Morrowind:Der Kuchen und der Diamant

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Diese Seite enthält den Text von Der Kuchen und der Diamant aus The Elder Scrolls III: Morrowind.

Inhalt

Der Kuchen und der Diamant
von
Athyn Muendil

Ich ging in „die Ratte und der Topf”, eine Taverne, die an einer Ecke in Ald'ruhn liegt und ein Treffpunkt all jener ist, die fremd in der Stadt sind, um mich mit meinen Freunden zu treffen, als ich die Frau zum ersten Mal erblickte. Nun, bretonische Frauen tauchen in dieser Taverne recht häufig auf. Sie scheinen eine Neigung dafür zu haben, sich von ihren Siedlungen in Hochfels zu entfernen. Alte bretonische Frauen dagegen sind nicht mehr so wanderlustig. Die alte, in Ehren ergraute Frau, zog die Aufmerksamkeit auf sich, da sie im Raum umherging und jeden ansprach.


Nimloth und Oediad saßen am üblichen Platz und tranken das übliche Zeug. Oediad zeigte gerade ein Stück herum, das er sich auf nicht ganz rechtmäßige Art angeeignet hatte. Es war ein großer Diamant, so groß wie die Hand eines Babys und so klar wie Quellwasser. Ich bestaunte gerade den Diamanten, als ich hinter mir das Knacken alter Knochen bemerkte.


„Einen guten Tag wünsche ich, Freunde”, sagte die alte Frau. „Mein Name ist Abelle Chriditte und ich brauche finanzielle Unterstützung für meine Reise nach Ald Redaynia.”


„Wenn Ihr Almosen wollt, dann geht zum Tempel”, sagte Nimloth schroff.


„Ich bin nicht auf der Suche nach Almosen”, erwiderte Abelle. „Ich biete zum Tausch meine Dienste an.”


„Mir wird gleich schlecht, alte Frau”, sagte Oediad und lachte laut.

„Sagtet Ihr, dass Euer Name Abelle Chriditte ist?”, fragte ich, „Seid Ihr mit der Alchemistin Abelle Chriditte aus Hochfels verwandt?”


„Engstens verwandt,” entgegnete sie mit einem Lachen, „wir sind ein und dieselbe Person. Vielleicht könnte ich Euch im Tausch gegen Gold einen Trank bereiten? Ich habe bemerkt, dass sich in Eurem Besitz ein prächtiger Diamant befindet. Die magischen Qualitäten von Diamanten sind schier grenzenlos.”


„Tut mir Leid, alte Frau, aber den gebe ich nicht für magische Spielereien her. Es hat mir schon genug Mühe bereitet, das Ding zu stehlen”, sagte Oediad. „Ich kenne einen Hehler, der ihn mir gegen Gold eintauscht.”


„Aber Euer Hehler wird einen Teil des Wertes behalten wollen, nicht wahr? Was würdet Ihr sagen, wenn ich Euch einen Trank der Unsichtbarkeit dafür geben würde? Im Tausch für diesen Diamanten könntet ihr also noch viele weitere Diamanten stehlen. Das wäre ein sehr guter Handel, würde ich sagen.”


„In der Tat, aber ich habe kein Gold, das ich Euch geben kann”, sagte Oediad.


„Ich werde dafür nehmen, was von dem Diamanten übrig bleibt, nachdem ich den Trank hergestellt habe”, erwiderte Abelle. „Wenn Ihr ihn zur Magiergilde bringen würdet, dann müsstet ihr alle Zutaten selbst besorgen und außerdem noch für den Dienst bezahlen. Ich jedoch habe meine Kunst in der Wildnis erlernt. Dort gibt es keine Trankmischer, die Diamanten in Staub verwandeln. Wenn man alles mit der bloßen Hand und seinem eigenen Können machen muss, dann ist man mit Künsten gesegnet, die diesen dümmlichen Trankmischern der Gilde völlig verloren gegangen sind.”


„Das klingt ja alles ganz nett”, sagte Nimloth, „Aber woher wissen wir, ob Euer Trank auch wirkt? Wenn Ihr einen Trank mischt und die Überreste von Oediads Diamanten an Euch nehmt, dann wissen wir erst, ob der Trank auch wirkt oder nicht, wenn Ihr schon lange weg seid.”


„Ah, das Vertrauen ist in der heutigen Zeit rar geworden”, seufzte Abelle. „Ich schätze, ich könnte Euch auch zwei Tränke machen und hätte trotzdem noch einen kleinen Rest des Diamanten für mich übrig. Nicht viel, aber vielleicht genug, um mich nach Ald Redaynia zu bringen. Dann könntet Ihr den ersten Trank gleich hier einnehmen und prüfen, ob Ihr zufrieden seid oder nicht.”


„Aber,” entgegnete ich, „Ihr könntet einen Trank machen, der wirkt, und einen Trank, der nicht wirkt. So bliebe Euch mehr vom Diamanten übrig. Sie könnte dir sogar ein langsam wirkendes Gift geben und wenn sie in Ald Redaynia eintrifft, bist du schon längst tot.”


