Morrowind:Der vergiftete Gesang - Buch VII

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Buch VI Der vergiftete Gesang   ►

Diese Seite enthält den Text des siebten Buches von Der vergiftete Gesang aus The Elder Scrolls III: Morrowind.

Inhalt

Der vergiftete Gesang - Buch VII
von
Bristin Xel


Triffith stand auf der Brustwehr der Festung Barysimayn und dachte über den Vulkan nach. Die Metaphern der Poeten vermochten seinen Anblick nicht zu erfassen. Eine schwärende Wunde konnte man ihn nennen, mit all seiner blutähnlichen Lava. Aschenkönig wäre ebenfalls treffend, wenn man seine allgegenwärtige Krone aus Rauch betrachtete. Und doch, nichts davon würde ausreichen, denn nichts, was ihm bekannt war, konnte die schier unglaublichen Ausmaße des Berges vermitteln.


Der Rote Berg war viele Meilen von der Festung entfernt und erstreckte sich dennoch über den gesamten Horizont.


Aber bevor er sich zu winzig fühlen konnte, hörte er, wie man seinen Namen rief. Es lag ein gewisser Trost darin, dass er, obwohl er im Vergleich zu dem Berg unbedeutend war, dennoch eine gewisse Macht und Einfluss besaß.


„General Indoril-Triffith,“ sagte Kommandant Rael. „Es gibt Probleme am Osttor.“


Der Ärger war kaum mehr als ein Handgemenge. Ein Aschländer, vermutlich vom Shein betrunken, hatte einen Kampf mit einer der Wachen am hinteren Tor begonnen. Als man versuchte, ihn zu vertreiben, gesellten sich seine Verwandten zu ihm, und schon bald stritten sechs Aschländer zusammen gegen ein Dutzend von Triffiths Wachen. Wenn die N'Wahs nicht so gut bewaffnet gewesen wären, hätte der Kampf vorüber sein können, bevor er eigentlich begann. So allerdings waren, als der General mit noch mehr Wachen am Ort des Geschehens eintraf, zwei der Aschländer tot und die anderen auf der Flucht.


„Es ist der Rauch in ihren Köpfen“, sagte Rael schulterzuckend. „Macht sie verrückt.“


Triffith ging wieder die Treppe hinauf und kehrte in seine Gemächer zurück, um sich für das Abendessen umzukleiden. General Redoran-Vorilk und Berater Hlaalu-Nothoc würden in Kürze eintreffen, um die Pläne des Tempels für die Reorganisation der Ländereien der Fürstenhäuser von Morrowind zu besprechen. Gramfeste sollte in Almalexia umbenannt werden. Eine große, neue Stadt zu Ehren Vivecs sollte errichtet werden, aber mit wessen Geld? Es bereitete ihm Kopfschmerzen. Es gab so viele Details, eine lange Nacht voller Streit, Drohungen und Kompromisse lag vor ihm.


Der General war so tief in Gedanken versunken, dass er sein offizielles Gewand beinahe verkehrt herum angezogen hätte. Es bemerkte außerdem die schattenhafte Gestalt nicht, die lautlos hinter dem Wandteppich hervorkam und die Tür zum Schlafgemach schloss. Erst als Triffith den Riegel zuschnappen hörte, wandte er sich um.


„Du bist hereingeschlichen, als ich von dem Krawall am hinteren Tor abgelenkt war. Sehr clever, Tay“, sagte er einfach. „Oder nennst du dich heutzutage Dagoth-Tython?“


„Du solltest alle meine Namen kennen“, stieß der junge Mann hervor und zog sein Schwert. „Ich war Tython, bevor du meine Familie abschlachtetest und versuchtest, meinen Stamm auszulöschen. Ich war Tay, als du mich in dein Haus brachtest, um mich gegen mein eigenes Volk zu vergiften. Und nun darfst du mich Rache nennen.“


Es klopfte an der Tür. Tython und Triffith ließen die Augen nicht voneinander. Das Klopfen wurde zu einem lauten Hämmern. „General Indoril-Triffith, geht es Euch gut? Ist alles in Ordnung?“'


„Wenn du mich töten willst, Junge, solltest du dich beeilen“, knurrte Triffith. „Meine Männer werden die Tür in zwei Minuten aufgebrochen haben.“


„Sag mir nicht, was ich zu tun habe, 'Onkel'“, sagte Tython und schüttelte den Kopf. „Der Gesang meiner Vorfahren leitet mich. Er sagt mir, dass du meinen Vater um sein Leben hast betteln lassen, bevor du ihn getötet hast, und ich will dich das gleiche tun sehen.“


„Wenn deine Vorfahren so allwissend sind“, lächelte Triffith, „warum sind sie dann alle tot?“


Tython stieß ein unmenschliches Knurren aus und kam näher. Die Tür bog sich unter dem Ansturm der Wachen, aber sie war stabil und fest. Des Generals Einschätzung ihrer Lebenserwartung von zwei Minuten schien eindeutig fehlerhaft zu sein.


Das Hämmern hörte plötzlich auf. Eine vertraute Stimme ersetzte das Geräusch.


