast, ein vollkommen unschuldiger Mann, wie sich herausstellte, erzeugte eine derart gewalttätige Reaktion, dass er geglaubt haben musste, in einen Krieg geraten zu sein. Irgendwie war er das auch.

Und jeden Morgen war da ein neuer Pfeil in der Eingangshalle, um sie zu verspotten.

Mir war die furchtbare Aufgabe übertragen worden, das Porträt einige Stunden lang am frühen Morgen zu bewachen. Da ich nicht derjenige sein wollte, der den Pfeil entdeckte, setzte ich mich auf einen Stuhl genau gegenüber und ließ meine Augen nicht eine Sekunde von dem Gemälde. Ich weiß nicht, ob Ihr jemals die Erfahrung gemacht habt, ein Objekt ohne Unterbrechung zu betrachten, aber es hat einen seltsamen Effekt. Alle anderen Sinne lassen nach. Daher war ich besonders erschreckt, als die Herzogin plötzlich in den Raum stürmte und alles zwischen ihr und dem Bild verschwamm.

„Da hat sich etwas bewegt, hinter dem Baum auf der anderen Seite der Straße, gegenüber vom Tor!”, schrie sie, stieß mich beiseite und fummelte mit ihrem Schlüssel in dem goldenen Schloss herum.

Sie zittere vor Wahnsinn und Aufregung und der Schlüssel schien nicht ins Schloss gehen zu wollen. Ich wollte ihr gerade helfen, aber die Herzogin kniete bereits, ihr Auge vor dem Schlüsselloch, um sicherzugehen, dass der Schlüssel hineinging.

Genau in dieser Sekunde erschien der Pfeil, aber dieses Mal schaffte er es nicht bis zum Porträt.

Ich traf Missun Akin einige Jahre später, als ich in Morrowind war, um einige Adlige zu unterhalten. Er war beeindruckt, dass ich es von einem einfachen Kammerdiener zu einem Barden von einiger Bekanntheit geschafft hatte. Er selbst war ins Aschland zurückgekehrt, und wie sein alter Meister Hiomaste hatte er sich dem einfachen Leben des Lehrens und Jagens zugewandt.

Ich berichtete ihm, dass Fürstin Villea beschlossen hatte, die Stadt nicht zu verlassen und dass das Dorf Moliva wieder aufgebaut worden war. Er war froh dies zu hören, aber ich konnte mich nicht durchringen, ihn zu fragen, was ich wirklich wissen wollte. Ich kam mir vor wie ein Narr, weil ich mich fragte, ob das, was ich dachte, der Wahrheit entsprach: dass er an jedem Morgen jenes Sommers hinter Prolyssas Baum gegenüber dem Tor gestanden und einen Pfeil durch das Tor, über den Hof, über den Graben, durch das Schlüsselloch und in das Porträt der Herzogin von Woda geschossen hatte, bis er die Herzogin selbst traf. Es war vollkommen unmöglich. Ich beschloss, nicht zu fragen.

Als wir uns an jenem Tage trennten und er mir zum Abschied zuwinkte, sagte er: „Ich bin erfreut zu sehen, dass es Euch so gut geht, mein Freund. Und ich bin froh, dass Ihr jenen Stuhl zur Seite geschoben habt.”


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