„Bei Kynareth, Ihr Dunmer seid vielleicht misstrauisch! Es wird kaum noch etwas von dem Diamant übrig bleiben, aber ich kann zwei Dosen des gleichen Tranks herstellen. So könnt Ihr Euch von der Qualität des Mittels und davon, dass es keinerlei Nebenwirkungen hat, überzeugen. Wenn Ihr mir noch immer nicht traut, so kommt an meinen Tisch und wohnt der Ausübung meiner Kunst bei.”


Also beschloss ich, Abelle zurück zu ihrem Tisch zu begleiten, wo sie ihre Reisetaschen voller Kräuter und Mineralien aufbewahrte, um sicherzustellen, dass Sie nicht zwei verschiedene Tränke herstellen würde. Die Vorbereitungen dauerten fast eine Stunde, aber sie erlaubte mir gnädigerweise, ihre halbvolle Flasche Wein zu leeren, während ich ihr zusah. Das Splittern und Mahlen des Diamanten dauerte eine Ewigkeit. Immer und immer wieder machte sie seltsame Handbewegungen über dem Stein und sprach dabei alte Zaubersprüche. Auf diese Weise brach der Diamant in immer kleinere Stücke. Daneben bereitete sie Pasten aus gehacktem Bittergrün, zerstoßenen roten Knollen von Dell'Arco Spae und Tropfen von Cicilianiöl. Ich trank den Rest des Weines.


„Alte Frau,” sagte ich schließlich mit einem Seufzen, „wie lange wird es noch dauern? Ich habe es langsam satt, Euch bei der Arbeit zuzusehen.”


„Die Magiergilde hat es geschafft, den Leuten weiszumachen, dass Alchemie eine Wissenschaft ist”, sagte sie. „Aber wenn Ihr müde seid, dann gönnt Euren Augen Ruhe.”


Meine Augen schlossen sich anscheinend wie von selbst. In dem Wein musste etwas gewesen sein: etwas, das dafür sorgte, dass ich tat, was sie von mir verlangte.


„Ich glaube, ich werde das Mittel in Form eines Kuchens bereiten. Dann ist es viel stärker. Jetzt sagt mir, junger Mann, was werden Eure Freunde machen, wenn ich ihnen das Mittel gegeben habe?”


„Sie werden Euch auf die Straße folgen, überfallen und die Reste des Diamanten an sich nehmen”, antwortete ich. Ich hatte nicht vor, die Wahrheit zu erzählen, aber sie schlüpfte mir aus dem Mund.


„Das dachte ich mir bereits, ich wollte nur sicher sein. Ihr könnt Eure Augen jetzt öffnen.”


Ich öffnete die Augen. Abelle hatte auf einem kleinen Holzbrett etwas angerichtet: zwei kleine Kuchen und ein silbernes Schneidemesser.


„Nehmt die Kuchen und bringt sie zum Tisch”, sagte Abelle. „Und sagt nichts, außer dass Ihr mit allem einverstanden seid, was ich sage.”


Ich tat, wie mir befohlen. Es war ein seltsames Gefühl. Ich nahm es ihr gar nicht übel, dass sie mich in ihrer Gewalt hatte. Im Nachhinein bedauere ich es natürlich, aber zu jenem Zeitpunkt schien es mir völlig natürlich, ihr ohne Widerworte zu gehorchen.


Abelle gab Oediad beide Kuchen und ich versicherte glaubhaft, dass beide auf die gleiche Weise entstanden seien. Sie schlug vor, dass er einen der Kuchen zerteilen solle, damit sie dann einen und er den anderen Teil davon essen könnten. Auf diese Weise wäre sichergestellt, dass der Kuchen nicht vergiftet sei. Oediad hielt das für eine gute Idee und benutzte Abelles Messer, um das Küchlein zu zerschneiden. Abelle nahm ein Stück und steckte es sich in den Mund. Oediad nahm das andere Stück und schluckte es wesentlich zögerlicher als sie.


Abelle und die Taschen, die sie trug, verschwanden fast augenblicklich. Bei Oediad geschah nichts.


„Warum hat es bei ihr und nicht bei mir funktioniert?”, rief Oediad.


„Weil der Diamantenstaub nur auf der linken Seite der Klinge lag”, sagte die alte Alchemistin durch mich. Ich spürte, wie ihre Macht über mich schwand, als sie unsichtbar durch die dunklen Straßen von Ald'ruhn von der Ratte und dem Topf wegrannte.


Wir sahen weder Abelle Chriditte noch den Diamanten je wieder. Ob sie ihre Pilgerfahrt nach Ald Redaynia jemals unternommen hat, bleibt ungewiss. Die Kuchen hatten keinerlei Wirkung, bis auf die Tatsache, dass sich Oediad nach ihrem Genuss eine Woche lang hundeelend fühlte.