Oblivion:Die wahre Barenziah - Buch II

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Buch I Die wahre Barenziah Buch III

Diese Seite enthält den Text des ersten Buches der Reihe Die wahre Barenziah aus The Elder Scrolls III: Morrowind und The Elder Scrolls IV: Oblivion (Originaltitel: Der Wahre Barenziah).


Inhalt

Die wahre Barenziah - Buch II
von
einem unbekannten Autor


BARENZIAH UND STRENZ LIESSEN SICH ALSO DEN WINTER ÜBER IN RIFTON NIEDER. Zu diesem Zweck mieteten sie sich in einem billigen Zimmer im ärmeren Viertel der Stadt ein. Barenziah wollte der Diebesgilde beitreten, sehr wohl wissend, dass es Ärger gäbe, wenn man sie bei eigenmächtigen Diebestouren erwischte. Eines Tages traf sie in einer Taverne auf ein bekanntes Gildenmitglied, einen verwegenen jungen Khajiit namens Therris. Sie bot an, mit ihm zu schlafen, wenn er Pate für ihre Aufnahme stehen würde. Er sah sie von oben bis unten an, grinste, und stimmte zu. Allerdings würde sie trotzdem einen Initiationsritus mitmachen müssen.


„Und wie sieht der aus?”


„Ah”, sagte Therris. „Erst will ich sehen, was ich da geboten kriege, Süße.”


[Diese Passage wurde auf Befehl des Tempels zensiert]


Strenz würde sie umbringen. Und Therris womöglich auch. Was in Tamriel war nur in sie gefahren, so etwas zu tun? Sie sah sich besorgt im Raum um, doch die anderen Gäste hatten bereits das Interesse verloren und sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten zugewandt. Sie erkannte keinen der Gäste - es war ein anderes Gasthaus als das, in dem sie sich mit Strenz eingemietet hatte. Mit etwas Glück würde es einige Zeit dauern, bis Strenz davon erfuhr. Oder vielleicht, so hoffte sie, würde sie es vollständig geheim halten können.


THERRIS WAR BEI WEITEM DER AUFREGENDSTE UND ATTRAKTIVSTE MANN, dem sie je begegnet war. Er unterrichtete sie nicht nur über die Fähigkeiten, die sie brauchen würde, um Mitglied der Diebesgilde zu werden, sondern unterwies sie auch persönlich darin oder, falls das nicht ging, machte er sie mit den richtigen Leuten bekannt, die ihr alles Nötige beibringen konnten.


Unter ihnen war eine Frau, die einiges über Magie wusste. Katisha war eine stämmige, matronenhafte Nordin. Ihr Mann war Schmied, sie hatte zwei Kinder im jugendlichen Alter, und war durch und durch gewöhnlich und ehrlich - mit der Ausnahme, dass sie Katzen sehr gerne mochte (und somit logischerweise auch deren menschenähnliche Gegenstücke, die Khajiit), ein Talent für eine gewisse Art von Magie und eher merkwürdige Freunde hatte. Sie brachte Barenziah einen Unsichbarkeitszauber bei und bildete sie in anderen Formen des Schleichens und der Tarnung aus. Katisha verband magische und nichtmagische Talente freimütig, und wertete so das eine durch das andere auf. Sie war kein Mitglied der Diebesgilde, hegte jedoch irgendwie mütterliche Gefühle für Therris. Barenziah schloss sie ins Herz, wie das nie zuvor bei einer Frau der Fall gewesen war. Im Verlauf der nächsten Wochen erzählte sie Katisha alles über sich.


Gelegentlich brachte sie Strenz ebenfalls mit. Strenz mochte Katisha. Therris dagegen keineswegs. Therris dagegen fand Strenz „interessant” und schlug Barenziah vor, dass sie es doch einmal mit einem „flotten Dreier” probieren sollten, wie er es nannte.


„Auf gar keinen Fall”, antwortete Barenziah empört. Sie war froh, dass Therris das Thema wenigstens dies eine Mal unter vier Augen angesprochen hatte. „Das würde ihm überhaupt nicht gefallen. Und mir auch nicht!”


Therris lächelte auf seine ureigene charmante, katzenhaft-dreieckige Weise, und streckte sich faul auf dem Stuhl aus. „Ihr wärt sicher überrascht. Beide. Zu zweit ist das alles so langweilig ...”


Barenziah sah ihn mit blitzenden Augen wütend an.


„Oder vielleicht mögt Ihr's ja auch nicht, wenn dieser Dorftrottel da mitmacht, Süße. Wie wär's, wenn ich 'nen Kumpel mitbrächte?”