„Tay“, rief Baynarah. „Hör mir zu.“


Tython grinste bösartig. „Du kommst gerade rechtzeitig, um deinen Onkel um sein erbärmliches Leben betteln zu hören, 'Cousine'. Ich hatte schon befürchtet, du kämest zu spät. Das Nächste, was du hören wirst, wird das Todesröcheln des Mannes sein, der mein Haus versklavt hat.“


„Der Gesang hat dich versklavt, nicht Onkel Triffith. Du kannst ihm nicht vertrauen. Er vergiftet dich. Er ließ zu, dass du zunächst von dieser verrückten alten Frau und jetzt von dieser bösen Hexe Acra, die sich selbst deine Schwester schimpft, manipuliert wirst.“


Tython drückte die Spitze seines Schwertes gegen die Kehle des Generals. Der ältere Mann ging rückwärts und Tython setzte nach. Seine Augen folgten der Länge seines Armes zum Griff seiner Klinge. Der silberne Ring des Hauses Dagoth fing das rote Licht des Vulkans ein, das durch das Fenster hineinschien.


„Tay, bitte tu niemandem mehr weh. Bitte. Wenn du nur einen Moment mir zuhörst und nicht dem Gesang, wirst du wissen, was richtig ist. Ich liebe dich.“ Baynarah unterdrückte ihr Schluchzen, um ihre Stimme klar und ruhig zu halten. Es ertönten Schritte auf der Treppe hinter ihr. Die Wachen des Generals waren endlich mit dem Rammbock eingetroffen.


Die Tür splitterte und brach nach zwei Stößen auf. General Indoril-Triffith hielt sich die Kehle und starrte aus dem Fenster.


„Onkel! Geht es dir gut?“ Baynarah eilte zu ihm. Er nickte langsam und nahm seine Hand fort. Man konnte nur einen leichten Kratzer an seinem Hals sehen. „Wo ist Tay?“


„Er ist aus dem Fenster gesprungen“, sagte Triffith und wies nach draußen, wo man in einiger Entfernung eine Gestalt auf einem Guar in Richtung des Vulkans reiten sah. „Ich dachte, er würde sich umbringen, aber er hatte seine Flucht wohl vorbereitet.“


„Wir werden ihn kriegen, General“, sagte Kommandant Rael und befahl den Wachen, ihre Reittiere zu holen. Baynarah sah ihnen zu, wie sie fortritten. Dann küsste sie ihren Onkel schnell und rannte in den Hof zu ihrem eigenen Guar.


Tay war in Schweiß gebadet, als er näher und näher auf den Gipfel des Roten Berges zuritt. Das Guar atmete schwer und lief noch langsamer, leise wegen der Hitze grunzend. Schließlich ließ er sein Reittier zurück und begann die beinahe senkrechte Wand hochzuklettern. Asche blies aus dem Krater in sein Gesicht. Fast blind war es ihm beinahe unmöglich, die andauernden, schrill kreischenden Klänge des Gesanges zu ignorieren.


Ein seidig glänzender Strom tiefroter Lava, von kristallinen Formationen durchzogen, schoss einige Meter entfernt in die Höhe, nahe genug, dass Tay fühlte, wie seine Haut brannte und Blasen warf. Er wandte sich davon ab und sah eine Gestalt aus dem Rauch hervorkommen. Baynarah.


„Was tust du, Tay?“ schrie sie über das Tosen des Vulkans hinweg. „Habe ich dir nicht gesagt, du sollst nicht auf den Gesang hören?“


„Zum ersten Mal wollen der Gesang und ich dasselbe!“ schrie er zurück. „Ich kann dich nicht darum bitten, mir zu vergeben, aber bitte versuch zu vergessen!“


Er kletterte noch höher, aus Baynarahs Sichtweite. Sie rief seinen Namen und stieg die Felsen hinauf, bis sie ganz nahe am offenen Krater war. Wellen aus kochendem Gas schlugen über sie hinweg und sie fiel keuchend auf die Knie. Durch die Dämpfe sah sie Tay am Rande des Kraters stehen. Flammen schossen aus seiner Kleidung und seinen Haaren. Er drehte sich für einen Moment zu ihr hin und lächelte.


Dann sprang er.


Baynarah war gedankenverloren, als sie den langen, gefährlichen Abstieg vom Vulkan hinunter begann. Sie dachte an die Aufgaben, die vor ihr lagen. Befanden sich in den Speisekammern ihres Hauses auf Gorne genug Vorräte für das Treffen der Häuser? Die Ratsherren würden für Wochen dort bleiben, vielleicht für Monate. Es gab soviel zu tun. Langsam, während sie hinunterstieg, begann sie zu vergessen. Es würde nicht anhalten, aber es war ein Anfang.


Dagoth-Acra stand so nah am klaffenden Maul des Vulkans, wie es möglich war, wegen der Asche blinzelnd und von der Hitze durchnässt. Sie sah sich um und lächelte. Auf dem Boden lag der silberne Ring mit dem Siegel des Hauses Dagoth. Tython hatte so stark geschwitzt, dass er herunter gerutscht war. Sie hob ihn auf und steckte ihn sich selbst an den Finger. Und als sie ihren Bauch berührte, hörte sie, wie eine neue Strophe des vergifteten Gesanges von Morrowind begann.