„Das würde mich allerdings stören. Wenn ich Euch zu langweilig bin, könnt Ihr Euch mit Eurem Kumpel jemand anderen suchen.” Sie war mittlerweile Mitglied der Diebesgilde, hatte den Initiationsritus bestanden. Therris war ganz nützlich, aber nicht wichtig. Vielleicht langweilte er sie auch einfach ein wenig.


BEI KATISHA FAND SIE EIN OFFENES OHR FÜR IHRE MÄNNERPROBLEME. Oder das, was sie für ihre Männerprobleme hielt. Katisha schüttelte den Kopf und sagte ihr, dass sie nach Liebe und nicht nach Sex suche. Sie würde den richtigen Mann schon erkennen, wenn sie ihn erst einmal gefunden habe - und dass weder Strenz noch Therris der Richtige seien.


Barenziah legte den Kopf fragend zur Seite. „Angeblich sind die Frauen der Dunkelelfen alle po ... pro ... Prostituierte?” fragte sie zweifelnd.


„Du meinst, sie sind polygam. Obwohl sicher einige Prositituierte sind, nehme ich an”, fügte Katisha nachdenklich hinzu. „Elfen sind in der Jugend nicht monogam. Aber das wächst sich aus. Vielleicht hat das bei dir bereits angefangen”, fügte sie hoffnungsvoll hinzu. Sie mochte Barenziah, hatte sie regelrecht ins Herz geschlossen. „Du solltest ein paar nette Elfenjungs kennen lernen. Wenn du dich weiterhin mit Khajiit, Menschen und weiß der Himmel wem noch, herumtreibst, bist du im Handumdrehen schwanger.”


Barenziah musste bei diesem Gedanken lächeln. „Ich glaube, das würde mir gefallen. Aber es wäre wirklich derzeit etwas unpraktisch, nicht wahr? Kleine Kinder sind ziemlich anstrengend, und ich habe noch nicht einmal ein eigenes Zuhause.”


„Wie alt bist du jetzt eigentlich, Berry? Siebzehn? Nun, wenn du nicht großes Pech hast, dauert es noch ein Jahr oder zwei, bis du fruchtbar wirst. Auch danach bekommen Elfen nicht sehr schnell mit anderen Elfen Kinder, wenn du dich also an Elfen hältst, dürfte das kein großes Problem sein.”


Barenziah erinnerte sich an etwas anderes. „Strenz will, dass wir einen Bauernhof kaufen und heiraten.”


„Willst du das auch?”


„Nein. Noch nicht. Vielleicht irgendwann einmal. Ja, eines Tages einmal. Aber nicht, wenn ich nicht Königin sein kann. Und ich will nicht irgendeine Königin sein. Ich will Königin von Gramfeste sein.” Sie sagte es entschlossen, fast dickköpfig, als wolle sie jeden Zweifel daran im Keim ersticken.


Katisha beschloss, diese letzte Bemerkung zu ignorieren. Die überbordende Fantasie des Mädchens belustigte sie, doch sie sah es als Zeichen eines gut funktionierenden Kopfes. „Bevor „eines Tages” erreicht ist, wird Strenz wohl ein sehr alter Mann sein. Elfen leben sehr lange.” Der traurige, fast neidische Blick, den Menschen immer dann bekamen, wenn sie daran dachten, dass Elfen ein tausendjähriges Leben vergönnt war, huschte kurz über Katishas Gesicht. Gewiss, nur wenige lebten tatsächlich so lange - Krankheit und Gewalt forderten beide einen hohen Tribut. Aber immerhin konnten sie so alt werden. Und dem ein oder anderen gelang das auch.


„Ich mag auch alte Männer”, meinte Berry.


Katisha lachte.


BARENZIAH ZAPPELTE UNGEDULDIG, WÄHREND THERRIS die Papiere auf dem Schreibtisch durchging. Er ging sehr sorgfältig und äußerst methodisch vor, und legte alles wieder exakt an die Stelle, an der er es gefunden hatte.


Sie waren bei einem Edelmann eingebrochen, Strenz war als Wache draußen geblieben. Therris hatte gemeint, es sei ein einfacher, aber äußerst geheimer Auftrag. Er hatte noch nicht einmal andere Gildenmitglieder mitnehmen wollen. Berry und Strenz konnte er trauen, aber sonst keinem, hatte er gesagt.


„Sagt mir, was Ihr sucht, ich finde es sicher schnell”, wisperte Berry drängend. Therris konnte bei Nacht lange nicht so gut sehen wie sie, und wollte nicht, dass sie auch nur das geringste Bisschen Licht herbeizauberte.


Noch nie war sie in einem so luxuriösen Haus gewesen. Nicht einmal die Burg von Graf Sven und Gräfin Inga in Finstermoor konnte da mithalten. Staunend hatte sie sich umgesehen, als sie durch die riesige, reich geschmückte Halle im Erdgeschoss geschlichen waren. Doch Therris schien sich für nichts als den Sekretär in einem kleinen Studierzimmer voller Bücher im oberen Stockwerk zu interessieren.


„Psst”, zischte er wütend.


„Da kommt jemand!” sagte Berry nur einen Augenblick bevor die Tür aufging und zwei dunkle Gestalten den Raum betraten. Therris schubste sie heftig in Richtung der beiden und sprang zum Fenster. Barenziahs Muskeln schienen einzufrieren - sie konnte sich weder bewegen noch sprechen. Hilflos musste sie mit ansehen, wie die kleinere der beiden Gestalten Therris nachsprang. Zwei blitzschnelle, völlig stille blaue Lichtblitze zuckten auf, und Therris sank lautlos zu einem regungslosen Häufchen zusammen.


Vor dem Studierzimmer herrschte großer Aufruhr - Schritte hallten durch die Flure, Stimmen riefen aufgeregt durcheinander, und hastig angelegte Rüstungen rasselten.


Der größere der beiden Männer, anscheinend ein Dunkelelf, schleifte und trug Therris zur Tür und übergab ihn einem anderen Elf. Dann gab er ein Zeichen mit dem Kopf, und sein Begleiter, kleiner als er selbst und in blauer Robe, folgte ihnen. Nun schlenderte er zu Barenziah, die sich jetzt wieder bewegen konnte, auch wenn ihr Kopf fürchterlich pochte, wenn sie es auch nur versuchte.


„Macht Euer Hemd auf, Barenziah”, sagte er. Barenziah starrte ihn an und verschränkte entschlossen die Arme. „Ihr seid kein Junge, Berry, nicht wahr?” sagte er leise. „Ihr hättet vor Monaten aufhören sollen, Euch als Junge zu verkleiden, wirklich. So habt Ihr nur die Aufmerksamkeit auf Euch gelenkt. Und sich auch noch Berry zu nennen! Ist Euer lieber Strenz denn zu dämlich, um sich einen anderen Namen zu merken?”


„Das ist ein durchaus gängiger Name bei Elfen”, verteidigte sich Barenziah.


Traurig schüttelte ihr Gegenüber den Kopf. „Bei Dunkelelfen nicht, meine Liebe. Aber über Dunkelelfen wisst Ihr wohl nicht sehr viel. Das bedaure ich, aber es ließ sich nicht vermeiden. Sei's drum. Ich werde versuchen, dem Abhilfe zu schaffen.”


„Wer seid Ihr?” wollte Barenziah wissen.


„Nun. Soviel zum Thema Ruhm”, lächelte der Mann gequält und zuckte mit den Schultern. „Ich, Milady Barenziah, bin Symmachus. General Symmachus im Dienste der kaiserlichen Armee seiner Ehrfurcht Gebietenden und Formidablen Majestät Tiber Septim I. Ich muss schon sagen, Ihr habt mich auf einer ziemlich wilden Jagd durch ganz Tamriel gescheucht. Zumindest durch diesen Teil des Landes. Ich hatte mir allerdings - und wohl zu Recht - schon gedacht, dass Ihr nach und nach in Richtung Morrowind kommen würdet. Ihr hattet ziemlich viel Glück. In Weißlauf fand man eine Leiche, die man für Strenz hielt. Daher haben wir nicht nach zwei Personen gesucht. Sehr nachlässig von mir. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass ihr so lange zusammenbleiben würdet.”


„Wo ist er? Geht es ihm gut?” fragte sie ernsthaft besorgt.


„Ihm geht es gut. Zumindest vorläufig. Natürlich ist er inhaftiert.” Er wandte sich ab. „Dann ist er Euch also ... wichtig?” meinte er plötzlich, sie mit brennender Neugierde ansehend. Die roten Augen, die sie anschauten, wirkten sehr befremdlich für sie - normalerweise sah sie rote Augen nur in ihrem eigenen Spiegelbild.


„Er ist ein guter Freund”, entgegnete Barenziah. Die Wörter hörten sich sogar in ihren eigenen Ohren teilnahms- und hoffnungslos an. Symmachus! Ein General der Kaiserlichen Armee - und angeblich sogar Freund und Berater von Tiber Septim selbst.


„Nun. Ihr scheint eine ganze Anzahl unangemessener Freunde zu haben, wenn ich das einmal sagen darf, Milady.”


„Hört auf, mich so zu nennen.” Der anscheinende Sarkasmus des Generals irritierte sie. Doch er lächelte nur.


Während sie sprachen, klang das geschäftige Treiben und der Aufruhr im Haus ab. Allerdings konnte sie noch einige Stimmen hören, die nicht weit entfernt flüsterten, vermutlich die Bewohner. Der große Elf setzte sich auf eine Ecke des Schreibtischs. Er wirkte recht entspannt und bereit, einige Zeit lang zu bleiben.


Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Eine ganze Anzahl unangemessener Freunde? Das hatte er doch gesagt! Der Mann wusste alles über sie! Oder zumindest genug. Was ungefähr auf dasselbe hinauslief.


„W-was werdet Ihr mit ihnen tun? Und mit ... mit mir?”


„Ah. Wie Ihr wisst, gehört dieses Haus dem Befehlshaber der Kaiserlichen Truppen in dieser Gegend. Das heißt, es gehört mir.” Barenziah schnappte nach Luft. Symmachus blickte überrascht auf. „Das wusstet Ihr nicht. Ts, ts, ts. Ihr seid wirklich sehr waghalsig, Milady, sogar für eine Siebzehnjährige. Ihr solltet stets wissen, was Ihr tut, und in welche Gefahr Ihr Euch begebt.”


„Aber, aber ... die Gilde ... sie hätte nie ...” Barenziah zitterte förmlich. Niemals hätte die Diebesgilde eine Mission gewagt, die der kaiserlichen Politik in die Quere kam. Niemand wagte es, sich gegen Tiber Septim zu stellen, zumindest keiner, von dem sie wusste. Irgend jemand bei der Gilde hatte einen Fehler gemacht. Einen sehr schweren Fehler. Und sie würde dafür bezahlen müssen.


„Da würde ich Euch Recht geben. Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass Therris für diese Sache hier die Genehmigung der Gilde hatte. Ich frage mich sogar ...” Sorgsam untersuchte Symmachus den Sekretär und zog nacheinander die Schubladen heraus. Eine davon setzte er auf die Schreibfläche und entfernte einen doppelten Boden. Unter ihm befand sich ein gefaltetes Stück Pergament. Es schien eine Art Landkarte zu sein. Barenziah versuchte, einen Blick darauf zu erhaschen. Symmachus zog das Papier weg und lachte. „Die Waghalsigkeit in Person!” Er warf einen Blick darauf, faltete das Pergament und legte es wieder in das Versteck.


„Gerade habt Ihr mir gesagt, ich solle mich um Wissen bemühen.”


„In der Tat, in der Tat.” Plötzlich schien er sehr gute Laune zu haben. „Wir müssen uns auf den Weg machen, Milady.”


Er lotste sie zur Tür, die Treppe hinunter und hinaus in die Nacht. Es war keiner zugegen. Bareziah sah sich nervös nach Schatten um. Vielleicht konnte sie irgendwie weglaufen? Irgendwie entkommen?


„Ihr überlegt Euch doch nicht etwa, zu fliehen, oder? Nein, sicher nicht. Wollt Ihr nicht zuerst wissen, welche Pläne ich für Euch habe?” Fast schien er ein bisschen verletzt zu sein.


„Jetzt, da Ihr darauf zu sprechen kommt - doch, in der Tat.”


„Vielleicht wollt Ihr zuvor wissen, was mit Euren Freunden geschehen ist.”


„Nein.”


Er schaute zufrieden drein ob dieser Antwort. Offenbar war es das, was er hören wollte, dachte Barenziah. Aber es war gleichzeitig die Wahrheit. Zwar machte sie sich durchaus Sorgen um ihre Freunde - besonders um Strenz - aber wichtiger war, was mit ihr selbst geschehen würde.


„Ihr werdet Eure rechtmäßige Stellung als Königin von Gramfeste einnehmen.”


SYMMACHUS ERKLÄRTE, DASS DAS VON ANFANG AN DER PLAN GEWESEN SEI, den er und Tiber Septim für sie gehabt hatten. Gramfeste, das in den über zehn Jahren seit sie nicht mehr im Land gewesen war, unter Militärherrschaft gestanden hatte, sollte nach und nach zur zivilen Regierungsform zurückgebracht werden - natürlich unter Aufsicht des Kaiserreichs und als Teil der kaiserlichen Provinz Morrowind.


„Aber warum wurde ich dann nach Finstermoor geschickt?” fragte Barenziah nach, die kaum glauben konnte, was sie da hörte.


„Zu Eurer Sicherheit natürlich. Warum seid Ihr weggelaufen?”


Barenziah zuckte mit den Schultern. „Ich konnte keinen Grund sehen, zu bleiben. Man hätte es mir sagen müssen.”


„Das wäre mittlerweile auch geschehen. Ich hatte sogar bereits Boten ausgeschickt, die Euch in die kaiserliche Stadt bringen sollten, so dass Ihr eine Zeit am kaiserlichen Hof würdet verbringen können. Aber da wart ihr bereits ... nun, ihr hattet sozusagen das Schiff bereits verlassen. Was Euer Schicksal angeht, so hätte Euch das doch vollkommen klar sein müssen. Tiber Septim hält jene nicht am Leben, für die er keine Verwendung hat - und zu was hättet Ihr ihm sonst zu Nutze sein können?”


„Ich weiß nichts über ihn. Über Euch übrigens auch nicht.”


„Dann wisst dieses: Tiber Septim gewährt Freunden und Feinden gleichermaßen das, was ihnen gebührt.”


Daran hatte Barenziah eine Weile zu knabbern. Schließlich sagte sie: „Strenz hat mich stets gut behandelt und geschützt. Nie hat er jemandem etwas zuleide getan. Er ist kein Mitglied der Diebesgilde. Er kam nur mit, um mich zu beschützen. Er verdient unseren Unterhalt mit Botengängen und ... und er ...”


Symmachus wedelte ungeduldig mit der Hand. „Jaja. Ich weiß alles über Strenz”, sagte er. „Und über Therris.”' Er blickte sie durchdringend an. „Also? Was?”


Sie atmete tief ein. „Strenz wünscht sich nichts sehnlicher als einen kleinen Bauernhof. Wenn ich denn reich bin, dann hätte ich gerne, dass ihm dieser Wunsch gewährt wird.”


„Sehr wohl.” Er schien zunächst überrascht, dann erfreut darüber. „Gut. Er soll seinen Bauernhof haben. Und was ist mit Therris?”


„Er hat mich verraten”, sagte Barenziah kalt. Er hätte ihr sagen müssen, welche Gefahr bei diesem Auftrag auf sie wartete. Und dann hatte er sie direkt in die Arme der Feinde geschoben, um zu versuchen, die eigene Haut zu retten. Das war gewiss kein Mann, den man belohnen sollte. Und dem man auch nicht trauen konnte, wenn man sich es recht überlegte.


„Ja. Und?”


„Nun, er sollte für seine Taten büßen ... oder etwa nicht?”


„Das erscheint mir nur vernünftig. Und in welcher Form soll er büßen?”


Barenziah ballte die Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte sie den Khajiit selbst verprügelt und zerkratzt. Aber angesichts der aktuellen Ereignisse schien das keine sehr königliche Verhaltensweise zu sein. „Auspeitschen vielleicht. Wären zwanzig Schläge wohl zu viel? Ich will ihm ja keinen dauerhaften Schaden zufügen. Er soll nur seine Lektion lernen.”


„Gewiss. Selbstverständlich.” Symmachus grinste. Plötzlich besann er sich und wurde wieder ernst. „So soll es geschehen, Eure Hoheit Königin Barenziah von Gramfeste.” Mit diesen Worten verbeugte er sich vor ihr - tief, mit Schwung, wie man sich eine tiefe Verbeugung am Hofe vorstellte. Es war absurd und wunderbar zugleich.


Barenziahs Herz hüpfte vor Glück.


SIE VERBRACHTE ZWEI TAGE IM HAUS DES SYMMACHUS. Während dieser Zeit war sie sehr beschäftigt. Eine Dunkelelfe namens Drelliane versorgte sie mit allem Nötigen. Allerdings schien sie keine Dienerin zu sein, da sie mit ihnen speiste. Sie schien jedoch auch nicht Symmachus Frau oder Liebhaberin zu sein. Drelliane schaute amüsiert drein, als Barenziah dies einmal ansprach. Sie entgegnete, sie sei vom General angestellt und tue, was man von ihr verlange.


Mit Drellianes Hilfe wurden mehrere Paar Schuhe und verschiedene edle Roben für sie bestellt, ebenso Reitkleidung, Stiefel und einige andere kleinere Dinge des täglichen Bedarfs. Sie bekam ein Zimmer für sich alleine.


Symmachus war sehr viel unterwegs. Sie sah ihn bei den Mahlzeiten, doch er sprach nur wenig über sich selbst oder darüber, was er getan hatte. Er war stets höflich und korrekt, durchaus willens, sich über die meisten Themen zu unterhalten, und schien an fast allem interessiert zu sein, das sie zu sagen hatte. Mit Drelliane war es nicht anders. Barenziah fand sie durchaus freundlich, aber wurde einfach nicht richtig warm mit ihnen, wie Katisha es gesagt hätte. Irgendwie war sie enttäuscht. Es waren die ersten Dunkelelfen, mit denen sie näheren Kontakt hatte. Sie hatte erwartet, dass sie sich bei ihnen wohl fühlen würde, sich endlich irgendwo zugehörig und als Teil einer Gruppe zu fühlen. Statt dessen vermisste sie ihre nordischen Freunde Katisha und Strenz schrecklich.


Als Symmachus ihr daher mitteilte, dass sie am Morgen zur Kaiserstadt aufbrechen würden, bat sie daher um Erlaubnis, sich von ihnen verabschieden zu dürfen.


„Katisha?” fragte er. „Gewiss. Nun ... ich denke, ich bin ihr etwas schuldig. Sie war es ja, die mich zu Euch führte, indem sie mir von einer einsamen Dunkelelfe namens Berry erzählte, die Freunde unter den Elfen brauchte - und die sich manchmal als Junge verkleidete. Anscheinend hat sie keinerlei Verbindung zur Diebesgilde. Und niemand, der mit der Diebesgilde zu tun hat, scheint Eure wahre Identität zu kennen, abgesehen von Therris. Das ist gut so. Eure ehemalige Gildenzugehörigkeit sollte lieber nicht öffentlich bekannt werden. Sprecht bitte zu niemandem darüber, Eure Hoheit. Eine solche Vergangenheit ... schickt sich nicht für eine Königin im Kaiserreich.”


„Außer Strenz und Therris weiß keiner davon. Und sie werden niemandem davon erzählen.”


„Nein.” Ein merkwürdiges Lächeln huschte über sein Gesicht. „Nein, das werden sie nicht.”


Er wusste also nicht, dass Katisha es wusste. Aber seine Art war merkwürdig gewesen ...


Strenz kam am Morgen ihrer Abreise in ihre Räume. Man ließ sie im Vorzimmer alleine, doch Barenziah wusste genau, dass andere Elfen in Hörweite waren. Er war blass und sah nicht gut aus. Einige Minuten lang umarmten sie sich schweigend. Strenzs Schultern zitterten und er weinte bitterlich, sagte jedoch nichts.


Barenziah versuchte, zu lächeln. „Wir bekommen also beide, was wir uns gewünscht haben, wie? Ich werde Königin von Gramfeste und du Herrscher über deinen eigenen Hof.” Sie nahm seine Hand. Ihr Lächeln kam von Herzen. „Ich werde dir schreiben, Strenz. Das verspreche ich dir. Du musst schauen, dass du einen Schreiber findest, damit du mir antworten kannst.”


Strenz schüttelte nur traurig den Kopf. Doch Barenziah ließ nicht locker. Da öffnete er den Mund und zeigte darauf, während er unverständliche Laute von sich gab. Schlagartig wurde ihr klar, was geschehen war. Er hatte keine Zunge mehr - sie war ihm abgetrennt worden.


Barenziah brach weinend auf einem Stuhl zusammen.


„ABER WARUM NUR?” FORDERTE SIE VON SYMMACHUS ZU WISSEN, als Strenz weggebracht worden war. „Warum?”


Symmachus zuckte nur mit den Schultern. „Er weiß zu viel. Er könnte gefährlich sein. Immerhin ist er am Leben, und seine Zunge wird er ja nicht brauchen um ... um Schweine zu züchten, oder was immer er vorhat.”


„Ich hasse Euch!” kreischte ihn Barenziah an, bevor ihr übel wurde und sie sich übergeben musste. Sie beschimpfte ihn weiter, während sie sich wieder und wieder übergab. Er hörte ohne Regung zu, während Drelliane den Boden säuberte. Am Ende sagte er nur, sie solle aufhören, sonst werde er sie für die Reise zum Kaiser knebeln müssen.


Auf dem Weg aus der Stadt hielten sie bei Katisha. Symmachus und Drelliane stiegen nicht ab. Alles schien wie immer, doch Barenziah hatte Angst, als sie an der Tür klopfte. Katisha ging an die Tür. Stumm dankte Barenziah den Göttern, dass es zumindest Katisha gut ging. Aber auch sie hatte offenbar geweint. Auf jeden Fall umarmte sie Barenziah herzlich.


„Warum weint Ihr?” fragte Barenziah.


„Wegen Therris natürlich. Habt Ihr es noch nicht gehört? O du meine Güte. Der arme Therris. Er ist tot.” Barenziah spürte, wie es ihr kalt ums Herz wurde. „Man hat ihn erwischt, als er versuchte, einen Diebstahl im Haus des Generals zu begehen. Der arme Junge. Aber das war auch so dumm von ihm. O Berry - man hat ihn heute früh auf Befehl des Generals hin gevierteilt!” Sie schluchzte laut auf. „Ich bin hingegangen. Er hat nach mir gefragt. Es war so schrecklich. Er hat so gelitten, bevor er starb. Das werde ich nie vergessen. Ich habe nach dir und Strenz Ausschau gehalten, aber keiner wusste, was mit Euch geschehen war.” Sie schaute hinter Barenziah. „Das ist er, der General, nicht wahr? Symmachus.” Und dann tat sie etwas merkwürdiges. Sie hörte auf zu weinen und ein breites Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Wisst Ihr, als ich ihn gesehen habe, dachte ich mir gleich „Das ist der Richtige für Barenziah!”” Sie wischte sich mit einem Eck ihrer Schürze die Augen. „Ich habe Euch von ihm erzählt, wisst Ihr noch?”


„Ja”, sagte Barenziah, „ich weiß.” Sie nahm Katishas Hände in die Ihren und sah sie flehend an. „Katisha, ich habe Euch furchtbar gern. Ich werde Euch schrecklich vermissen. Aber bitte, bitte erzähle niemals irgendjemandem irgendetwas über mich. Niemals. Hörst du? Versprich es mir. Und vor allem nicht Symmachus. Und kümmere dich um Strenz, um meinetwillen. Versprich es mir.”


Katisha versprach es gerne, auch wenn die Bitte sie offensichtlich verwirrte. „Berry, Therris wurde nicht irgendwie wegen mir erwischt, oder? Ich habe niemals irgendetwas über Therris gesagt. Nicht ... ihm nicht.” Sie schaute kurz zu Symmachus.


Barenziah versicherte ihr, dass das nicht der Fall war, und dass ein Informant der Kaiserlichen Wache Therris Pläne verraten hatte. Das war vermutlich die Unwahrheit, aber es war nur allzu offensichtlich, dass Katisha dringend ein wenig Trost brauchte.


„Nun, da bin ich aber froh - wenn ich mich im Augenblick überhaupt über etwas freuen kann. Es wäre zu schrecklich, wenn ... aber wie hätte ich es denn auch wissen können?” Sie beugte sich vor und flüsterte Barenziah ins Ohr. „Symmachus ist wirklich sehr gut aussehend, nicht wahr? Und so charmant!”


„Davon habe ich noch nichts gemerkt”, meinte Barenziah trocken. „Darüber habe ich bisher noch nicht nachgedacht. Ich hatte andere Dinge, über die ich nachdenken musste.” Eilig erklärte sie, dass sie Königin von Gramfeste sei und nun eine Zeit lang in der Kaiserstadt leben werde. „Er hat mich gesucht, weiter nichts. Auf Befehl des Kaisers. Ich war das Objekt, das es zu finden galt ... ein ... ein Ziel eben, das er erreichen musste. Ich glaube nicht, dass er mich überhaupt als Frau betrachtet. Immerhin hat er gesagt, ich sähe nicht wie ein Junge aus”, setzte sie angesichts der ungläubigen Miene Katishas hinzu. Katisha wusste genau, dass Barenziah eigentlich jedes männliche Wesen zuallererst hinsichtlich seiner Attraktivität und seiner Verfügbarkeit beurteilte. „Sicher ist es der Schock, dass ich wirklich Königin bin”, fügte sie hinzu. Katisha stimmte ihr zu, dass es das wohl ein Schock sein müsse, auch wenn sie damit selbst wohl keine Erfahrung habe. Sie lächelte. Barenziah lächelte mit. Zum letzten Mal umarmten sie sich unter Tränen. Katisha sollte sie nie wieder sehen. Genauso wenig wie Strenz.


DIE HOCHHERRSCHAFTLICHE REISEGESELLSCHAFT VERLIESS RIFTON DURCH DAS GROSSE SÜDTOR. Als sie hindurchgeritten waren, tippte er ihr auf die Schulter und zeigte auf das Tor, durch das sie gerade gekommen waren. „Wolltet Ihr Euch nicht auch von Therris verabschieden, Eure Hoheit?”


Barenziah starrte kurz, aber ohne sich abzuwenden auf den Kopf, der über dem Tor aufgespießt war. Vögel hatten schon begonnen, daran zu picken, doch das Gesicht war noch erkennbar. „Er wird mich wohl nicht hören können, sich aber sicher freuen, zu wissen, dass es mir gut geht”, gab sie zurück, bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. „Wir sollten vielleicht lieber unseres Weges ziehen, General, was meint Ihr?”


Symmachus war sichtlich enttäuscht über ihre mangelnde Reaktion. „Gewiss. Ich nehme an, Ihr habt durch Katisha davon gehört?”


„Ihr geht recht in der Annahme. Sie hat der Exekution beigewohnt”, sagte Barenziah beiläufig. Wenn er es nicht bereits wusste, würde er es ohnehin bald erfahren, dessen war sie sich sicher.


„Wusste sie, dass Therris in der Gilde war?”


Sie zuckte mit den Schultern. „Das wusste jeder. Nur die Mitglieder niederen Ranges wie ich waren gehalten, ihre Mitgliedschaft geheim zu halten. Die höheren Ränge sind allseits bekannt.” Sie wandte sich um und schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln. „Aber das wisst Ihr ja sicher am besten, General, nicht wahr?” sagte sie betont freundlich.


Er schien nichts zu bemerken. „Ihr habt ihr also verraten, wer ihr seid, und woher ihr wart, nicht jedoch von Eurer Gildenmitgliedschaft erzählt.”


„Die Mitgliedschaft in der Gilde war nicht mein Geheimnis. Ich durfte es nicht verraten. Das andere Geheimnis war meines. Ein großer Unterschied, wie ich meine. Außerdem ist Katisha eine sehr ehrliche Frau. Wenn ich ihr das gesagt hätte, hätte es mich in ihren Augen abgewertet. Sie hat Therris immer wieder ins Gewissen geredet, dass er sich eine ehrlichere Arbeit suchen solle. Und ich schätze ihre Wertschätzung.” Mit eiskaltem Blick setzte sie hinzu, „Nicht, dass es Euch etwas anginge, aber wisst Ihr, was sie noch meinte? Sie dachte, ich würde glücklicher sein, wenn ich mich für einen einzigen Mann entschiede. Einen meiner eigenen Art. Mit den richtigen Eigenschaften. Und der weiß, was man sagt und wie man sich verhält. Genau genommen meinte sie, ausgerechnet Ihr wärt der ideale Kandidat.” Sie packte die Zügel fester in Vorbereitung auf eine schnellere Gangart - aber nicht, ohne zuvor noch eine letzte Spitze loszuwerden. „Ist es nicht merkwürdig, wie Wünsche wahr werden - aber nicht in der Art, wie man sich es vorgestellt hatte? Oder vielleicht eher so, dass sie genau das Gegenteil dessen darstellen, was man sich gewünscht hätte?”


Seine Antwort überraschte sie so sehr, dass sie vor Verblüffung völlig vergaß, loszugaloppieren. „In der Tat. Die Dinge entwickeln sich manchmal auf äußerst merkwürdige Weise.” Sein Tonfall stimmte exakt mit dem Inhalt seiner Aussage überein. Mit diesen Worten fiel er hinter ihr in Schritt.


Sie hielt den Kopf empor und trieb ihr Pferd an, bemüht, möglichst unbeeindruckt zu wirken. Irgend etwas an seiner Antwort kam ihr merkwürdig vor. Nur was? Es war nicht so sehr, was er gesagt hatte. Nein, das war es nicht. Es war etwas in der Art, auf die er es gesagt hatte. Irgendwie gab er ihr das Gefühl dass sie - Barenziah - einer der Träume war, die für ihn wirklich wahr geworden waren. So unwahrscheinlich das scheinen mochte, drehte und wendete sie diesen Gedanken hin und her. Gewiss, er hatte sie nach monatelanger Suche unter Druck des Kaisers gefunden. Sein Wunsch war also in Erfüllung gegangen. Das musste es wohl sein.


Aber anscheinend auf eine Weise, die ihm nicht vollauf behagte.



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